Corona - Aufhebung von ZV- Terminen?

  • Es geht ja nicht darum, jeden Termin zu untersagen, sondern die Dringlichkeit / Eiligkeit mit der Ansteckungsgefahr abzuwägen. Es bleibt also die Frage, ob Versteigerungstermine als genauso dringlich angesehen werden können wie Haftsachen oder einstweilige Verfügungen o. ä.

    und die Entscheidung trifft allein der verfahrensleitende Rechtspfleger, so dass- wie die Disskussion ja zeigt - das Ergebnis sehr unterschiedlich ausfallen kann und im Hinblick auf Unterschiedlichkeit von Fallzahlen, Räumlichkeite, pp. auch schwer vergleichbar ist.

    Wir haben uns auch entschieden, unsere Januartermine durchzuführen, da wir hierfür die Stadthalle angemietet haben und unter einem (m.E.) gescheiten Hygienekonzepts (Abstand, Einzeltische für jeden, Lüftungsanlage, usw.) dort Platz für 85 Leuten finden.
    Was von uns nicht beabsichtigt, aber auch nicht beeinflussbar ist, ist die offenbar gestiegene Langeweile der Menschen, so dass ich gestern auch ca. 70 Leute in meinem Saal vorfand, von denen vielleicht 60% interessiert waren und der Rest wohl zu viel Tagesfreizeit hat....
    Ich persönlich hätte auf etwas mehr Bewusstsein bei der Bevölkerung gehofft.

    Gleichwohl erachte ich das Ansteckungsrisiko innerhalb meiner Verhandlung geringer, als während der restlichen Arbeitszeit, wo ich derzeit versuche, meiner Anwärterin die Geheimnisse der Zwangsversteigerung näher zu bringen.

    Das stimmt. Es gibt eben bei manchen Gerichten die räumlichen Möglichkeiten und bei manchen nicht.

    Ich kriege in unseren größten Saal unter Einhaltung aller Regeln gerade mal 11 Leute rein, den Ratssaal haben wir bisher mit nutzen dürfen, aber jetzt wollen die auch niemanden mehr rein lassen und die Verwaltung weitert sich, Geld für Räumlichkeiten auszugeben, weil wir dafür kein Budget haben. Wir sind eben ein ziemlich kleines Gericht.

  • Kann man dann nicht nur die bevorzugt reinlassen, die die Bietsicherheit hinterlegt haben? Denn die anderen wären ja nur "Zuschauer" oder? ein wirksames Gebot können diese doch nicht abgeben. (Ich mache keine Zwangsversteigerungen)

    Nein, darf man nicht so einschränken. Du kannst ja auch ohne Bietsicherheit bieten. Der Gläubiger muss diese erstmal verlangen. Macht er zwar meistens, aber trotzdem hast du die Möglichkeit, dein Gebot ohne abzugeben.

    Kann man schon machen:

    LG Memmingen (4. Zivilkammer), Beschluss vom 20.05.2015 - 44 T 510/15

    Wenn der Sitzungssaal anlässlich eines Zwangsversteigerungstermins überfüllt ist, ist es zulässig, dass den durch Sicherheitsleistung ausgewiesenen Bietinteressenten Vorrang beim Zutritt gewährt wird. Weiteren Personen kann die Teilnahme an der Verhandlung durch Offenlassen der Saaltüren ermöglicht werden.(Rn.13)(Rn.21)


  • Wenn zu viele kommen, so dass die Abstandsregeln nicht eingehalten werden können, muß der Termin eben aufgehoben werden.

    Halte ich in der gegenwärtigen Situation auch für gewagt. Es reist einer über eine größere Strecke an und dann sage ich, tut mir leid. Naja.

    In den von uns angemieteten Saal passen unter Einhaltung der Abstandsregeln ziemlich genau so viele Leute, wie in den Sitzungssaal, in dem wir normalerweise unsere Termine abhalten. Das Risiko besteht für den Weitgereisten also immer.

  • Dann ist das aber nicht die Entscheidung des Vorsitzenden sondern Folge der Vorgaben.

    Soweit die externen Räumlichkeiten für jeden Termin oder Terminstag gesondert angemietet werden und dadurch die Kosten konkret einem oder mehreren Verfahren zugeordnet werden können, sind das mE Verfahrenskosten, die aus der Masse entnommen werden, KV 9006.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Trotzdem muss das Gericht das Geld erstmal auslegen und die Anmietung von Räumlichkeiten ist trotz des Bedarfs in einer ZVG-Sache immer noch Zuständigkeit der Verwaltung. Wenn sie nein sagen, kann ich nicht einfach trotzdem auf (zunächst) Kosten des Gerichts was anmieten.

  • Das kann man durch eine Vorschussanforderung leicht ändern.

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  • Dann bleibt noch das Problem, welchen Raum ich nehmen sollte. Aktuell dürfen doch von Großraum-Anbietern keine Räumlichkeiten vermietet werden. Zumindest in Niedersachsen.

  • Gemeinden, Kirchen, Vereine. Die Dringlichkeit der Anmietung wird auch davon abhängen, ob es um neue Verfahren geht oder um welche, die man schon seit einem Jahr schiebt. Würde aber davon ausgehen, dass der augenblickliche Zustand noch eine ganze Weile anhält.

