Überbau Tiefgarage WEG

  • Hallöchen,

    ich habe hier schon einige Beiträge zu dem Thema gelesen habe aber trotzdem noch eine Frage:

    Grundstück 1 wird aufgeteilt nach § 8 WEG. Daneben liegt Grundstück 2. Dieses wird vermutlich später ebenfalls noch nach § 8 WEG aufgeteilt werden. Beide gehören demselben Eigentümer.
    Unter diesen beiden Grundstücken liegt eine gemeinsame Tiefgarage. Die Zufahrt liegt auf Grundstück 2.
    Ob die Tiefgarage funktional getrennt ist (jeweils eigene Strom und Entlüftungsanlagen) ist mir nicht bekannt. Es wird lediglich angegeben, dass die oben aufstehenden Häuser nur standfest sind, wenn die Tiefgarage und deren tragende Gebäudeteile unverändert erhalten bleiben.
    Mir liegen ebenfalls die Anträge auf Eintragung von Dienstbarkeiten und Reallasten vor wegen Duldung Überbau, Duldung der Tiefgarage, Unterhaltung und Instandhaltung der Tiefgarage und deren Einrichtungen vor, jeweils für die Grundstücke 1 und 2 wechselseitig sowie ein

    Geh- und Fahrrecht für die Zufahrt zugunsten Grundstück 1.

    Gehe ich richtig in der Annahme, dass hier keine Zuordnung der Tiefgarage zu einem Stammgrundstück erfolgen kann. Durch die wechselseitige Absicherung durch die Dienstbarkeiten und Reallasten ist m.E. davon auszugehen, dass der Eigentümer hier möchte, dass die Tiefgarage nicht einem der beiden Grundstücke allein zuzuordnen ist, sondern eine vertikale Teilung (Bärmann WEG 14. Auflage § 1 Rn. 64) der Tiefgarage erfolgen soll, sodass der Teil unter Grundstück 1 nur zu diesem gehört und der Teil unter Grundstück 2 nur zu dem.

    Wie die Tiefgarage unter Grundstück 2 ausgestaltet werden soll, weiß ich aktuell nicht. Bisher liegen dazu keine Pläne vor. Möglicherweise könnte dieser Teil größer sein - also mehr Stellplätze innehaben - als der Teil unter Grundstück 1. Darauf kommt es dann aber bei einer vertikalen Aufteilung auch nicht an, oder?

    Die Stellplätze unter Grundstück 1 liegen auch genau unter diesem. Sie überschneiden sich nicht mit der Grundstücksgrenze. Lediglich die Zufahrt erfolgt über Grundstück 2 (hier wird ja aber die Dienstbarkeit zur Absicherung eingetragen).

    Seht ihr das auch so? Kann die Aufteilung nach § 8 WEG erfolgen?
    Oder sollte ich mir das hier nochmal durch den Eigentümer klarstellen lassen, dass er eine vertikale Teilung gewollt hat? :gruebel:

  • Die Tiefgarage ist also offenbar bereits vorhanden. Da Du ausführst, dass Dir Anträge zur Eintragung einer Grunddienstbarkeit u.a. zur Duldung des Überbaus vorliegen, ergibt sich mE daraus, dass die Tiefgarage nur einem der der beiden Grundstücke zugeordnet werden soll.

    Welches Grundstück soll denn den Überbau durch das andere Grundstück dulden ? Bei dem überbauenden Grundstück müsste es sich dann um das Stammgrundstück handeln.

    Wie der BGH im Urteil vom 23. Februar 1990, V ZR 231/88, ausführt, beantwortet sich auch beim Eigengrenzüberbau die Frage, welches der beiden Grundstücke als Stammgrundstück im Sinne von BGB § 912 anzusehen ist, soweit möglich, nach den Absichten des Erbauers. Ist eine solche Absicht nicht feststellbar, richtet sich die Bestimmung des Stammgrundstücks hilfsweise nach den objektiven Gegebenheiten zB die wirtschaftliche Interessenlage, die Zweckbeziehung des übergebauten Gebäudes und die räumliche Erschließung durch einen Zugang, wobei es auf Größe und wirtschaftliche Bedeutung des übergebauten Gebäudeteils nicht ankommt (OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.07.2011, 8 W 229/11, DNotI-Report 16/2011, 129 ff. mit Anm. des DNotI unter Hinweis auf das Gutachten im DNotI-Report 2009, 49, 50; Tersteegen, RNotZ 2006, 433, 446; Staudinger/Roth, BGB, Neubearb. 2002, § 912 Rn. 54).
    https://www.dnoti.de/fileadmin/user…1-light-pdf.pdf

    Nach Ansicht des DNotI im DNotI-Report 16/2011, 130, spricht einiges dafür, dass die Rechtsprechung vor dem Hintergrund der funktionalen Betrachtungsweise gewisse bautechnische Verzahnungen nicht als hinderlich ansieht, ein einheitliches Tiefgaragengebäude anzunehmen, auf das die Überbauvorschriften angewandt werden können.

