"Corona"zulage und 850a ZPO ?

  • ich folge da Queen.

    Es gibt lediglich ein Verfahren, was mir bekannt ist: [FONT=&quot]AG Zeitz, 10.08.2020 - Az: 5 M 837/19

    Dort wird auch mit §765a ZPO gearbeitet (meiner Meinung nach etwas aufgeweicht) und insbesondere die spezifische Art der Leistung und Branche analysiert.
    Im genannten Fall ging es um einen Bonus eines Hygienemittelherstellers, also durchaus etwas, was konkreten Bezug zur Bewältigung der Pandemie haben kann.


    Mir gefällt die Argumentierung der Entscheidung aber nicht ausschließlich.
    Dort heißt es:
    "[/FONT]Die Schuldnerin arbeitete während der dynamischen Anfangsphase der Corona-Pandemie in einer Firma, die Hygieneartikel herstellt und hat durch ihre Arbeitsleistung dazu beigetragen, die Lieferung von dringend notwendigen Hygieneartikeln zu sichern."

    [FONT=&quot]Da kann ich schnell in moralische Zwickmühlen kommen, weil es durchaus viele Branchen gibt, die den Bonus vielleicht auch verdient haben, deren Einfluss auf das "Wuppen der Pandemie" aber vielleicht überhaupt nicht da war.

    [/FONT]

    "Jemand hat mir mal gesagt, die Zeit würde uns wie ein Raubtier ein Leben lang verfolgen. Ich möchte viel lieber glauben, dass die Zeit unser Gefährte ist, der uns auf unserer Reise begleitet und uns daran erinnert jeden Moment zu genießen, denn er wird nicht wiederkommen."

    Hier geht Ihre Spende nicht unter. Rette mit, wer kann.

    -Die Seenotretter, DGzRS-

  • [FONT=&amp]
    Mir gefällt die Argumentierung der Entscheidung aber nicht ausschließlich.
    Dort heißt es:
    "[/FONT]Die Schuldnerin arbeitete während der dynamischen Anfangsphase der Corona-Pandemie in einer Firma, die Hygieneartikel herstellt und hat durch ihre Arbeitsleistung dazu beigetragen, die Lieferung von dringend notwendigen Hygieneartikeln zu sichern."

    [FONT=&amp]Da kann ich schnell in moralische Zwickmühlen kommen, weil es durchaus viele Branchen gibt, die den Bonus vielleicht auch verdient haben, deren Einfluss auf das "Wuppen der Pandemie" aber vielleicht überhaupt nicht da war.

    [/FONT]

    Das wäre für mich gerade ein Grund nicht von einer Erschwerniszulage auszugehen. Eine Erschwerniszulage soll doch Gefahren, besondere Umstände usw. beim Arbeiten ausgleichen. das was in der Entscheidung dargestellt ist, ist doch eher eine Leistungszulage oder eine Beteiligung an den gesteigertem Gewinn des Unternehmens.

  • [FONT=&amp]
    Mir gefällt die Argumentierung der Entscheidung aber nicht ausschließlich.
    Dort heißt es:
    "[/FONT]Die Schuldnerin arbeitete während der dynamischen Anfangsphase der Corona-Pandemie in einer Firma, die Hygieneartikel herstellt und hat durch ihre Arbeitsleistung dazu beigetragen, die Lieferung von dringend notwendigen Hygieneartikeln zu sichern."

    [FONT=&amp]Da kann ich schnell in moralische Zwickmühlen kommen, weil es durchaus viele Branchen gibt, die den Bonus vielleicht auch verdient haben, deren Einfluss auf das "Wuppen der Pandemie" aber vielleicht überhaupt nicht da war.

    [/FONT]

    Das wäre für mich gerade ein Grund nicht von einer Erschwerniszulage auszugehen. Eine Erschwerniszulage soll doch Gefahren, besondere Umstände usw. beim Arbeiten ausgleichen. das was in der Entscheidung dargestellt ist, ist doch eher eine Leistungszulage oder eine Beteiligung an den gesteigertem Gewinn des Unternehmens.

