Festsetzung Vollstreckungskosten nach § 788 ZPO trotz Insolvenz?

  • Ich habe einen etwas merkwürdigen Festsetzungsantrag nach § 788 ZPO vorliegen.

    Im Antrag ist vermerkt, dass über das Vermögen des Schuldners im Januar 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. (Inzwischen erfolgte im Herbst letzten Jahres die Erteilung der Restschuldbefreiuung.)

    Es sollen Kosten festgesetzt werden, die durch die Vollstreckung eines im Februar 2014 (also nach Insoeröffnung!) ergangenen Vollstreckungsbescheides entstanden. Dass es sich um Kosten handelt, die nach der Insolvenzeröffnung entstanden, schreibt der Gläubiger-Vertreter auch so direkt in seinen Antrag.

    Konkret geht es bei den Kosten um einen Auftrag an den GVZ im Juli 2014 und einen Pfüb, der antragsgemäß im November 2014 erlassen wurde (wohl versehentlich trotz der Inso?).

    Aus meiner Sicht hätten diese Kosten gar nicht entstehen dürfen, da man die Forderung hätte zur Inso-Tabelle anmelden müssen, oder? Vollstreckungsmaßnahmen waren doch wegen der eröffneten Inso eigentlich unzulässig. :gruebel:

    In den ganzen eingereichten Unterlagen findet sich noch ein Schreiben an den Schuldner von Juli 2015. Er hätte ja im November 2013 anerkannt, unter Verwendung eines falschen Namens bestellt zu haben. Dies stelle eine vorsätzlich unerlaubte Handlung dar. Der Gläubigerin stünden damit Ansprüche nach § 823 und § 826 BGB zu. Diese seien außerhalb des Insolvenzverfahrens entstanden und damit nicht Teil des Insolvenzverfahrens. In diesem Schreiben sind dann u. a. auch sämtliche Vollstreckungskosten aufgelistet.

    Was haltet ihr von dem Antrag? Kommt eine Festsetzung überhaupt in Betracht, ob wohl die Zwangsvollstreckungsverfahren eigentlich nicht hätten beantragt/durchgeführt werden dürfen?

  • Ich würde ablehnen: Festzusetzen sind ja nur die notwendigen Kosten der ZV. Wenn die laut Sachverhalt nicht notwendig waren, würde ich mit der Begründung ablehen.

  • Fraglich ist doch erst mal ob es sich um eine Insolvenzforďerung handelt. Entscheidend dafür ist ob die Forderung im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung schon bestand, egal von wann der Titel ist

    Ja, die Forderung bestand bei Inso-Eröffnung im Januar 2013 bereits. In den als Nachweisen eingereichten Vollstreckungsunterlagen befindet sich ein Forderungskonto, in dem die Hauptforderung mit Datum xx.11.2012 verbucht wurde.
    Die Kosten des Vollstreckungsbescheides sind mit dessen Erlassdatum (xx.02.2014) vermerkt.

  • Dann hätte der VB gar nicht ergehen dürfen, da Insolvenzforďerung nur nach den Vorschriften der InsO geltend gemacht werden dürfen. VollstreckungSkosten aus einem zu Unrecht ergangenen Titel können dann auch nicht notwendig sein

  • Dann hätte der VB gar nicht ergehen dürfen, da Insolvenzforďerung nur nach den Vorschriften der InsO geltend gemacht werden dürfen. VollstreckungSkosten aus einem zu Unrecht ergangenen Titel können dann auch nicht notwendig sein

    Bleibt allerdings die Frage, ob eine mögliche Insolvenz das Mahngericht vor Erlass des VB prüft. Kann jemand etwas dazu sagen?

    Der Gläubiger war höchstwahrscheinlich in Unkenntnis hinsichtlich der Insolvenz als er den VB und die Vollstreckungsmaßnahmen beantragte. Der GVZ hatte laut vorliegendem Erledigungsschreiben (mit Kostenrechnung) auch eine mögliche Inso nicht geprüft (und der Schuldner diese ihm gegenüber offenbar auch nicht geltend gemacht). Auch vor Erlass des Pfüb war eine Prüfung auf Insolvenz offenbar nicht erfolgt.

    Erst im Juli 2015 ist dem Gläubiger dann offenbar die Insolvenz bekannt geworden (Schreiben seines RA an den Schuldner).

    Läuft für den Gläubiger dann bezüglich seines Festsetzungsantrages dann also ggf. unter Pech gehabt? :gruebel:

    (Zumindest kann ja aus dem VB weiter vollstreckt werden, wenn der Schuldner gegen diesen nicht vorgeht bzw. auch die erteilte Restschuldbefreiung nicht einwendet.)

