Aufeinandertreffen §850c und §850d ZPO

  • Hallo zusammen,

    ich habe eine Frage zu einer Konstellation, die mir im Normalfall geläufig ist. Leider stehe ich aber gerade auf dem Schlauch.

    Folgender Fall liegt vor:

    Sachpfändung, Eingang 29.01.2015
    Unterhaltspfändung, Eingang 15.01.2015, laufend 754,- €, pfandfrei 918,30 €

    Der Schuldner hat ein pfändbares Einkommen von ca. 2.200 €

    Die Rechnung würde somit lauten, dass erst aus dem Vorrechtsbereich gepfändet wird und ich im Anschluss den Tabellenbetrag mit einer Unterhaltsverpflichtung aus dem Normalbereich ermittle. Liege hiermit richtig? Wenn nicht, könntet ihr mir einen Anschub geben?

    Ich muss gestehen, der Grund an meinen Zweifeln ist, dass SAP mit offenbar auf den Holzweg führen möchte, ich aber nicht weiß warum. (SAP sagt, für die Sachpfändung bleibt nichts über)

    Tut mir auch leid, dass ich mit so einer simplen Frage hier ins Forum einsteige, aber schon einmal vielen Dank für eure Hilfe!

    Gruß
    Sascha

  • Du hast zwei Pfändungsbeschlüsse, die dir nacheinander eingegangen sind. Du musst also zunächst den pfändabren Betrag an den Gläubiger der zuerst erfolgten Pfändung abführen. Nur, wenn dann etwas übrig bleibt, gibt es auch für die spätere Pfändung Geld.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer


  • Der Schuldner hat ein pfändbares Einkommen von ca. 2.200 €

    Die Rechnung würde somit lauten, dass erst aus dem Vorrechtsbereich gepfändet wird und ich im Anschluss den Tabellenbetrag mit einer Unterhaltsverpflichtung aus dem Normalbereich ermittle. Liege hiermit richtig? Wenn nicht, könntet ihr mir einen Anschub geben?

    So würde ich es auch machen. D.h. an den UH-Pfänder alles über 918,30 EUR bis zur Deckung des laufenden Unterhalts. Dann Tabellenbetrag ermitteln und pfändbaren Betrag an Normalgläubiger. Sollte im vorliegenden Fall wohl dazu führen, dass dem Schuldner - zusätzlich zum pfandfreien Betrag - zumindest noch ein Teil seines Einkommens aus dem Vorrechtsbereich verbleibt.

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Danke schon einmal für eure Antworten. Das nimmt mir meine Zweifel schon etwas. :daumenrau

    Jetzt muss ich nur rausfinden, weswegen die Software mir etwas anderes ausschmeißt :D

  • Mal kurz durchgerechnet:

    [TABLE='class: grid, width: 500']

    [tr][td]

    Einkommen

    [/td][td]

    2.200,00

    [/td][/tr][tr][td]

    Selbstbehalt

    [/td][td]

    918,30

    [/td][/tr][tr][td]

    lfd. Unterhalt

    [/td][td]

    754

    [/td][/tr][tr][td]

    verbleibt:

    [/td][td]

    527,70

    [/td][/tr][tr][td]

    pfändbar nach Tabelle bei 1 UH und 2.200

    [/td][td]

    288,92

    [/td][/tr]


    [/TABLE]

    Gute Frage, was SAP da für ein Problem hat.... Rückstände sind keine da?

  • die andere mögliche Rechnung wäre:


    [TABLE='class: grid, width: 500']

    [tr][td]

    Einkommen

    [/td][td]

    2.200,00

    [/td][/tr][tr][td]

    -lfd. Unterhalt

    [/td][td]

    754

    [/td][/tr][tr][td]

    verbleibt:

    [/td][td]

    1.446

    [/td][/tr][tr][td]

    unpfändbar bei 1 Unterhaltspflicht

    [/td][td]

    1.911,08

    [/td][/tr][tr][td]

    pfändbar nach Tabelle bei 1 UH für normalen Gl.

    [/td][td]

    0,00

    [/td][/tr]


    [/TABLE]


    der Coverna kennt sich doch mit sowas aus....

  • Nein, Rückstände sind nicht vorhanden.

    Hätte es auch nach der ersten Variante gerechnet. Das würde ja genau dem Sinn von 850d entsprechen, dass Normalgläubiger bedient werden können.

    Dass die Unterhaltspfändung aufgrund der früheren Zustellung nicht bedient wird, dürfte ja eigentlich auch nicht sein.

  • selbst ein Häkchen bei der Option "erst aus dem Vorrechtsbereich pfänden" bei der Eingabe des pfändbaren Betrages liefert keine Änderung.

  • Die Frage ist doch:

    ziehe ich die Unterhaltspfändung quasi von oben vom Einkommen des Schuldners ab (mein Rechenbeispiel), oder addiere ich die Unterhaltspfändung auf seinen Selbstbehalt (Amaryllis).

    Für den Unterhaltsgläubiger ist es gleich, für den nachrangigen Gl. macht es einen erheblichen Unterschied.
    Hätte der Unterhaltsgl. lediglich nach § 850c ZPO vollstreckt, würde es für den nachrangigen auch nichts geben; hier schwebt mir aber (recht dunkel) im Kopf herum, dass in der Rechtsprechung dem nachrangigen Gl. ein Antragsrecht eingeräumt wurde, die vorrangige Pfändung auf § 850d ZPO zu erweitern.....