    Im Falle des hier genannten
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…085#post1179085
    Beschlusses des KG vom 10.09.2019, 1 W 127/19, ergab sich aus den Teilungserklärungen zu beiden Objekten der Wille der Beteiligten zu einer vertikalen Teilung des Gebäudes an der Grundstücksgrenze. Die Teilungserklärung zum Grundstück Fl.st. Nr. 2 liegt Dir aber noch nicht vor.

    Vielleicht kannst Du mal wiedergeben, wie die Eintragungsbewilligung zur Duldung des Überbaus lautet ?

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Es wird gesagt, dass unter beiden Häusern (Grundstück 1 und 2) eine gemeinsame Tiefgarage errichtet wird (also wohl aktuell noch nicht gebaut).
    Es wird gegenseitig ein Tiefgaragenduldungsrecht eingeräumt, also zulasten Grunstück 1 und zugunsten Grundstück 2 und umgekehrt.
    Außerdem eine Reallast mit dem Inhalt das Grundstück 1 den unter seinem Grundstück liegende Tiefgaragenteil Instand zu halten und zu unterhalten hat und sämtliche Kosten dafür zu tragen zugunsten Grundstück 2. Umgekehrt wird die gleiche Reallast zulasten Grundstück 2 und zu Gunsten Grundstück 1 eingeräumt. Weitere Reallasten, dass beide Eigentümer die Einrichtungen der Tiefgarage (Tor, Beleuchtung, Entlüftung) unterhalten und instand halten müssen.
    Zulasten Grundstück 2 und zu Gunsten Grundstück 1 eine weitere Dienstbarkeit mit dem Inhalt, dass der Eigentümer von Grundstück 1 die Tiefgaragenein-/ausfahrt Begehen und Befahren darf.
    Der Überbau gilt nur in Bezug auf die Tiefgarageneinfahrt/ausfahrt, da deren Mauer z.T. auf Grundstück 1 ragt.

    Hilft das?

  • Unter einem Tiefgaragenduldungsrecht kann ich mir nichts vorstellen. Eine wechselseitige Duldung der Tiefgarage kann es mE nur geben, wenn die Tiefgarage in sich verschachtelt ist. Sie ist aber nach Deinen Ausführungen noch gar nicht errichtet.

    Wenn dem Eigentümer des Grundstücks 2 eine auf Duldung der Tiefgarage gerichtete Grunddienstbarkeit am Grundstück 1 eingeräumt werden soll, dann hätte dies zur Folge, dass der auf dem Grundstück 1 befindliche Teil der Tiefgarage kraft der gesetzlichen Fiktion des § 96 BGB zum wesentlichen Bestandteil des Grundstücks 2 gehören würde (BayObLG, Beschluss vom 10.05.1990, BReg. 2 Z 33/90 unter Zitat RGZ 93, 71/73; BayObLGZ 1961, 23/30 u.a.). Die durch § 96 BGB fingierte Bestandteilseigenschaft bewirkt, dass die betreffenden Rechte bis zu einer etwaigen Abtrennung vom Grundeigentum zwingend das rechtliche Schicksal des Grundstücks teilen, mit dem sie verbunden sind (Kazele im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand 01.02.2020, § 1018 BGB RN 44 mwN). Also könnte der auf dem Grundstück 1 befindliche Teil der Tiefgarage einschließlich der Stellplätze in der Weise in die Begründung von Wohnungseigentum am Grundstück 2 einbezogen werden, dass dort eine Regelung getroffen wird, die das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander am Grundstück 2 i.S. der §§ 5 IV, 10 I Satz 2, II WEG betrifft (BayObLG, aaO,; OLG Köln, Beschluss vom 13.03.2006, 16 Wx 20/06, s. den von Dir initiierte Thread hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…281#post1082281).

    Umgekehrt wäre dies genauso.

    Mit wechselseitig eingeräumten Grunddienstbarkeiten kann daher nur die Mitbenutzung des auf dem betreffenden Grundstück befindlichen Teils der Tiefgarage gestattet werden.

    Wie lautet denn der genaue Text des „Tiefgaragenduldungsrechts“?

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Duldungsdiensbarkeit: "Die Eigentümer der Grundstücke 1 und 2 dulden gegenseitig die Errichtung, die Beibehaltung und die Unterhaltung der aus der Anlage ersichtlichen tragenden Untergeschossanlagen einschließlich der Tiefgarage und der darüber befindlichen Decke zugunsten des jeweiligen Eigentümers des berechtigten Grundstücks. Der jeweilige Eigentümer des Grundstücks 1 und 2 hat alle Maßnahmen zu unterlassen, die die Standfestigkeit oder Benutzbarkeit der Tiefgarage beeinträchtigen können. Der Eigentümer des jeweils dienenden Grundstücks bewilligt die Eintragung je einer Grunddienstbarkeit für ein Untergschossduldungsrecht vorstehenden Inhalts zu Lasten des jeweiligen dienenden Grundstücks und zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des berechtigten Grundstücks im Grundbuch."

    Der Rest der Untergeschossanlage besteht übrigens aus Kellern, Treppenhaus, Flur etc.

