Betreuerin quasi als NL-Pfleger tätig - Ausgleichsansprüche?

  • Ich habe hier eine "schöne" Sache geerbt. Nach ähnlich gelagerten Fällen habe ich bereits gesucht, aber nichts gefunden. Sorry für den langen Text.

    Zum Sachverhalt:

    Vater der Betreuten stirbt 2014. Betreute wird Erbin mit 3 weiteren Geschwistern, Erbschein wird erteilt. Zum Nachlass gehören ein bebautes Grundstück und Barvermögen. Die Erbengemeinschaft ist zerstritten. Die Berufsbetreuerin (!) mit Vermögenssorge sieht sich mangels Fachwissen nicht in der Lage, an der Auseinandersetzung des Nachlasses mitzuwirken. Berufsmäßige Betreuung wird in eine ehrenamtliche (durch dieselbe Betreuerin) umgewandelt, der Aufgabenkreis "Regelung der Nachlassangelegenheit" wird an eine neu bestellte, fachkundige Berufsbetreuerin gegeben. Die ganze Sache zieht sich nun seit über 5 Jahren. Zwischenzeitlich wurde zumindest schon das Grundstück (mit Genehmigung) verkauft und der Erlös auf die Erben aufgeteilt. Es steht noch die Genehmigung der Auseinandersetzung des Barvermögens aus. Diese steht nunmehr an und könnte auch erteilt werden.

    Was mich jetzt stört bzw. etwas ratlos macht:

    Nach Erhalt des Nachlassanteils muss ich Regress bei der Betroffenen für die aus der Staatskasse gezahlte Betreuervergütung nehmen. Der ihr zustehende Nachlassanteil ist dann so gut wie aufgebraucht. Faktisch war die für die Betroffene eingesetzte Betreuerin jedoch (die ja die Interessen der Betroffenen in der Erbengemeinschaft vertritt) als eine Art Nachlasspfleger tätig. Sie hat sich um den gesamten Nachlass gekümmert, Mietzahlungen zum Nachlass gezogen, zwischen den Erben vermittelt, die komplette Erbauseinandersetzung abgewickelt/genehmigungsreif gemacht, etc. Sie hat also im Interesse aller Miterben gehandelt.
    Deswegen hatte die ehrenamtliche Betreuerin bereits früher beantragt, die schon festgesetzte Vergütung für die Berufsbetreuerin aus dem Nachlass entnehmen zu dürfen. Ihr wurde daraufhin mitgeteilt, dass die Berufsbetreuerin ihre Vergütung aus dem Nachlass entnehmen könnte (!) bzw. die ehrenamtliche Betreuerin entsprechende Ansprüche gegen die Miterben geltend machen könnte (!). Eine rechtliche Prüfung der Anspruchserhebung sei dabei vom Betreuungsgericht nicht erfolgt. Eine Entnahme der Vergütung aus dem Nachlass ist nach den Unterlagen nicht erfolgt.

    Und nun? Mich hat das eigentlich alles nicht zu interessieren oder? Ich genehmige und ziehe die Kosten für die Betreuung bei der Betroffenen ein, sofern zulässig. Muss ich nicht aber wenigstens die ehrenamtliche Hauptbetreuerin dringend darauf hinweisen, dass sie entsprechende Maßnahmen zu ergreifen und – ggf. unter Einschaltung eines Rechtsanwalts – zu prüfen hat, ob Ausgleichsansprüche gegen die Miterben bestehen?

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Also mal kurz zusammengefasst:

    Es steht der Regress der Staatskasse gegen die betreute Erbin bevor- der Nachlassanteil der Erbin wird dann aufgebraucht sein.
    Eine ehrenamtliche Betreuerin mit Aufgabenkreisen ohne "

    "Regelung der Nachlassangelegenheit"" ist tätig.


    Eine Berufsbetreuerin mit Aufgabenkreis "Regelung der Nachlassangelegenheit" ist bestellt und tätig- deren Vergütung ist auch festgesetzt.

