Grundstücksveräußerung Nachlasspfleger - Erben sind jedoch teilweise bekannt

  • Ich habe im Forum kein Thema gefunden, das auf meinen Fall passt:oops:

    Die im Grundbuch eingetragene Eigentümerin A ist verstorben. Es liegt ein Teilerbschein aus dem Jahr 2014 vor, wonach insgesamt 7 Erben zu insgesamt 16/32 Anteil vorhanden/ermittelt sind.

    Eingereicht wird ein Kaufvertrag über das Grundstück mit dem Antrag auf Eintragung einer Auflassungvormerkung, in dem ein Nachlasspfleger für alle Erben auftritt.

    Die Bestellung des Nachlassgerichts vom 12.07.2017 lautet:
    "In dem Nachlassverfahren der A. ...ist RA X ...zum Nachlasspfleger bestellt worden. Der Wirkungskreis umfasst die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses..."
    Die nachlassgerichtliche Genehmigung zur Veräußerung ist erteilt.

    Ich bin der Ansicht, dass eine Bestellung nur für die noch unbekannten Erben hätte erfolgen dürfen.

    Das Nachlassgericht hat auf Anfrage mitgeteilt, dass der Teilerbschein nicht eingezogen wurde und die Zustimmung der bekannten Erben dem Nachlassgericht vorliegt (privatschriftlich).
    Daraufhin habe ich Zwischenverfügung an die Notarin erlassen, dass zum Kaufvertrag die Zustimmung der bekannten Erben in Form des § 29 GBO erforderlich sind.

    Nun legt der Nachlasspfleger Erinnerung gegen die Zwischenverfügung ein mit der Begründung, dass dem Grundbuchamt keine Kompetenz zusteht, die Entscheidung des Nachlassgerichts bezüglich der Bestellung des Nachlasspflegers zu überprüfen. Er verweist auf eine Entscheidung des OLG Köln vom 4.1.1989, 2 Wx 39/88.
    Dort heißt es unter anderem:

    "Jedoch steht weder dem Grundbuchamt noch dem Senat als Beschwerdegericht in der vorliegenden Grundbuchsache eine generelle Befugnis zu, die Entscheidung des Nachlassgerichts zu überprüfen. Bei der Bestellung eines Nachlasspflegers bzw. bei der Erteilung der Genehmigung nach §§ 1915, 1821 Abs. 1 Nr. 1, 1962 BGB handelt es sich um Entscheidungen, die im Verantwortungsbereich des Nachlassgerichts liegen und an die das Grundbuchamt und damit auch der Senat als Beschwerdegericht grundsätzlich gebunden sind. Insoweit gilt der allgemeine Grundsatz, dass eine auf öffentlicher Gewalt beruhende Maßnahme wirksam ist, solange sie Bestand hat, und dass die Bestandskontrolle ausschließlich den nach dem jeweiligen Verfahrensrecht berufenen Stellen obliegt (vgl. Bauer in Bauer/v. Oefele, GBO, 1. Auflage 1999, AT I Rn. 167). Dies gilt auch für rechtsgestaltende Entscheidungen der FamFG-Gerichte, die von diesen im Rahmen ihrer Zuständigkeit erlassen werden, so zum Beispiel für die Bestellung eines Nachlasspflegers (Keidel/Sternal, FamFG, 16. Auflage 2009, § 1 Rn. 72). Damit darf das Grundbuchamt die Erbfolge nicht selbst feststellen, wenn die Nachlasspflegschaft angeordnet worden ist (Schaub in Bauer/v. Oefele, GBO, 2. Auflage 2006, § 35 Rn. 168 m.w.N.).

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    Nur ausnahmsweise darf bzw. muss das Grundbuchamt sowie im Beschwerdeverfahren der Senat eine Fehlerhaftigkeit bzw. Rechtswidrigkeit einer Entscheidung des Nachlassgerichts berücksichtigen, wenn der Gesetzesverstoß so schwerwiegend ist, dass jedermann ihn erkennen kann, wenn letztlich die Voraussetzungen für die Nichtigkeit der Entscheidung vorliegen (vgl. OLG Jena, NotBZ 2000, 272 für die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters der Erben nach Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB). Hiervon kann vorliegend aufgrund der derzeitigen Aktenlage indes nicht ausgegangen werden. Insbesondere ergeben sich aus den dem Grundbuchamt und dem Senat als Beschwerdegericht vorliegenden Akten keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung des Nachlassgerichts unter Verstoß gegen die maßgeblichen Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist, insbesondere das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) der namentlich bekannten Erben verletzt worden ist und diese an dem Verfahren nicht beteiligt worden sind (vgl. § 345 Abs. 4 S. 2, S. 3 FamFG).

