berechtigter Anfechtungsgrund?

  • Hallo Kollegen:

    Folgender Fall,der mich beschäftig: Die Kindsmutter ist vorverstorben. Sie hat ein Testament hinterlassen und ihr minderjähriges Kind als testamentarischen Erben eingesetzt. Der Kindesvater vertritt das Kind nunmehr allein. Das Testament ist eröffnet worden und die Testamentseröffnungsunterlagen wurden an den Kindesvater als gesetzlicher Vertreter für das Kind übersandt.Der Nachlass besteht aus einem stark sanierungsbedürftigen Grundstück, kaum Bargeld und Schulden. Nach Ablauf der Erbausschlagungsfrist ging eine Anfechtungserklärung des Kindsvaters ein, er gibt zu, dass er die zuvor übersandte Post über den Anfall der Erbschaft an sein Kind nebst Belehrung zur Erbausschlagung nicht richtig gelesen hat. Er war wohl im Irrtum darüber, dass durch sein Nichthandeln die Erbschaft dem minderjährigen Kind angefallen ist. Nach Bericht des zwischenzeitlich bestellten Nachlasspflegers und dessen eingereichten Erstberichts nebst Vermögensverzeichnis, gehe ich davon aus, dass die familiengerichtliche Genehmigung zur Anfechtung erteilt wird.

    Nun meine Frage:
    Ist das nicht richtige Lesen der Post über den Anfall der Erbschaft nach Testamentseröffnung inklusive Merkblatt über die Erbausschlagung und Hinweis auf die 6-wöchige Erbausschlagungsfrist ein Anfechtungsgrund?

    Rein vom Gefühl her, würde ich sagen dass der vorgetrageneGrund kein Anfechtungsgrund ist und sich der Kindsvater seine Unaufmerksamkeit zurechnen lassen muss.

    Und nun? Ohne Erbscheinsantrag kann ich ja über die Wirksamkeit der Anfechtungserklärung nicht entscheiden.

    Müsste ich nun wirklich das Procedere Ermittlung/Erbausschlagungder Erben 2. Ordnung durchführen, um gegebenenfalls dann beim Fiskus zu landen und um dann im Rahmen der Feststellung des Fiskus festzustellen, dass die Anfechtung des Kindesvaters unwirksam ist?

    Ideen?

    Grüße Döner

  • :daumenrau
    Wenn du die Anfechtung mangels rechtsrelevantem Anfechtungsgrund für unwirksam hälst, würde ich dies dem Kindesvater mitteilen (damit er - sofern möglich - ggf. durch ergänzenden Vortrag noch die Situation verändern kann), ihn außerdem auf die Erforderlichkeit eines Erbscheins zur Grundbuchberichtigung und allgemein auf die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung hinweisen.
    Die nachrückenden Erben benachrichtige ich nur, wenn ich von einer wirksamen Ausschlagung ausgehe; insofern prüfe ich die Ausschlagungserklärungen immer in dem mir möglichen Rahmen bei Beurkundung bzw. Eingang der Erklärung. Bei Zweifeln/Bedenken teile ich dies dem Erklärenden mit, damit zeitnah eine Klärung erfolgen kann.

  • Ich prüfe auch nicht vorab, sondern informiere die Nächstberufenen.

    Bei der Anfechtung wegen Fristversäumnis wird ja nur auf die Kenntnis abgestellt.
    Wenn er ein Schreiben einfach nicht liest wäre er mMn in Unkenntnis.
    Ist aber wirklich eine verzwickte Frage....unverschuldet ist diese Unkenntnis ja nun nicht.

  • § 1953 Abs. 3 BGB stellt auf die Ausschlagung als solche ab. Dort ist nirgends die Rede davon, dass die Nächstberufenen nur zu benachrichtigen sind, wenn die Ausschlagung wirksam ist.
    Daher sind die Nächstberufenen definitiv zu benachrichtigen, sobald eine Ausschlagung vorliegt, ob sie wirksam ist oder nicht.

  • Dort ist nirgends die Rede davon, dass die Nächstberufenen nur zu benachrichtigen sind, wenn die Ausschlagung wirksam ist.

    Ich lese Satz 1 anders. Wenn mangels Wirksamkeit der Ausschlagung kein Anfall an den Nächstberufenen erfolgt ist, hat auch keine Benachrichtigung zu erfolgen ("welchem die Erbschaft infolge der Ausschlagung angefallen ist").

    Das wird allerdings in der Literatur zugegebenermaßen anders gesehen, halte ich in wirklich offensichtlichen Fällen allerdings für fragwürdig.

  • Ich hätte schon keine Nachlasspflegschaft angeordnet, weil der Erbe mangels Anfechtungsgrund bekannt ist.

    Danke Cromwell, diese Antwort istsehr hilfreich!

    Zu mir sind die Schlüssel gelangt mit dem Hinweis, dassim Objekt ein Fenster sperrangelweit offen steht und eingebrochen wurde. (Was der Nachlasspfleger auch bestätigt hat)

    Es war nicht bekannt, ob der Erbe die Erbschaft annimmt oder ausschlägt. Ich bin von Ausschlagung ausgegangen und hätte damit ohnehin eine Nachlasspflegschaft –vorübergehend- angeordnet.

    Ungeachtet der Nachlasspflegschaft hat diese ja nun keinen Einfluss auf das Verfahren an sich, also wie ich nun mit der Anfechtung wirksam/unwirksam weiter verfahre.

    Vielleicht könntest Du mir mitteilen, wie Du die Fragestellung bewertest?

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