Ausschlagung durch Betreuer

  • Die kinderlose und alleinstehende A ist verstorben. Deren Schwester B wollte die Erbschaft beim Nachlassgericht ausschlagen (Nachlass ist überschuldet), jedoch hat der Rechtspfleger die Aufnahme einer Ausschlagungserklärung abgelehnt, da er die Schwester B aufgrund der mit ihr geführten Unterhaltung für geschäftsunfähig hält. Der Rechtspfleger verlangt nun die Bestellung eines Betreuers für B mit dem Wirkungskreis Entscheidung über die Ausschlagung (bzw. Anfechtung der Annahme) nach A.
    Verfügungen von Todes wegen sind nicht vorhanden.

    Der Sohn der B wäre bereit die Betreuung zu übernehmen.

    Kann der Sohn der B als Betreuer bestellt werden, obwohl ihm die Erbschaft nach Ausschlagung durch die B anfällt ? Liegt hier nicht eine Interessenkollision vor ?.

  • Zitat

    Kann der Sohn der B als Betreuer bestellt werden, obwohl ihm die Erbschaft nach Ausschlagung durch die B anfällt ?

    Ja, kann er. Er wird ja wahrscheinlich nicht nur für die Ausschlagung bestellt sondern auch für weitere Vermögenskreise.

    Zitat

    Liegt hier nicht eine Interessenkollision vor ?.

    Davon spricht § 1795 BGB (über § 1908i BGB) nicht. Wie kommst Du drauf? Dass er den überschuldeten Nachlass doch nehmen will?
    Es gibt ja noch das Genehmigungsbedürfnis des BetrG.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Deren Schwester B wollte die Erbschaft beim Nachlassgericht ausschlagen (Nachlass ist überschuldet), jedoch hat der Rechtspfleger die Aufnahme einer Ausschlagungserklärung abgelehnt, da er die Schwester B aufgrund der mit ihr geführten Unterhaltung für geschäftsunfähig hält.

    Rein interessehalber... darf/kann das der NLG-Rechtspfleger? Ich war bislang der Meinung, dass die Wirksamkeit der Ausschlagung erst im ES-Verfahren geprüft wird. Darf man sich als Rechtspfleger des NLG kraft seiner Wassersuppe die notwendige Fachkenntnis anmaßen, nach einer (!) geführten Unterhaltung über die Geschäftsfähigkeit des Ausschlagenden zu urteilen?

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Deren Schwester B wollte die Erbschaft beim Nachlassgericht ausschlagen (Nachlass ist überschuldet), jedoch hat der Rechtspfleger die Aufnahme einer Ausschlagungserklärung abgelehnt, da er die Schwester B aufgrund der mit ihr geführten Unterhaltung für geschäftsunfähig hält.

    Rein interessehalber... darf/kann das der NLG-Rechtspfleger? Ich war bislang der Meinung, dass die Wirksamkeit der Ausschlagung erst im ES-Verfahren geprüft wird. Darf man sich als Rechtspfleger des NLG kraft seiner Wassersuppe die notwendige Fachkenntnis anmaßen, nach einer (!) geführten Unterhaltung über die Geschäftsfähigkeit des Ausschlagenden zu urteilen?

    Schwierig. Für die Beurkundung gelten die Vorschriften des BeurkG mithin auch § 11. Wenn der Rechtspfleger von der Geschäftsunfähigkeit überzeugt ist muss er die Aufnahme ablehnen. Wie weit man sich da aus dem Fenster lehnen will ist Einzelfallentscheidung.

  • Zitat

    Kann der Sohn der B als Betreuer bestellt werden, obwohl ihm die Erbschaft nach Ausschlagung durch die B anfällt ?

    Ja, kann er. Er wird ja wahrscheinlich nicht nur für die Ausschlagung bestellt sondern auch für weitere Vermögenskreise.

    Nicht zwingend, wenn eine privatschriftliche Vorsorgevollmacht für andere Angelegenheiten vorliegt.

    Zitat

    Liegt hier nicht eine Interessenkollision vor ?.

    Davon spricht § 1795 BGB (über § 1908i BGB) nicht. Wie kommst Du drauf? Dass er den überschuldeten Nachlass doch nehmen will?
    Es gibt ja noch das Genehmigungsbedürfnis des BetrG.