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    c)

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    Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass es geboten sein dürfte (Art. 103 Abs. 1 GG), vor einer abschließenden Entscheidung über den von den Beteiligten in diesem Verfahren gestellten Eintragungsantrag, den bekannten Mitgliedern der Erbengemeinschaft den Eintragungsantrag zur Kenntnis zu bringen und diesen Gelegenheit zur Beteiligung an dem Verfahren zu geben. Materiell Beteiligter eines grundbuchrechtlichen Verfahrens ist jeder, dessen Rechtsstellung durch die Entscheidung des Grundbuchamtes unmittelbar betroffen ist. Dieser muss grundsätzlich auch formell am Verfahren beteiligt werden (vgl. Demharter, aaO, § 1 Rn. 30).
    Muss ich also die Bestellung des Nachlasspflegers einerseits hinnehmen und andererseits den bekannten Erben rechtliches Gehör vor Eintragung der Vormerkung gewähren?
    Einer der Erben, der schriftlich seine Zustimmung dem Nachlassgericht gegenüber erteilt hatte, ist zwischenzeitlich verstorben - Erben nach ihm sind nicht bekannt. - was mache ich hier?

    Wo das Gesetz nicht hilft, da muss Klugheit raten. (J. W. Goethe)

  • Wäre dann hier nicht konsequent die Bestellung eines Pflegers für den Nachlaß des verstorbenen Miterben wegen der nötigen Anhörung geboten?:teufel:

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  • Allerdings muss ich mich der Entscheidung des OLG Köln ja nicht zwingend anschließen.
    Warum sollte ich mit der Gewährung rechtlichen Gehörs eine Nachgenehmigung in Form des § 29 GBO umgehen wollen?

    Hätte allerdings eine Zwischenverfügung ergehen dürfen? - wenn man das Handel des Nachlasspflegers als vollmachtloser Vertreter für die bekannten Erben auslegt - wohl ja. Wenn man streng genommen das Handeln des Nachlasspflegers nur für die bekannten Erben impliziert und von vornherein davon ausgeht, dass die bekannten Erben hätten mitwirken müssen - dann wohl nein - weil eine Zwischenverfügung nicht ergehen kann, wenn eine Bewilligung überhaupt noch abgegeben werden muss (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 17.06.2013 - 20 W 166/13).

    Wie würdet Ihr mit dem Antrag und der Erinnerung gegen die Zwischenverfügung verfahren???

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  • Ich sehe es wie Du, daß die Pflegschaftsbestellung falsch ist. Gleichwohl hätte ich die Zwischenverfügung nicht erlassen. Der Pfleger ist bis zu seiner Abberufung durch das Gericht im Amt und bestellter gesetzlicher Vertreter der (hier aller) Erben. Da die Pflegerbestellung nicht für jedermann offensichtlich rechtswidrig ist, ist sie auch nur im Rechtsmittelweg beim bestellenden Gericht angreifbar. Das GBA hat sie -zähneknirschend- zu akzeptieren. Dabei gehe ich davon aus, daß die Bestellung wenigstens formal richtig erfolgte (ein nicht wirksam bestellter Pfleger kommt eben auch nicht durch die Verpflichtung ins Amt). Falls noch nicht geschehen, kannst Du Dir die vom OLG Köln zitierte Entscheidung des Thüringer OLG ja noch ansehen.
    Um Deine Bauchschmerzen zu lindern, kannst Du ja dem OLG Köln folgen und die Anhörung betreiben. Die Zwischenverfügung würde ich im Wege der Abhilfe aufheben.

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  • Man kann sich auch Probleme schaffen, wo keine (aus Grundbuchsicht) sind. Deshalb: Eintragen!

    Das Nachlassgericht hat ja die bekannten Erben angehört, daher ist rechtliches Gehör zum Verkauf gegeben.

  • Die Fundstellenangabe OLG Köln vom 4.1.1989, 2 Wx 39/88 kann auch nicht stimmen. Im Januar 1989 hätte es nie das Thüringer OLG zitieren können. Der zitierte Text kommt in der automatisch verlinkten Entscheidung auch nicht vor.

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  • Die Entscheidung des OLG Köln vom 4.1.1989 2 WX 39/88 befasst sich mit der "Beschwerde gegen die Anordnung einer Nachlasspflegschaft; Auslegung des Begriffs der "unbekannten Erben"; Begrenzung der Pflegschaft auf einen Erbanteil".

    In meinen vorliegenden Fall haben 6 der 7 Erben dem Nachlasspfleger mitgeteilt, dass sie mit der Veräußerung der Grundstücke (ohne dass diese nach § 28 GBO bezeichnet wären) einverstanden sind. Ein Erbe ist nach Abgabe dieser Erklärung verstorben.
    Der 7. Erbe hat gar nichts erklärt - er lebt noch.

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  • Möglich, daß ihm auch keine Erklärung abverlangt wurde. Vielleicht lief die Anhörung nach dem Muster "Da hast Du, kannst binnen Frist was sagen, wenn Du willst, mußt Du aber auch nicht."

