Haftung für Geldanlage

  • In einem Merkblatt für Geldanlage durch den Betreuten steht:
    Jede Geldanlage kann, auch wenn sie betreuungsgerichtlich genehmigt wurde (Gestattung), Schadenersatzansprüche des Betreuten gegenüber dem Betreuer auslösen.

    Welchen Fällen könnte dies der Fall sein ?

  • Na alle Fälle, in denen die Anlage ABC zum Zeitpunkt xyz zulässig war, aber die sich durch den Gang der Welt verändern und der Betreuer das verschläft/aussitzt.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • In jedem Fall, in dem der Betreute einen Verlust erleidet und dies dem Betreuer zugerechnet werden kann.
    Also theoretisch bereits wenn die Geldanlage des Jahres 2019 im Jahr 2020 nicht mehr 20.000,00 € sondern nur 19.850,00 € wert ist- denn das eine Kurserholung eintritt kann NIEMAND mit Sicherheit sagen.
    Habe aber bisher keine Akte gesehen, in dem das moniert wird, wenn das Depot an Wert verliert, dass der Betreuer eingerichtet hat- denn es könnte ja wieder steigen und Verluste wären ja erst bei Verkauf der Aktien da. (was nicht meiner Meinung entspricht- ich wäre dafür den Betreuer aufzufordern eine Sicherheit in Höhe des Verlustes zu hinterlegen und diese kann er ja wiederbekommen sofern eine Verbesserung eintritt)


    Aber wann, wer und wie einschreiten soll oder ab wann ein Handeln des Gerichts als erforderlich angesehen wird ist kaum irgendwo festgelegt- da hat der Gesetzgeber keine festen Regeln aufgestellt- ich freue mich auf die entsprechende Fortbildung, die in Hannover angeboten wird - denn da habe ich sehr viele Fragen udn bin auf die Antworten gespannt.

  • Habe aber bisher keine Akte gesehen, in dem das moniert wird, wenn das Depot an Wert verliert, dass der Betreuer eingerichtet hat-

    Kann das daran liegen, dass einem Betreuer doch gar nicht erst eine solche Anlage genehmigt wird? :oops:

    Und wenn ich eine Betreuung übernehme, in welcher der Betroffene eine solche Anlage mit eingebracht hat, bin ich außen vor.

    Laut Gesetz sehe ich da keine Haftungsfalle für den Betreuer. Wenn er nicht Mündelsicher angelegt hat, dann soll er auch dafür haften. Und der Betreuungsrechtspfleger, der das Ding schon seit Jahren hat laufen lassen auch :D

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  • Ich hatte so was mal....

    Ein Aktiendepot bestand bei einer vermögenden Betreuten schon seit Verfahrensanordnung.
    Die Betreuerin hatte keine Muße, sich näher mit den Wertpapieren auseinanderzusetzen und immer nur Depotauszüge mit der Rechnungslegung vorgelegt.
    2018 habe ich die Betreuerin darauf hingewiesen, dass der Wert pro Anteil von 5,34 € (?) auf 1,17 € gefallen ist und der Kurs der Aktie seit 10 Jahren nur eine Richtung kannte. Daher habe ich die Betreuerin gebeten, das Depot besser im Auge zu behalten.
    Im Jahr 2019 kam dann die nächste Rechnungslegung, mittlerweile waren die Anteile noch ca. 0,70 € wert. Ich habe die Betreuerin daher gebeten, mir nun ihre Anlagestrategie zu erklären :teufel:.

    Das einzige, was die Betreuerin wohl vor dem Schadenersatz gerettet hat war der Tod der Betreuten und das hiernach eingetretene Fiskuserbrecht.

  • Nun, da es bis zur angesprochenen Fortbildung noch hin ist:

    Einer meiner Betreuer hat letztes Jahr mal eben 90.000 € in einen Fonds gepackt- den ich nicht nachträglich genehmigt habe, die Anlage war bereits durchgeführt- also auch trotz fehlender Innengenehmigung wirksam.

    Nun fragt er nach, was er jetzt tun müsse, denn die Geldanlage sei schwer im Minus (mit mehreren 10.000,00 €). Er "gehe von einer irrtümlich von der Bank angezeigten Mündelsicherheit aus, die Anlage ist offenbar nicht sicher."

    Habe ihm erklärt, dass Beratung hinsichtlich der Geldanlagen hier nicht erfolgt- er ist der Verwalter des Vermögens dank Vermögenssorge. Er muss wissen was er tut, um eventuelle Schäden abzuwenden.

