Corona - Verlängerung der Verwalterbestellung

  • Das "Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht" ist im BGBl. I 2020, Seite 569 veröffentlicht worden.

    Siehe auch
    https://www.bundesrat.de/bv.html?id=0153-20

    Aus Grundbuchsicht ist dabei Artikel 2 § 6 Absatz 1 von Interesse:

    "(1) Der zuletzt bestellte Verwalter im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes bleibt bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung eines neuen Verwalters im Amt."

    Diese Regelung ist am 28.03.2020 in Kraft getreten und befristet bis zum 31.12.2021.

    Nachtrag 4.1.22: Durch Art. 15 Aufbauhilfegesetz 2021 (BGBl. I 2021, 4153) wurde die Regelung verlängert bis zum 31.8.2022.

  • Siehe dazu auch die hier genannten Ausführungen von RiKG Elzer:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1189245


    Alle der in Deutschland im Zusammenhang mit der sogenannten Corona-Krise erlassenen Rechtsakte (Gesetze, Rechtsverordnungen, Allgemeinverfügungen etc.) und Gerichtsentscheidungen können hier nachgelesen werden:

    https://lexcorona.de/doku.php

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Elzer weist in seinen von Prinz genannten Ausführungen darauf hin, dass die Verlängerung der Verwalterbestellung nach der Gesetzesbegründung auch auf Fälle erstrecken soll, in denen die Verwalterbestellung vor Inkrafttreten der Vorschrift abgelaufen ist.

    In der Gesetzesbegründung heißt es:

    https://eur03.safelinks.protection.outlook.com/?url=http%3A%2…Y%3D&reserved=0 (Seite 31)

    (Hervorhebung durch mich)
    „Allerdings kann insbesondere die Situation eintreten, dass die Amtszeit des bestellten Verwalters in dem Zeitraum endet, in dem die Durchführung einer Eigentümerversammlung nicht möglich ist. Absatz 1 sieht vor, dass der zuletzt bestellte Verwalter bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung eines neuen Verwalters im Amt bleibt. Dadurch werden die durch den Bestellungsbeschluss sowie durch die Höchstfristen des § 26 Absatz 1 Satz 2 WEG festgesetzten Begrenzungen der Amtszeit zeitweise außer Kraft gesetzt. Die Vorschrift gilt sowohl für den Fall, dass die Amtszeit des Verwalters zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift bereits abgelaufen ist, als auch für den Fall, dass sie erst danach abläuft. Die Amtszeit endet mit der Abberufung des Verwalters oder der Bestellung eines neuen Verwalters. Die Bestellung eines neuen Verwalters wird zur Klarstellung ausdrücklich erwähnt, auch wenn ohnehin vertreten wird, dass in der Bestellung eines neuen Verwalters in der Regel zugleich die Abberufung des früheren Verwalters liegt (Jacoby, in: Staudinger, WEG, 2018, § 26 Rn. 60). Die Möglichkeit der Niederlegung des Amts bleibt unberührt.“

    Hieraus ergeben sich laut Elzer Fragen für Fälle, in denen die Bestellung durch eine oder beide Seiten bewusst beendet wurde. Denkbar wäre neben einer Amtsniederlegung das bewusste Auslaufenlassen der Bestellung. Die Eigentümer könnten die Verwaltung nach dem Auslaufen auch wieder selbst übernehmen wollen. Es geht also darum, ob jemand -ggf. gegen seinen Willen- durch ein Gesetz in das Amt eines WEG-Verwalters kommen kann. In solchen Fällen wird man sehen müssen, ob und wie sich diese Rechtsfragen auf die Prüfung des Verwalternachweises durch das Grundbuchamt auswirken werden.

  • Zschieschack beschäftigt sich in seinem Beitrag "Sonderregelungen für Wohnungseigentümergemeinschaften zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie" in der ZWE 2020, 165, u.a. mit der Fortdauer der Verwalterbestellung.