    Du siehst: so simple ist die Frage nicht.... :)

  • da muss ich dir zustimmen, aber mir ist auch nicht bekannt, ob dies irgendwo schriftlich festgehalten ist. Vom logischen Verständnis und zur Gleichbefriedigung der Gläubiger sollte man meinen, dass "von unten" gerechnet werden sollte.

  • Zöller, ZPO, 32. Auflage, Herget zu § 850 e Rn. 31 ZPO. (ja, ich musste auch suchen, denn ich hatte auch nur die Ahnung, dass es geht :gruebel:)

    Das ist auch der Antrag den Winter M meinte- man kann den d-Gläubiger nur aus dem D-Teil bezahlen und den c-Gläubiger aus dem c-Teil.

    Heißt:

    C-Teil : 2200 bis 1911,08 €

    (2200-288,92 € lt. Tabelle bei 1 Unterhaltspflicht)

    D-Teil: 1911,08 € (regulär pfandfrei, siehe oben) bis 918,30 € (durchs Gericht festgelegt lt SV)dieser Teil reicht für eine Forderung bis zur Höhe von 992,78 € < die laufende Unterhaltsforderung.

    Vorrechtsgläubiger wird (nach Antrag) auf den D-Teil durchs Gericht verwiesen.

    Folge:

    Gläubiger bekommt 288,92 € (mehr als C-Pfändung lt Tabelle geht NIE!)
    Vorrechtsgläubiger bekommt: 754,00 €, da aus dem D-Teil zu zahlen.

    Schuldner erhält: 1157,08 €

    Alle (bis auf den Schuldner) zufrieden.

  • So ist es! SAP ist leider nicht gerade lernfähig. §850e Nr. 4 ZPO ist nur für den Fall, dass der Unterhaltsgläubiger den Vorrechtsbereich nicht in Anspruch nimmt (Stöber Rdn. 1276). Wird der Vorrechtsbereich angeordnet, muss der Unterhalt zunächst aus dem Vorrechtsbereich entnommen werden. Das heißt, dass nach der Tilgung der Rückstände auch nachfolgende Pfändungen wegen gewöhnlichen Geldforderungen zum Zuge kommen können, wenn der Pfandbereich größer ist als die Höhe des laufenden Unterhalts (s. Stöber, Rdn. 1275).

    Leider kennt SAP nur den Kommentar von Boewer.

  • So ist es richtig.

  • ok, das würde bedeuten, dass ich SAP den Betrag für die Sachpfändung selbst vorgeben muss?
    Wenn ich mir den Protokollbaum ansehe, zeigt er mir sogar ein Abrechnungsergebnis, allerdings ohne eine Überweisung.

    Aber gibt es eine logische Schlussfolgerung, warum sich SAP auf Boewer beruft(einen Hinweis in der ZPO)? und ist dies tatsächlich eindeutig falsch?

    Danke:daumenrau

  • Fazit: es ist nicht wichtig alles selbst zu wissen, sondern viel wichtiger zu wissen, wer es weiß....

    Coverna nämlich

    Der Insulaner natürlich auch, aber den hatte ich ja nicht aktiv herbei gerufen.... :)

  • ok, das würde bedeuten, dass ich SAP den Betrag für die Sachpfändung selbst vorgeben muss?
    Wenn ich mir den Protokollbaum ansehe, zeigt er mir sogar ein Abrechnungsergebnis, allerdings ohne eine Überweisung.

    Aber gibt es eine logische Schlussfolgerung, warum sich SAP auf Boewer beruft(einen Hinweis in der ZPO)? und ist dies tatsächlich eindeutig falsch?

    Danke:daumenrau

    Wüsste nicht warum die Stöber nicht mögen, vielleicht ist er denen zu kompliziert.

    SAP kann auch die halbe Unterhaltsberechtigten Person nicht richtig rechnen. Mich darüber aufzuregen habe ich schon lange aufgegeben.

    Der Gesetzgeber hat durch § 850e Nr. 4 ZPO Vorsorge getroffen, dass der Unterhaltsgläubiger ohne Vorrecht pfändet und dadurch nachfolgende Gläubiger leer ausgehen. Für den Fall, dass der Vorrechtsbereich genutzt wird gibt es keine gesetzliche Regelung wie zu verfahren ist. Warum? Die Antwort findest Du in meiner Signatur:)

    @ WinterM: Danke;)

  • Ich habe hier "Bauchschmerzen", was die eine unterhaltsberechtigte Person angeht:

    Handelt es sich hierbei um den pfändenden Unterhaltsgläubiger?
    Falls ja, dürfte dieser doch bei der Berechnung des Freibetrages (Tabelle zu 850 c ZPO) nicht mehr gesondert berücksichtigt werden.
    Unterhalt hat er ja schon erhalten.
    Sofern wir dies dem Schuldner quasi als Bonus anrechnen, wird er besser gestellt, als dies der gerichtlich festgesetzte Freibetrag nach § 850 d ZPO zuließe, der "normale" Pfändungsgläubiger wird benachteiligt, da der Schuldner einen Teil seines Einkommens, dass ihm bewusst zum Unterhalt von Angehörigen belassen wird, dieses aber für diesen Zweck garnicht (mehr) benötigt.

    Ich würde ihn nach Berechnung der Unterhaltspfändung als alleinstehende Person berücksichtigen, die keine Unterhaltsverpflichtungen hat.

  • der Schuldner kommt seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltsgläubiger gezwungenermaßen durch die Bedienung der Unterhaltspfändung nach, so dass dem Drittschuldner gegenüber § 850c-Gl. bekannt ist, dass der Schuldner mindestens 1 Person tatsächlich Unterhalt in Höhe von 754 EUR monatlich gewährt.

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