    "

    Deswegen hatte die ehrenamtliche Betreuerin bereits früher beantragt, die schon festgesetzte Vergütung für die Berufsbetreuerin aus dem Nachlass entnehmen zu dürfen. Ihr wurde daraufhin mitgeteilt, dass die Berufsbetreuerin ihre Vergütung aus dem Nachlass entnehmen könnte (!) bzw. die ehrenamtliche Betreuerin entsprechende Ansprüche gegen die Miterben geltend machen könnte (!). "


    Meiner Ansicht nach ist die erste Aussage falsch und entbehrt jeder Grundlage- die Berufsbetreuerin ist nur für die Betreute tätig und bekommt dafür ihre Vergütung.

    Die Vergütung der Berufsbetreuerin ist dem Vermögen der Betreuten zu entnehmen bzw. aus der Staatskasse zu zahlen- jedoch nicht aus dem Nachlass, dieser ist bis zur Auseinandersetzung Gesamthandsvermögen. Eine Verfügung darüber wäre nur mit allen Erben möglich, nicht durch die Betreuerin allein, also keine Entnahme aus dem ungeteilten Nachlass. Alles was sie zusätzlich für alle anderen Erben macht kann sie nur vergütet bekommen, wenn dafür eine Grundlage besteht (ein Vertrag mit den Miterben z.B.). Aufgrund der bevorstehenden Auseinandersetzung des Barvermögens ist eine Einigung über die Auszahlung an die Berufsbetreuerin nicht mehr notwendig.

    Du musst hier die Erbauseinandersetzung genehmigen, dann kann die Berufsbetreuerin die bereits festgesetzte Vergütung dem Vermögen der Betreuten entnehmen und sich die ehrenamtliche Betreuerin die ihre.
    Dann kannst du aus dem Rest den Regress betreiben. (Ich gehe davon aus, dass die Berufsbetreuerin zuerst Ihre Vergütung entnehmen will- da sie auch schon festgesetzte Ansprüche hat wird sie das auch dürfen, dein Beschluss bezüglich eines Regresses wird dann noch nicht geschrieben/rechtskräftig sein- also Reihenfolge 1. Geld kommt aufs Konto 2. beide Betreuer entnehmen Vergütungen 3. Regress )

    Ist deine Problematik damit geklärt oder noch etwas unklar?

  • Ja, danke, das hilft sehr weiter und bestätigt mich in meiner Auffassung.

    Mich treibt jedoch vor allem - aus rein unprofessioneller Rechtsempfindessicht - Folgendes um:

    Muss ich die - nach Abschluss der Nachlassangelegenheit - nunmehr wieder alleinige ehrenamtliche Betreuerin darauf hinweisen, dass sie mögliche Innenausgleichsansprüche zwischen den Erben überprüfen lassen muss? Weil Tatsache ist ja, die Berufsbetreuerin hatte alles erledigt, die anderen Erben haben sich nicht wirklich gekümmert. Weshalb sollte die Betroffene jetzt quasi allein für die Kosten der Auseinandersetzung (in Form der Betreuervergütung) aufkommen. Schließlich hätte seinerzeit ja auch ein Rechtsanwalt außerhalb der Betreuung beauftragt werden können mit der Abwicklung. Dessen Kosten wären Nachlassverbindlichkeiten.

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

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    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Ich kann das vollständig nachempfinden-die Miterben haben die Berufsbetreuerin "für lau" alles machen lassen.

    Aber: Sie ist eben nur die Betreuerin der einen Erbin und hat daher nur gegen diese einen Anspruch- sie hat Aufgaben wahrgenommen,die sie nicht hätte machen müssen.
    Einen Anspruch gegen die Erben herzuleiten würde auch extrem schwierig, denn es ist immer noch eine geltend gemachte Betreuervergütung, die schon dem Namen nach zur Betreuten gehört- nur für diese eingerichtet wurde- ohne jegliche Beteiligung der Miterben und diese nun zahlen zu lassen, da die Betreuerin auch für diese tätig war ist zwar in meinem Kopf fair, aber ohne §§ nicht durchsetzbar. (wird wahrscheinlich ähnlich eines Vertrages zu Lasten dritter gesehen werden und außerdem: die Betreute hat dadurch keinen Nachteil, denn da die Betreuerin nach Zeitraum abrechnet müsste die Betreuervergütung auch in der gleichen Höhe bezahlt werden, wenn sich jemand anders um die Sache gekümmert hätte- sprich: die Betreute hätte die Berufsbetreuerin und den Anteil der Anwaltskosten tragen müssen)