    Aber nun stellen sich ja die Fragen :
    Ab wieviel Minus muss das Gericht handeln und wie?

    Hat jemand von euch dieses Jahr (oder jemals) schon einmal etwas hinsichtlich Werteverfalls in Depots/Fonds unternommen?

    Danke, schöne Pfingsten

  • Ich tu mich damit schwer, da ich mich mit Aktien nicht auskenne. Geht hier glaube ich vielen Kollegen so. Im Prinzip gilt hier das ganz allgemeine Prinzip: Das Familiengericht hat über die gesamte Tätigkeit des Vormunds und des Gegenvormunds die Aufsicht zu führen und gegen Pflichtwidrigkeiten durch geeignete Gebote und Verbote einzuschreiten.

    Zunächst würde also zu ermitteln ob überhaupt eine Pflichtwidrigkeit vorliegt. Dazu würde ich Auskunft vom Betreuer erfordern (1839 BGB). Da es bei Aktien nicht auf Verluste in der Vergangenheit, sondern die zukünftige Entwicklung ankommt, ist es schwierig, hier eine echte Sicherheit zu erlangen. M.E. war in Coryphaus Fall die Forderung auf Darlegung der Anlagestrategie ein gutes Mittel. Man könnte dem Betreuer auch auferlegen, 1 - 2 alternative Strategien zu prüfen und das Ergebnis der Prüfung mitzuteilen.

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

    2 Mal editiert, zuletzt von Franziska (29. Mai 2020 um 15:16)

  • zu 5#: Zur Pflicht zur Umschichtung von vorgefundenen Geldanlagen (beiNachlasspflegschaft, dürfte aber für den Betreuer entsprechend gelten):
    OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.2.2019 - 3 Wx 8/19


    Zu beachten ist auch, wie der Betroffene noch eigenverantwortlich in der Vergangenheit sein Vermögenverwaltet hat,
    vgl. LG Lübeck, Beschluss vom 05.05.2015, Az. 7 T 157/15; LG Karlsruhe, Beschluss vom 03.02.2014, Az. 11T 324/13

    Aufgrund der derzeitigen Niedrigzinsphase ist der Betreuer gehalten, eine risikobegrenzte rentable Anlageform für einen Teil des Vermögens des Betreuten zu finden.
    LG Augsburg, Beschluss vom 25.5.2018 – 54 T 1089/18
    NJW 2018, 2420

    vgl. auch
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ht=Umschichtung


  • War zur Anlage des Geldes neben der Genehmigung nach §§ 1908i, 1807, 1810 BGB nicht auch einen Genehmigung nach §§ 1908i, 1812 BGB erforderlich?

    Wenn ja, dann ist auch die Bank mit im Boot.

    Gabs nen Sperrvermerk auf der alten Anlage? Wenn nein: wieso nicht?

    Zur Prüfung evtl. Schadenersatzansprüche: Ergänzungsbetreuer?

    Und für die Zukunft, wenn der Betreuer im Amt bleibt: Gegenbetreuer?

  • War zur Anlage des Geldes neben der Genehmigung nach §§ 1908i, 1807, 1810 BGB nicht auch einen Genehmigung nach §§ 1908i, 1812 BGB erforderlich?

    Wenn ja, dann ist auch die Bank mit im Boot.

    Gabs nen Sperrvermerk auf der alten Anlage? Wenn nein: wieso nicht?

    ....


    Der Sachverhalt lässt eine Aussage dazu nicht zu.

    Vielleicht befand sich der Betrag bereits auf dem Girokonto? Bei (vermögenden) Betreuten gibt es manchmal die merkwürdigsten Konstellationen.

    Oder es handelt sich um einen befreiten Betreuer, der gar keinen Sperrvermerk anbringen musste? (Wobei wenn die andere Geldanlage befristet war und die Bank dann automatisch auf das Girokonto entsprechend vertraglicher Vereinbarung überwiesen hat, spielt auch die Antwort auf die Frage keine Rolle.)

  • Das in meinem Sachverhalt neu angelegte Geld war der Erlös eines Verkaufes und daher auf dem Girokonto.

    Die Frage war auch allgemein gemeint, da dieser Betreute bereits Geldanlagen bei Betreuungsbeginn hatte, auch diese sind seitdem um mehrere 10.000 € im Minus (seit Jahren teilweise).