    Seine Kernaussagen:

    Ein (ehemaliger) Verwalter ist kraft Gesetzes weiter bzw. wieder Verwalter, allerdings bei ehemaligen Verwaltern nicht rückwirkend, sondern erst mit Inkrafttreten des Gesetzes ab 28.03.2020. Gegen seine Willen muss niemand Verwalter sein, eine Amtsniederlegung ist ohne Weiteres möglich. Eine solche kann aber (sofern kein ausreichender Grund vorliegt) ggf. als Amtspflichtverletzung eine Schadensersatzpflicht des Verwalters auslösen, weil die Niederlegung ggf. zu einem Zeitpunkt erfolgt, in der die WEG keine Versammlung abhalten und somit keine Verwalterwahl erfolgen kann.

    Das Gesetz sieht keine Befristung vor, so können die Höchstfristen des § 26 I WEG überschritten werden. Der Verwalter sollte bei der ersten Versammlung nach der Krise wiederbestellt werden. Die Rechtsstellung des kraft Gesetzes bestellten Verwalters ist anders als bei Bestellung durch die Eigentümer: Der Verwaltervertrag verlängert sich ausdrücklich nicht. Die Rechte und Pflichten des Verwalters sind auf die im WEG genannten beschränkt. Es gibt keine feste vertragliche Grundlage für die Vergütung.

  • Muss mir eigentlich zumindest bestätigt werden, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft keinen neuen Verwalter bestellt hat und damit die Bestellung kraft Gesetzes eingetreten ist?

    Fiktives Beispiel:

    Mir liegt in den Grundakten ein Verwalternachweis für die Firma A vor, der vor dem Inkrafttreten des Gesetzes abgelaufen ist (zB am 31.12.2019).

    Fall 1: Es wird mir ohne weiteren Hinweis eine Verwalterzustimmung der Firma A aus Januar 2020 vorgelegt.

    Trotz der etwaigen Bestellung kraft Gesetzes wäre es natürlich denkbar, dass vor Corona eine Neu-/Wiederbestellung erfolgt ist. Dann ist das Problem mit Nachweis der neuen Bestellung gelöst.

    Wie sieht die Lösung aus, wenn die WEG tatsächlich nicht neu ab 01.01.2020 bestellt hat und nun keine Versammlung abhalten darf? Dann dürfte Firma A zwar kraft Gesetzes Verwalterin sein. Das Gesetz soll allerdings nicht zurückwirken (s. Beitrag #5). Müsste Firma A dann neu zustimmen (ab 28.03.2020 ist sie ja wieder im Amt)?

    Fall 2: Es wird mir ohne weiteren Hinweis eine Verwalterzustimmung der Firma A aus Mai 2020 vorgelegt.

    Trotz der etwaigen Bestellung kraft Gesetzes wäre es auch hier denkbar, dass vor Corona eine Neu-/Wiederbestellung erfolgt ist.

    Eine rechtsgeschäftliche Bestellung dürfte der gesetzlichen Bestellung doch immer vorgehen. Dies dürfte vor allem für Fälle interessant sein, in denen die WEG einen anderen Verwalter bestellt hat. Oder genügt es, dass mit der Firma A die laut Grundakten letzte Verwalterin im Mai 2020 die Zustimmung erteilt hat?

  • Sofern keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Neubestellung stattgefunden hat würde ich - wie sonst ja auch - davon ausgehen, dass der nachgewiesene Verwalter auch weiterhin Verwalter ist. Im Grunde findet ja "nur" eine gesetzliche Verlängerung des vereinbarten Bestellungszeitraums statt.
    Man käme ja in der Regel auch nicht auf die Idee nachzuhören, ob ein Verwalter der seine Bestellung bis zum 31.12.2019 nachgewiesen hat, nicht vielleicht doch schon am 01.10.2019 abberufen gewesen ist.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -


  • Sofern keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Neubestellung stattgefunden hat würde ich - wie sonst ja auch - davon ausgehen, dass der nachgewiesene Verwalter auch weiterhin Verwalter ist. Im Grunde findet ja "nur" eine gesetzliche Verlängerung des vereinbarten Bestellungszeitraums statt.

    Es stimmt schon, dass man für die Fälle der Amtskontinuität (der damals bestellte Verwalter gibt aktuell eine Zustimmungsverklärung ab) so argumentieren kann.

