Verpflichtung Nachlasspfleger (Corona / Neues Recht ab 01.01.2023)


  • Von der Wirksamkeit aller durch den Nachlasspfleger getätigten Rechtsgeschäfte -über die du nicht entscheidest- ganz zu sprechen.

    So ist es.

    Ich kann nur dringend davor warnen, hier aus Praktikabilitätsgründen die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften mit mitunter erheblicher rechtlicher und wirtschaftlicher Tragweite zu gefährden.

    Wenn ich als Grundbuchamt wüsste, dass die Verpflichtung nicht wirksam erfolgt ist, müsste ich vom Nachlasspfleger bewilligte Eintragungen ablehnen.

    Praxisfrage: Guckst Du Dir die Verpflichtungsprotokolle echt jedes Mal an, wenn Du eine Eintragung vornimmst, an der ein Nachlasspfleger beteiligt ist?
    Oder wie meinst Du, dass Du wüsstest, dass der Nachlasspfleger nicht den Vorschriften gemäß verpflichtet wurde?
    Das ist eine ernst gemeinte Frage, mit der ich mich noch wie wirklich beschäftigt habe. :gruebel:

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Ein Verpflichtungsprotokoll scheint nicht zwingend vorgeschrieben zu sein. Auch kein Aktenvermerk. Zumindest hab ich keine entsprechende Vorschrift gefunden.

    Und der Rechtsverkehr wird ordnungsgemäße Verpflichtung des Pflegers auch nicht prüfen.

    Dennoch wird die Verpflichtung bzw. Nichtverpflichtung aktenkundig: spätestens durch die Stundenaufstellung des Pflegers im Rahmen seines Vergütungsantrags.

    Ich denke aber, dass eine Verpflichtung per Skype, FaceTime o.ä. ausreichend sein müsste. Und: wo kein Kläger, auch kein Richter.


  • Praxisfrage: Guckst Du Dir die Verpflichtungsprotokolle echt jedes Mal an, wenn Du eine Eintragung vornimmst, an der ein Nachlasspfleger beteiligt ist?

    Nein, dass mache ich nicht. Vielleicht macht mich aber zB das Forum bösgläubig.

    Letztlich kann das aber doch auch nicht das Kriterium sein. Entscheidendes Kriterium muss sein, dass das Amt wirksam besteht. Nur dann sind auch die Rechtsgeschäfte wirksam.


    Ich denke aber, dass eine Verpflichtung per Skype, FaceTime o.ä. ausreichend sein müsste. Und: wo kein Kläger, auch kein Richter.

    Wenn eine solche "Verpflichtung" nicht wirksam sein sollte, habe ich für eine solche Einstellung -vorsichtig gesagt- kein Verständnis. Wenn ich daran denke, welche Kaufpreise im hiesigen Bereich mitunter aufgerufen werden, ist es schlicht eine Zumutung, dabei Rechtsunsicherheit zu schaffen. Dies gilt im Übrigen nicht nur für die Pflegerseite, sondern für beide Seiten des Rechtsgeschäfts einschließlich etwaiger Finanzierungsrechte des Käufers.

    Ein wirksames Pflegeramt ist kein Selbstzweck, da hängt auch was dran!

  • Diese Diskussion ist doch einfach nur absurd.

    Millionen Menschen sind aufgerufen, zu Haus zu bleiben, die nächsten Angehörigen dürfen nicht besucht werden, es dürfen nicht mehr als 2 Personen im öffentlichen Raum zusammen kommen.

    Hier wird im schriftlichen Verfahren verpflichtet, Infektionsschutzgesetz, fertig.

    Wer hier hier noch immer auf eine persönliche Verpflichtung besteht, hat den vielzitierten Schuss nicht gehört.

  • Diese Diskussion ist doch einfach nur absurd.

    Millionen Menschen sind aufgerufen, zu Haus zu bleiben, die nächsten Angehörigen dürfen nicht besucht werden, es dürfen nicht mehr als 2 Personen im öffentlichen Raum zusammen kommen.

    Hier wird im schriftlichen Verfahren verpflichtet, Infektionsschutzgesetz, fertig.

    Wer hier hier noch immer auf eine persönliche Verpflichtung besteht, hat den vielzitierten Schuss nicht gehört.

    So einfach mache ich es mir nicht. Die gegenwärtige Infektionsgefahr und die damit verbundenen Schutzmaßnahmen setzen nicht pauschal das geltende Recht außer Kraft. Genau deshalb wird ja hier diskutiert, auf welchem rechtlich sauberen Weg das gemeinsame Ziel "Rechtssicherheit" erreicht werden kann.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Diese Diskussion ist doch einfach nur absurd.