    Daher weiterhin:

    1. Ab welchem Minus in Prozent ?
    2. bei welcher Dauer ?

    Sprich: wie lang darf der Betreuer den Spruch "das ist kein Minus, da ist ja nix verkauft worden- das erholt sich wieder" bringen? 1 Jahr, 2, 3 ?

    werdet Ihr wie tätig? Und wie macht Ihr das dann, bzw. falls Ihr wen bestellt wonach sucht Ihr diesen aus?

    Sorry, ist ein hier kaum beachtetes Thema, das jetzt in diesem Verfahren groß wird. (sprich: gesamt ist der Betreute über 80.000 € im Minus)


    Danke im Voraus

  • Es handelt sich um eine ziemlich schwierige Materie.

    Eine großes Gewicht genießt in der Rechtsprechung - m. E. zu recht - die Beibehaltung der durch den Betreffenden selbst getätigten Geldanlagen. Es wird sogar angenommen, die Pflicht zur mündelsicheren Geldanlage gelte für die durch den Betreffenden selbst angelegten Vermögensbestandteile nicht (siehe Rn. 18 in [FONT=&quot]OLG Düsseldorf, 21.02.2019 - 3 Wx 8/19; zwar für Nachlasspflegschaft, aber wohl analog für Betreuungen heranzuziehen).[/FONT]

    Eine generelle Marschroute, wann der Betreuer trotz der vom Betreuten getroffenen Anlageentscheidung Geldanlagen verkaufen, umwandeln o. ä. müsste, wird sich somit nicht festlegen lassen.

    Die Haftung eines Betreuers scheint - von extremen Fällen abgesehen - auch kaum geltend zu machen sein, vgl. z. B. LG Flensburg, Urteil vom 19. Juli 2019 – 2 O 365/16.

    Hingegen finden sich bei der Recherche häufiger Entscheidungen, in denen es um eine Haftung der Banken wegen fehlerhafter Beratung geht. Falls deinem Betreuer im geschilderten Fall tatsächlich eine Mündelsicherheit der 90.000 € suggeriert wurde, wären entsprechende Bemühungen aus Sicht des Betreuten wohl erfolgversprechender.

  • Also, ich habe -aus eigener Erfahrung- wenig Hoffnung, dass eine Fortbildung zu diesem Thema Lösungen für Einzelfälle bringen wird.
    Wie im privaten Geldanlagebereich treffen da die "zaghaften" und die "mutigen" Anleger aufeinander.
    Rechtlich anerkannt dürfte sein, dass bei größeren Vermögen eine "gesunde" Anlagemischung erfolgen soll ( max. ca. 30 % in Fonds )
    Alles nur für 0 % bei der Hausbank zu lassen, könnte auch Regressansprüche gegen das Land auslösen.
    Eine allzu forsche Anlage in Fonds o.Ä. ( § 1811 BGB ) birgt natürlich auch Risiken.
    Es kommt somit immer auf den Einzelfall an ( Gesamtvermögen, Anlagedauer pp. )
    Wir Rechtspfleger kommen also nicht um herum, uns mit Geldanlagen zu beschäftigen, auch mit konkreten Fonds, in die der Betreuer investieren möchte.
    Wenn es sich um eine gesunde Mischung handelt, halte ich Regressansprüche gegen den Betreuer bezw. das Gericht für unwahrscheinlich.

  • @ Insulaner

    Da Ende 2019 gekauft wurde, hat der Betreuer zum absoluten Höchsstand gekauft, was nicht sonderlich schlimm ist, weil die Börse zwangsläufig steigen wird - die Weltbevölkerung wächst. Ich würde mir aus diesem Grund keine größeren Sorgen machen. Es hört sich nach einem Deka-Fonds/Union-Investment-Fonds an.
    Das Depot ist sicherlich im Minus, weil wir den Corona-Crash hatten, hier ist mein Depot ebenfalls um 20.000 € abgesackt und hat sich nun erholt.
    Die Fonds der Hausbanken bringen keine hohe Rendite sind aber eigentlich ganz solide. Wenn du Rückfragen hast, kannst du mir auch gerne schreiben (ich schaue mir die Fonds dann mal an). Ich selbst verwalte 5 Depots und weiß, wie du dich im Crash verhalten musst.