    Sorry, du hast recht, ich hatte mich blöd ausgedrückt. Stimme dir insoweit mit deinem zweiten Teil des Beitrags zu: "Ich gucke mir also im Einzelfall an, wie das auf dem Lohnzettel ausgewiesen ist und um was für eine Brance es sich handelt. Ist es also z. Bsp. eine Verkäuferin, der man das größere Risiko, die stärkeren Hygienevorschriften uww. abgelten wollte, erhöhe ich den Freibetrag"

    Die Grundlage der Entscheidung ist jedoch in deiner und der zitierten Variante unterschiedlich.

    "Jemand hat mir mal gesagt, die Zeit würde uns wie ein Raubtier ein Leben lang verfolgen. Ich möchte viel lieber glauben, dass die Zeit unser Gefährte ist, der uns auf unserer Reise begleitet und uns daran erinnert jeden Moment zu genießen, denn er wird nicht wiederkommen."

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    -Die Seenotretter, DGzRS-

  • Corona-Prämien für AN können pfandfrei sein, wenn es sich um Erschwerniszulagen § 850 a Nr. 3 ZPO handelt
    Ich gucke mir also im Einzelfall an, wie das auf dem Lohnzettel ausgewiesen ist und um was für eine Brance es sich handelt. ...

    Dann mal ein konkretes Beispiel, was gerade vorliegt:

    auf Lohnzettel "Corona-Beihilfe", Branche: Kanalreinigung

    Schuldner schreibt, dass laut Lohnbüro der Firma diese Prämie nicht pfändbar sei, daher Antrag auf Erhöhung des pfändungsfreien Betrages des P-Kontos

  • Dieses Jahr ist es Mode geworden, aufgrund der Abgabenfreiheit der Corona-Zulage eine solche statt der sonst üblichen Urlaubs- oder Weihnachtsgratifikation zu zahlen. Solche Zahlungen sind wohl keine Erschwerniszuschläge.

    Ich habe die Schuldner bisher immer gefragt, warum ihnen die Zulage gezählt wurde. Die Antwort: Gute Auftragslage spricht eher nicht für Pfändungsfreiheit. Wenn jedoch ein bisschen was kommt, dass aufgrund der Pandemie die Arbeit erschwert wurde, dann lasse ich es gut sein. Anhaltspunkt kann sicher auch der ausgeübte Beruf sein.

    Ich hatte neulich einen Schuldner, der mir erzählt hat, dass er auf Montage auf Großbaustellen mit vielen Arbeitnehmern anderer Unternehmen arbeitet. Habe ich als Ausgleich für erhöhte Ansteckungsgefahr gelten lassen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich hab jetzt auch meinen ersten Antrag dazu. Der Schuldner hat 600 EUR bekommen und arbeitet in einem Baumarkt. Ich hab einen Lohnzettel, wo der Betrag als Corona Zulage ausgewiesen ist und dazu noch ein extra Schreiben des Arbeitgebers, in dem sich bei allen Mitarbeitern bedankt wird, dass trotz der erschwerten Umstände (besondere Hygienemaßnahmen usw) von den Mitarbeitern gute Arbeit geleistet wurde und als Dank dafür die 600 EUR.

    Ich hätte jetzt auch beabsichtigt den Betrag nach 850a Nr. 3 ZPO freizugeben.

    Ich hatte nach dem Antrag bereits eingestellt vorab und jetzt hat der Gläubiger mir schon „Beschwerde“ gegen den Einstellungsbeschluss eingelegt.

    Hättet ihr Bedenken die 600 EUR freizugeben aufgrund des Schreibens des Arbeitgebers?

    Ich hatte das dem Gläubiger jetzt auch nochmal geschrieben mit 850a Nr. 3 ZPO und gefragt ob er das als Erinnerung ausgelegte Rechtsmittel aufrecht erhält.

    Wenn er die Erinnerung jetzt nicht zurück nimmt, muss ich die Akte dann erst dem Abteilungsrichter vorlegen bevor ich über den Freigabeantrag entscheiden kann?

