Beurkundung von Ausschlagungserklärungen - Corona

  • Hallo zusammen,

    mich würde mal interessieren, ob Ihr an Euren Gerichten aktuell noch Ausschlagungserklärungen protokollieren müsst.

    Wir hier (Amtsgericht in Bayern) müssen aktuell noch Ausschlagungserklärungen aufnehmen.

    Könnte man die Protokollierung nicht auch ablehnen und von einer Fristhemmung aufgrund höherer Gewalt ausgehen?

  • Dazu wird im Smalltalk-Bereich schon intern diskutiert.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Auf lange Sicht dürfte der Thread im Smalltalk wohl mit rechtlichen Einzelproblemen überfrachtet werden. Daher spricht nun -wie bei anderen Fragestellungen auch- nichts dagegen, rechtliche Folgen von Corona auch in den jeweiligen Fachforen zu diskutieren.

    Das Kammergericht hat sich am Rande mit der Möglichkeit höherer Gewalt bei Ausschlagungserklärungen beschäftigt (KG, 16.03.2004, 1 W 120/01, FGPrax 2004, 127).

    Der BDR hat beim BMJV angeregt, die Ausschlagungsfrist nach § 1944 Absatz 1 BGB auf drei Monate zu verlängern (zu finden über http://www.bdr-online.de/bdr/index.php/…/stellungnahmen).

    Selbst wenn der Gesetzgeber hier tätig werden würde, wäre die Frage, ob eine solche Verlängerung auch für zwischenzeitlich abgelaufene Fristen gelten könnte. Immerhin würde damit nachträglich in Erbfolgen eingegriffen werden.

  • Kunde erscheint mit schriftlicher (!) Auskunft der Geschäftsstelle des Amtgerichts -Nachlassgericht-

    "In der derzeitigen Situation vergeben wir nur dringende Termine, die kurz erledigt werden können. Ihre Angelegenheit gehört nicht dazu, da Ihre Tochter minderjährig ist und geprüft werden muss, ob eine Genehmigung erforderlich ist. Derartige Fälle müssen also durch einen Notar geprüft werden. Angesichts der derzeitigen Lage hat der Notar auf die Notargebühren und Steuern, die bei Gericht nicht anfallen [Anmerkung von mir: das sind die MwSt und die Vollzugsgebühr für die Durchführung des familiengerichtlichen Verfahrens, bei überschuldetem Nachlass: € 15,00], zu verzichten.
    Sowienoch, Justizsekretärin"

    Da fällt mir echt nichts mehr ein...

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Sowas gehört direkt ans Ministerium durchgeroutet.

    Eigentlich schon. Aber man will es sich ja auch nicht mit dem Gericht verderben (die brauche ich noch ein paar Jahre bis zur Pension).
    Ich glaube nach Ende der Krise spreche ich mal mit dem Direktor, wenn es den Juristenstammtisch wieder gibt.:laola


    (die Kunden waren froh, dass die Angelegenheit hier prompt erledigt wurde und haben die € 67,83 gleich bar bezahlt - mal sehen, wie lange das Genehmigungsverfahren beim AG -FamG- dauern wird)

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  • Na, wenn das Schreiben mal keine Absolution von der Gebührenerhebungspflicht des § 17 Absatz 1 Satz 1 BNotO ist :D

    Vielleicht hätte ein solches Schreiben dem angeklagten Notar in BGH, Urteil vom 22.3.2018, 5 StR 566/17, geholfen.

    Vielleicht.

    Immerhin gibt es mittlerweile eine Erklärung der Notarkammer darüber, dass allgemein das Nichterheben von Gebühren für coronabedingte Nachgenehmigungen (z.B.: es kommt von jeder "Seite" nur einer zur Verhandlung, alle anderen genehmigen nach), "durch eine sittliche Pflicht oder durch eine auf den Anstand zu nehmende Rücksicht geboten" ist (§ 17 Abs. 1 Satz 2 BNotO. Das hilft schon mal weiter.

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  • Kunde erscheint mit schriftlicher (!) Auskunft der Geschäftsstelle des Amtgerichts -Nachlassgericht-

    "In der derzeitigen Situation vergeben wir nur dringende Termine, die kurz erledigt werden können. Ihre Angelegenheit gehört nicht dazu, da Ihre Tochter minderjährig ist und geprüft werden muss, ob eine Genehmigung erforderlich ist. Derartige Fälle müssen also durch einen Notar geprüft werden. Angesichts der derzeitigen Lage hat der Notar auf die Notargebühren und Steuern, die bei Gericht nicht anfallen [Anmerkung von mir: das sind die MwSt und die Vollzugsgebühr für die Durchführung des familiengerichtlichen Verfahrens, bei überschuldetem Nachlass: € 15,00], zu verzichten.
    Sowienoch, Justizsekretärin"

    Da fällt mir echt nichts mehr ein...


    Da nimmt man es mit dem Justizgewährungsanspruch wohl nicht so ernst... Und wenn eine fristgebundene Ausschlagung nicht dringend ist, was dann?

  • Kunde erscheint mit schriftlicher (!) Auskunft der Geschäftsstelle des Amtgerichts -Nachlassgericht-

    "In der derzeitigen Situation vergeben wir nur dringende Termine, die kurz erledigt werden können. Ihre Angelegenheit gehört nicht dazu, da Ihre Tochter minderjährig ist und geprüft werden muss, ob eine Genehmigung erforderlich ist. Derartige Fälle müssen also durch einen Notar geprüft werden. Angesichts der derzeitigen Lage hat der Notar auf die Notargebühren und Steuern, die bei Gericht nicht anfallen [Anmerkung von mir: das sind die MwSt und die Vollzugsgebühr für die Durchführung des familiengerichtlichen Verfahrens, bei überschuldetem Nachlass: € 15,00], zu verzichten.
    Sowienoch, Justizsekretärin"

    Da fällt mir echt nichts mehr ein...


