Verpflichtung Nachlasspfleger (Corona / Neues Recht ab 01.01.2023)

  • Ebenso.

    Man sieht es der beim Notar vorgelegten und sodann in beglaubigter Abschrift beim Grundbuchamt eingereichten Pflegerbestallung aber natürlich nicht an, ob deren Aushändigung (oder deren bloße Übersendung) eine ordnungsgemäße Pflegerverpflichtung zugrunde liegt. Das weiß nicht einmal der Notar und dass dieser danach fragt, halte ich für ziemlich ausgeschlossen, weil es dem Grunde nach einfach nicht sein Problem ist.

    Fehlt eine ordnungsgemäße Pflegerverpflichtung, kann das Rechtsgeschäft aber natürlich nicht wirksam werden, weil ein "Nichtpfleger" gehandelt hat. Daran ändert auch eine erteilte nachlassgerichtliche Genehmigung nichts.

    So oder so also ein haftungsrechtliches Harakiri.

    Ich werde die Entscheidung des OLG Zweibrücken übrigens in Heft 1/2021 der FGPrax (zustimmend) besprechen.

  • Kann ab dem 1.1.2023 nach neuem Recht auf die persönliche Verpflichtung verzichtet werden?

    Nach §§ 1885, 1888 BGB gelten dann die Vorschriften für Betreuungen.

    Nach § 1861 II BGB ist nur ein ehrenamtlicher Betreuer zwingend persönlich zu verpflichten.

    Danach müsste man den Berufsnachlasspfleger nicht mehr persönlich verpflichten.

    Vielleicht übersehe ich hier jedoch etwas oder verstehe etwas falsch.

  • Ich denke man kann ab dann auf die persönliche Verpflichtung verzichten. Allerdings muss die verfahrenseinleitende Beschlussfassung für die Pflegschaft auch erst nach dem 31.12.2022 angeordneten worden sein. Sonst gilt noch altes Verfahrensrecht würde ich sagen. Habe ich aber noch nicht geprüft bzw. länger darüber nachgedacht 😁

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Ich habe dazu in Rpfleger 2022, 601, 615, Fn. 139, folgendes ausgeführt:

    Das Verpflichtungserfordernis des § 1789 BGB wird im Zuge des Inkrafttretens des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 04.05.2021 (BGBl. I, 882) mit Wirkung vom 01.01.2023 entfallen (vgl. die Ausführungen in BR-Drucks. 564/20, S. 443), sodass sich die auf einer fehlenden Verpflichtung beruhenden vergütungsrelevanten Rechtsfragen (nur) für nach dem 31.12.2022 erfolgende Nachlasspflegerbestellungen erledigen. Fehlt es bei am 01.01.2023 bereits anhängigen Altverfahren an einer Verpflichtung i. S. des § 1789 BGB, wird dieser Mangel jedoch mangels entsprechender gesetzlicher Anordnung nicht geheilt, sodass die verpflichtungsrelevanten vergütungsrechtlichen Fragen bei diesen Bestandsverfahren weiterhin von Bedeutung sind.

  • Ergänzend:

    Künftig erhält der Nachlasspfleger keine Bestallungsurkunde, sondern eine Bestellungsurkunde (§ 290 FamFG n. F.). Hierfür ist es im Ergebnis gleichgültig, ob man die in § 1888 Abs. 1 BGB n. F. enthaltene Verweisung auf das Betreuungsrecht als extensive Verweisung (auch auf das Verfahrensrecht) versteht - in diesem Sinne Grüneberg/Götz, 82. Aufl., § 1888 Rn. 2 - oder ob man die Verweisung auf § 290 FamFG n. F. - wie schon bei der Anwendbarkeit des § 276 FamFG für die Verfahrenspflegerbestellung - aus § 340 Nr. 1 FamFG ableitet. Ich halte Letzteres für zutreffend, weil man eine im materiellen Recht enthaltene Verweisung wohl nur als Verweisung auf das materielle Recht verstehen kann (so auch Zimmermann ZEV 2022, 580, 584, allerdings nicht widerspruchsfrei, weil er an anderer Stelle die Norm des § 1888 Abs. 1 BGB als Verweisungsnorm auf das Betreuungsverfahrensrecht des FamFG zitiert (z. B. in ZEV 2022, 580, 582 unter Ziffer 5). Die Frage, aufgrund welcher Norm das Betreuungsverfahrensrecht denn nun letztlich Anwendung findet, konnte allerdings nur entstehen, weil der Gesetzgeber in seinem Regelungswahn, die gesamte bewährte bisherige gesetzliche Verweisungspraxis über den Haufen zu werfen, - wie manches andere - übersehen hat, die Verweisung auf das Betreuungsrecht auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht klar zu regeln.

  • Dachte ich mir. Beim Wechsel von FGG zu FamFG war es nämlich damals genauso.

