Ausschlagung vermögender Nachlass

  • Liebes Forum,

    ich habe folgnden Sachverhalt:

    Die Erblasserin hat ein Testament, in dem sie Sohn A einsetzt und im Falle seines Wegfalls dessen Abkömmlinge.
    Sohn A schlägt die Erbschaft für sich und zusammen mit der Kindesmutter für seine minderjährige Tochter aus . Als Grund wird Überschuldung angegeben.

    Ich habe nun einen Erbscheinsantrag vorliegen, in dem ein Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge für Sohn B und C, die erst nach Errichtung des Testaments geboren wurden, beantragt wird.
    Als Nachlasswert wird 30.000 Euro angegeben.

    Ich frage mich nun, was ich als Nachlassgericht veranlassen kann oder muss.

    Aufgrund der Konstellation, habe ich den Sohn A zum Erbscheinsantrag angehört. Eine Stellungnahme oder Anfechtungserklärung ging nicht ein.
    Müsste ich auch noch die Kindesmutter anhören?
    Müsste ich das Familiengericht einschalten?

  • Die Kindesmutter ist keine Beteiligte des Erbscheinsverfahrens, sie hat lediglich für die Tochter ausgeschlagen und ist nicht anzuhören- da die Ausschlagung wirksam sein dürfte, ist sie auch als Vertreterin der Tochter nicht mehr anzuhören- auch A wäre ja schon nicht mehr anzuhören gewesen.

    Das Familiengericht wozu einschalten? Es liegt eine Ausschlagung vor- die Eltern haben sich hier wahrscheinlich nicht schlau gemacht, was zu erben wäre bzw. hatten andere Gründe die sie nicht angeben wollten. Das Familiengericht kann bezüglich der Ausschlagung auch nichts mehr machen. Die Eltern haben , dem Geist des § 1664 BGB folgend auch nichts angestellt für das sie haftbar zu machen wären. Schließlich hat auch der Kindesvater hier vor der Tochter ausgeschlagen.

    Ich verstehe hier, dass du hier einen Schutz der Tochter gerne hättest und sie Erbin werden kann- leider kann ich hier einen solchen nicht herstellen.

  • Es besteht keine Pflicht des Nachlassgerichts, einen Erben über die potenzielle Anfechtbarkeit seiner Ausschlagung aufzuklären. Die Ausschlagung ist eine einseitige Erklärung die ihre Rechtswirkung mit Eingang beim Gericht entfaltet. Streng genommen, hätte man noch nichtmal mehr den Ausschlagenden zum ESA anhören müssen. Und wenn die Genehmigung des FamG erteilt und ausgeübt ist, ist sie durch.

    By the way: Die Wertangabe im ESA kann sich auch nur mal auf den Aktivnachlass beziehen. Denn daraus werden ja m.W. die Kosten berechnet. Oder? Ich bin kein „Kostenheld“...

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de


  • By the way: Die Wertangabe im ESA kann sich auch nur mal auf den Aktivnachlass beziehen. Denn daraus werden ja m.W. die Kosten berechnet. Oder? Ich bin kein „Kostenheld“...

    § 40 GNotKG Erbschein, Europäisches Nachlasszeugnis, Zeugnis über die Fortsetzung derGütergemeinschaft und Testamentsvollstreckerzeugnis


    (1) Der Geschäftswert für das Verfahren zur
    1. Abnahme der eidesstattlichen Versicherung zur Erlangung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses,
    2. Erteilung eines Erbscheins oder Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, soweit dieses die Rechtsstellung und die Rechte der Erben oder Vermächtnisnehmer mit unmittelbarer Berechtigung amNachlass betrifft,
    3. Einziehung oder Kraftloserklärung eines Erbscheins,
    4. Änderung oder zum Widerruf eines Europäischen Nachlasszeugnisses,
    soweit die Rechtsstellung und Rechte der Erben oder Vermächtnisnehmer mit unmittelbarer Berechtigung am Nachlass betroffen sind, ist der Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls. Vom Erblasser herrührende Verbindlichkeiten werden abgezogen.

    Wenn es keine schlechten Menschen gäbe, gäbe es keine guten Juristen.

    Charles Dickens (1812-70), engl. Schriftsteller

  • Die Krux ist, dass es keine Nachlassverzeichnisse mehr gibt, falls kein Erbschein beantragt wird, weil für die Eröffnung lediglich eine Pauschalgebühr ohne Rücksicht auf den Wert des Nachlasses erhoben wird.

