P-Konto Freigabe von Corona Sonderzahlung

  • Laut Ministerialblatt werden die Hilfen hier für alle Betriebe gewährt, deren Liquiditätsengpass nach dem 11.03.2020 entstanden ist (Erl. d. MW v.24.3.2020 -35-32322-) , von Pfändungsschutz ist nichts zu lesen.

    Dies erscheint auch unnötig, denn es sollen ja Liquiditätsengpässe aufgrund der Coronasituation ausgeglichen werden, eben damit Zahlungsrückstände und dann Titel und Zwangsvollstreckung gar nicht erst entstehen! Wer vorher bereits Pfändungen hat, kann legal keine Hilfe erhalten, da er dann vor der Coronasituation seine Liquiditätsschwierigkeiten bereits hatte.


    Bedeutet: Coronahilfen und Pfändung können heute (22.04.2020) wohl im Regelfall nur dann aufeinandertreffen, wenn der Antragsteller auf gut deutsch beschissen hat- ein Schutz aufgrund besonderer Härte steht ihm daher wohl auch kaum zu.
    (Wer einen PfÜB vorliegen hat, der aufgrund einer Forderung welche nach dem 11.03.2020 datiert erlassen wurde,darf dann natürlich noch einmal genau nachlesen- wenn ich einen solchen bekommen sollte samt Antrag meld ich mich hier und berichte was ich damit tat)

    Ob die Leistung zu Recht bezogen wird, kann dahingestellt bleiben. Das habe ich nicht zu prüfen, das ist in Niedersachsen einzig und allein Sache der N-Bank. In VE 2020, Seite 81 bis 84 gibt es interessante Ausführungen "So pfände Sie Hilfen für Solo-Selbstständige und Einzelunternehmer" von Peter Mock

  • Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass die Pfändung von Corona-Soforthilfen rechtswidrig ist.

    https://www.justiz.nrw.de/nrwe/fgs/muens…s_20200513.html


    Eine wichtige Erkenntnis aus dem Beschluss: Eine einmalige Erhöhung nach § 850k ZPO ist nicht möglich.

    "Mithin ist die Möglichkeit zu einer abweichenden Festsetzung des Freibetrags gemäß § 850k Abs. 4 ZPO auf die in Satz 2 dieser Vorschrift genannten Beträge beschränkt (so auch LG Köln, Beschluss vom 23.04.2020 39 T 57/20, rkr., juris Rn. 17). Der Auffassung des Antragsgegners, dass eine abweichende Festsetzung gemäß § 850k Abs. 4 ZPO auch in nicht vom Gesetz vorgesehenen Fällen in Betracht kommt, kann der Senat daher nicht folgen.
    Der hier streitgegenständliche Billigkeitszuschuss, die Corona-Soforthilfe, wird nicht von den in § 850k Abs. 4 Satz 2 ZPO genannten Beträgen erfasst. Insbesondere handelt es sich bei der Corona-Soforthilfe nicht um sonstige Einkünfte i. S. v. § 850i ZPO."


    Somit bleiht nur ein Antrag nach § 765a ZPO.

  • "Mithin ist die Möglichkeit zu einer abweichenden Festsetzung des Freibetrags gemäß § 850k Abs. 4 ZPO auf die in Satz 2 dieser Vorschrift genannten Beträge beschränkt (so auch LG Köln, Beschluss vom 23.04.2020 39 T 57/20, rkr., juris Rn. 17). Der Auffassung des Antragsgegners, dass eine abweichende Festsetzung gemäß § 850k Abs. 4 ZPO auch in nicht vom Gesetz vorgesehenen Fällen in Betracht kommt, kann der Senat daher nicht folgen.

    Dem würde ich im Lichte der jüngeren BGH Rechtsprechung eher nicht folgen:

    "Weder dem Wortlaut des § 850k Abs. 4 Satz 1 ZPO noch dem Wortlaut des § 850k Abs. 4 Satz 2 ZPO ist zu entnehmen, dass die Festsetzung eines abweichenden pfändungsfreien Betrags ausschließlich aufgrund der entsprechenden Anwendung der in Satz 2 genannten Vorschriften möglich ist. Die Aufzählung ist nicht abschließend."
    (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2018 – VII ZB 27/17 –, Rn. 11, juris)

    Ich finde die Meinung des BGH zwar nicht unproblematisch, aber wenn der BGH meint dass die Aufzählung in § 850k Abs. 4 ZPO nicht abschließend ist, wird man wohl auch den § 851 ZPO über § 850k Abs. 4 ZPO auf P-Konten anwenden können. § 765a ZPO ist daher wohl nicht erforderlich.

