P-Konto Freigabe von Corona Sonderzahlung

  • Meine Kollegin brachte mir nochmal in Erinnerung, dass demnächst wohl auch die/alle/einige (?) Pflegekräfte Zuschüsse erhalten sollen, weil man die Bedeutung ihres Berufes nun mal mehr honorieren will und die erschwerten Arbeitsbedingungen unter Corona.
    Meine erste Meinung war ja: Na gut, dann verdienen die einfach bald mehr (was ja zu begrüßen ist), aber es ist dann einfach ein höherer Lohn wie bei anderen auch, die mehr verdienen, weil sie halt unter schwierigen Bedingungen arbeiten müssen. Dann ist es halt normal, dass dann auch etwas mehr vom Lohn pfändbar ist.
    In erster Linie muss ja erst mal der Arbeitgeber bestimmen was pfändbar ist oder nicht, jedenfalls was Lohnpfändungen angeht. Mitunter rufen die aber auch bei uns an, wenn sie es nicht genau wissen, oder aber wir haben ganz einfach die Fälle, bei denen das Einkommen nicht gepfändet wurde und nur das Konto. Dann haben wir insoweit ggf. Entscheidungen hinsichtlich des Freibetrages beim P-Konto zu treffen. Wir könnten uns allenfalls vorstellen, dass es unter "Erschwerniszulagen" im Sinne von § 850a Nr. 3 ZPO fallen könnte, wenn dies auf dem Lohnschein so ausgewiesen wird und es sich vlt nur um eine Zulage für die Zeit von Corona handelt.

    Bestehen denn dazu schon Meinungen?


  • Um diese Argumentation dürfte es Lex² gehen:
    Geht der Bonus auf dem Konto ein (klar, Pfändung an der Quelle, beim Arbeitgeber, unpfändbar.) muss nach einer Freigabevorschrift gesucht werden.

    Vereinzelte Gerichte sehen die in §850k IV genannten Vorschriften als abschließend an (übrigens konträr zum BGH). Dann würde also nur 765a ZPO bleiben.

    Meiner Meinung nach ein didaktischer Lehrstreit, ob nun 765a oder 850k IV.
    Im Endeffekt aber immer das gleiche Ergebnis.

    "Jemand hat mir mal gesagt, die Zeit würde uns wie ein Raubtier ein Leben lang verfolgen. Ich möchte viel lieber glauben, dass die Zeit unser Gefährte ist, der uns auf unserer Reise begleitet und uns daran erinnert jeden Moment zu genießen, denn er wird nicht wiederkommen."

    Hier geht Ihre Spende nicht unter. Rette mit, wer kann.

    -Die Seenotretter, DGzRS-


  • Geht der Bonus auf dem Konto ein (klar, Pfändung an der Quelle, beim Arbeitgeber, unpfändbar.) muss nach einer Freigabevorschrift gesucht werden.

    Vereinzelte Gerichte sehen die in §850k IV genannten Vorschriften als abschließend an (übrigens konträr zum BGH). Dann würde also nur 765a ZPO bleiben.

    Meiner Meinung nach ein didaktischer Lehrstreit, ob nun 765a oder 850k IV.
    Im Endeffekt aber immer das gleiche Ergebnis.

    Also so egal ist das eigentlich nicht ob man das nun über § 765a ZPO oder § 850k IV ZPO löst. Bei § 850k Abs. IV ZPO kannst du die Pfändungsschutzvorschrift "einfach" auf das Pfändungsschutzkonto anwenden. Bei § 765a ZPO hast du noch die unbillige Härte als Voraussetzung. Das kann durchaus einen Unterschied machen:

    In dem Fall, den ich entschieden hatte, ging es um einen Altersrentner, der schon mindestens einmal in Insolvenz war und hier diverse Vollstreckungsverfahren hatte.

    Den Gewerbebetrieb hat er wohl nur als Zubrot zur Rente geführt (und das wohl nicht einmal sonderlich erfolgreich).

    Bei den Pfändungen warenSachen dabei, die für einen eher schlecht laufenden Gewerbebetrieb sprechen (z.B. Pfändungen eines ehemaligen Arbeitnehmers, Krankenkassenschulden, alte Schulden bei Zulieferern).