    Wenn die Grundstücke aber gegenseitig die Tiefgarage dulden und dies auch bei beiden eingetragen wird kann doch nicht die Folge sein, dass die Tiefgarage zum Bestandteil nur eines Grundstücks wird. Wenn nur eine Diensbtarkeit eingetragen wird dann schon.
    Aber sie dulden ja gegenseitig die Tiefgarage. Dann müsste ja wegen der Dienstbarkeit zugunsten Grundstück 1 die Tiefgarage Bestandteil von Grundstück 2 werden. Und umgekehrt wegen der Dienstbarkeit zugunsten Grundstück 2 die Tiefgarage Bestandteil von Grundstück 1. Und da dies nicht geht dachte ich, dass man dann von einer vertikalen Teilung ausgehen kann, zumal der Eigentümer dies ja zu wollen scheint.:gruebel:

  • Duldungsdiensbarkeit: "Die Eigentümer der Grundstücke 1 und 2 dulden gegenseitig die Errichtung, die Beibehaltung und die Unterhaltung der aus der Anlage ersichtlichen tragenden Untergeschossanlagen einschließlich der Tiefgarage und der darüber befindlichen Decke zugunsten des jeweiligen Eigentümers des berechtigten Grundstücks. Der jeweilige Eigentümer des Grundstücks 1 und 2 hat alle Maßnahmen zu unterlassen, die die Standfestigkeit oder Benutzbarkeit der Tiefgarage beeinträchtigen können. Der Eigentümer des jeweils dienenden Grundstücks bewilligt die Eintragung je einer Grunddienstbarkeit für ein Untergschossduldungsrecht vorstehenden Inhalts zu Lasten des jeweiligen dienenden Grundstücks und zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des berechtigten Grundstücks im Grundbuch." ...


    Ich verstehe diese Formulierungen so, dass nicht die Tiefgarage als solche wechselseitig geduldet wird, sondern dass keine Änderungen an der Tragfähigkeit der Tiefgarage und der darüber befindlichen Decke vorgenommen werden dürfen.

    Das spricht dann allerdings dafür, dass jeder Gebäudeteil dem Grundstück zugeordnet werden kann, auf dem er steht, wie dies der BGH im Falle des Eigengrenzüberbaues im Urteil vom 12.10.2001, V ZR 268/00 befunden hat (Zitat: „Der Senat hat vielmehr auch entschieden, dass bei einer Trennung eines Gebäudes, die zu zwei wirtschaftlich selbstständigen Einheiten führt, jeder Gebäudeteil dem Grundstück zugeordnet werden kann, auf dem er steht (Grundsatz der vertikalen Teilung entsprechend dem Gedanken des § 94I BGB, vgl. BGHZ102, 311 [315] = NJW 1988, 1078 = LM § 93 BGB Nr. 195); s. hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…025#post1015025
    Oppermann führt dazu in der DNotZ 2015, 662/666 aus: „Nach diesen Grundsätzen kann, wenn jeweils ein Wohnhaus auf einem Flurstück steht und lediglich die Tiefgarage flurstücksübergreifend gebaut ist, ein Stammgrundstück nicht festgestellt werden, weil prägend die Bebauung mit den einzelnen Wohnhäusern auf dem jeweiligen Flurstück und nicht die Bebauung mit der Tiefgarage ist. Demnach wird das Eigentum an der Tiefgarage von der jeweiligen Grundstücksgrenze durchschnitten“

    Es dürfte also von einer gewollten vertikalen Teilung auszugehen sein.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen Dank!
    Den Aufsatz vin Oppermann habe ich gelesen. Wegen seinem dortigen Absatz war ich aber etwas unsicher:

    "Für die praktische Gestaltung ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die vorstehende Sichtweise nicht gesichert ist. Weil klare Linien in der Rechtsprechung, was eine „Garage” i.S. von § WEG § 3 Abs. WEG § 3 Absatz 2 Satz 2 WEG ist, leider weiterhin fehlen, sollte aus Gründen der Vorsicht von der Begründung von Sondereigentum an den Stellplätzen in den „Tiefgaragenausschnitten” vorerst abgesehen werden. Denn selbst wenn die Aufteilung eingetragen wird, besteht die Gefahr der späteren Amtslöschung, wenn sich später eine andere Sichtweise durchsetzt. Und wenn Stellplätze an Dritte veräußert wurden, die nicht zur Eigentümergemeinschaft genau dieses Flurstücks gehören, kann auch keine nachträgliche Umdeutung in ein Sondernutzungsrecht erfolgen."

  • Die von Oppermann vermissten klaren Linien in der Rechtsprechung, was eine „Garage” i.S. von § 3 Absatz 2 Satz 2 WEG ist, werden durch die WEG-Reform 2020 dadurch konkretisiert, dass Stellplätze als Räume im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 WEG gelten (siehe die Synopse zum Regierungsentwurf WEG-Reform 2020 – Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG), ZfIR 2020, 255 ff.
    https://www.juris.de/perma?d=jzs-ZFIR-2020-07-0255-01-A-03

    Ansonsten befinden sich ja nach Deinen Ausführungen die Stellplätze auf dem jeweils in Wohnungs- und Teileigentum aufzuteilenden Grundstück.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!