Überbaurecht und Kostenregelung

  • Hallo,

    mir liegt folgender Sachverhalt vor:
    das herrschende Grundstück ist berechtigt, eine Teilfläche des dienenden Grundstücks oberirdisch mit der Fassade des Gebäudes, insbesondere der Außendämmung, Fensterbrettern, Balkon-/Loggiageländern und einem Dachvorsprung mit Dachrinne, zu überbauen.

    Eine Überbaurente wird nicht geschuldet.

    Das Recht umfast auch die Befugnis, das dienende Grundstück zum Zweck der Wartung, Pflege und Reinigung des überbauenden Gebäudeteils zu betreten und ggfs. ein Gerüst und Leiteranlage aufzustellen.

    Sämtliche Kosten, Lasten, Gefahren sowie die Verkehrssicherungspflicht für den Überbau obliegen ausschließlich dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks.

    Eintragung einer Grunddienstbarkeit wird bewilligt und beantragt.

    Würdet ihr hier eine Grunddienstbarkeit (Überbaurecht) eintragen oder hättet ihr Bedenken wegen der Kostenregelung und der Aussage, dass keine Überbaurente geschuldet wird?

    Ich denke die Aussage zur Überbaurente ist nur eine Klarstellung und die Kostenregelung ist nach Gesetz.

    Bei einer Anlage (z.B. Zufahrtsrecht oder Feuerwehraufstellfläche) kann die Kostenregelung abbedungen werden BeckOK/Kazele BGB § 1020 Rn. 82,83.

    Wäre euch für jede Meinung dankbar.

  • ...
    Eine Überbaurente wird nicht geschuldet. ....Sämtliche Kosten, Lasten, Gefahren sowie die Verkehrssicherungspflicht für den Überbau obliegen ausschließlich dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks.....Würdet ihr hier eine Grunddienstbarkeit (Überbaurecht) eintragen oder hättet ihr Bedenken wegen der Kostenregelung und der Aussage, dass keine Überbaurente geschuldet wird?..

    Wenn eine Überbaurente nicht geschuldet wird, dann weicht diese Bestimmung von der gesetzlichen Regelung in § 912 Absatz 2 Satz 1 BGB ab, wonach der Nachbar durch eine Geldrente zu entschädigen ist. Nach § 914 Absatz 2 Satz 1 BGB ist die Geldrente selbst im GB nicht eintragbar; für den Verzicht auf das Recht ist nach § 914 Absatz 2 Satz 2 BGB jedoch die Eintragung erforderlich.

    Dieser Verzicht wird nicht als Inhalt der Grunddienstbarkeit, also beim belasteten Grundstück, sondern in Abt. II des überbauenden, also aus der Grunddienstbarkeit begünstigten Grundstück eingetragen¸ s. hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…772#post1172772
    und im Bezugsthread:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post661671
    zur Eintragung n Abteilung II Spalte 3 gem. § 10 Abs. 1 lit. a, Abs. 4 GBV analog s. das Gutachten des DNotI, DNotI-Report 14/2015, 106
    https://www.dnoti.de/fileadmin/user…5-light-pdf.pdf

    Also kann die Kostenregelung zur Grunddienstbarkeit („Sämtliche Kosten, Lasten, Gefahren sowie die Verkehrssicherungspflicht für den Überbau obliegen ausschließlich dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks“) diesen Verzicht nicht erfassen.

    Auch ist eine Kostenregelung, die der gesetzlichen Regelung des § 1020 Satz 2 BGB entspricht, nicht (zusätzlich) eintragungsfähig (OLG Frankfurt (20. ZS), Beschluss vom 19.10.1982, 20 W 766/82; Weber im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 1020 RN 20; Grziwotz in Erman BGB, Kommentar, 15. Auflage 2017; § 1020 RN 3; Mohr im Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 1020 RN 5; Wegmann/Reischlim BeckOK BGB,Stand 01.11.2019, § 1020 RN 6; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage 2012, RN 1153 mwN in Fußnote 211). Das OLG München führt dazu in Rz. 7 des Beschlusses vom 22.11.2016, 34 Wx 319/16
    https://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-20170?hl=true
    „Nach § 1020 Satz 2 BGB ist der Dienstbarkeitsberechtigte verpflichtet, die auf dem belasteten Grundstück zur Ausübung der Dienstbarkeit gehaltene Anlage in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten. Diese zum gesetzlichen Inhalt der Dienstbarkeit gehörende (Neben-)Pflicht des Eigentümers des herrschenden Grundstücks (vgl. BGHZ 95, 144/146 f.) kann nicht im Grundbuch eingetragen werden (BayObLGZ 1965, 267/272; OLG Köln Rpfleger 1990, 490/491; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 1152)“