    Da nimmt man es mit dem Justizgewährungsanspruch wohl nicht so ernst... Und wenn eine fristgebundene Ausschlagung nicht dringend ist, was dann?

    Weiß auch nicht. Der eigentliche Grund war ja, dass man drüber nachdenken muss, was man macht (weil die Ausschlagende eben minderjährig ist und durch die Mutter vertreten wird -> Genehmigungsbedürftig). Eine "normale" Ausschlagung hätten sie vermutlich gemacht. Ich könnte mir vorstellen, dass die Rechtspfleger im Homeoffice sind, daher nur zur Beurkundung ins Gericht kommen und es der GS nicht zutrauen, eine "komplizierte" Ausschlagung richtig vorzubereiten. Das kommt dann in der GS wohl so an, dass "das schwierig ist und man versuchen soll, die Leute zum Notar zu bringen" - das Ergebnis ist die vollkommen verunglückte Formulierung, man "müsse" zum Notar, was natürlich sachlich total unrichtig ist.

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  • Wir haben eine gute Lösung gefunden. Möchte jemand ausschlagen, nehmen wir schon am Telefon alle Daten auf und bereiten das Protokoll unterschriftsreif vor. Einfach ohne telefonische Voranmeldung vorbeikommen geht nicht mehr.

    Bürger wartet in der Schleuse und ich kann hinter Glas den Perso checken, mit Gegensprechanlage das Protokoll verlesen und zum Unterschreiben durchschieben. Klappt prima.

    Wir müssen daher nicht nur, wir können noch Ausschlagungen aufnehmen.

  • ...Wie handhabt ihr das bei "Ausschlagungsbussen"?

    Würde auch gerne wissen, wie andere Gerichte das handhaben…

    Bei uns ist nur noch für Not- und Eilfälle geöffnet, im Übrigen geschlossen. Ausschlagungen werden während der sonst üblichen Öffnungszeiten aufgenommen, wegen der Kontaktbeschränkungen aber jeweils einzeln.
    Kommen mehrere Beteiligte zusammen, haben wir jetzt mehrere Einzelerklärungen aufgenommen mit dem jeweiligen Hinweis, dass x und y gemeinsam zur Ausschlagung erschienen waren, die Beurkundung wegen der derzeit geltenden Kontaktbeschränkungen aber separat erfolgte (sozusagen als abschnittsweise Beurkundung), sodass für die Erklärungen von x und y nur eine Beurkundungsgebühr zu erheben ist.

  • Was sind denn Ausschlagungsbusse? Meinst du Großfamilien, die mit 10 bis 20 Personen erscheinen? Würde ich nicht in einer Urkunde aufnehmen. Darüber hinaus dürften die auch nicht alle in einem Haushalt wohnen, so dass das Problem eigentlich nicht entstehen dürfte.

    Fast jeder hat heute ein Handy mit Flatrate. Von daher dürfte es tatsächlich für die Leute kein Problem sein, von vor dem Gebäude anzurufen und ihre Daten durchzugeben, so dass diese kontaktlos aufgenommen werden können.

  • Ich hätte hierzu eine Frage (Danke vorab für die Info, kurz reicht):

    Vorgestern rief mich ein Bekannter an. Sein Vater ist verstorben. Der Nachlass ist vermutlich überschuldet; er hatte aber bis zuletzt keinen regelmässigen Kontakt mehr. Er fragte mich, wie das mit dem Ausschlagen so vor sich geht.
    Liege ich richtig: 6 Wochen ab Kenntniserlangung?

    -Er kann zu einem freien Notar, oder zum örtlichen AG gehen?
    -Wie ist das jetzt mit Corona? Werden da noch zeitnah Termine vergeben?
    -Kosten: Ich schätze ca. 50 EUR?????
    -Bestattungskosten können nicht ausgeschlagen werden, liege ich hier richtig?

  • Er soll bei einem Notar oder dem zuständigen Nachlassgericht bzw. seinem örtlichen Nachlassgericht anrufen. Jedes AG handhabt dies ein wenig anders.

    Kosten 30,00 EUR ggf. zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer, aber am Besten den Notar vorher nochmal fragen.

  • ...und wie macht ihr das mit Eiltfällen, also wenn der Ausschlagende bereits da steht? Lasst ihr den dann erst davor stehen und anrufen, um seine Daten aufzunehmen?

    Es handelt sich nicht um einen Eiltfall. Überall steht auf den Homepages der Gerichte, dass vorher anzurufen ist.

    Ok, ein wenig umständlich die Frage formuliert: Mir ging es um zwei Sachen, einmal um den Bürger, der auf einmal vor der Tür steht - den wird man auch zu diesen Zeiten wohl kaum wieder nach Hause bzw. zum Notar schicken wollen oder?! Im Zweifel dürfte dann noch die Terminsvereinbarung als letztes Mittel zum Zuge kommen!

    Zum anderen, was macht Ihr mit dem wirklichen Eiltfall, der am letzten Tag der Frist vor der Tür steht?
    "Sorry, erst anrufen bitte, sonst keine Beurkundung!" :gruebel:

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