Räumung trotz anhängigem Rechtsmittel - § 766 ZPO?

  • Folgender Sachverhalt:

    Räumungsvergleich 2017. GV ordnet Räumung an. Räumungsschutzantrag 2018. Verfahren zieht sich, mehrere Rechtsmittel werden eingelegt.

    Aktueller Stand (Beschluss 9/19):

    Räumungsschutzantrag wurde zurückgewiesen. Vollstreckung bleibt bis zur Rechtskraft des Beschlusses einstweilen ausgesetzt.

    Gegen den Beschluss wurde Beschwerde vom Schuldner eingelegt. Über diese Beschluss wurde noch NICHT entschieden.

    Der GVZ hat - trotz der Nichtrechtskraft der Entscheidung - einen neuen Räumungstermin anberaumt (wohl um Druck auf das Beschwerdegericht aufzubauen).

    Der Schuldner beantragt natürlich wieder Räumungsschutz nach § 765a ZPO

    Ich frage mich jetzt:

    Wäre hier nicht eher § 766 ZPO der richtige Rechtsbehelf? Die Maßnahme des GVZ ist doch offensichtlich nicht korrekt. Und auch über 766 könnte ich die Vollstreckung/Räumung einstweilen einstellen, bevor ich sie dem GVZ zur Abhilfe übersende. § 765a ZPO soll als Subsidiärvorschrift ja immer nur die letzte Möglichkeit sein. Müsste/könnte ich den Antrag entsprechend auslegen?

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Und wo soll der Fehler des GV liegen?

    Gab es vor der Zurückweisung eine einstweilige Einstellung, falls ja bis wann?

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)


  • Ich frage mich jetzt:

    1. Wäre hier nicht eher § 766 ZPO der richtige Rechtsbehelf? Die Maßnahme des GVZ ist doch offensichtlich nicht korrekt.
    2. Und auch über 766 könnte ich die Vollstreckung/Räumung einstweilen einstellen, bevor ich sie dem GVZ zur Abhilfe übersende. § 765a ZPO soll als Subsidiärvorschrift ja immer nur die letzte Möglichkeit sein.
    3. Müsste/könnte ich den Antrag entsprechend auslegen?

    1. ja
    2. nein, mangels funktioneller Zuständigkeit
    3. würde ich mit dem funktionell zuständigen Organ (Richter) abklären.

    Sofern der Richter es nicht so auslegen möchte: Hinweis an Schuldner, dass es dem Antrag nach § 765a ZPO an der erforderlichen Begründetheit mangelt, da eine Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung im Verfahren nach § 765a ZPO nicht geprüft werden und das Vorbringen über den dafür vorgesehenen Rechtsbehelfsweg zu verfolgen ist.

    Vielleicht ist es auch ausreichend, dass der Schuldner dem GV den Beschluss von 9/19 vorlegt um dort aufg das bestehende Vollstreckungshindernis hinzuweisen.

  • Wie ich schrieb: "Vollstreckung bleibt bis zur Rechtskraft des Beschlusses einstweilen ausgesetzt."

    Der GVZ hat also, in dem Wissen, dass der Räumungsschutzantrag des Schuldners noch nicht rechtskräftig beschieden wurde, einen neuen Termin anberaumt.

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

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    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • [quote='Asgoth','Räumung trotz anhängigem Rechtsmittel - § 766 ZPO?'] Vielleicht ist es auch ausreichend, dass der Schuldner dem GV den Beschluss von 9/19 vorlegt um dort aufg das bestehende Vollstreckungshindernis hinzuweisen.

    Den Beschluss kennt der GVZ. Er wollte - so denke ich mir das - Druck auf das Beschwerdeverfahren ausüben, weil das Räumungsverfahren hier regional schon ziemlich hohe Wellen schlägt.

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

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    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Den Beschluss kennt der GVZ. Er wollte - so denke ich mir das - Druck auf das Beschwerdeverfahren ausüben, weil das Räumungsverfahren hier regional schon ziemlich hohe Wellen schlägt.

    Wenn der GVZ tatsächlich im vollen Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einen Räumungstermin angeordnet hat, fällt mir dazu nichts mehr ein. :eek:

    Ansonsten würde ich wie in #3 vorgeschlagen verfahren.


  • Ich frage mich jetzt:

    1. Wäre hier nicht eher § 766 ZPO der richtige Rechtsbehelf? Die Maßnahme des GVZ ist doch offensichtlich nicht korrekt.
    2. Und auch über 766 könnte ich die Vollstreckung/Räumung einstweilen einstellen, bevor ich sie dem GVZ zur Abhilfe übersende. § 765a ZPO soll als Subsidiärvorschrift ja immer nur die letzte Möglichkeit sein.
    3. Müsste/könnte ich den Antrag entsprechend auslegen?

    1. ja
    2. nein, mangels funktioneller Zuständigkeit
    3. würde ich mit dem funktionell zuständigen Organ (Richter) abklären.

    Sofern der Richter es nicht so auslegen möchte: Hinweis an Schuldner, dass es dem Antrag nach § 765a ZPO an der erforderlichen Begründetheit mangelt, da eine Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung im Verfahren nach § 765a ZPO nicht geprüft werden und das Vorbringen über den dafür vorgesehenen Rechtsbehelfsweg zu verfolgen ist.

    Vielleicht ist es auch ausreichend, dass der Schuldner dem GV den Beschluss von 9/19 vorlegt um dort aufg das bestehende Vollstreckungshindernis hinzuweisen.


