Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz (PKoFoG)

  • Gesetz zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes (Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz – PKoFoG)

    Zum aktuellen Gesetzgebungsverfahren wurde heute hier der Regierungsentwurf veröffentlicht.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Das PKoFoG tritt am 01.12.2021 in Kraft (§ 850c und f sind bereits am 08.05. vorzeitig in Kraft getreten).
    Es wird Zeit, sich mit den Neuerungen auseinanderzusetzen, insbesondere auch seitens der Vollstreckungsgerichte (VGe), da hier Mehrarbeit zu befürchten ist.

    So ist im § 901 nun ein umfassendes Auf- und Verrechnungsverbot für Kreditinstitute geregelt, auch wenn es noch gar keine Kontopfändung gibt (Abs. 1). Das besondere daran: Der Auf- und Verrechnungsschutz gilt nur im Rahmen der individuellen Freibeträge. Wenn der Schuldner nun keine Bescheinigung erhalten kann (Schuldnerberatung überlastet etc.), müssen die VGe auch in diesem Fall - obwohl noch gar keine Vollstreckung läuft - dem Schuldner mittels Beschluss als "Ersatzbescheinigung" einen Freibetrag festsetzen, damit das Kreditinstitut weiß, wie weit (bzw. hoch) das Auf- und Verrechnungsverbot greift.

    Richtig mehr Arbeit wird allerdings der neue § 904 ZPO machen: Werden laufende Geldleistungen zu einem späteren Zeitpunkt als dem Monat, auf den sich die Leistungen beziehen, ausbezahlt, so müssen künftig die Vollstreckungsgerichte, wenn diese Nachzahlung 500 € übersteigt, rückwirkend prüfen, ob ein pfändbarer Betrag entstanden wäre und wenn nicht, für die Nachzahlung einen Freibetrag festsetzen. Die Rückrechnung bedeutet einen erheblichen Mehraufwand und da 500 € Nachzahlung eine (zu) geringe Freigrenze ist und bzgl. aller Nachzahlungen, die ein Schuldner erhält, gilt (also anders als jetzt auch für Arbeitseinkommen, nicht nur für Sozialleistungen), werden die Gerichte einiges zu tun bekommen, scheint mir.

    In § 904 Abs. 3 heißt es;
    "Laufende Geldleistungen nach Absatz 2, bei denen der nachgezahlte Betrag 500 Euro übersteigt, werden von der Pfändung des Guthabens auf dem Pfändungsschutzkonto nicht erfasst, soweit der für den jeweiligen Monat nachgezahlte Betrag in dem Monat, auf den er sich bezieht, nicht zu einem pfändbaren Guthaben geführt hätte. Wird die Nachzahlung pauschal und für einen Bewilligungszeitraum gewährt, der länger als ein Monat ist, ist die Nachzahlungssumme zu gleichen Teilen auf die Zahl der betroffenen Monate aufzuteilen."

    Der neue § 905 regelt künftig, wann die Vollstreckungsgerichte ersatzweise einen Freibetrag festsetzen müssen, nämlich dann, wenn der Schuldner glaubhaft, dass er eine Bescheinigung, um deren Erteilung er
    bei der Stelle, von der er eine Leistung bezieht, und nachfolgend bei einer weiteren Stelle, die zur Erteilung der Bescheinigung berechtigt ist, nachgesucht hat, nicht in zumutbarer Weise von diesen Stellen erlangen konnte. Der Schuldner wird also künftig schneller und im Zweifel häufiger bei den VGe aufschlagen; das Gericht muss dann noch Pflichtangaben über die Art der Leistung ermitteln und im Beschluss machen (Angaben nach § 903 Absatz 3 Satz 2).

    Und neu ist auch, dass das Vollstreckungsgericht den Schuldner auf die Möglichkeit der Stellung eines Antrags nach (dem neuen) § 907 Absatz 1 Satz 1 hinzuweisen hat (das ist die befristete Unpfändbarkeit), wenn nach dem Vorbringen des Schuldners unter Beachtung der von ihm vorgelegten Unterlagen die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sein könnten.

    Das wird insgesamt dazu führen, dass Vollstreckungsgerichte häufiger "Ersatz-Freibeträge" werden festsetzen müssen.

    IRd neuen § 906 ZPO muss das Vollstreckungsgericht auf Antrag auch einen abweichenden pfändungsfreien Betrag festsetzen, wenn sich aus einer bundes- oder landesrechtlichen Vorschrift eine solche Abweichung ergibt. Hier werden also weitere Zusatzbelastungen auf die VGe zukommen.

    Eine Chance bietet der modifizierte neue § 907 (der vormalige § 850l ZPO, Festsetzung der befristeten Unpfändbarkeit), bei dem die Prognosefrist, dass auch innerhalb der nächsten Monate ganz überwiegend nur die Gutschrift unpfändbarer Beträge zu erwarten ist, von vormals 12 auf 6 Monate verkürzt wurde. Das sollten VGe verstärkt nutzen, um weitere PfÜbs abzuwehren und damit auch sich von Mehrarbeit zu entlasten, deutlich häufiger als das bisher der Fall war und ist.

    Bin mal gespannt, wie die Rechtspfleger*innen diese Änderungen bewerten.