    Die gesetzliche Bestellung knüpft allerdings an die letzte rechtsgeschäftliche Bestellung an. Wenn die letzte vorliegende Bestellung zum Beispiel Ende 2016 ausgelaufen ist, reden wir ja schon einen recht langen Zeitraum, für den dem Grundbuchamt keine Bestellung vorliegt. Ist die Frage, ob die Neuregelung dazu führen sollte, dass die WEGs, sofern die Zustimmung nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erteilt wurde, etwaige Zwischenbestellungen -vielleicht noch Mängeln behaftet- nicht vorlegen müssen.


    Man käme ja in der Regel auch nicht auf die Idee nachzuhören, ob ein Verwalter der seine Bestellung bis zum 31.12.2019 nachgewiesen hat, nicht vielleicht doch schon am 01.10.2019 abberufen gewesen ist.

    Dann würde ich nicht nachfragen, aber dann habe ich ja auch eine rechtsgeschäftliche Bestellung für diesen Zeitraum vorliegen.

  • Staudinger und MüKo haben jetzt auch Kommentierungen hierzu, Staudinger/Jacoby Rn. 114.1 ff zu § 26 WEG sowie MüKoBGB/Cziupka COVMG § 6 (als Anhang zu Art. 240 EGBGB)

    Zusammenfassend:

    Die Formulierung im Gesetz „bleibt im Amt“ suggeriert, dass keine Amtsunterbrechung vorliegen darf. Nach dem von der Gesetzesbegründung unterstützte Zweck der Bestimmung ist diese aber auch dann einschlägig, wenn es vor dem 28.03.2020 eine verwalterlose Zeit gab. Zwar ist der letzte Verwalter wieder im Amt, aber eben erst ab 28.03.2020.

    Anderes soll gelten, wenn der Verwalter sein Amt niedergelegt hatte, er abberufen wurde oder sich die Eigentümer nach Auslaufen einer Bestellung bei einer Versammlung bewusst gegen die Wahl eines neuen Verwalters entschieden haben.

    Strittig ist (die derzeit noch nicht akute) Frage, ob die Bestellung kraft Gesetzes über das derzeitige Ende der gesetzlichen Regelung am 31.12.2021 hinaus wirkt.


  • Muss mir eigentlich zumindest bestätigt werden, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft keinen neuen Verwalter bestellt hat und damit die Bestellung kraft Gesetzes eingetreten ist?

    Fiktives Beispiel:

    Mir liegt in den Grundakten ein Verwalternachweis für die Firma A vor, der vor dem Inkrafttreten des Gesetzes abgelaufen ist (zB am 31.12.2019).

    Fall 1: Es wird mir ohne weiteren Hinweis eine Verwalterzustimmung der Firma A aus Januar 2020 vorgelegt.

    In dieser Konstellation gehe ich grundsätzlich davon aus, dass 2019 noch eine Neuwahl stattgefunden hat. In der Aufforderung zur Einreichung eines Verwalternachweises habe ich jetzt sinngemäß folgenden Zusatz gemacht:

    "Vorsorglicher Hinweis:
    Ob hier nach Artikel 2 § 6 Absatz 1 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht für die Zeit nach Inkrafttreten des Gesetzes eine Bestellung kraft Gesetzes in Betracht kommt, vermag ich aktuell nicht verbindlich festzustellen. Eine rechtsgeschäftliche Bestellung dürfte in jedem Fall Vorrang vor der gesetzlichen Verwalterbestellung haben. Sofern eine solche erfolgt ist, ist diese auch in gehöriger Form vorzulegen.


    Nur für den Fall, dass wider Erwarten keine rechtsgeschäftliche Bestellung ab dem 01.01.2020 erfolgt ist und somit eine gesetzliche Bestellung in Frage kommt, weise ich vorsorglich auf Folgendes hin: Die gesetzliche Bestellung gilt nicht rückwirkend (siehe z.B. MüKoBGB/Engelhardt WEG § 26 Rn. 23b). Die Verwalterzustimmung vom XX.01.2020 wäre damit keinesfalls abgedeckt. In diesem Fall müsste eine nach Inkrafttreten des Gesetzes am 28.03.2020 abgegebene Verwalterzustimmung eingereicht werden."