    :daumenrau

    Ist schon arg dünnes Eis, auf das sich der GVZ offenbar begeben hat. :(

  • Ist schon arg dünnes Eis, auf das sich der GVZ offenbar begeben hat. :(

    Egal wie man das rechtlich werten mag - ich persönlich finde das Vorgehen - vor allem mit Blick auf den konkreten Fall - nicht schlecht. Zumal nunmehr das Beschwerdegericht tatsächlich in die Puschen gekommen ist :D

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

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    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Weswegen soll das Beschwerdeverfahren denn eilig sein, wenn bereits das Vollstreckungsgericht circa anderthalb zur Bescheidung des Schutzantrags braucht? Macht man sich da nicht gemein mit Parteinteressen?

  • Wie gesagt, es gab mehrere Rechtsmittel gegen mehrere Entscheidungen, Gutachten mussten eingeholt werden, etc. pp., sodass die endgültige Zurückweisung des Räumungsschutzantrages erst so spät - jedoch ohne vom Vollstreckungsgericht zu vertretende Verzögerungen - erfolgen konnte.

    Man könnte auch sagen - ohne sich mit irgendwelchen Interessen gemein zu machen: Wenn man weiß, wie das System funktioniert, schafft man es relativ einfach, die Räumung aus einem Vergleich für mehrere Jahre zu verzögern...

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

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  • Die Haftungsfrage nicht zu vergessen! Das Vorgehen des GV verursacht Kosten. Diese hat der Staat zu tragen!

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Und wo soll der Fehler des GV liegen?

    Gab es vor der Zurückweisung eine einstweilige Einstellung, falls ja bis wann?

    Wenn die Vollstreckung bis zur Rechtskraft des Beschlusses einstweilen ausgesetzt ist/bleibt, liegt ein Vollstreckungshindernis vor

    Das lese ich gerade nicht aus dem SV. Ich bezog "Vollstreckung ausgesetzt" auf den Zurückweisungsbeschluss, wie man es in manchen Urteilen/Beschlüsse auch liest.

    Wenn die Vollstreckung aus dem Räumungstitel untersagt wurde und der GV das ignoriert, ist das neben § 766 ZPO mE auch noch ein Fall für die Dienstaufsicht. Schon alleine, um den Staat vor Regressen zu schützen.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

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  • Zunächst einmal vielen Dank für die Antworten.

    Die Schuldnervertreterin hatte im Nachgang zusätzlich zum § 765a-Antrag noch Erinnerung gem. § 766 ZPO eingelegt.

    Der Termin wurde nun mittlerweile aufgehoben. Aber nicht aufgrund der hiesigen Anträge des Schuldners, sondern durch das Beschwerdegericht wegen § 570 Abs. 3 ZPO und Corona.

    Damit hat ja sowohl die Erinnerung gem. § 766 ZPO als auch (subsidiär) der Räumungsschutzantrag das Rechtsschutzbedürfnis verloren und wären zurückzuweisen.

    Ich frage mich jetzt:

    Was passiert mit den entsprechenden PKH-Anträgen? Der für die Erinnerung hätte ja zumindest Erfolgsaussichten gehabt. Wer ist für die Entscheidung zuständig? Der GVZ wohl nicht. Ich als VG wohl auch nicht. Der Richter, der über die Erinnerung zu entscheiden gehabt hätte?

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

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    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • ....
    Die Schuldnervertreterin hatte im Nachgang zusätzlich zum § 765a-Antrag noch Erinnerung gem. § 766 ZPO eingelegt.

    Der Termin wurde nun mittlerweile aufgehoben. Aber nicht aufgrund der hiesigen Anträge des Schuldners, sondern durch das Beschwerdegericht wegen § 570 Abs. 3 ZPO und Corona.

    Damit hat ja sowohl die Erinnerung gem. § 766 ZPO als auch (subsidiär) der Räumungsschutzantrag das Rechtsschutzbedürfnis verloren und wären zurückzuweisen.

    ....


    Das verstehe ich nicht.

    Der GVZ macht einfach mit seinem Räumungsverfahren weiter, obwohl durch das Gericht angeordnet worden war: "Vollstreckung bleibt bis zur Rechtskraft des Beschlusses einstweilen ausgesetzt."

    Der Schuldner wehrt sich mit dem auf jeden Fall passenden Rechtsmittel der Erinnerung gem. § 766 ZPO. Und nur weil jetzt eine (weitere?) Einstellung durch das Beschwerdegericht - auch im Hinblick auf Corona - erfolgte, siehst du die Erinnerung als zurückweisungsfähig an? :gruebel: :( Aus meiner Sicht hat der Schuldner nach wie vor ein Rechtsschutzbedürfnis, im Rahmen der Erinnerung feststellen zu lassen, dass das Vorgehen des GVZ rechtswidrig war.

    Falls du davon ausgehst, dass der Erinnerung nicht (mehr) entsprochen werden kann, musst du einen Nichtabhilfebschluss machen und dem zuständigen Richter zur Entscheidung vorlegen. Dieser entscheidet dann auch über die PKH-Bewilligung.

  • Falls du davon ausgehst, dass der Erinnerung nicht (mehr) entsprochen werden kann, musst du einen Nichtabhilfebschluss machen und dem zuständigen Richter zur Entscheidung vorlegen. Dieser entscheidet dann auch über die PKH-Bewilligung.

    Das ist ja das Problem, ich kann nicht abhelfen bzw. nicht nicht abhelfen, weil ich als VG ja eigentlich nichts damit zu tun habe. Wenn der GVZ nun den Termin aufhebt, dann ist das ja quasi eine konkludente Abhilfe durch ihn. Wer entscheidet dann über die PKH? :gruebel:

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

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