    In diesem Fall hat die Gläubigerpartei recht überzeugend dargelegt, dass dem Schuldner die Corona Soforthilfe materiellrechtlich gar nicht zustehen kann. Die Vollstreckung in dieses Geld sei daher nicht derart unbillig, dass es mit den guten Sitten unvereinbar wäre. Diese Argumentation finde ich gar nicht so furchtbar fernliegend.

    Dadurch, dass ich § 850k Abs. 4 ZPO statt § 765a ZPO angewandt habe, hat sich dieses Problem erledigt.

  • Da steht unpfändbar, was willst du noch


    Ich will gar nichts. Ich bin so gut ausgebildet, dass ich auch dann zu gut begründeten Entscheidungen gelange, wenn die Gesetzeslage (noch) lückenhaft ist und mir auch siebzehn Kommentare und die aktuelle Rechtsprechung (noch) nicht helfen. Versteh es einfach als helfenden Hinweis an Kolleg*inn*en, die, wie ich, keine dilettantischen Arbeitsergebnisse abliefern möchten.

  • In meinem Fall verfügt die Schuldnerin über ein P-Konto und führt daneben noch ein Geschäftskonto bei der gleichen Bank. beide Konten sind gepfändet. Die Soforthilfe ist, in meinen Augen richtigerweise, da kein Einkommensersatz für den Lebensunterhalt, auf dem Geschäftskonto eingegangen. Grundsätzlich gebe ich die Soforthilfen als zweckgebundene Leistungen von P-Konten frei. Das Geschäftskonto ist aber kein P-Konto, so dass ich eigentlich keine Möglichkeit einer Freigabe habe, da Pfändungsschutz grundsätzlich nur für P-Konten gewährt werden kann. Kann ich hier trotzdem über § 765a ZPO freigeben? Oder seht ihr noch einen anderen Weg?

    Vielen Dank und viele Grüße

    das Kruemelchen

  • Nach der unter #52 zitierten Entscheidung (LG Köln, Beschluss vom 23.04.2020 – 39 T 57/20) - durchaus.

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Ablehnung des BFH in VII S 23/20 nach vorheriger Ablehnung der Pfändung durch das FG Münster

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Wie handhabt Ihr die Zahlung eines "Corona Bonus" an einen nicht im Pflegebereich beschäftigten Arbeitnehmer?

    Auf der Lohnabrechnung des Arbeitgebers (eines Holzverarbeitenden Betriebes) steht die Zahlung wie folgt: "450,00 Euro Corona-Krise EZ". Der Arbeitnehmer (Schuldner) hat sowohl Lohn-, als auch Kontenpfändungen. Die Auszahlung übersteigt den pfandfreien Sockelbetrag.

    Der Schuldner selber hat schriftlichen Antrag auf Freigabe nach § 850a Abs. 4ZPO i.V.m. §850k Abs. 4 ZPO gestellt. Laut seinem Antrag handele es sich um eine einmalige sozialrechtliche anrechnungsfreie Prämie aufgrund der besonderen Arbeitsbelastung während der Corona-Krise.

  • Wie handhabt Ihr die Zahlung eines "Corona Bonus" an einen nicht im Pflegebereich beschäftigten Arbeitnehmer?

    Auf der Lohnabrechnung des Arbeitgebers (eines Holzverarbeitenden Betriebes) steht die Zahlung wie folgt: "450,00 Euro Corona-Krise EZ". Der Arbeitnehmer (Schuldner) hat sowohl Lohn-, als auch Kontenpfändungen. Die Auszahlung übersteigt den pfandfreien Sockelbetrag.

    Der Schuldner selber hat schriftlichen Antrag auf Freigabe nach § 850a Abs. 4ZPO i.V.m. §850k Abs. 4 ZPO gestellt. Laut seinem Antrag handele es sich um eine einmalige sozialrechtliche anrechnungsfreie Prämie aufgrund der besonderen Arbeitsbelastung während der Corona-Krise.

    Holz ist ein Ausgangsprodukt für die Herstellung von Zellstoff aus dem dann Klopapier hergestellt wird ;)

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