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  • Ich habe dazu in Rpfleger 2022, 601, 615, Fn. 139, folgendes ausgeführt:

    Das Verpflichtungserfordernis des § 1789 BGB wird im Zuge des Inkrafttretens des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 04.05.2021 (BGBl. I, 882) mit Wirkung vom 01.01.2023 entfallen (vgl. die Ausführungen in BR-Drucks. 564/20, S. 443), sodass sich die auf einer fehlenden Verpflichtung beruhenden vergütungsrelevanten Rechtsfragen (nur) für nach dem 31.12.2022 erfolgende Nachlasspflegerbestellungen erledigen. Fehlt es bei am 01.01.2023 bereits anhängigen Altverfahren an einer Verpflichtung i. S. des § 1789 BGB, wird dieser Mangel jedoch mangels entsprechender gesetzlicher Anordnung nicht geheilt, sodass die verpflichtungsrelevanten vergütungsrechtlichen Fragen bei diesen Bestandsverfahren weiterhin von Bedeutung sind.

    Stellst du dabei wirklich auf die Anhängigkeit des Verfahrens ab oder auf den Bestellungsbeschluss?

    Mangels Übergangsvorschrift müsste ja ab 01.01.2023 auch für Altverfahren das neue (Verfahrens-)Recht gelten. Daraus würde ich ableiten, dass eine Pflegerbestellung, die ab 01.01.2023 erfolgt, auch ohne Verpflichtung wirksam ist, selbst wenn das Verfahren noch vor dem 01.01.2023 anhängig geworden ist. Eine davor nicht erfolgte Verpflichtung lässt sich damit natürlich nicht heilen.

  • Wenn ich ausführe,

    "Fehlt es bei am 01.01.2023 bereits anhängigen Altverfahren an einer Verpflichtung i. S. des § 1789 BGB, ..."

    so kann es sich nur um vor dem 01.01.2023 erfolgte Pflegerbestellungen handeln, weil ab dem 01.01.2023 die Norm des § 1789 BGB nicht mehr gilt. Im vorausgehenden Satz heißt es zudem ausdrücklich "für nach dem 31.12.2022 erfolgende Nachlasspflegerbestellungen ...", sodass auch klar ist, dass für diese Bestellungen das Erfordernis der persönlichen Verpflichtung entfällt. Der Mischfall, dass das Nachlassverfahren vor dem 01.01.2023 anhängig wurde, aber die Pflegerbestellung erst nach dem 31.12.2022 erfolgt, unterliegt im Hinblick auf die Verpflichtungsproblematik somit natürlich dem neuen Recht.

    Als problematisch verbleibt also nur der Fall, dass der Bestellungsbeschluss noch im Jahr 2022 ergeht, aber bis zum 31.12.2022 noch keine Verpflichtung i. S. des § 1789 BGB erfolgt war. Hier stellt sich die Frage, ob in 2023 dann noch persönlich verpflichtet werden muss. Ich tendiere dazu, diese Frage zu bejahen (vgl. Art. 229 § 54 Abs. 6 EGBGB).

  • Wie ist das dann bei laufenden Pflegschaften? Muss der Pfleger dann weiterhin im Sinne des alten § 1890 BGB seine Schlussrechnung einreichen oder kann nach dem neuen § 1872 BGB verfahren werden, auch wenn die Pflegschaft schon seit Jahren läuft u. nach 31.12.22 beendet wird?

    Das Verfahren (Pflegschaft) läuft ja bereits. Ist eigentlich interessant, dass da keine eindeutige Übergangsvorschrift geschaffen wurde.

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  • Wie ist das dann bei laufenden Pflegschaften? Muss der Pfleger dann weiterhin im Sinne des alten § 1890 BGB seine Schlussrechnung einreichen oder kann nach dem neuen § 1872 BGB verfahren werden, auch wenn die Pflegschaft schon seit Jahren läuft u. nach 31.12.22 beendet wird?

    Das Verfahren (Pflegschaft) läuft ja bereits. Ist eigentlich interessant, dass da keine eindeutige Übergangsvorschrift geschaffen wurde.

    Mangels Übergangsvorschrift gilt ab dem 01.01.2023 auch für Altverfahren der § 1872 BGB 2023, solange die Pflegschaft nach dem 31.12.2022 beendet wird.

    Ergibt auch Sinn, weil man ja sonst ggf. ewig (man denke z.B. an Betreuungsverfahren, die ja hin und wieder ein paar Jahrzehnte laufen) das alte Recht mitschleppen würde, ohne dass es dafür einen sachlichen Grund gibt.

  • Ich sag’ mal leicht schnippig:

    Wenn es diesbezüglich keine Übergangsregel gibt und deswegen ab 1.1.23 auf alle laufenden Pflegschaften die neuen Regeln und Paragrafen anzuwenden sind (weil in Art. 229 § 54 EGBGB keine abweichende Regel steht), dann dürfte es auch unerheblich sein, wenn die Pflegschaft noch vor dem 1.1. angeordnet aber der Pfleger noch nicht verpflichtet wurde. Wieso sollte da noch das alte Recht zur Anwendung kommen, wenn man bei allen weiteren laufenden Verfahren sofort das neue Recht anwendet?