    Die Verkehrssicherungspflicht ist Teil der Unterhaltungspflicht; für sie gilt daher nichts anderes (BGH, Urt. v. 07.07.2006; V ZR 156/05)

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • So nun soll der Verzicht auf Überbaurente beim begünstigten Grundstück eingetragen werden. Zu Lasten dieses Grundstück werden auch Dienstbarkeiten bestellt.

    Zur Kostentragungspflicht wurde erklärt, soweit diese nicht verdinglicht werden können, sollen sie auch nicht als Inhalt der Dinestbarkeit eingetragen werden.

    Nun hätte ich hierzu noch fragen:
    1. Der Verzicht hat doch keinen Rang. Somit kann doch die Dienstbarkeiten mit Gleichrang untereinander eintragen werden und anschließend den Verzicht ohne Rangverermerk.
    2. Wie wird dieser Verzicht eingetragen? Reicht es "Verzicht auf Überbaurente. Eingetragen am.."?
    3. Ist die Regelung der Kostentragungspflicht so in Ordnung? Hierzu habe ich leider nichts gefunden.
    4. Im Grundbuch des überbauten Grundstücks sind Dienstbarkeiten und Reallasten eingetragen.
    Urpsrünglich war das BV 2 belastet, dieses wurde BV 3 als Bestandteil zugeschrieben und dann geteilt in BV 4 und 5. Diese Grundstücke wären somit gleich belastet. AUF BV 4 und 5 werden jeweils u.a. Dienstbarkeiten (Überbaurecht) und Verzicht auf Überbaurente eingetragen. Berechtigter der Dienstbarkeiten müssen nicht zustimmen. Mir ist nur nicht ganz klar, ob die Gläubiger der Reallast zustimmen müssen.

    Kann mir jemand helfen?

    schon mal vielen dank für eure Meinung

  • Zu 1): ja.

    Zu 2): „Auf Überbaurente ist zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks Fl. st. Nr…… verzichtet. Eingetragen am…..(Eintragungstext s. auch bei Böhringer Rpfleger 2008, 177, 180).

    (eingetragen wird der Rentenverzicht im Grundbuch des rentenbelasteten Grundstücks in Abteilung II Spalte 3 analog § 10 Abs. 1 lit. a, Abs. 4 GBV (s. Roth im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2016, § 914 RN 4 mwN; Gutachten des DNotI, DNotI-Report 14/2015, 106)
    https://www.dnoti.de/fileadmin/user…5-light-pdf.pdf

    zu 3): Zurückweisung mit der Eintragungsnachricht nebst RM-Belehrung:
    „Soweit der Eintragungsantrag dahin geht, als Inhalt der Grunddienstbarkeit einzutragen, dass sämtliche Kosten, Lasten, Gefahren sowie die Verkehrssicherungspflicht für den Überbau ausschließlich dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks obliegen, wird er hiermit gemäß § 18 GBO zurückgewiesen, weil diese Regelung der gesetzlichen Regelung des § 1020 Satz 2 BGB entspricht und damit keine zusätzliche Eintragungsfähigkeit besteht (OLG Frankfurt (20. ZS), Beschluss vom 19.10.1982, 20 W 766/82; OLG München, 34 Zivilsenat, Beschlusses vom 22.11.2016, 34 Wx 319/16; Weber im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 1020 RN 20; Grziwotz in Erman BGB, Kommentar, 15. Auflage 2017; § 1020 RN 3; Mohr im Münchener Kommen-tar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 1020 RN 5; Wegmann/Reischlim BeckOK BGB,Stand 01.11.2019, § 1020 RN 6; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage 2012, RN 1153 mwN in Fußnote 211).