  • Gut, wenn der Vermieter nicht vermieten darf, ist das natürlich ein Problem.

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  • Aktuell dürfen doch von Großraum-Anbietern keine Räumlichkeiten vermietet werden. Zumindest in Niedersachsen.

    Ich kann aus der Coronaschutzverordnung Niedersachen nicht herauslesen, dass eine Vermietung von Räumlichkeiten an das Gericht verboten sei.
    Insbesondere ist zu berücksichtigenm, dass die Abhaltung einer Gerichtsverhandlung keine Veranstaltung im Sinne der Verordnung darstellt.

  • Aktuell dürfen doch von Großraum-Anbietern keine Räumlichkeiten vermietet werden. Zumindest in Niedersachsen.

    Ich kann aus der Coronaschutzverordnung Niedersachen nicht herauslesen, dass eine Vermietung von Räumlichkeiten an das Gericht verboten sei. War meine ich in der letzten oder so. Hab in die neue wegen der Beschränkung auf 1 Person als Kontaktperson nicht mehr nach Veranstaltungen geschaut.
    Insbesondere ist zu berücksichtigenm, dass die Abhaltung einer Gerichtsverhandlung keine Veranstaltung im Sinne der Verordnung darstellt. Steht wo? Wie bereits ausgeführt, gibt es in der Nds. VO nicht wie bspw. in Brandenburg diese Ausnahme für Gerichtsverhandlungen


  • Das geht auch in Niedersachsen. Es gibt dazu eine Erlasslage des MJ. Bei Bedarf gerne eine pN an mich...

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde

  • Wir sind mit den Zwangsversteigerungsterminen schon in andere Örtlichkeiten außerhalb des Gerichts ausgewichen. Unter Einhaltung der Corona - Abstandsregeln haben wir jetzt Platz für 81 Bieter. Wir erwarten jetzt jedoch deutlich mehr Interessenten und sind uns uneins ob die Termine trotzdem durchgeführt werden können - d.h. in dem wir nach dem Prinzip "wer zuerst kommt mahlt zuerst" den Zugang beschränken oder ob aufgehoben werden muss. Was meint Ihr dazu?

  • Das wird, glaube ich, sehr unterschiedlich gehandhabt. Manche heben direkt auf, auch wenn nur einer nicht rein kann. Andere nicht.

    Lies dazu mal BeckOK GVG, § 169 Rn. 3, 7-10.
    Das hilft, finde ich, um eine eigene Meinung zu bilden.

    Da steht u. a.:

    • Die Sicherung u. Aufrechterhaltung der äußeren Ordnung der Hauptverhandlung rechtfertigt die Beschränkung des Zugangs (BGH NJW 2006, 1220).
    • Dagegen wird gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz verstoßen, wenn auch nur einzelne Personen ohne Rechtsgrundlage aus dem Verhandlungssaal gewiesen oder entfernt werden (BGH NJW 1962, 1260).
      (Ich sehe die Corona-VO schon als Rechtsgrundlage.)
    • Bei beschränkten Raumverhältnissen müssen nur so viele Zuhörer zugelassen werden, wie mit dem Erfordernis einer geordneten Hauptverhandlung vereinbar sind (BGH NJW 1981, 61; 2006, 1220).

    Ich sehe das demnach so: Man muss schon schauen, dass man einen Raum aussucht, der den Erwartungen nach ausreichen kann (also einen großen Saal, wenn man viele erwartet). Man kann dazu aber nicht hellsehen. Sollte der Raum dann eben nicht ausreichen, man hat sich aber den Gegebenheiten entsprechend schon um einen großen Raum bemüht, kann man den Leuten am Eingang sagen, dass der Saal voll ist, wenn alles besetzt ist. Dann muss man aber darauf achten, die Leute der Reihenfolge nach hereinzulassen, in der sie kommen. Man darf dann keinen vorziehen, nur weil er eine Sicherheitsleistung bei hat und der andere nicht. Und ich würde immer Plätze für den Schuldner und den Gläubiger reservieren. Oft versuche ich auch schon telefonisch vorab zu klären, ob der Gläubiger überhaupt kommt. Wenn ich mal einen Raum nicht bekommen habe und damit rechnen konnte, dass das passieren kann, habe ich sogar schon in die Terminsbestimmung geschrieben, dass man früh kommen soll und nach der Reihenfolge rein darf. Das liegt aber daran, dass ich an einem sehr kleinen Amtsgericht arbeite und in unseren größten Saal mit Beachtung des Abstandsgebots usw. maximal 11 Leute rein passen, wenn ich je für Schuldner und Gläubiger 1 Platz freihalte.

    Das kann jeder vertreten, wie er es für vertretbar hält. Es wäre daher lieb, wenn man das als einfachen Informationsaustausch ansieht und im Forum nicht zu sehr auseinandernimmt. :)

  • Dass man keine möglichen Bieter ausschließen kann, hatten wir schon. Wie man den Zugang reglementieren kann, auch. Prognosen zum Verlauf der Pandemie sind schwer, weil einerseits die Inzidenzwerte sinken, andererseits die Mutationen eben erst zuwandern. Letztlich die Frage, ob man seinem Hygienekonzept vertraut. Ein sportlicher Großveranstalter in Oberstdorf tut das bei erwarteten 4.500 Teilnehmern ja aber gerade auch.

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