    Die Berufsbetreuerin hätte von Anfang an sagen müssen: ich vertrete nur die Erbin X und nehme deren Rechte bei der Erbschaft und Auseinandersetzung wahr- ich wirke also wie ihr mit, machen tue ich das alles für euch aber nicht. Dann hätte jemand anderes ( wie angesprochen ggf. ein Rechtsanwalt) die Arbeit machen müssen und diese auch aus dem Nachlass bezahlt bekommen.


    "Regelung der Nachlassangelegenheit" ist auch unglücklich gewählt und klingt tatsächlich sehr nach- alles machen was notwendig ist.
    Bei uns heißt es deshalb: "Wahrnehmung der Rechte bezüglich des Nachlasses von …" oder ähnlich- damit gar keiner auf die Idee kommt zu sagen: "Na, dann regele das mal alles- steht ja so auf dem Beshluss, wir lehnen uns zurück und genießen den für uns kostenlosen Service auf Kosten der Betreuten. Überweise bitte alles einfach auf unser Konto"


  • Du musst hier die Erbauseinandersetzung genehmigen

    Die Betreute hat eventuell Ansprüche aus GoA gegen ihre Miterben, weil sie (bzw. die von ihr zu bezahlende Berufsbetreuerin) sich um alles mögliche gekümmert hat. Wenn dafür im Erbauseinandersetzungsvertrag ein Ausgleich vereinbart ist, ist alles gut. Wenn nicht, sollte man überlegen, ob man die Erbauseinandersetzung so genehmigt.

  • Die GoA-Idee hatte ich auch, aber muss sie die dann mit ihrer Vergütung verrechnen oder gibt's die obendrauf? Letzteres kann es ja auch nicht wirklich sein.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Vielen Dank für euren Input.

    Du musst hier die Erbauseinandersetzung genehmigen

    Die Betreute hat eventuell Ansprüche aus GoA gegen ihre Miterben, weil sie (bzw. die von ihr zu bezahlende Berufsbetreuerin) sich um alles mögliche gekümmert hat. Wenn dafür im Erbauseinandersetzungsvertrag ein Ausgleich vereinbart ist, ist alles gut. Wenn nicht, sollte man überlegen, ob man die Erbauseinandersetzung so genehmigt.

    Genau da liegt der Hase im Pfeffer und so komme ich zu meiner Zuständigkeit! Ein Ausgleich ist nicht vereinbart. Ist dann eine solche Auseinandersetzung überhaupt genehmigungsfähig, die auf Kosten (nur) eines Erben durchgeführt wird? Ansprüche aus GoA (oder evtl. 426 BGB?) stehen ja höchstwahrscheinlich im Raum. Liegt es in der Prüfungskompetenz des Betreuungsgericht, solche Ansprüche im Rahmen der Genehmigungsfähigkeit zu prüfen?

    Praktisch könnte ein solcher Ausgleich m.E. so aussehen, dass zunächst die gesamte Vergütung der Betreuerin (sei es aus der StaKa bezahlte oder bereits aus dem Nachlass entnommene). Dann müsste man irgendwie überprüfen bzw. feststellen müssen, welche ihrer Tätigkeiten ihr als Vertreterin der Betroffenen in der Erbengemeinschaft und welche auf die Regelung des gesamten Nachlasses entfallen und irgendein Verhältnis bilden. Die auf die Tätigkeit für den gesamten Nachlass entfallende Vergütung wäre dann auf die Miterben aufzuteilen.

    Wenn ich das mache, dauert die Sache weitere 5 Jahre... :wechlach:

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)


  • Das hätte man wohl in Zeiten machen können/müssen als Berufsbetreuer noch nach Einzeltätigkeiten und nicht pauschal vergütet wurden. Im vorliegenden Fall würde die Betreuerin die gleiche Vergütung erhalten auch wenn sie für die Miterben keinen Finger krumm gemacht hätte.

    Daher sehe ich keinen Vermögensschaden der Betreuten, den man zwangsweise von den Miterben einfordern könnte.