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  • Unter c) ("Materiell Beteiligter eines grundbuchrechtlichen Verfahrens ist jeder, dessen Rechtsstellung durch die Entscheidung des Grundbuchamtes unmittelbar betroffen ist. Dieser muss grundsätzlich auch formell am Verfahren beteiligt werden (vgl. Demharter, aaO, § 1 Rn. 30).") vertritt das OLG Köln übrigens für mich klar die Auffassung, daß die Anhörung im Grundbuchverfahren zu erfolgen hat. Damit dürfte egal sein, was insoweit in der Nachlaßakte gelaufen ist.

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  • Übertrieben gesagt: Dann hat er sich mal ausgesprochen. Und Du trägst nach Würdigung seiner Argumente vermutlich ein.

    Wehren müßte er sich im Nachlaßverfahren und auf dem Zivilrechtsweg. Die Anhörung dienst ja wesentlich dazu ihm diese Möglichkeiten zu eröffnen, indem er von dem anhängigen GB-Verfahren erfährt. Du gibst ihm die Chance zu kämpfen. Die Waffe mußt Du ihm nicht in die Hand drücken. Dafür gibt es Rechtsberatung.

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  • Ich sehe es wie uschi und habe Zweifel, dass das Grundbuchamt hier zwingend anhören muss. Mir kommt das wie eine Überfürsorge vor.


    Warum sollte ich mit der Gewährung rechtlichen Gehörs eine Nachgenehmigung in Form des § 29 GBO umgehen wollen?

    Es gibt keinen Raum für eine "Nachgenehmigung". Die Aufhebung der Pflegschaft ist konstitutiv. Grundsätzlich endet eine Nachlasspflegschaft nicht automatisch, sondern der Pfleger bleibt bis zur gerichtlichen Aufhebung gesetzlicher Vertreter, siehe z.B. Staudinger/Otte, Rn. 55 zu § 1960 BGB. Eine "Nachgenehmigung" würde einen Schwebezustand suggerieren, den es nicht gibt.

    Eine "Nichtgenehmigung" oder eine ausdrückliche Versagung der "Genehmigung" kann den Kaufvertrag nicht unwirksam machen.

  • Tendiere zumindest zur Anhörung, auch wenn hier teilweise die Ansicht vertreten wird, dass dies das Nachlassgericht schon getan hat.
    Für mich ist der Fall nicht so "glasklar" - aber ich bin dankbar für jede Meinungsäußerung. :oops:

    Bin nur gespannt, ob tatsächlich noch alle 6 Erben leben, der Erbe nach dem inzwischen verstorbenen 7. Erben sich äußert (wobei seine Äußerung die GB-Eintragung ja nicht verhindern würde) und von dem bislang einem Erben, der sich dem NL-Gericht gegenüber offensichtlich nicht geäußert hat, eine Äußerung eingeht.

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  • Die Anhörung durch das Nachlaßgericht interessierte mich nicht. Entweder ich höre an -dann in meinem Verfahren selbst- oder ich lasse es ganz. "Drittauskünfte", bei denen ich noch nicht einmal den genauen Gegenstand und die Frage kenne, wären mir völlig egal.

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  • Es ist unstreitig, dass der Nachlasspfleger zur Vertretung aller Erben berechtigt ist, solange die Nachlasspflegschaft nicht durch Teilaufhebung quotal auf die Restgesamterbquote der noch unbekannten Erben beschränkt wurde.

    So liegt der vorliegende Fall nicht. Der Teilerbschein über (insgesamt) eine Hälfteerbquote stammt bereits aus dem Jahr 2014 und die Nachlasspflegschaft wurde - für den gesamten Nachlass und ohne Beschränkung auf die zweite Hälfteerbquote - erst im Jahr 2017 angeordnet.

    Das Nachlassgericht hat also eine Nachlasspflegschaft angeordnet, obwohl es wusste, dass die diesbezüglichen Voraussetzungen nur für eine Hälfteerbquote vorliegen. Der springende Punkt ist also, ob diese Verfahrensweise die Entscheidung im Rechtssinne nichtig oder lediglich anfechtbar macht. Ist Letzteres der Fall, muss das GBA eintragen und ist Ersteres der Fall, dann nicht.

    Die Anhörungsproblematik ist nur ein Scheinproblem, welches das eigentliche Problem verdeckt.

  • Für meinen Teil war ich damit in #5 fertig und Widerspruch gab es diesbezüglich keinen.

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  • Ich möchte mich an dieses aktuelle Thema mal anhängen:

    Auch ich habe einen Nachlaßpfleger, der veräußert. Beantragt ist die nachlaßgerichtliche Genehmigung. Die Pflegschaft hat eine Kollegin angeordnet mit den Wirkungskreisen 1. Ermittlung der Erben und 2. Sicherung und Verwaltung des Nachlasses.

    Ich bin jetzt über die Aufgabenkreise gestolpert und meine, daß eine Veräußerung nichts mit "Sicherung und Verwaltung" zu tun hat. Vermieten: ja, aber veräußern?

    Da in #1 der Aufgabenkreis auch so gefaßt war und das hier bislang nicht problematisiert wurde, gehe ich davon aus, daß ich das zu streng sehe, oder?

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

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