    Zu 4): Materiell-rechtlich ist bei der Aufhebung der Überbaurente nach § 876 S. 2 BGB die Zustimmung der am rentenberechtigten (herrschenden) Grundstück dinglich Berechtigten erforderlich. Bei Grundpfandgläubigern ergibt sich die Verschlechterung der dinglichen Rechtsstellung durch den Rentenverzicht daraus, dass die Überbaurente für dingliche Verwertungsrechte mit haftet (§§ 96, 1120, 1126 BGB), s. Böttcher, NJW 2013, 2805, 2806; Zander, BWNotZ 4/2017, 87/92). Unter die in § 1126 BGB genannten Rechte auf wiederkehrende Leistungen fällt auch die subjektiv-dingliche Reallast (§ 1105 Abs. 2), s. Kern im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.10.2019, § 1126 BGB RN 7.1 mwN In Fußnote 2). Aber auch die Zustimmung von Berechtigten aus einer Grunddienstbarkeit dürfte erforderlich sein, weil Rechte, die dem jeweiligen Eigentümer eines Grundstücks zustehen, gemäß §§ 93, 96 BGB als wesentliche, nicht abtrennbare Bestandteile des Grundstücks des Rechtsinhabers (herrschendes Grundstück) gelten, die sonderrechtsunfähig sind und das Schicksal der Sache teilen, mit der sie verbunden sind, (BGH, Beschluss vom 12.12.2013 – V ZB 120/13 unter Zitat Senat, NJW-RR 2012, 845 Rn 8). Daher ist auch deren Zustimmung erforderlich (s. Enders im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.02.2020, § 876 RN 24 mwN).

    Verfahrensrechtliche Voraussetzung der Löschung ist gemäß § 19 GBO eine Eintragungsbewilligung des Eigentümers und der dinglich Berechtigten (BayObLG, Beschluss vom 25. 06.1998, 2Z BR 100–98; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage 2012, RN 1168 mwN). Wenn am rentenberechtigten Grundstück keine Grunddienstbarkeit eingetragen ist, benötigst Du nur die Eintragungsbewilligung des Reallastberechtigten, vorausgesetzt, es handelt sich um eine subjektiv-dingliche Reallast.

    p.s.: Das DNotI geht im Gutachten vom 29.02.2016, Abruf-Nr: 146299
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…f4a107c96df63bc
    davon aus, dass ein Berechtigter aus einer Grunddienstbarkeit dem Verzicht auf Überbaurechte nicht zustimmen müsse, weil die Literatur eine Beeinträchtigung des Inhabers der Grunddienstbarkeit ablehne (Zitat: Meikel/Böttcher, § 21 Rn. 12).

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    3 Mal editiert, zuletzt von Prinz (17. Februar 2020 um 14:52) aus folgendem Grund: p.s. eingefügt

  • Vielen Dank Prinz.

    Eingetragen sind beschränkt persönliche Dienstbarkeiten.

    Es handelt sich um eine subjektiv-dingliche Reallast. Diese belastet jedoch sowohl das dienende wie auch das herrschnde Grundstück. Ich dachte, dass deswegen keine Zustimmung erforderlich ist, da ja beide Grundstücke gleich belastet sind. Liege ich hier falsch?

  • Dann bedarf es keiner Zustimmung des Reallastberechtigten, weil beim Verzicht auf die Überbaurente zwar das rentenberechtigte (herrschende) Grundstück benachteiligt, das rentenpflichtige (dienende) Grundstück jedoch begünstigt wird (OLG Jena, Beschluss vom 29.06.2012, 9 W 263/12). Der Reallastberechtigte ist dann nicht im Sinne der §§ 875, 876 Satz 2 BGB betroffen, weil sein Recht durch die Aufhebung nicht berührt wird (s. Gutachten des DNotI vom 29.02.2016, Abruf-Nr: 146299).

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