Schuldner vor Zustellung verzogen, Zustellung dennoch erfolgt

  • Hallo ihr Lieben,

    Ich habe im Mai 2019 enen PfÜB erlassen, Titel war ein VB. Erlass des VB war am 25.09.2017 und Zustellung am 02.10.2017. Es kam nun eine Erinnerung des Schuldners. Er behauptet, dass er weder den Mahnbescheid, noch den VB jemals erhalten hat, da er bereits zum 01.07.2017 umgezogen ist. Es wurde eine Meldebestätigung beigefügt, die das Einzugsdatum bescheinigt. Der Gläubiger argumentiert es hätte einen Nachsendeauftrag gegeben usw. Schuldner bestreitet.

    Ich tendiere dazu, der Erinnerung abzuhelfen, bin aber mit der Begründung noch ein bisschen wacklig, da der Zustellungsvermerk ja auf dem VB ist. Wie seht ihr das? :):confused:

    Ich danke euch im Voraus!

    Liebe Grüße :)

  • Wie konnte denn zugestellt werden, wenn der Umzug bereits im Juli war?

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Es ist nicht Sache des Vollstreckungsgerichts, noch dazu ohne irgendeine geeignete Unterlage hierüber in der Hand zu haben, die Amtszustellungen des Erkenntnisverfahrens zu überprüfen.

    Maßgeblich ist hier zunächst und ausschließlich die Zustellbescheinigung; sollte diese falsch sein, mag der Schuldner dies mit dem Mahngericht klären.

  • Da muß der Schuldner wohl erst einmal den VB aus der Welt schaffen, sonst bekommt er Deinen PfÜB nicht weg.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Voraussetzung einer Zwangsvollstreckung ist immer noch Titel, Klausel, Zustellung

    Wenn der Schuldner behauptet die Zustellung wäre mangelhaft ist das ein Fall von 766.
    Wenn ich als Vollstreckungsgericht also sehe, dass die Zustellung nicht wirksam sein kann, kann ich mich nicht auf das bescheinigte Datum verlassen. Ich würde also den Gl anhören und dann wohl nach 766 abhelfen

  • Woran willst Du hier sehen, daß das bescheinigte Zustellungsdatum nicht stimmen kann? Nach dem Vortrag ist es doch durchaus möglich, daß zugestellt wurde.

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  • Ermittlungen anstellen? Echt? Hätte ich jetzt nicht erwartet, stecke aber auch nicht so tief drin.;)

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  • Voraussetzung einer Zwangsvollstreckung ist immer noch Titel, Klausel, Zustellung

    Wenn der Schuldner behauptet die Zustellung wäre mangelhaft ist das ein Fall von 766.
    Wenn ich als Vollstreckungsgericht also sehe, dass die Zustellung nicht wirksam sein kann, kann ich mich nicht auf das bescheinigte Datum verlassen. Ich würde also den Gl anhören und dann wohl nach 766 abhelfen

    DANKE, dem ist kaum was hinzuzufügen.
    Trotzdem würde ich die Mahnakte beiziehen, mindestens jedoch die Zustellurkunden.


    An alle, die das Allheilmittel in der ZU sehen: §418 II! "Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken."
    Vgl. Zöller, 32. Auflage, §418 Rn4f.

    Ohne die dort aufgeführten Entscheidungen und Aufsätze auf die Schnelle zu blicken.
    Der Nachweis der ordnungsgemäßen Abmeldung vor Zustellung dürfte die Beweiskraft der PZU erheblich erschüttern.