    Millionen Menschen sind aufgerufen, zu Haus zu bleiben, die nächsten Angehörigen dürfen nicht besucht werden, es dürfen nicht mehr als 2 Personen im öffentlichen Raum zusammen kommen.

    Hier wird im schriftlichen Verfahren verpflichtet, Infektionsschutzgesetz, fertig.

    Wer hier hier noch immer auf eine persönliche Verpflichtung besteht, hat den vielzitierten Schuss nicht gehört.

    So einfach mache ich es mir nicht. Die gegenwärtige Infektionsgefahr und die damit verbundenen Schutzmaßnahmen setzen nicht pauschal das geltende Recht außer Kraft. Genau deshalb wird ja hier diskutiert, auf welchem rechtlich sauberen Weg das gemeinsame Ziel "Rechtssicherheit" erreicht werden kann.

    Wer redet denn hier von pauschaler Aussetzung geltenden Rechts?

    Es geht hier allein um den rein formalen Akt der Verpflichtung!

  • @ XXX:

    Der Akt ist aber nicht rein formal. Das ist das Problem.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Nochmal: der Wortlaut des § 1789 S. 1 BGB sagt nichts von persönlicher Anwesenheit.

    Das stimmt, aber sich gegen Palandt/Götz, BGB, 76. Aufl., § 1789 Rn. 1 sowie BGH, Beschluss vom 30.08.2017 (XII ZB 562/16 - dort Rz. 11) zu stellen, finde ich angesichts der möglichen weitreichenden Konsequenzen hinsichtlich der Wirksamkeit von Rechtsgeschäften (zu) mutig.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Genau, da steht: SOLL, nicht KANN und nicht MUSS.


    Der ganze Satz lautet: Die Verpflichtung soll mittels Handschlags an Eides statt erfolgen.

    Was hat sich der Gesetzgeber dabei gedacht? Eigentlich an Eides statt, und wie gibt man eine Erklärung an Eides statt ab? Persönlich und meist in Schriftform.


    Wie schon richtig festgestellt, kein Protokoll vorgeschrieben, soll mit dem Handschlag die Schriftlichkeit der eigentlichen Erklärung an Eides statt erspart bleiben.


    Im Kontext also doch mehr persönlich MUSS als persönlich KANN. Und dann unterschreiben wir halt aus zwei Meter Entfernung ein Protokoll persönlich oder aber, weil Papier (Akte) geduldig ist, persönlich und schicken es mit der Post.

    TL: Das war doch mal Quergedacht oder, naja, gerade gebogen… :)


    Ihr wisst doch warum der Teufel seine Großmutter erschlagen hat?

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  • Nur nochmal eine Ergänzung wegen meinem Vorschlag (§ 32 Abs. 3 FamFG):

    Ich habe nachgesehen, bei uns ist auf den Justizrechnern Skype for Business installiert. Es gibt wohl auch einige Richter, die schon damit verhandelt haben, das scheint ganz gut zu funktionieren. Man bräuchte bloß noch Hardware. Da eine günstige Webcam normal nicht die Welt kostet, müsste man die eigentlich relativ unproblematisch beschaffen können.

    Auch die Gesetzessystematik spricht in meinen Augen für meine Lösung. Da die Videokonferenz im allgemeinen Teil des FamFG steht, müsste diese Regelung eigentlich für alle FG-Verfahren gelten (außer der besondere Teil regelt etwas abweichendes). Und mal rein logisch betrachtet: Wenn Zivilprozesse und Familienstreitsachen völlig unproblematisch per Videokonferenz verhandelt werden dürfen, welcher sachliche Grund spricht dafür, das bei einem Verpflichtungstermin anders zu machen? Die körperliche Anwesenheit des Pflegers im Gericht hat eigentlich keinen besonderen Mehrwert für das Verfahren. Nach Sinn und Zweck der Verpflichtungsvorschrift müsste doch eigentlich die explizit vom Gesetz vorgesehene Videokonferenz auch hier möglich sein.

    Hier mal einer der wenigen Praxisberichte, die ich gefunden habe: https://www.zpoblog.de/gerichtsverhandlung-skype-erfahrungsbericht-muendliche-verhandlung-im-wege-der-bild-und-tonuebertragung-§-128a-zpo/

    Und wenn man meine Lösung nicht wagen möchte: Warum verpflichtet man nicht im Sitzungssaal? Da müsste man die 2m Mindestabstand doch locker einhalten können. Normale Verhandlungen finden aktuell ohnehin kaum statt.

  • Nochmal: der Wortlaut des § 1789 S. 1 BGB sagt nichts von persönlicher Anwesenheit.

    Das stimmt, aber sich gegen Palandt/Götz, BGB, 76. Aufl., § 1789 Rn. 1 sowie BGH, Beschluss vom 30.08.2017 (XII ZB 562/16 - dort Rz. 11) zu stellen, finde ich angesichts der möglichen weitreichenden Konsequenzen hinsichtlich der Wirksamkeit von Rechtsgeschäften (zu) mutig.