  • Eine Chance bietet der modifizierte neue § 907 (der vormalige § 850l ZPO, Festsetzung der befristeten Unpfändbarkeit), bei dem die Prognosefrist, dass auch innerhalb der nächsten Monate ganz überwiegend nur die Gutschrift unpfändbarer Beträge zu erwarten ist, von vormals 12 auf 6 Monate verkürzt wurde. Das sollten VGe verstärkt nutzen, um weitere PfÜbs abzuwehren und damit auch sich von Mehrarbeit zu entlasten, deutlich häufiger als das bisher der Fall war und ist.

    :confused:
    Wie denn?
    Außerdem gingen so die schönen Anwaltsgebühren und Rangstelle flöten...


  • Eine Chance bietet der modifizierte neue § 907 (der vormalige § 850l ZPO, Festsetzung der befristeten Unpfändbarkeit), bei dem die Prognosefrist, dass auch innerhalb der nächsten Monate ganz überwiegend nur die Gutschrift unpfändbarer Beträge zu erwarten ist, von vormals 12 auf 6 Monate verkürzt wurde. Das sollten VGe verstärkt nutzen, um weitere PfÜbs abzuwehren und damit auch sich von Mehrarbeit zu entlasten, deutlich häufiger als das bisher der Fall war und ist.

    :confused:
    Wie denn?
    Außerdem gingen so die schönen Anwaltsgebühren und Rangstelle flöten...

    Indem sie einfach solche Beschlüsse fassen und sich selbst und Drittschuldner für mind. ein Jahr (Beschluss kann auf Antrag erneut ausgesprochen werden) von weiteren zu bearbeitenden Anträgen auf Erlass eines PfÜb entlasten, weil solche dann während des Zeitraumes der befristeten Unpfändbarkeit nicht mehr möglich sind. Die Voraussetzungen zum Erlass werden sehr viel häufiger vorliegen als man glaubt. Ca. 2/3 der P-Kontoinhaber kommen mit dem Grundfreibetrag aus; das sind alles potenzielle Fälle, bei denen man Mehrfachpfändungen damit unterbinden könnte.


  • Eine Chance bietet der modifizierte neue § 907 (der vormalige § 850l ZPO, Festsetzung der befristeten Unpfändbarkeit), bei dem die Prognosefrist, dass auch innerhalb der nächsten Monate ganz überwiegend nur die Gutschrift unpfändbarer Beträge zu erwarten ist, von vormals 12 auf 6 Monate verkürzt wurde. Das sollten VGe verstärkt nutzen, um weitere PfÜbs abzuwehren und damit auch sich von Mehrarbeit zu entlasten, deutlich häufiger als das bisher der Fall war und ist.

    :confused:
    Wie denn?
    Außerdem gingen so die schönen Anwaltsgebühren und Rangstelle flöten...

    Indem sie einfach solche Beschlüsse fassen und sich selbst und Drittschuldner für mind. ein Jahr (Beschluss kann auf Antrag erneut ausgesprochen werden) von weiteren zu bearbeitenden Anträgen auf Erlass eines PfÜb entlasten, weil solche dann während des Zeitraumes der befristeten Unpfändbarkeit nicht mehr möglich sind. Die Voraussetzungen zum Erlass werden sehr viel häufiger vorliegen als man glaubt. Ca. 2/3 der P-Kontoinhaber kommen mit dem Grundfreibetrag aus; das sind alles potenzielle Fälle, bei denen man Mehrfachpfändungen damit unterbinden könnte.


    Die angeordnete Unpfändbarkeit betrifft ausschließlich das Pfändungsschutzkonto. Andere Konten (wie z.B. Mietkaution) sind nach wie vor von einer Pfändung erfasst.
    Rechtspfleger haben insofern keinen Spielraum und werden die Pfändungsbeschlüsse weiterhin erlassen müssen. Insofern wird sich da nichts ändern.


    Da außerdem Verfügungsfristen verlängert, die Auskehrungen ggf. einen weiteren Monat hintenangestellt und für den Schuldner weitere Annehmlichkeiten eingebaut wurden, besteht nunmehr m.E. doch fast überhaupt kein sachlicher Grund mehr, die befristete Unpfändbarkeit zu erklären. Zumal die Schuldner nach Beendigung der Unpfändbarkeit regelmäßig wieder auf der Matte stehen (2/3 nach Deiner Rechnung, das summiert sich und tut sich m/w/d im Amt keine(r) freiwillig an :teufel:).

  • Hallo zusammen,
    ich hätte mal wieder eine Frage.
    Gelten die neuen Vorschriften auch für Anträge die vor dem 01.12.2021 eingereicht wurden und bei denen ich jetzt erst den PfÜB erlasse?
    Ich bin eigentlich von der Antragstellung ausgegangen. Aber jetzt bin ich mir unsicher.
    Ich finde die Übergangsvorschriften irgendwie nicht...
    Vielen Dank

  • ich kann auch überhaupt keine Überleitungsvorschrift finden - was ja eigentlich heißen würde - ich entscheide jetzt also nach dem 1.12., also habe ich das jetzt geltende Recht anzuwenden. Für die Anwendung noch des alten Rechts bräuchte es nach meinem Verständnis eine geseztliche Grundlage

  • ich kann auch überhaupt keine Überleitungsvorschrift finden - was ja eigentlich heißen würde - ich entscheide jetzt also nach dem 1.12., also habe ich das jetzt geltende Recht anzuwenden. Für die Anwendung noch des alten Rechts bräuchte es nach meinem Verständnis eine geseztliche Grundlage

    So sehe ich das auch.

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