    EDIT:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

    8
    Zwar ist ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich ohne Sachprüfung als unzulässig zu verwerfen, wenn der Antragsteller – wie hier – mit dem Hinweis auf eine unwirksame Zustellung selbst geltend macht, eine Frist überhaupt nicht versäumt zu haben. Ausnahmsweise kann aber auch demjenigen Wiedereinsetzung gewährt werden, der keine Frist versäumt hat, wenn er zu Unrecht so behandelt wurde und der Betroffene keine Möglichkeit hat, seine Rechte auf andere Weise als durch einen Wiedereinsetzungsantrag wahrzunehmen (KG wistra 2000, 37; Senatsbeschluss vom 21.09.2004, Az.: 1 Ws 275/04). Diese Fallkonstellation ist hier gegeben.
    1. Die Wochenfrist gem. §§ 453 Abs. 2 Satz 3, 311 Abs. 2 StPO zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Altenburg vom 07.02.2005 ist gewahrt.
    Die Zustellung am 23.02.2005 war unwirksam, weil der Verurteilte im Zeitpunkt des Zustellversuchs unter der Zustelladresse nicht mehr gewohnt hat (vgl. § 178 Abs. 1 Nr. 1, 180 ZPO, 37 Abs. 1 StPO).
    Die Wohnung in der W.-straße 10 hatte der Verurteilte am 01.02.2005 aufgegeben und er war in die Wohnung D.-straße 7 umgezogen. Dieser hat sich auch entsprechend bei der Einwohnermeldestelle der Stadt A. umgemeldet.
    Eines Gegenbeweises gem. § 418 Abs. 2 ZPO durch den Verurteilten bedurfte es nicht, weil die Zustellungsurkunde eine Zustellung an der Wohnanschrift gerade nicht bezeugt. Vielmehr ist es die Aufgabe des Gerichts festzustellen, ob der Verurteilte dort gewohnt hat, wo der Zustellversuch unternommen worden ist. Eine solche Feststellung ist jedoch vorliegend gerade nicht zu treffen.
    (Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 31. Mai 2005 – 1 Ws 156-157/05 –, Rn. 8 - 12, juris)

    "Jemand hat mir mal gesagt, die Zeit würde uns wie ein Raubtier ein Leben lang verfolgen. Ich möchte viel lieber glauben, dass die Zeit unser Gefährte ist, der uns auf unserer Reise begleitet und uns daran erinnert jeden Moment zu genießen, denn er wird nicht wiederkommen."

    Hier geht Ihre Spende nicht unter. Rette mit, wer kann.

    -Die Seenotretter, DGzRS-

    Einmal editiert, zuletzt von Intrepid (5. März 2020 um 11:38) aus folgendem Grund: Rsprechung gefunden

  • Ich wage trotzdem noch den Einspruch, daß die Meldebescheinigung nur den Zeitpunkt einer Anmeldung bei der Behörde bescheinigt, nicht aber den Zeitpunkt des Wechsels des gewöhnlichen Aufenthalts o. ä., weshalb ich derzeit darin keinen Nachweis der Unrichtigkeit der Bescheinigung der Zustellung sehe. Sie mag Zweifel wecken, die doch aber nicht im vorliegenden Verfahren geklärt werden können. Oder wo liegt jetzt mein Irrtum?

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    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Ich wage trotzdem noch den Einspruch, daß die Meldebescheinigung nur den Zeitpunkt einer Anmeldung bei der Behörde bescheinigt, nicht aber den Zeitpunkt des Wechsels des gewöhnlichen Aufenthalts o. ä., weshalb ich derzeit darin keinen Nachweis der Unrichtigkeit der Bescheinigung der Zustellung sehe. Sie mag Zweifel wecken, die doch aber nicht im vorliegenden Verfahren geklärt werden können. Oder wo liegt jetzt mein Irrtum?

    da bin ich bei dir..
    ich habe einen Schuldner, der sich abgemeldet hat, aber definitiv noch dort wohnt.. es gibt auch offiziell keine neue meldeadresse..
    aber ich denke nicht, dass es meine Aufgabe sein kann zu überprüfen, ob die bescheinigte Zustellung denn nun passt oder nicht

  • es kommt glaube ich auf den einzelnen Sachverhalt an.

    Bei Maces Sachverhalt wäre ganz spontan, ohne vertieft recherchiert zu haben, der Glaube an die Richtigkeit nicht erschüttert.
    Denn wenn keine neue Meldeadresse vorliegt, ist es schon nicht ganz so leicht dem Vortrag zu glauben.

    Bei FED kann ich noch sagen: Es gab Entscheidungen, ich schau gleich noch mal, ob ich die wiederfinde, die sich damit befasst haben.
    Tenor war aber irgendwie in der Art: der zweifelsfreie Umzug ...

    Also es ist einfach in der Lebensrealität nicht wirklich wiederzufinden, dass ich ausziehe, mich abmelde, mich neu anmelde, und mein alter Briefkasten aber noch mit meinem Namen beschriftet ist.
    Sollte das hingegen doch so sein, dürfte es schwierig werden.

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  • Der Nachsendeauftrag ist doch auch nicht zu vernachlässigen, oder?

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  • Der Nachsendeauftrag ist doch auch nicht zu vernachlässigen, oder?

    Ist solch ein Nachsendeauftrag aber nicht zentral registriert? Dann müsste die Zustellung doch auch konsequenterweise an der Nachsendeadresse ausgeführt werden...