  • Das läuft tatsächlich unter "Pech gehabt". Wenn die Forderung bereits vor Insolvenzeröffnung bestand, kommt es auf die Kenntnis des Gläubigers vom Insolvenzverfahren nicht an.

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  • Das läuft tatsächlich unter "Pech gehabt". Wenn die Forderung bereits vor Insolvenzeröffnung bestand, kommt es auf die Kenntnis des Gläubigers vom Insolvenzverfahren nicht an.

    Irgendwie finde ich diese Regelung seit jeher etwas merkwürdig, zumindest im Zusammenhang mit der späteren Restschuldbefreiung.

    Der Schuldner kann Gläubiger im Inso-Verfahren verschweigen, erhält trotzdem die Restschuldbefreiung und diese wirkt dann auch gegen die Gl., die vom Insoverfahren nichts wussten.

  • Der Schuldner kann Gläubiger im Inso-Verfahren verschweigen, erhält trotzdem die Restschuldbefreiung und diese wirkt dann auch gegen die Gl., die vom Insoverfahren nichts wussten.

    ...wobei einem solchen Ansinnen durch § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO und den BGH (IX ZB 34/08) zumindest gewisse Grenzen gesetzt sind.

    rainermdvz war schneller.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)


  • Irgendwie finde ich diese Regelung seit jeher etwas merkwürdig, zumindest im Zusammenhang mit der späteren Restschuldbefreiung.

    Der Schuldner kann Gläubiger im Inso-Verfahren verschweigen, erhält trotzdem die Restschuldbefreiung und diese wirkt dann auch gegen die Gl., die vom Insoverfahren nichts wussten.

    Das ist vom Prinzip her schon sinnvoll so. Es sind nicht wenige Schuldner, bei denen Chaos herrscht(e) und die schlichtweg nicht in der Lage sind, sämtliche Gläubiger zu benennen. Der Gesetzgeber wollte dem Schuldner Sicherheit geben, dass er nach dem doch recht aufwändigen Verfahren tatsächlich schuldenfrei ist. Demgegenüber hält sich der tatsächliche Schaden der vergessenen Gläubiger angesichts der meist sehr mickrigen Quoten im Insolvenzverfahren in Grenzen.

  • Demgegenüber hält sich der tatsächliche Schaden der vergessenen Gläubiger angesichts der meist sehr mickrigen Quoten im Insolvenzverfahren in Grenzen.

    Es sei denn, dass - wie wohl hier - eine vbuH im Raum steht, denn dann interessieren den Gläubiger die Quoten nicht, sondern eher die Vollstreckungsmöglichkeiten nach der Restschuldbefreiung.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Demgegenüber hält sich der tatsächliche Schaden der vergessenen Gläubiger angesichts der meist sehr mickrigen Quoten im Insolvenzverfahren in Grenzen.

    Es sei denn, dass - wie wohl hier - eine vbuH im Raum steht, denn dann interessieren den Gläubiger die Quoten nicht, sondern eher die Vollstreckungsmöglichkeiten nach der Restschuldbefreiung.


    Dann ist der Schaden für den "vergessenen Gläubiger" ja eigentlich gar nicht vorhanden, da er - im Gegensatz zum normalen Inso-Gläubiger - wegen der vbuH nach wie vor vollstrecken kann.

    Allerdings dürfte dazu der vorliegende Vollstreckungsbescheid selbst für die nicht privilegierte Pfändung wohl nicht zum Ziel führen. (Habe den VB nicht vorliegen. Wenn dort aber nur drin steht, Anspruch aus Kaufvertrag kann der Schuldner doch ohne weiteres seine Restschuldbefreiuung einwenden, oder? :gruebel:)

  • Wenn die Restschuldbefreiung noch nicht erteilt wurde, kann er nach § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO vorgehen und diese torpedieren. Dann stünde ihm auch die Vollstreckung aus seinem VB wieder offen.

    Nach einer bereits erteilten Restschuldbefreiung kann er aber nur dann vollstrecken, wenn seine Forderung mit dem Attribut vbuH zur Tabelle festgestellt wurde oder er mangels Beteiligung am Verfahren einen Schadensersatzanspruch (wie im BGH-Fall) titulieren lässt. Gegen den Vollstreckungsbescheid kann der Schuldner die Restschuldbefreiung einwenden und würde bei einer Vollstreckungsgegenklage Recht bekommen.

    Für Deine Ausgangsfrage ändert sich aber nichts: Die Kosten für eine Vollstreckung während des Insolvenzverfahrens sind nicht erstattungsfähig.

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