Eheleute aus Albanien, Erwerb zu 1/2 möglich?

  • Hallo,
    so kurz vor dem Wochenende versuche ich mal über diesen Weg eine Klärung meines Problems:
    Es liegt ein Kaufvertrag vor. Die Erwerber sind Eheleute mit albanischer Staatsangehörigkeit und möchten zu je 1/2 erwerben. Bislang wird zwar nur eine Vormerkung beantragt (= Eintragung möglich), aber ich nutze meistens die Zeit und fordere der Notar zur Klärung des Güterrechts auf. Nach telefonischer Auskunft des Notars gibt dieser an, dass die Eheleute vor ein paar Jahren in Albanien geheiratet haben (genaues Datum/genauer Ort aber nicht bekannt) und sich sowohl in Albanien als auch in Deutschland aufhalten. Ein Ehevertrag ist nicht bekannt und eine Rechtswahl wurde und soll auch nicht getroffen werden. Sie sollen auf jeden Fall zur Hälfte eingetragen werden, da beide den Kaufpreis zahlen.
    Nach meiner Kenntnis gilt in Albanien der gesetzliche Güterstand der Gütergemeinschaft (eine Form der Errungenschaftsgemeinschaft). Grundsätzlich gehört deshalb das während der Ehe erworbene Vermögen beider Ehegatten zum gemeinsamen Vermögen.
    Ich bin mir unsicher, ob und wie weit ich nun prüfen muss, ob das Grundbuch mit dem späteren Eigentumsübergang unrichtig wird oder ob mich das alles gar nicht interessieren muss.
    Im BeckOK, 36. Edition, Internationale Bezüge, Rd-Nr. 77 ist ausgeführt, dass die Prüfungsrechte und -pflichte des GBA nicht erweitert werden. Ferner steht dort am Ende: Ist das Gemeinschaftsverhältnis falsch angegeben, so ist die Auflassung im Regelfall dennoch als wirksam anzusehen, die Ehegatten erwerben dann in der tatsächlich bestehenden Gemeinschaft, so dass das Grundbuch mit Eintragung der Auflassung hinsichtlich des Gemeinschaftsverhältnisses unrichtig wird und gemäß § 22 GBO aufgrund Unrichtigkeitsnachweis oder Berichtigungsbewilligung berichtigt werden kann.
    Wie beurteilt Ihr die Sachlage?:gruebel:

  • Die albanischen Eheleute können nur dann als Bruchteilseigentümer eingetragen werden, wenn sie einen Ehevertrag abgeschlossen haben, mit dem vom gesetzlichen Güterstand der Gütergemeinschaft abgewichen wird.

    Das albanische Familienrecht ist im Familiengesetzbuch (Kodi i familjes KF), das mit dem Gesetz Nr. 9062 vom 8. 5. 2003 am 20.12.2003 (Zeiser im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.06.2019, internationale Bezüge, Albanien, RN 84.2 mwN) in Kraft getreten ist, sowie einigen anderen Gesetzen geregelt (s. Volaj in Rieck, Ausländisches Familienrecht, Werkstand: 18. EL Mai 2019, Albanien).

    Nach Art. 74 KF ist gesetzlicher Güterstand die Gütergemeinschaft (Rieck/Volaj, Albanien, RN 10), die eine Art Errungenschaftsgemeinschaft darstellt (s. Gutachten des DNotI vom 1.1.2007, Abruf-Nr. 14268
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…6b759843b0c7016

    Vermögen, welches die Eheleute nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erwerben, unterliegt gemäß. Art. 315 Abs. 2 des Gesetzes den Bestimmungen des neuen Gesetzbuches auch dann, wenn die Eheleute vor seinem Inkrafttreten geheiratet haben (s. das DNotI-Gutachten; BeckOK/Zeiser, aaO).

    Zur Gütergemeinschaft gehören dabei gem. Art. 74 Familiengesetzbuch insbesondere die von den Eheleuten während der Dauer der Ehe gemeinsam oder von jedem einzelnen erworbenen Vermögensgegenstände. Allerdings bleibt in die Ehe eingebrachtes Vermögen ebenso persönliches Vermögen der Eheleute wie das während der Dauer der Ehe durch Schenkung oder Erbschaft angefallenes Vermögen und Vermögen, das aus der Veräußerung von persönlichem Vermögen erworben wird (Art. 77 lit. f des Gesetzes - Surrogate). Auch wird nach Art. 75 des Gesetzes das während der Ehe geschaffene Vermögen, das zur Führung des Handelsgeschäftes eines Ehegatten bestimmt wird, nur dann Gegenstand der Gütergemeinschaft, wenn es noch im Zeitpunkt der Beendigung der Ehe existiert (s. das genannte DNotI-Gutachten).

    In Albanien ist das Internationale Privatrecht im Gesetz über das Internationale Privatrecht vom 21.11.1964 geregelt. Dieses bestimmt in seinem Art. 8, dass die persönlichen und güterrechtlichen Beziehungen zwischen den Eheleuten dem Recht des Staates unterliegen, dessen Angehörige sie sind. Auch aus albanischer Sicht wird mithin für die güterrechtlichen Beziehungen auf die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Eheleute abgestellt, so dass eine aus deutscher Sicht beachtliche Rückverweisung nicht erfolgt (s. das DNotI-Gutachten).