    Falls der Nachlass nicht überschuldet wäre (sondern die Ausschlagung aus persönlichen Motiven im Raum steht), wäre der Sohn der B aus meiner Sicht wegen Interessenkollision nicht zu bestellen.

  • Deren Schwester B wollte die Erbschaft beim Nachlassgericht ausschlagen (Nachlass ist überschuldet), jedoch hat der Rechtspfleger die Aufnahme einer Ausschlagungserklärung abgelehnt, da er die Schwester B aufgrund der mit ihr geführten Unterhaltung für geschäftsunfähig hält.

    Rein interessehalber... darf/kann das der NLG-Rechtspfleger? Ich war bislang der Meinung, dass die Wirksamkeit der Ausschlagung erst im ES-Verfahren geprüft wird. Darf man sich als Rechtspfleger des NLG kraft seiner Wassersuppe die notwendige Fachkenntnis anmaßen, nach einer (!) geführten Unterhaltung über die Geschäftsfähigkeit des Ausschlagenden zu urteilen?

    Der Gebrauch des Wortes "anmaßen" ist hier überaus unzutreffend. :( Wie oft führen denn Notare Gespräche vor der Beurkundung einer Ausschlagung. Was denkst du denn?

    Natürlich kann ich keine Erklärung von jemandem aufnehmen, der erkennbar deren Inhalt oder Folgen gar nicht versteht.

  • ...(Nachlass ist überschuldet)...

    Falls der Nachlass nicht überschuldet wäre (sondern die Ausschlagung aus persönlichen Motiven im Raum steht), wäre der Sohn der B aus meiner Sicht wegen Interessenkollision nicht zu bestellen.

    Wie gut, dass der Fall anders liegt. :cool:

    Überdies: Wenn schon § 1643 II BGB da kein Problem sieht, wieso dann wir beim Betreuungsgericht? Für genau diesen Fall gibt es die Genehmigung(sversagung). Was m. M. n. im Übrigen das richtige Mittel wäre; besser, als den Betreuer ganz von der Vermögenssorge auszuschließen.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Die Betreuung müsste man für die Ausschlagung im Wege der eA anordnen, damit irgendwie die Chance besteht, dass die Frist eingehalten wird.

    Bezüglich Interessionskollision: Die kann man ja leicht ausräumen. Wenn B selbst nicht ausschlägt, würde ich mir Gedanken machen. Wenn B auch ausschlägt, ist die IK vom Tisch

  • Die Betreuung müsste man für die Ausschlagung im Wege der eA anordnen, damit irgendwie die Chance besteht, dass die Frist eingehalten wird.

    Bezüglich Interessionskollision: Die kann man ja leicht ausräumen. Wenn B selbst nicht ausschlägt, würde ich mir Gedanken machen. Wenn B auch ausschlägt, ist die IK vom Tisch

    Wenn die B tatsächlich geschäftsunfähig ist, gibt es auch kein Fristproblem, welches das ganze eilig machen würde. Die 6 Wochen laufen dann erst ab Betreuerbestellung.

  • Der Gebrauch des Wortes "anmaßen" ist hier überaus unzutreffend. :( Wie oft führen denn Notare Gespräche vor der Beurkundung einer Ausschlagung. Was denkst du denn?

    Natürlich kann ich keine Erklärung von jemandem aufnehmen, der erkennbar deren Inhalt oder Folgen gar nicht versteht.

    So ist es. Und natürlich ist man sich oft nicht sicher, dann wird halt beurkundetg und ein Zweifelsvermerk aufgenommen.

    Aber es gibt wirklich Fälle, da ist es ganz eindeutig. Gerade in Nachlasssachen.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub


  • Der Gebrauch des Wortes "anmaßen" ist hier überaus unzutreffend. :( Wie oft führen denn Notare Gespräche vor der Beurkundung einer Ausschlagung. Was denkst du denn?

    Natürlich kann ich keine Erklärung von jemandem aufnehmen, der erkennbar deren Inhalt oder Folgen gar nicht versteht.

    Ob unzutreffend oder nicht mag jetzt dahin gestellt sein. Es sollte nicht anmaßend gemeint sein ;).