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
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  • erstmal danke für den ganzen Input!:):daumenrau

    Ich frage mich grade, ob ich das überhaupt so tiefgehend prüfen müsste... habe überlegt und klar, ich prüfe alle Formalitäten der Zustellung (Vermerk da, richtig usw.) aber wenn das alles passt, darf ich dann überhaupt noch tiefgehend fragen? Oder müsste der Schuldner nicht eigentlich gegen den VB Einspruch einlegen (mit Wiedereinsetzung etc.)?

  • Der Schuldner bestreitet gerade das Vorliegen einer Voraussetzung der Zwangsvollstreckung.

    Das erfolgt nicht durch Rechtsbehelfe gegen den zugrundeliegenden Titel. Vielleicht will er auch gar nicht gegen den Titel vorgehen, da die dort titulierte Forderung begründet ist.

    Zur Beweiswirkung der Zustellbescheinigung auf dem Titel empfehle ich die Kommentierung zu § 169 Abs. 1 ZPO.
    M.E. ist diese durch das Vorbringen der Schuldners nebst Vorlage der Meldebescheinigung ausreichend erschüttert, dass die tatsächliche Art und Weise der Zustellung zu überprüfen ist.

    Als Gl. würde ich die Zeit nutzen und dem Schuldner den VB über den GV an die aktuelle Anschrift zustellen zu lassen.
    Sobald dies erfolgt ist, ist der evtl. Mangel der Vollstreckungsvoraussetzungen eh beseitigt....

  • ....

    Also es ist einfach in der Lebensrealität nicht wirklich wiederzufinden, dass ich ausziehe, mich abmelde, mich neu anmelde, und mein alter Briefkasten aber noch mit meinem Namen beschriftet ist.
    ....


    Habe dies in der gerichtlichen Praxis schon einige Male erlebt:

    Der Umgezogene hat vergessen, sein Namensschild zu entfernen. Der Vermieter machte es auch nicht. Wohnung wurde zunächst nicht vermietet und Zustellungen an längst Ausgezogenen erfolgten durch Einlegen in den Briefkasten.

    (Mal davon abgesehen, dass das bei getrennt lebenden Ehepartnern noch viel häufiger vorkommen dürfte, da nur der Familienname am Briefkasten und Klingelschild steht. Da wird auch noch Post für den Ausgezogenen in den Briefkasten eingeworfen bzw. zugestellt.)

  • Der Schuldner bestreitet gerade das Vorliegen einer Voraussetzung der Zwangsvollstreckung.

    Das erfolgt nicht durch Rechtsbehelfe gegen den zugrundeliegenden Titel. Vielleicht will er auch gar nicht gegen den Titel vorgehen, da die dort titulierte Forderung begründet ist.

    .....


    Um das zu entscheiden, müsste der Schuldner den Titel erst einmal kennen. Laut Sachverhalt hat er ja nicht einmal den MB erhalten.

    Davon abgesehen, wollten bei mir in solchen Konstellationen erschienene Schuldner stets auch gegen den Titel vorgehen bzw. hatten dies beim Prozessgericht sogar schon in die Wege geleitet. Zum Vollstreckungsgericht kamen sie, damit die Vollstreckung bis zur Entscheidung durch das PG erst einmal eingestellt wird.

  • Hallo ihr Lieben,

    Ich habe im Mai 2019 enen PfÜB erlassen, Titel war ein VB. Erlass des VB war am 25.09.2017 und Zustellung am 02.10.2017. Es kam nun eine Erinnerung des Schuldners. Er behauptet, dass er weder den Mahnbescheid, noch den VB jemals erhalten hat, da er bereits zum 01.07.2017 umgezogen ist. Es wurde eine Meldebestätigung beigefügt, die das Einzugsdatum bescheinigt. Der Gläubiger argumentiert es hätte einen Nachsendeauftrag gegeben usw. Schuldner bestreitet.

    Ich tendiere dazu, der Erinnerung abzuhelfen, bin aber mit der Begründung noch ein bisschen wacklig, da der Zustellungsvermerk ja auf dem VB ist. Wie seht ihr das? :):confused:

    ...


    Ohne weitere Ermittlungen kann man der Erinnerung nicht abhelfen.

    Unabhängig von der Zustellproblematik, lag denn die örtliche Zuständigkeit für den Erlass des Pfüb eigentlich vor (Umzug als zutreffend unterstellt)?

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