    Nach albanischem Recht können die Ehegatten im internationalen Rechtsverkehr eine Regelung dergestalt treffen, dass sie durch eine notarielle Erklärung oder eine andere gleichgestellte Urkunde vereinbaren, dass ihre vermögensrechtlichen Beziehungen durch das Recht des Staates geregelt werden soll, dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten hat, das Recht des Staates, in dem einer von Ehegatten seinen gewöhnlichen Wohnsitz hat, oder das Recht des Staates, in dem sich sein Vermögen befindet (Rieck/Volaj, Albanien, RN 37; BeckOK/Zeiser, aaO). Auch können sie nach Art. 115 des Gesetzes Gütertrennung vereinbaren (BeckOK/Zeiser, aaO).

    Solange eine solche vom Gesetz abweichende Regelung nicht getroffen wurde, ist ein Erwerb zu je ½ nicht möglich.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen Dank für die ausführliche Antwort. So sehe ich im das Ergebnis auch. Und das gehört auch zu unseren Prüfungsaufgaben als Grundbuchrechtspfleger oder? Insoweit gibt es auch bei uns unterschiedliche Handlungsweisen der Kollegen (siehe auch zitierter Beck-Online-Kommentar).

    Ändert sich die Sachlage, wenn die Eheleute sich nur und dauerhaft in Deutschland aufhalten? Art. 14 II Nr. 1 EGBGB?

  • ....Ändert sich die Sachlage, wenn die Eheleute sich nur und dauerhaft in Deutschland aufhalten? Art. 14 II Nr. 1 EGBGB?


    Ich meine nein.

    Art. 229 § 47 Absatz 2 EGBGB bestimmt:

    (2) Haben die Ehegatten die Ehe vor dem 29. Januar 2019 geschlossen und ab diesem Zeitpunkt keine Rechtswahl nach der Verordnung (EU) 2016/1103 über das auf ihren Güterstand anzuwendende Recht getroffen, sind folgende Vorschriften jeweils in ihrer bis einschließlich 28. Januar 2019 geltenden Fassung weiter anzuwenden:

    1.die Vorschriften des Gesetzes über den ehelichen Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen;

    2.die Artikel 3a, 15, 16, 17a sowie 17b Absatz 4.

    Dazu führt das DNotI im Gutachten vom 26. September 2019, Abruf-Nr.: 172451
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…205bbf92bb7b904
    (dort zum italienischen Ehegüterrecht) aus (Hervorhebung durch mich):

    „Die Art. 14 ff. EGBGB sind mit dem Inkrafttreten der Europäischen Güterrechtsverordnung (EuGüVO) am 29.1.2019 neu gefasst worden. Für zuvor geschlossene Ehen bestimmt Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB die Weitergeltung der Vorschriften in ihrer bisherigen Fassung. Das auf den ehelichen Güterstand anwendbare Recht bestimmt sich hier also weiterhin nach Art. 15 EGBGB a. F., nicht etwa nach der Europäischen Güterrechtsverordnung. Art. 15 Abs. 1 EGBGB a. F. erklärt das zum Zeitpunkt der Eheschließung für die allgemeinen Ehewirkungen maßgebliche Recht für anwendbar. Nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 a. F. entscheidet die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Ehegatten. Dies führt hier zum italienischen Recht, und zwar im Wege der Gesamtverweisung nach Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB unter Einschluss des dortigen Kollisionsrechts“

    In Deinem Fall haben die Eheleute vor ein paar Jahren in Albanien geheiratet. Damit entscheidet nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 a. F. EGBGB die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Ehegatten, was zum albanischen Recht führt.

    Andererseits sieht aber auch das albanische Recht vor, dass die Ehegatten in einer notariellen Urkunde vereinbaren können, dass ihre vermögensrechtlichen Beziehungen durch das Recht des Staates geregelt werden soll, in dem einer von ihnen seinen gewöhnlichen Wohnsitz hat, oder durch das Recht des Staates, in dem sich sein Vermögen befindet (s. oben).

    Allerdings führt Volaj in Rieck, Ausländisches Familienrecht, Albanien, in Rz. 10 unter „Eheverträge“ aus: „Wenn der eheliche Vertrag nicht vor der Eheschließung geschlossen worden ist, können die Ehegatten nur binnen 2 Jahren nach der Eheschließung die vertragliche Änderung ihres Güterstandes vornehmen. Diese Änderung wird für Dritte erst nach 3 Monaten wirksam“.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • OK. Das wird der Notar wahrscheinlich noch nachschieben, aber dann bleibt ja nur die Möglichkeit, dass die Eheleute in einer notariellen Urkunde vereinbaren, dass für den Grundbesitz in Deutschland deutsches Recht gelten soll.
    Und wie handhabt Ihr das bei Eurem Gericht? Prüfen das alle Rechtspfleger und würden diese dann die Eigentumsumschreibung ablehnen?

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