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  • Ich sag’ mal leicht schnippig:

    Wenn es diesbezüglich keine Übergangsregel gibt und deswegen ab 1.1.23 auf alle laufenden Pflegschaften die neuen Regeln und Paragrafen anzuwenden sind (weil in Art. 229 § 54 EGBGB keine abweichende Regel steht), dann dürfte es auch unerheblich sein, wenn die Pflegschaft noch vor dem 1.1. angeordnet aber der Pfleger noch nicht verpflichtet wurde. Wieso sollte da noch das alte Recht zur Anwendung kommen, wenn man bei allen weiteren laufenden Verfahren sofort das neue Recht anwendet?

    Weil momentan die Anordnung und die Bestellung zwei Paare Schuhe sind, die gesondert erfolgen müssen (zumindest bei Vormundschaft und Pflegschaft). Es ergeht zum einen der Anordnungsbeschluss mit Auswahl des Pflegers, zum anderen erfolgt eine Verpflichtung. Ein Beschluss vor dem 01.01.2023 kann nur erstere Komponente umfassen und die neue Recht hat keine Rückwirkung.

    Wenn ich so darüber nachdenke: ab dem 01.01.2023 erfolgen sowohl Anordnung als auch Bestellung durch Beschluss. Falls die Bestellung noch fehlt, wäre es vermutlich sogar der richtige Weg, die fehlende Bestellung mittels Beschluss (mit Wirkung ex nunc) nachzuholen; schließlich sieht das neue Recht keine Rechtwirkung durch die Verpflichtung mehr vor.

  • Nochmal:

    Wenn es keine Übergangsregelung gibt, wie kann ich dann jemanden nach dem 31.12.22 nach den alten Regeln verpflichten, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung nicht mehr gelten?

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  • Nochmal:

    Wenn es keine Übergangsregelung gibt, wie kann ich dann jemanden nach dem 31.12.22 nach den alten Regeln verpflichten, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung nicht mehr gelten?

    Darauf bin ich doch in meiner Antwort eingegangen? Nämlich dass es keiner Verpflichtung nach altem Recht mehr bedarf, sondern einer Bestellung nach neuem Recht.

  • Cromwell sieht das anders. Den wollte ich damit „anstupsen“.

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  • Wenn der Bestellungsbeschluss im Jahr 2022 ergangen ist, muss der Pfleger nach meiner Ansicht in Anwendung des bisherigen Rechts verpflichtet werden, wenn er bis zum 31.12.2022 nicht verpflichtet wurde. Er wird also am 01.01.2023 nicht von selbst ex nunc zum Pfleger. Er wird nur dann im Lauf des Jahres 2023 ex nunc zum Pfleger, wenn man den Bestellungsbeschluss aus dem Jahr 2021 aufhebt und die gleiche Peron im Jahr 2022 neu bestellt.

  • Wie kann ich aber den Pfleger 2023 nach dem Regeln des Jahre 2022 verpflichten, wenn es keine Übergangsregel gibt? Das alte Recht ist ab 1.1. weg.

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  • Der Beschluss über die Pflegerbestellung kann nur die Rechtswirkungen zeitigen, die er im Zeitpunkt seines Wirksamwerdens nach dem in diesem Zeitpunkt geltenden Recht hatte. Da dieser Zeitpunkt im Jahr 2021 lag, konnte dieser Altbeschluss kein wirksames Pflegeramt herbeiführen.

  • Wenn man dem folgt, müsste man mangels einer Übergangsregelung dann ggf. sogar neu anordnen. Ich kann nicht 2023 nach Vorschriften verpflichten, die es nicht mehr gibt.

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  • Wenn der Bestellungsbeschluss im Jahr 2022 ergangen ist, muss der Pfleger nach meiner Ansicht in Anwendung des bisherigen Rechts verpflichtet werden, wenn er bis zum 31.12.2022 nicht verpflichtet wurde. Er wird also am 01.01.2023 nicht von selbst ex nunc zum Pfleger. Er wird nur dann im Lauf des Jahres 2023 ex nunc zum Pfleger, wenn man den Bestellungsbeschluss aus dem Jahr 2021 aufhebt und die gleiche Peron im Jahr 2022 neu bestellt.

    Für die Praxis ist das ziemlich irrelevant. Entweder habe ich zugesehen, diese Woche keine Anordnung mehr in die Welt zu setzen, oder habe bei einem eiligen Fall auch eilig die Verpflichtung vorgenommen. Bei mir hat die erste Alternative geklappt;-).

    Allen einen guten Jahreswechsel ins neue Recht!

    (By the way: Der Titel passt ja gar nicht mehr. Kann man den Beitrag aufteilen/umbenennen?)

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