Prozesskostenhilfe vs Insolvenzverfahren

  • Über das Vermögen der Frau V wurde am 18.01.2017 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter A führt mit den Prozessbevollmächtigten G einen Prozess zur Insolvenzanfechtung gegen die Bank GmbH mit dem Prozessbevollmächtigten T.

    Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 13% und die Beklagte 87% zu tragen. Der Klägerin wurde PKH ohne Raten bewilligt.

    An G wurde gem. §§49 ff RVG eine Vergütung von 365,92 € aus der Staatskasse ausgezahlt.

    Mit Beschluss vom 23.07.2019wurde ein Forderungsübergang in Höhe von 270,78 € von der Klägerseite auf die Staatskasse festgestellt. Dieser Betrag wurde der Beklagten am 06.08.2019 in Rechnung gestellt.

    Auf Grund der Quotelung sind beiden Gerichtskosten in Höhe von 27,69€ und bei der Vergütung gem. §59 RVG in Höhe von 95,14 €, insgesamt also 122,83 € Forderungsverluste eingetreten.

    Gemäß der Mitteilung des Klägervertreters ist im Insolvenzverfahren eine freie Masse von 901,33 €vorhanden.

    Kann der Forderungsverlust hiergeltend gemacht werden und wenn ja wie?

    Meine Gedanken bisher:


    1. Freiwillige Leistung der PKH-Partei
      Diese könnte angefragt werden, die „Überzahlung" auf das Kassz. würde gebucht als andere Erledigung und die Akte kann geschlossen werden. (Wäre die komfortabelste Lösung)
    2. Abänderung des PKH-Beschlusses -> Festsetzung Zahlung aus dem Vermögen
      Muss ich die PKH überhaupt aufheben oder kann eine Begleichung von Masseforderungen gem. §55 InsO auch ohne gesonderte Rechnungsstellung erfolgen? Eine bloße Sollstellungverbietet sich aus § 122 ZPO. Gerichtskosten können nicht gegen die Parteigeltend gemacht werden.

      Kann ich den PKH-Beschluss ändern auf Grundlage der Angabe, dass freies Vermögen in Höhe von 901,33 € vorhanden ist?
      Muss ich auch hier den Vermögensfreibetrag von 5000 €gem. §115 III ZPO, §90 SGB XII berücksichtigen?
      Jegliches freie Vermögen würde mit späterer Eröffnung dem Insolvenzbeschlag unterliegen und dem Zugriff des Schuldners sowieso entzogen. Wieso sollte bei der PKH ein Freibetrag berücksichtigt werden, den es im Insolvenzverfahren gar nicht gibt, weil das gesamte Vermögen des Schuldners verwertet wird?

      Es würde bedeuten, dass Gerichtskosten als Masseforderung immer nur dann Erstattung finden könnten, wenn freie Masse von mehr als 5000 € vorhanden wäre. Dies würde die Staatskasse jedoch gegenüber anderen Massegläubigern benachteiligen.
      Wenn ich den Freibetrag nicht berücksichtige, kann auch eine Einmalzahlung aus dem Vermögenfestgesetzt werden. Wie würde der Beschluss dann lauten?

      Wer wäre für die Geltendmachung dieses Forderungsverlustes in der Insolvenz überhaupt zuständig? Ich schwanke gerade zwischen Gerichtskasse und Zivilgericht.



    Ich würde mich sehr über Denkanstöße in Form von Literaturhinweisen, Rechtsprechungen, anderen Meinungen oder eigenen Erfahrungen freuen.

  • Bitte beschreibe das Ganze nochmals genauer.

    Wurde der Frau V. oder dem Insolvenzverwalter Prozesskostenhilfe gewährt.

    Der Sachverhalt ist insoweit verwirrend, dass allein der Insolvenzverwalter als Partei Kraft Amtes einen Rechtsstreit wegen einer Insolvenzanfechtung führen kann. Dieser ist aber kein Vertreter der Schuldnerin und damit auch keine "Klägerin".