  • Mir wird kommentarlos eine Zustimmung des Verwalters vom 03.03.2021 zur Veräußerung vorgelegt. Der Verwalter wurde durch Beschluss vom 11.02.2020 bis zum 31.12.20 bestellt.
    Ich habe Bedenken, ob dieser Fall auch von der Coronaregelung gedeckt ist

  • Zitat

    wurde durch Beschluss vom 11.02.2020 bis zum 31.12.20 bestellt.

    Wenn in 2020 schon eine ordentliche Versammlung stattgefunden hat, ist es eigentlich unüblich eine zweite Versammlung (außer eine außerordentliche) einzuberufen. Vermutlich liegt bei der Bestellung ein Schreibfehler vor, 31.12.2021. Ich kenne es nur so, dass Verwalterbestellungen in den Versammlungen bis zum Ende des kommenden Jahres beschlossen werden, da bis dahin ja dann auch wieder eine ordentlichen Versammlung stattfindet.

    Ich gehe nicht davon aus, dass dies mit Corona zusammenhängt.

  • Zitat

    wurde durch Beschluss vom 11.02.2020 bis zum 31.12.20 bestellt.

    Wenn in 2020 schon eine ordentliche Versammlung stattgefunden hat, ist es eigentlich unüblich eine zweite Versammlung (außer eine außerordentliche) einzuberufen. Vermutlich liegt bei der Bestellung ein Schreibfehler vor, 31.12.2021. Ich kenne es nur so, dass Verwalterbestellungen in den Versammlungen bis zum Ende des kommenden Jahres beschlossen werden, da bis dahin ja dann auch wieder eine ordentlichen Versammlung stattfindet.

    Ich gehe nicht davon aus, dass dies mit Corona zusammenhängt.

    Nö, sowas kommt (hier) durchaus öfter vor.

  • Die Verwalterbestellung war bis zum 31.12.2020 nachgewiesen. Nunmehr wird von diesem Verwalter eine Zustimmung zum Kaufvertrag erteilt. Ich habe den Nachweis der Bestellung verlangt alternativ die Bestätigung durch diesen Verwalter, dass keine Versammlung abgehalten und keine Abberufung erfolgte. Seitens des Verwalters wird nunmehr folgendes erläutert: In 2020 hat keine Versammlung stattgefunden. In der Versammlung am 17.11.2021 wurde der Verwalter wiederbestellt ab dem 01.01.2022! (Dieses Protokoll liegt mir nicht vor.) Unter Berufung auf das COVID-Gesetz sei er dennoch für 2021 Verwalter. Hätte er nicht in der Versammlung für den Zeitraum 2021 bestätigt und ab dem 18.11.2021 gewählt werden müssen?

  • Nach Jennißen, WEG, Rn. 269 zu § 26 WEG, kann eine Neuwahl durchgeführt werden, wenn eine Versammlung möglich ist, muss aber nicht. Der Verwalter bleibt bis zum Ablauf der gesetzlichen Ausnahme im Amt.

    Aber: Nach BeckOGK/Greiner WEG § 26 Rn. 88 soll die Regelung nur für die Fälle gelten, in denen eine Eigentümerversammlung nicht zusammentreten kann. Daher könne die Regelung dann nicht greifen, wenn die Eigentümer von der Möglichkeit einer Neuwahl keinen Gebrauch machen würden. Würde eine Versammlung zwecks Verlängerung der Verwalterbestellung einberufen, aber kein entsprechender Beschluss gefasst, bleibe der Verwalter nach Ablauf der Bestellungsfrist nicht im Amt.

  • Danke für den Hinweis. Richtig ist Artikel 16 des Aufbauhilfegesetzes 2021. Dort wird über eine Änderung des Artikels 6 Absatz 2 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht die Laufzeit verlängert. So auch BeckOGK/Greiner WEG § 26 Rn. 87.

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