    Ich hatte bisher tatsächlich noch nie ne Erinnerung gegen den Einstellungsbeschluss.

  • Nein, es gibt keinen Zwang erst über das RM gegen die Einstellung zu entscheiden, bevor du endgültig entscheidest.

    Du machst deine endgültige Entscheidung ja eh von der Rechtskraft abhägig. Da kann der Gl überlegen, ob er auch noch RM gg die endgültige Entscheidung einlegt.

    Ich würde übrigens auch freigeben, bei der Begründung.

  • Also Forumstar fügt bei uns automatisch die Erinnerung ein. Ich denke auch, dass es, wenn es nach ZPO nichts gibt, zumindest die Rechtspflegererinnerung sein müsste.

    Das hab ich dem Gläubigervertreter auch geschrieben, dass er Beschwerde gegen meinen Freigabebeschluss einlegen könnte und ich die Wirksamkeit auf die Rechtskraft schiebe und er damit ausreichend geschützt ist.

    Ich bin gespannt, was auf mein Schreiben hin kommt.

    Danke für die Hilfe auf jeden Fall schon mal :)

  • Hier eine weitere Entscheidung zu dem Corona-Bonus:

    LG Dresden, Beschluss vom 09. Februar 2021 – 5 T 11/21

    Hier verstehe ich allerdings nicht, wieso das Insolvenzgericht überhaupt entschieden hat. Es geht nicht um 850 k, sondern um den pfändbaren Betrag beim Arbeitgeber und das Verfahren ist auch schon aufgehoben.:gruebel:

  • Hier eine weitere Entscheidung zu dem Corona-Bonus:

    LG Dresden, Beschluss vom 09. Februar 2021 – 5 T 11/21

    Hier verstehe ich allerdings nicht, wieso das Insolvenzgericht überhaupt entschieden hat. Es geht nicht um 850 k, sondern um den pfändbaren Betrag beim Arbeitgeber und das Verfahren ist auch schon aufgehoben.:gruebel:

    Das ist korrekt. Der Corona-Bonus wurde scheinbar bereits vom Arbeitgeber an den Treuhänder ausgezahlt.
    Da das Insolvenzgericht keine Bestimmung nach § 850 a Nr. 3 ZPO trifft und in der Wohlverhaltensphase der § 850 k ZPO keine Anwendung findet, kann ich mir nur vorstellen, dass eine Entscheidungsbefugnis über § 765a ZPO hinsichtlich des beim Treuhänder eingegangenen Betrages gesehen werden könnte.

  • Hier eine weitere Entscheidung zu dem Corona-Bonus:

    LG Dresden, Beschluss vom 09. Februar 2021 – 5 T 11/21

    Hier verstehe ich allerdings nicht, wieso das Insolvenzgericht überhaupt entschieden hat. Es geht nicht um 850 k, sondern um den pfändbaren Betrag beim Arbeitgeber und das Verfahren ist auch schon aufgehoben.:gruebel:

    Das ist korrekt. Der Corona-Bonus wurde scheinbar bereits vom Arbeitgeber an den Treuhänder ausgezahlt.
    Da das Insolvenzgericht keine Bestimmung nach § 850 a Nr. 3 ZPO trifft und in der Wohlverhaltensphase der § 850 k ZPO keine Anwendung findet, kann ich mir nur vorstellen, dass eine Entscheidungsbefugnis über § 765a ZPO hinsichtlich des beim Treuhänder eingegangenen Betrages gesehen werden könnte.

    Wobei ich nun auf die Entscheidung des BGH, Beschluss vom 20. September 2018 – IX ZB 41/16 gestoßen bin. Vor dem Hintergrund der Entscheidungen des BGH vom 11.05.2010 - IX ZB 268/09 und BGH, Beschluss vom 19. April 2018 – IX ZB 27/17 – bin ich gerade etwas verwirrt, da dieser dort doch eigentlich geschrieben hat, dass der Streit hinsichtlich der Massezugehörigkeit nicht vom Insolvenzgericht zu klären ist.
    Kann mir jemand erklären, wie die Entscheidungen zusammenpassen?

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