    Wenn die freie Masse tatsächlich vorhanden ist und vom Insolvenzverwalter keine vorrangigen Kosten des Insolvenzverfahrens oder sonstige Masseverbindlichkeiten bezahlt werden müssen, käme eine Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters wohl tatsächlich in Betracht. In Deinem Einzelfall habe ich das jetzt aber nicht geprüft.

    Zuständig ist das Zivilgericht.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Der PKH-Beschluss lautet:

    In dem Rechtsstreit

    Rechtsanwalt A, handeln als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Frau V -Kläger-
    Prozessbevollmächtigte: G Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

    gegen

    Bank GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer -Beklagte-
    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte T und Kollegen

    wird dem Kläger Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt.
    Zur Wahrnehmung der Rechte in diesem Rechtszug wird Rechtsanwältin S (Partnerin der G Rechtsanwälte Partnerschaft mbB) beigeordnet.


    Und soweit ich das bisher verstanden habe, scheinen Kosten und sonstige Masseverbindlichkeiten bereits bezahlt zu sein.

    Hoffe das konnte noch ein wenig helfen..

  • Da Gegs eine Inso-Expertin ist, zögere ich gerade ein bisschen, hier einzuscheren. Ich mach's trotzdem mal, vielleicht kann ich was lernen. :)


    Ich kann gerade nicht sehen, ob erst die Gerichtskosten entstanden sind oder die Inso eröffnet wurde. Ich würde ich vermuten, dass das dem Fall ähnelt, der letztes Jahr vom BGH entschieden wurde:

    "1) Für die bereits bei Insolvenzeröffnung angefallenen Gerichtskosten ist die Staatskasse ebenso Insolvenzgläubigerin wie für auf sie gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG übergegangene, vor Insolvenzeröffnung entstandene Rechtsanwaltsgebühren (Fortführung von BGH Beschlüsse vom 13. Oktober 2016 IX ZR 250/16 NZI 2017, 62 und vom 28. Juni 2012 IX ZR 211/11 NJWRR 2012, 1465).

    2) Solche Insolvenzforderungen können nur im Rahmen des Insolvenzverfahrens und damit nicht im Wege einer verfahrenskostenhilferechtlichen Zahlungsanordnung geltend gemacht werden, so dass insoweit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens der nachträglichen Anordnung von Zahlungen im Änderungsverfahren nach § 120 a ZPO entgegensteht."
    BGH, Beschluss vom 28. August 2019 - XII ZB 119/19 - OLG Frankfurt am Main - AG Eschwege

    In dem Fall wäre zumindest Punkt 2 des Ausgangsposts raus.

    Da ich aber davon ausgehe, dass Gegs diese Entscheidung auch kennt und sie trotzdem nicht anwendet, lausche ich gespannt auf etwaige weitere Posts zu diesem Thema.

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

  • :dankescho für den vielen Weihrauch (von dem mir regelmäßig schlecht wird) und im Übrigen passt die Entscheidung nicht wirklich.

    An der Aussage, dass es sich um einen Rechtsstreit wegen Insolvenzanfechtung handelt, und dem vom Threadstarter geposteten Bewillgungsbeschluss ist zu entnehmen, dass es sich um einen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens allein durch den Insolvenzverwalter geführten Rechtsstreit handelt. Ansprüche aus Insolvenzanfechtung entstehen erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens und können ausschließlich durch den Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Damit finden Überlegungen, inwieweit die Schuldnerin involviert sein könnte und ob es bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen anhängigen Rechtsstreit gab, ihr plötzliches Ende.

    Du kannst wie be jeder anderen Partei die Rechte aus 120 a ZPO geltend machen; sogar bis zu einer vollständigen Begleichung der PKH-Kosten + Wahlanwaltsgebühren.

    Schonvermögen, wie von Dir angesprochen, gibt es dabei nicht. Aus der Verteilungsreihenfolge des § 209 InsO ergibt sich aber, dass von einer Zahlung nach § 120 a ZPO die Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) und sonstige Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 InsO gedeckt sein müssen. Hierzu gibt es auch Rechtsprechung. Ich bin leider in Eile, aber vielleicht schaffe ich es später, diese mal rauszusuchen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

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