  • "Mithin ist die Möglichkeit zu einer abweichenden Festsetzung des Freibetrags gemäß § 850k Abs. 4 ZPO auf die in Satz 2 dieser Vorschrift genannten Beträge beschränkt (so auch LG Köln, Beschluss vom 23.04.2020 39 T 57/20, rkr., juris Rn. 17). Der Auffassung des Antragsgegners, dass eine abweichende Festsetzung gemäß § 850k Abs. 4 ZPO auch in nicht vom Gesetz vorgesehenen Fällen in Betracht kommt, kann der Senat daher nicht folgen.

    Dem würde ich im Lichte der jüngeren BGH Rechtsprechung eher nicht folgen:

    "Weder dem Wortlaut des § 850k Abs. 4 Satz 1 ZPO noch dem Wortlaut des § 850k Abs. 4 Satz 2 ZPO ist zu entnehmen, dass die Festsetzung eines abweichenden pfändungsfreien Betrags ausschließlich aufgrund der entsprechenden Anwendung der in Satz 2 genannten Vorschriften möglich ist. Die Aufzählung ist nicht abschließend."
    (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2018 – VII ZB 27/17 –, Rn. 11, juris)

    Ich finde die Meinung des BGH zwar nicht unproblematisch, aber wenn der BGH meint dass die Aufzählung in § 850k Abs. 4 ZPO nicht abschließend ist, wird man wohl auch den § 851 ZPO über § 850k Abs. 4 ZPO auf P-Konten anwenden können. § 765a ZPO ist daher wohl nicht erforderlich.

    Dann stellt sich natürlich fast die Frage, ob das Finanzgericht Münster die erwähnte BGH-Entscheidung nicht kennt? :gruebel:

    Und wollte der BGH tatsächlich feststellen, dass man § 850k Abs. 4 ZPO auch auf alle möglichen einmalig eingehenden Eingänge auf dem P-Konto anwenden kann?

  • Dann stellt sich natürlich fast die Frage, ob das Finanzgericht Münster die erwähnte BGH-Entscheidung nicht kennt? :gruebel:

    Und wollte der BGH tatsächlich feststellen, dass man § 850k Abs. 4 ZPO auch auf alle möglichen einmalig eingehenden Eingänge auf dem P-Konto anwenden kann?

    Entweder das Finanzgericht kennt die Entscheidung nicht oder es findet sie schlicht nicht gut (wofür ich Verständnis habe).

    Ich verstehe die BGH Entscheidung so, dass du über § 850k Abs. 4 ZPO alle Pfändungsschutzvorschriften, die die Pfändung des Anspruchs selbst betreffen (z.B. § 42 SGB II oder § 851 ZPO), auch auf das P-Konto anwenden kannst.

    Wie bereits erwähnt, habe ich mit der Argumentation des BGH so meine Probleme. Wenn der Gesetzgeber wirklich gewollt hätte, dass neben den explizit genannten Tatbeständen noch weitere berücksichtigt werden können, hätte er das entsprechend formulieren müssen. Die Gesetzesauslegung des BGH scheint mir etwas zu ergebnisorientiert zu sein.

  • Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass die Pfändung von Corona-Soforthilfen rechtswidrig ist.

    https://www.justiz.nrw.de/nrwe/fgs/muens…s_20200513.html

    ...wenn ich das richtig überflogen hat, hat das FG Münster dabei nicht die "Corona-Soforthilfe freigegeben" sondern die seit November 2019 durch das Finanzamt ausgebrachte Kontopfändung komplett nach § 258 AO aufgehoben :gruebel::wechlach:


    ...hätte sich vor 3 Monaten auch niemand zu träumen gewagt, so was...

  • Mir sagen einige Antragsteller, einen Bescheid über Corona-Soforthilfe könnten sie nicht vorlegen, weil sie keinen bekommen hätten.
    Angeblich würden keine schriftlichen Bescheide erteilt.
    Allerdings habe ich einen Antrag auf einstweilige Verfügung in die Hände bekommen, welcher ein Bescheid über die Bewilligung von "Corona-Soforthilfe Kleinstunternehmen und Soloselbständige" der NBank beigefügt war, es gibt sie also.
    Ist jemandem bekannt, wie die Bewilligungspraxis aussieht?
    Wie entscheidet ihr, wenn kein Bescheid vorliegt?

    Ich arbeite in Niedersachsen, zuständig für Auszahlungen ist hier die NBank. Aus den vorgelegten Kontoauszügen ist ersichtlich, dass die Einzahlungen von der NBank stammen.

  • Mal ein kurzes Update für Baden-Württemberg:

    Bei uns gibt es Bescheide der L-Bank. Mir wurde vor einigen Tagen einer vorgelegt. Aus diesem Bescheid ergibt sich eine Zweckbindung der Mittel. § 851 ZPO wird daher grundsätzlich auch bei den Soforthilfen meines Bundeslands möglich sein.