  • Das hätte man wohl in Zeiten machen können/müssen als Berufsbetreuer noch nach Einzeltätigkeiten und nicht pauschal vergütet wurden. Im vorliegenden Fall würde die Betreuerin die gleiche Vergütung erhalten auch wenn sie für die Miterben keinen Finger krumm gemacht hätte.

    Daher sehe ich keinen Vermögensschaden der Betreuten, den man zwangsweise von den Miterben einfordern könnte.

    Die Betreute hatte doch die ganze Zeit 2 Betreuer zu bezahlen (es sei denn die erste - dann ehrenamtliche - hat völlig für umsonst gearbeitet).

  • Das hätte man wohl in Zeiten machen können/müssen als Berufsbetreuer noch nach Einzeltätigkeiten und nicht pauschal vergütet wurden. Im vorliegenden Fall würde die Betreuerin die gleiche Vergütung erhalten auch wenn sie für die Miterben keinen Finger krumm gemacht hätte.

    Daher sehe ich keinen Vermögensschaden der Betreuten, den man zwangsweise von den Miterben einfordern könnte.

    Die Betreute hatte doch die ganze Zeit 2 Betreuer zu bezahlen (es sei denn die erste - dann ehrenamtliche - hat völlig für umsonst gearbeitet).

    Richtig, dafür können aber die Miterben nichts. Das hatte aber einen völlig anderen Grund (Unkundigkeit der ursprünglich berufsmäßig bestellten Betreuerin) und hängt mit der Tätigkeit der Nachfolgerin für die Miterben nicht zusammen:

    (siehe Beitrag 1) "Die Berufsbetreuerin (!) mit Vermögenssorge sieht sich mangels Fachwissen nicht in der Lage, an der Auseinandersetzung des Nachlasses mitzuwirken."

    Auch wenn die als zweites bestellte fachkundige Berufsbetreuerin (Aufgabenkreis "Regelung der Nachlassangelegenheit") absolut nur für die Betreute gearbeitet hätte, wären dieser die Kosten für zwei Betreuer entstanden.

  • Danke für die Antworten. Ich bin mittlerweile auch der Meinung, dass mir nichts bleibt, als die ehrenamtliche Betreuerin nach Abschluss der NL-Sache und des Regresses anzuhalten, eventuelle Innenausgleichsansprüche (rechtlich) prüfen zu lassen.

    Ja, da ist damals bei der Anordnung der Betreuung etwas ziemlich schief gelaufen...

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Der vorliegende Sachverhalt zeigt exemplarisch, dass man sich aufgrund der vergütungsrechtlichen Konsequenzen schon vor der Betreuerbestellung darüber Gedanken machen muss, ob man den den Betreuer als Ehrenamtler oder als Berufsbetreuer bestellt. Dies erfordert eine Prognose über die künftig anfallenden Tätigkeiten des Betreuers aber dies ist aufgrund des Sachvortrags, der zur Anordnung der Betreuung führt, ja in aller Regel kein Problem. Ein Problem könnte allerdings sein, dass der bestellende Richter mit den späteren Vergütungsfragen nichts zu tun hat und er diese Dinge daher nicht im Blick hat.

  • Der vorliegende Sachverhalt zeigt exemplarisch, dass man sich aufgrund der vergütungsrechtlichen Konsequenzen schon vor der Betreuerbestellung darüber Gedanken machen muss, ob man den den Betreuer als Ehrenamtler oder als Berufsbetreuer bestellt. Dies erfordert eine Prognose über die künftig anfallenden Tätigkeiten des Betreuers aber dies ist aufgrund des Sachvortrags, der zur Anordnung der Betreuung führt, ja in aller Regel kein Problem. Ein Problem könnte allerdings sein, dass der bestellende Richter mit den späteren Vergütungsfragen nichts zu tun hat und er diese Dinge daher nicht im Blick hat.


    Eine weiteres Problem ist häufig auch, dass sich Berufsbetreuer in der Regel nicht gern als ehrenamtlicher Betreuer bestellen lassen. (Schließlich wurde man Berufsbetreuer, um auch die entsprechende Vergütung nach VBVG zu erhalten.)

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