  • Insgesamt konntest du im Crash wirklich eine Menge Geld verdienen:

    Beispielsweise sind die Reits übertrieben abgeschmiert.
    Ich habe im März den EPR Properties Reit für 2.000 € gekauft (13,- €) pro Aktie.
    Mittlerweile hat sich der Kurs mehr als verdoppelt und steht bei fast 5.000 €.
    Wenn der Kurs wieder auf das normale Niveau geht -und das wird er, er wird sogar noch höher gehen- habe ich aus den 2.000 € zwischen 15.000 € - 20.000 € gemacht + die monatliche Dividende!
    Zusätzlich erhalte ich pro Jahr eine Dividende von etwa 4,40 € pro Aktie. Das macht bei mir eine jährliche Gehaltserhöhung in Höhe von 676,- €. Da der Reit monatlich ausschüttet habe ich mal schnell eine Gehaltserhöhung von mindestens 50,- € pro Monat rausgeholt.
    Mit den weiteren Zukäufen im Crash habe ich mein monatliches Einkommen um etwa 100,- € netto dauerhaft erhöht :)!

    Ich will dir damit nur folgendes zeigen: Aktien sind keine "schlimmen Teufel", wie es in den Medien immer dargestellt wird oder der "normale Deutsche" denkt. Breit gestreut hat in 13 Jahren niemand mit der Aktienanlage Verluste gemacht.

  • Ich habe beispielsweise auch schonmal eine Genehmigung versagt:
    Ein Betroffener hatte 20 Dax Aktien im Depot (Wert ca. 200.000 €) und wollte noch zusätzlich einen DAX-Etf kaufen. Hier habe ich überhaupt keine Diversifikation mehr gesehen und musste somit die Genehmigung versagen. Wichtig ist auch immer bei den Fonds: Breit gestreut, nie bereut! Deshalb schreib ruhig mal die Depotzusammensetzung hier rein oder schreib mir eine private Nachricht, dann analysiere ich das Depot.
    Wenn dies dann nicht zu deiner Zufriedenheit ist, kannst du auch einen Gutachter

    vom Aktieninstitut


    beauftragen, um dich weiter abzusichern.

    Eine gute Diversifikation wäre beispielsweise:

    MSCI World, MSCI Schwellenländer, MSCI Europe, MSCI Immobilien, MSCI Small Caps + Xetra Gold

  • Ich habe beispielsweise auch schonmal eine Genehmigung versagt:
    Ein Betroffener hatte 20 Dax Aktien im Depot (Wert ca. 200.000 €) und wollte noch zusätzlich einen DAX-Etf kaufen. Hier habe ich überhaupt keine Diversifikation mehr gesehen und musste somit die Genehmigung versagen.

    Greifst du hier nicht in die Entscheidungsbefugnis des Betreuers, wie er das Vermögen des Betroffenen verwalten will, ein?

  • Insgesamt konntest du im Crash wirklich eine Menge Geld verdienen:

    Beispielsweise sind die Reits übertrieben abgeschmiert.
    Ich habe im März den EPR Properties Reit für 2.000 € gekauft (13,- €) pro Aktie.
    Mittlerweile hat sich der Kurs mehr als verdoppelt und steht bei fast 5.000 €.
    Wenn der Kurs wieder auf das normale Niveau geht -und das wird er, er wird sogar noch höher gehen- habe ich aus den 2.000 € zwischen 15.000 € - 20.000 € gemacht + die monatliche Dividende!
    Zusätzlich erhalte ich pro Jahr eine Dividende von etwa 4,40 € pro Aktie. Das macht bei mir eine jährliche Gehaltserhöhung in Höhe von 676,- €. Da der Reit monatlich ausschüttet habe ich mal schnell eine Gehaltserhöhung von mindestens 50,- € pro Monat rausgeholt.
    Mit den weiteren Zukäufen im Crash habe ich mein monatliches Einkommen um etwa 100,- € netto dauerhaft erhöht :)!

    Ich will dir damit nur folgendes zeigen: Aktien sind keine "schlimmen Teufel", wie es in den Medien immer dargestellt wird oder der "normale Deutsche" denkt. Breit gestreut hat in 13 Jahren niemand mit der Aktienanlage Verluste gemacht.

    Den letzten Absatz kann ich voll unterschreiben. Alles andere hat mit Betreuung nichts zu tun. Wenn du einen Glücksgriff gemacht hast, toll, wenn du länger dabei bist, hast du auch mit Sicherheit oft daneben gelegen. So ist Börse halt. Privat kann man mit seinem Geld spekulieren, als Betreuer darf man das nicht. Deshalb, wenn die Anlage in Fonds erfolgte, die schon länger existieren, dann wird man sie beobachten, aber im Moment nichts unternehmen. Und vor allem nie dem Betreuer Anlageempfehlungen machen.

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