  • Update aus NRW:

    In einer PKH-Überprüfung (= keine M-Sache) lag mir heute ein Bescheid über eine "Corona-Beihilfe" vor (genaue Bezeichnung habe ich mir nicht gemerkt). Erstellt würde der mehrseitige Bescheid von der Bezirksregierung.

    Mich würde es auch sehr wundern, wenn bei zweckgebundenen vierstelligen Beträgen (in Niedersachsen) keine Bescheid erstellt werden sollten. Vielleicht gab es die Bewilligung nur online und der Schuldner hat sie nur nicht ausgedruckt?

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • In Hessen bekommen die Antragsteller per E-Mail einen Link vom RP übermittelt. Da können die sich dann den entsprechenden Bescheid downloaden. Zwischen Auszahlung der Soforthilfe und Versendung des Download-Links lagen beim letzten Antragsteller 3 Wochen. Nachdem ich nun den ersten Bescheid gesehen habe, würde ich evtl. auch ohne Vorlage des Bescheides freigeben. Die Bescheide dürften wortgleich sein.

  • Nach Gutschrift auf einem Konto ist die "Corona-Soforthilfe" zu Kontoguthaben geworden. Eine Freigabe der auf dem Konto gutgeschriebenen "Corona-Soforthilfe" ist demzufolge eine teilweise Aufhebung der Kontenpfändung. Zur Scherung etwaiger entgegenstehender Rechte des Gläubigers ist es daher geboten, die Wirksamkeit eines Freigabebeschlusses von seiner Rechtskraft abhängig machen.

  • Ob es auch Banken gibt, die die Soforthilfe auch ohne Beschluss des Vollstreckungsgerichts auszahlen? :gruebel:

    (Das würde mich wirklich interessieren, nachdem sich die entsprechenden Anträge am hiesigen Gericht - zumindest bislang - in Grenzen halten. Derzeit habe ich für mich nur die Erklärung, dass entweder die Selbstständigen vor Ort von Pfändungen nicht betroffen sind oder aber sich die Soforthilfe nicht auf ein gepfändetes Konto überwiesen haben lassen.)

  • Ob es auch Banken gibt, die die Soforthilfe auch ohne Beschluss des Vollstreckungsgerichts auszahlen? :gruebel:

    (Das würde mich wirklich interessieren, nachdem sich die entsprechenden Anträge am hiesigen Gericht - zumindest bislang - in Grenzen halten. Derzeit habe ich für mich nur die Erklärung, dass entweder die Selbstständigen vor Ort von Pfändungen nicht betroffen sind oder aber sich die Soforthilfe nicht auf ein gepfändetes Konto überwiesen haben lassen.)

    Natürlich zahlen wir nicht aus, wenn das Konto gepfändet ist, nur im Rahmen P-Konto Freibetrag

  • Ob es auch Banken gibt, die die Soforthilfe auch ohne Beschluss des Vollstreckungsgerichts auszahlen? :gruebel:

    (Das würde mich wirklich interessieren, nachdem sich die entsprechenden Anträge am hiesigen Gericht - zumindest bislang - in Grenzen halten. Derzeit habe ich für mich nur die Erklärung, dass entweder die Selbstständigen vor Ort von Pfändungen nicht betroffen sind oder aber sich die Soforthilfe nicht auf ein gepfändetes Konto überwiesen haben lassen.)

    Das Kreditinstitut würde sich ggf. regresspflichtig machen, wenn es bei aktiver Pfändung über den Freibetrag nach § 850k ZPO hinaus Auszahlungen vornimmt. Es bedarf also einer (rechtskräftigen) Freigabe der Soforthilfe. Dass es verhältnismäßig wenige Freigaben gibt, mag u.a. daran liegen, dass die wirtschaftliche Notsituation durch Corona entstanden sein muss. Bei Antragstellung muss ja versichert werden, dass die de finanzielle Engpass durch die Pandemie entstanden sein muss.

  • Dass es verhältnismäßig wenige Freigaben gibt, mag u.a. daran liegen, dass die wirtschaftliche Notsituation durch Corona entstanden sein muss. Bei Antragstellung muss ja versichert werden, dass die de finanzielle Engpass durch die Pandemie entstanden sein muss.

    Daran wird es in der Praxis eher nicht liegen. Diese Versicherung wird ständig falsch abgegeben. Bei mir haben sich eine Menge amtsbekannter Schuldner gemeldet und wegen der Freigabe von Corona-Soforthilfe angefragt. Ich vermute viel eher, dass die meisten Schuldner die P-Konto Problematik umgehen... (Da es ein öffentliches Forum ist, möchte ich hier keine Anleitung zur Vollstreckungsvereitelung liefern. Die entsprechenden "Tricks" der Schuldner dürften ja bekannt sein). :Teufel:

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