    Unzutreffend ist aber auch, dass der Rechtspfleger beim Nachlassgericht die Bestellung eines Betreuers "verlangen" kann. Anregen kann er sie. Geprüft wird die Erforderlichkeit vom Betreuungsgericht. Und dann wird das ganze Prozedere in Gang gesetzt (Anhörung, Gutachten, etc.). So wie der Sachverhalt geschildert ist, werden dann hier für eine "Lappalie" mehrere Personen (unnötig) beschäftigt, Geld ausgegeben und es streicht Zeit ins Land. Und das für die Ausschlagung eines überschuldeten Nachlasses. Was bringt das denn? Was soll denn passieren? Das ist natürlich nur meine rein pragmatische Sicht.

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)


  • Der Gebrauch des Wortes "anmaßen" ist hier überaus unzutreffend. :( Wie oft führen denn Notare Gespräche vor der Beurkundung einer Ausschlagung. Was denkst du denn?

    Natürlich kann ich keine Erklärung von jemandem aufnehmen, der erkennbar deren Inhalt oder Folgen gar nicht versteht.

    Ob unzutreffend oder nicht mag jetzt dahin gestellt sein. Es sollte nicht anmaßend gemeint sein ;).

    Unzutreffend ist aber auch, dass der Rechtspfleger beim Nachlassgericht die Bestellung eines Betreuers "verlangen" kann. Anregen kann er sie. Geprüft wird die Erforderlichkeit vom Betreuungsgericht. Und dann wird das ganze Prozedere in Gang gesetzt (Anhörung, Gutachten, etc.). So wie der Sachverhalt geschildert ist, werden dann hier für eine "Lappalie" mehrere Personen (unnötig) beschäftigt, Geld ausgegeben und es streicht Zeit ins Land. Und das für die Ausschlagung eines überschuldeten Nachlasses. Was bringt das denn? Was soll denn passieren? Das ist natürlich nur meine rein pragmatische Sicht.


    Was ist denn die Alternative? Wenn ich aufnehme und B ist geschäftsunfähig wird die Ausschlagung durch die Aufnahme auch nicht wirksamer.

  • ...(Nachlass ist überschuldet)...

    Falls der Nachlass nicht überschuldet wäre (sondern die Ausschlagung aus persönlichen Motiven im Raum steht), wäre der Sohn der B aus meiner Sicht wegen Interessenkollision nicht zu bestellen.

    Wie gut, dass der Fall anders liegt. :cool:

    Überdies: Wenn schon § 1643 II BGB da kein Problem sieht, ....


    Die genannte Regelung trifft den in Beitrag 1 geschilderten Fall nun gerade nicht.

    In § 1643 II BGB wird eine Ausnahme von der Genehmigungsbedürftigkeit zugelassen, wenn das Kind erst durch die Ausschlagung des Elternteils Erbe wird.

    Bei dem Sachverhalt in #1 soll jedoch der Sohn der B die Ausschlagung für seine Mutter als Betreuer erklären und wird anschließend an deren Stelle selbst Erbe. Also hat er rechtlich einen Vorteil davon, wenn er sich entscheidet, die Ausschlagung für seine Mutter zu erklären. (Und bei vermögendem Nachlass hätte er sogar einen wirtschaftlichen Vorteil.)

  • Alles richtig Frog. Aber er wird die Ausschlagung bei vermögendem Nachlass nie genehmigt bekommen.
    Letztmalig mein Standpunkt dazu: Ich kann ihn ruhig als Betreuer bestellen, da ich ihn über die Genehmigung wieder einfangen kann, sollte er Quatsch machen wollen.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti


  • Falls der Nachlass nicht überschuldet wäre (sondern die Ausschlagung aus persönlichen Motiven im Raum steht), wäre der Sohn der B aus meiner Sicht wegen Interessenkollision nicht zu bestellen.


    § 1795 BGB stellt nicht auf einen konkreten Einzelfall ab (anders als § 1796 BGB), sondern auf die bloße Konstellation (Vertretener - Vertreter - Verwandte) an sich und den bloßen Anschein eines Interessenkonflikts. Jede Unterscheidung geht hier am Zweck der Norm vorbei.
    Ich sehe hier keinen Fall von § 1795 I Nr. 1 BGB. Die Ausschlagung ist kein Rechtsgeschäft zwischen einem Verwandten/Verschwägerten des Betreuers und seinem Betroffenen. Ebenso ist § 181 BGB nicht einschlägig.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!