    Fragt man sich natürlich, inwieweit das Infektionsschutzgesetz bzw. eine weltweite Seuche Berücksichtigung auf die Kommentierung und BGH Entscheidung gefunden hat - ich hab da so einen Verdacht.

    Von daher sehe ich mich da als alles andere als mutig.

  • Ich habe meinem Vormund Ausweis und Merkblätter zugeschickt und ihn dann zur persönlichen Verpflichtung auf die Parkbank vorm Gericht eingeladen und mit dem gebotenen Abstand ohne Handschlag verpflichtet und Rückfragen geklärt. Protokoll im Amtszimmer mit "v.u.g." vorher vorbereitet und verlesen. Damit ist die Vormundschaft "sauber" wirksam geworden. Bei den meist gerichtsbekannten Nachlasspflegern dürfte das doch auch funktionieren, insbesondere um lästigen Vergütungsdiskussionen, die später sicherlich kommen werden, vorzubeugen.

    - Es lebe das Mischdezernat, das sorgt für Abwechslung :D -

  • Wenn man die Kommentierungen durchliest, führt an der persönlichen Anwesenheit des Pflegers kein Weg vorbei. Nach dem MünchKomm wäre eine Verpflichtung ohne diese unwirksam, und das Pflegeramt wäre es ebenso.

    Von daher werden wir hier in eiligen Fällen persönlich verpflichten. Alles andere muss eben warten. Handschlag überlegen wir noch, meinen aber, dass das Gesetz einen Handschlag mit Gummihandschuh als wirksam ansehen wird.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Die materielle Rechtslage ist völlig klar.

    Die Verpflichtung setzt zwar die persönliche Anwesenheit des Pflegers voraus, aber der "Handschlag" ist lediglich durch Sollvorschrift normiert.

    Das Erfordernis der persönlichen Anwesenheit abzuschaffen oder vorübergehend zu suspendieren, ist alleine die Sache des Gesetzgebers.

    Fernmündliche Verpflichtungen oder anderweitige Verpflichtungen ohne Termin und ohne persönliche Anwesenheit des Pflegers sind also rechtliches Harakiri, solange der Gesetzgeber nicht entsprechend tätig wird und eine etwaige Neu- oder Übergangsregelung in Kraft ist.

    Insofern wundere ich mich, dass man über diese Dinge so lang und breit diskutiert, auch wenn die Probleme natürlich auf der Hand liegen. Für die Problemlösung ist aber der Gesetzgeber zuständig.

    Zum Erfordernis der persönlichen Verpflichtung habe ich übrigens in FamRZ 2011, 950 ausführlich Stellung genommen (auch zur sog. Global- oder Vorratsverpflichtung).

  • Ich musste als Nicht-damit-Befasster fast schon munzeln.
    Handschlag - davon hatte ich noch nie etwas gehört.

    Wie wäre es denn mit Fuß zu Fuß Corona Gruß:)

  • Der Handschlag hat im deutschen Recht tatsächlich seinen Platz, wo jemand verbindlich und eher feierlich in ein Amt gesetzt wird.
    Das gilt beispielsweise für den Notarassessor (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BNotO), für den Protokollführer bei Verhandlungen vor der Kammer des Anwaltsgerichts vor seiner ersten Dienstleistung (§ 140 Abs. 2 BRAO), bei Beginn der Tätigkeit im Bewertungsbeirat (§ 64 Abs. 4 S. 3 Bewertungsgesetz), bei ehrenamtlichen Bewährungshelfern nach § 41 Abs. 1 Satz 1 GVG, im hier einschlägigen § 1789 BGB für die Verpflichtung von Vormündern, Betreuern und Pflegern, und gemeinderechtlich für die Verpflichtung von Gemeinderäten, vgl. etwa OVG Weimar vom 03.05.2019, 3 KO 620/18, mit dem feinen amtlichen Leitsatz:

    Die in § 24 Abs. 2 ThürKO ausdrücklich formulierte Amtspflicht des Bürgermeisters, die neugewählten Gemeinderatsmitglieder formell durch Handschlag zu verpflichten, steht nicht unter dem Vorbehalt einer subjektiv empfundenen inneren Bereitschaft.
    Dies gilt unabhängig davon, dass der Handschlag nicht konstitutiv für die Begründung des Amtes des Gemeinderatsmitgliedes ist.

    Für die Bestellung von Vollstreckungsbeamten ist landesrechtlich übrigens auch der Handschlag vorgeschrieben, zum Beispiel in § 3 der Verwaltungsvollstreckungs-Durchführungsverordnung von Rheinland-Pfalz.

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