Fall der Doppelpfändung?

  • Hallo zusammen,

    ich habe hier folgenden Fall:
    Die Schuldnerberatung stellt für den Schuldner Antrag auf Kontofreigabe bei einem P-Konto.
    Der Schuldner hat einen Freibetrag von 2.116,40 Euro auf seinem P-Konto. Im November hat er 3.063,03 Euro Gehalt bekommen.
    Das Gehalt des Schuldners wird bereits von einem anderen Gläubiger gepfändet.
    Nun trägt die Schuldnerberatung vor, dass hier eine Doppelpfändung vorliegt, da bereits das Gehalt um den pfändbaren Anteil des Einkommens gepfändet wird und zusätzlich noch die Kontopfändung betrieben wird. Das bereits gepfändete Gehalt eröffne keine neue Pfändungsbasis, da es bereits vom Arbeitgeber um den pfändbaren Betrag gekürzt wurde...

    Wie seht Ihr das?

  • Das ist ein bekanntes Problem, jedoch wird beim Arbeitgeber das Gehalt gepfändet und bei der Bank das Guthaben.

    Möge der Schuldner einen Antrag auf einen Blankettbeschluss, BGH, VII ZB 64/10 vom 10.11.2011, stellen. So etwas müsste eine Schuldnerberatung eigentlich wissen...

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Such mal mit "Pfändung an der Quelle", da müssten eigentlich ein paar Treffer kommen...

    Der Lohn kann mittels Blankettbeschluss - also ohne Bezifferung des Betrages - unter Bezugnahme auf die Lohnüberweisung des Arbeitgebers xyz freigegeben werden, da ja nur der unpfändbare Anteil auf das Konto überwiesen wird.

    Wenn kein Wind geht, dann rudere!
    (polnisches Sprichwort)

  • Da müsste auch noch geprüft werden, ob das ein Fall ist, welchen der BGH betrachtet hat. Eine Vorrausetzung für einen solchen Blankettbeschluss
    war es, dass das Einkommen regelmäßig schwankt , ansonsten kann man nämlich auch einen festen höheren Freibetrag festlegen.

    Wir werden in der Praxis überschwemmt mit Blankettbeschlüssen, in denen das Gehalt bei 11 von 12 Monaten gleich ist. Für diese Fälle war das Urteil
    nicht gedacht.

    Ein Risiko wird dabei oft übersehen: Wenn einen Monat nach Beschluss die Lohnpfändung von Gläubiger A bezahlt ist, wird der volle Lohn aufs Konto
    überwiesen und aufgrund des Beschlusses an den Schuldner ausgezahlt. Gläubiger B der nur Kontopfändung hat geht leer aus

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    Ein Risiko wird dabei oft übersehen: Wenn einen Monat nach Beschluss die Lohnpfändung von Gläubiger A bezahlt ist, wird der volle Lohn aufs Konto
    überwiesen und aufgrund des Beschlusses an den Schuldner ausgezahlt. Gläubiger B der nur Kontopfändung hat geht leer aus


    Ja dieses Risko besteht natürlich immer, also auch wenn ein Fall mit schwankendem monatlichen Einkommen vorliegt, den der BGH entschieden hat.

    Ich finde es daher noch immer "gewöhnungsbedürftig" so eine Anordnung in Fällen zu treffen, wo Gläubiger A den Lohn und Gläubiger B das Konto gepfändet hat.

    Wie hoch die der Lohnpfändung (noch) zugrundeliegende Forderung ist, erfährt man im Rahmen entsprechender Anträge nie.

  • wenn Gl. A nicht Konto und Lohn gepfändet hat, sondern nur das Konto und der Antrag darauf gestützt werden soll, dass nur das unpfändbare Einkommen dem Konto gutgeschrieben wird, weil Gl. B den Lohn gepfändet hat, lasse ich mir die aktuelle Höhe der Pfändung des Arbeitseinkommens nachweisen.

    Das kann der Schuldner durch eine entsprechende Bescheinigung seines Arbeitsgebers machen. Durch die Vorlage von Gehaltsabrechnungen lasse ich mir glaubhaft machen, wieviel durch die Gehaltspfändung monatlich auf die Lohnpfändung ausgekehrt wird.

    Die Quellenfreigabe befriste ich dann auf den Zeitraum, wo für mich schlüssig ist, dass aufgrund der Lohnpfändung nur das Unpfändbare auf dem Konto ankommt.

  • wenn Gl. A nicht Konto und Lohn gepfändet hat, sondern nur das Konto und der Antrag darauf gestützt werden soll, dass nur das unpfändbare Einkommen dem Konto gutgeschrieben wird, weil Gl. B den Lohn gepfändet hat, lasse ich mir die aktuelle Höhe der Pfändung des Arbeitseinkommens nachweisen.

    Das kann der Schuldner durch eine entsprechende Bescheinigung seines Arbeitsgebers machen. Durch die Vorlage von Gehaltsabrechnungen lasse ich mir glaubhaft machen, wieviel durch die Gehaltspfändung monatlich auf die Lohnpfändung ausgekehrt wird.

    Die Quellenfreigabe befriste ich dann auf den Zeitraum, wo für mich schlüssig ist, dass aufgrund der Lohnpfändung nur das Unpfändbare auf dem Konto ankommt.


    Machen das andere auch so? :gruebel: Habe ich so noch nie gehört bzw. gesehen.

    Ich kenne bislang nur die Blankettbeschlüsse, in denen zeitlich unbefristet der unpfändbare Freibetrag des P-Kontos auf den Eingang des Lohnes von Arbeitgeber X bestimmt wird. Da wurde nicht geprüft, wegen welcher Forderungshöhe eine Pfändung des Lohnes erfolgt bzw. wieviel noch offen ist.