    Ich frage mich eher, wie unter diesen Umständen die familiengerichtliche Genehmigung erteilt werden konnte. Wenn aus der Akte keine Anhaltspunkte hervorgehen, dann muß ich als FamG eben selbst ermitteln. Und das kann auch mal ein, eineinhalb Jahre dauern, wie ich aus eigener Erfahrung weiß...

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Dass eine familiengerichtliche Genehmigung ausscheidet, war klar. Es besteht kein Genehmigungsbedürfnis. Auch wenn der Sinn und Zweck der Vorschrift ja hier gerade verfehlt wird.
    Ich danke euch für die Meinungen.
    Dann werde ich den Erbschein mal antragsgemäß erteilen.

  • Daran denken: die Kostenrechnungen für die Ausschlagungen sind zu berichtigen, diese werden nach dem Wert berechnet. (KV 21201 Nr. 7 GNotKG)

    Also- ausgeschlagener Wert: A, B, C=30.000,00 €. Also für A: 10.000,00 €= 75 € statt 30,00 €.

  • Daran denken: die Kostenrechnungen für die Ausschlagungen sind zu berichtigen, diese werden nach dem Wert berechnet. (KV 21201 Nr. 7 GNotKG)

    Also- ausgeschlagener Wert: A, B, C=30.000,00 €. Also für A: 10.000,00 €= 75 € statt 30,00 €.

    Genau. Ganz praktisch gedacht hätte ich das fix vor der ES-Erteilung gemacht, denn vielleicht wird A dann hellhörig und versucht doch noch, anzufechten. Ob das am Ende funktioniert, ist die andere Frage.

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • Daran denken: die Kostenrechnungen für die Ausschlagungen sind zu berichtigen, diese werden nach dem Wert berechnet. (KV 21201 Nr. 7 GNotKG)

    Also- ausgeschlagener Wert: A, B, C=30.000,00 €. Also für A: 10.000,00 €= 75 € statt 30,00 €.

    nur für mein in diesem Bereich sehr laienhaftes Verständnis: Aus welchen Gründen ist die pauschale Wertangabe im Erbscheinverfahren mit 30.000,00 € richtigter, als die pauschale Angabe im Ausschlagungsverfahren mit 0,00 €.

    Würde es vorab nicht einer entsprechenden Wertfestsetzung mit vorhergehenden Ermittlungen zum Wert geben müssen?

  • "nur für mein in diesem Bereich sehr laienhaftes Verständnis: Aus welchen Gründen ist die pauschale Wertangabe im Erbscheinverfahren mit 30.000,00 € richtigter, als die pauschale Angabe im Ausschlagungsverfahren mit 0,00 €.Würde es vorab nicht einer entsprechenden Wertfestsetzung mit vorhergehenden Ermittlungen zum Wert geben müssen?"

    Richtig ist hier nicht die Frage- glaubwürdiger ist die der Erben, da diese eine Rechtsposition erlangen wollen und sich daher vorher auch mit dem Nachlass beschäftigt haben- erfahrungsgemäß werden Nachlässe zuhauf ausgeschlagen ohne sich über deren Zusammensetzung zu informieren, einfach aus Angst Schulden zu erben.

    Wenn Zweifel an der Wertangabe der Erben bestehen (bei mir immer nur mit Wertermittlungsbogen und wenn ich keine Anhaltspunkte für Zweifel habe- vorher mache ich keine Kosten, da der Landesrechnungshof mitgeteilt hat ich darf mich auf Angaben der Erben und insbesondere der Notare nicht blind verlassen)

    Sprich: ich nehme die 30.000 € nur, wenn entsprechend mir dies glaubwürdig gemacht wurde.

  • ...da der Landesrechnungshof mitgeteilt hat ich darf mich auf Angaben der Erben und insbesondere der Notare nicht blind verlassen)

    Die Wertfestsetzung ist doch Sache des Gerichts (Richter/Rechtspfleger) und damit von der Unabhängigkeit gedeckt. Der Landesrechnungshof darf sicherlich eine Meinung haben, aber ein Verlangen sehe ich kritisch.

  • Herrlich, wie man über Kosten diskutieren kann ;)

    Hat sich die Tochter nun mit der unschädlichen Ausschlagung ihrer Beteiligtenstellung als potentielle gesetzliche Erbin genommen, oder nicht?

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ich hätte 20.000 € festgesetzt. A schlägt 10.000 € aus. In derselben Urkunde schlägt sein Kind ebenfalls 10.000 € aus. Damit kommt man insgesamt auf 20.000 €. So sehen es unsere Bezirksrevisoren.

    Einmal editiert, zuletzt von Kiki (21. Februar 2020 um 09:12)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!