  • Ich befriste meine Blankettbeschlüsse immer auf 1 Jahr sofern ich nach der Bescheinigung des Arbeitgebers nicht von einem kürzeren Zeitraum ausgehen muss.


    Zeitlich unbefristete Blankettbeschlüsse kommen für mich nicht in Frage:

    1. da es tatsächlich viele Pfändungen gibt in denen nur das Konto und nicht beim Arbeitgeber gepfändet wird.

    2. ich das Ende der Gehaltspfändung weder kenne noch kennen kann: Es kommt ja vor, dass die Gehaltspfändung durch Vereinbarungen mit dem Gläubiger aufgehoben wird - mein Blankettbeschluss würde dann ja trotz nicht vorhandener Pfändung weiter wirksam sein. Und dies zum Nachteil aller in 1. genannten Gläubiger. Das ist nicht im Sinne des Erfinders!


    Klar ist auch meine Jahresbefristung nicht perfekt, aber zumindest werden die größten Gefahren ausgeschlossen.
    (ja, ich hatte das auch schon: Da hatten die Eltern den Gläubiger der Gehaltspfändung von Sohnemann (sehr hoher Betrag)bezahlt- da wurde dann der Blankettbeschluss nicht erneuert- mit nem unbefristeten wären da mehrere Gläubiger ewig leer ausgegangen)

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    Zeitlich unbefristete Blankettbeschlüsse kommen für mich nicht in Frage:

    1. da es tatsächlich viele Pfändungen gibt in denen nur das Konto und nicht beim Arbeitgeber gepfändet wird.

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    Für diese Konstellation hatte ich noch nie einen Antrag wegen (angeblicher) Doppelpfändung zu entscheiden. Kommt das tatsächlich vor? :gruebel:

    (In einem solchen Fall würde ich natürlich auch keinen Blankettbeschluss erlassen. Dass auch beim Arbeitgeber eine Pfändung besteht, muss mir der Schuldner schon nachweisen.)


    Gibt es eigentlich Rechtsprechung für oder gegen die Notwendigkeit einer Befristung solcher Beschlüsse?

  • Ich konkretisiere das mal:

    Beispiel:
    Das Konto von Schuldner X ist durch PfÜB 1, 2 und 3 gepfändet, jedoch wegen deren Unkenntnis noch keine Gehaltspfändung vorliegend.
    Alles läuft, PfÜB 1 bekommt Geld.


    Jetzt kommt PfÜB 4 und pfändet Gehalt und Konto- der Schuldner kommt im Verfahren und beantragt wegen Doppelpfändung den Blankettbeschluss. Er bekommt ihn.
    PfÜB 4 bekommt nun Geld aus der Gehaltspfändung, PfÜB 1, 2 und 3 bekommen nun nichts mehr. (zumindest vom Gehalt)

    Wenig später einigt der Schuldner sich mit dem Gläubiger aus PfÜB 4 auf eine monatliche Ratenzahlung in Höhe von 50 € und deswegen stellt PfÜB Gläubiger 4 die Pfändung beim Arbeitgeber ruhend- jetzt schauen Gläubiger 1,2,3 wegen dem unbefristeteten Blankettbeschluss in die Röhre und zwar unbefristet.

  • Ich befriste die Blankettbeschlüsse nicht, die Kollegen hier ebenfalls nicht. Zugegebenermaßen können dadurch Probleme, wie geschildert, entstehen. Aber seien wir mal ehrlich, sollte nicht der jeweilige "benachteiligte" Gläubiger sich nach einem gewissen Zeitablauf nicht selbst darum kümmern und ggf. nachfragen?
    :gruebel:

  • Mir ist keine Rechtsprechung bekannt dazu- klar kann der Gläubiger sich in die Lage versetzen, das zu kontrollieren- indem er das Gehalt selbst auch pfändet (was auch Kosten zulasten des Schuldners auslöst).

    Aber mir persönlich würde es widerstreben eine Blankettbeschluss unbefristet auszustellen, wenn ich damit den Schuldner bevorteile. Insbesondere wenn das Gehalt wegen nem Kleinbetrag, der in zwei Monaten durch die Gehaltspfändung erledigt sein könnte, gepfändet ist- bei einer Gehaltspfändung ab einer gewissen Höhe würde ich es mir ggf. überlegen.

  • Mir ist keine Rechtsprechung bekannt dazu- klar kann der Gläubiger sich in die Lage versetzen, das zu kontrollieren- indem er das Gehalt selbst auch pfändet (was auch Kosten zulasten des Schuldners auslöst).

    Aber mir persönlich würde es widerstreben eine Blankettbeschluss unbefristet auszustellen, wenn ich damit den Schuldner bevorteile. Insbesondere wenn das Gehalt wegen nem Kleinbetrag, der in zwei Monaten durch die Gehaltspfändung erledigt sein könnte, gepfändet ist- bei einer Gehaltspfändung ab einer gewissen Höhe würde ich es mir ggf. überlegen.

    Es steht doch jedem Gläubiger frei (auch) das Gehalt zu pfänden. Jede Gehaltspfändung vereitelt im Prinzip die Kontopfändung. Was ist, wenn der schnell getigten Gehaltspfändung weitere Folgen? Freigabe immer wieder (befristet) anordnen? Das Gericht ist doch nicht dafür da, für den Gläubiger zu denken nur weil der das Gehalt nicht pfändet.

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