Antragstellerhaftung GK, insolvente Beklagte

  • Einen wunderschönen guten Morgen,

    vorab zu meiner Verteidigung: Ich bin eine ReFa, keine Rechtspflegerin. Ich hoffe, ich darf hier fragen.

    Wir hatten ein erstinstanzliches Urteil vor dem LG. Beide Parteien haben Berufung -zu unterschiedlichen Streitwerten- eingelegt. Wir vertreten den Kläger.

    Die Beklagte hat während des Berufungsverfahren Insolvenz angemeldet. Nach langem Hin und Her hat man sich außergerichtlich geeinigt. U.a. darauf, dass beide Parteien die Klage zurücknehmen und keinen Kostenantrag stellen. Streitwertbeschluss erging über eine höhere, zusammengerechnete, Summe. Im abschließenden Beschluss wurden uns 53 % der GK auferlegt, der Beklagtenseite 47 %.
    Der Gegenanwalt hat die Erstattung der nichtverbrauchten GK beantragt.

    Nun kann die Kostenschuld der Gegenseite nicht eingezogenwerden. Schreibt das Gericht. Die haben doch aber auch Vorschuss für „ihre“Berufung gezahlt. Oder?


    Auf alle Fälle wurde das nun mit unserer Erstattungverrechnet und unser Mdt. bekommt gut EUR 2200,00 weniger erstattet.

    Nun meine Frage: Hier gibt es doch eigentlich 2 Kläger wennbeide Parteien Berufung eingelegt haben. Oder nicht?


    Eine Möglichkeit der Festsetzung der GK gegen die Beklagtegibt es in diesem Fall wohl auch nicht? Cheffe meinte, man könnte es evtl. zurInsolvenztabelle anmelden?

    Ich muss ehrlich sagen, sowas hatte ich noch nie undbin leicht überfordert. Der Rechtspfleger der I. Instanz hat die Akte nochnicht vom Berufungsgericht zurück und kann noch nichts dazu sagen. Ich möchte mich nur für den Anruf wappnenund wäre für Tipps sehr dankbar.

    Viele Grüße
    Bianca

  • Für das Berufungsverfahren besteht (im Grundsatz) keine Gerichtskostenvorschusspflicht. Dies ergibt sich aus § 12 GKG (so auch:

    OLG Köln (17. Zivilsenat), Beschluss vom 24.01.2014 - 17 W 197/13).

    Ich vermute daher, dass ihr eher einen Auslagenvorschuss für einen Sachverständigen o.ä. bezahlt habt und dass dieser dann verrechnet wurde.

    Sofern die Gegenseite nicht auch einen Auslagenvorschuss leisten musste, dürfte die bisher nicht bezahlt haben.

    Daher bleibt wohl wirklich nur die Anmeldung des verrechneten Betrags zur InsO-Tabelle.

    2 Mal editiert, zuletzt von Corypheus (16. April 2020 um 14:10) aus folgendem Grund: peinlicher Vertipper beseitigt

  • Mit Eingang beim Beschwerdegericht ist aber die Verfahrensgebühr fällig gem. § 6 GKG, allerdings nicht, wie bereits erwähnt wurde, vorauszahlungspflichtig. Die Gebühr wird aber gegen den Berufungskläger zu Soll gestellt, da fällige Kosten alsbald nach Fälligkeit anzusetzen sind.

    Auch gegen den weiteren Berufungskläger sind Kosten hinsichtlich seines Antrags eigentlich zu Soll zu stellen. Vielleicht ist das aber auch unterblieben, weil keine Vorlage an den Kostenbeamten erfolgt ist. Möglicherweise ist eine solche Sollstellung auch bereits nicht mehr bezahlt worden ( nur insoweit gibt es dann keinen Zweitschuldner ).

    Dass der Wert für das Verfahren insgesamt zusammengerechnet wurde, ergibt sich aus § 45 Abs. 2 GKG, da die wechselseitigen Rechtsmittel offenbar verschiedene Streitgegenstände betroffen haben.

    Die Formel für die Zweitschuldnerhaftung lautet: Antragshaftung ( §§ 22, 17, 18 GKG )
    abzüglich Erstschuldnerhaftung ( hier Entscheidungsschuldner gem. § 29 Nr. 1 GKG, ansonsten auch § 29 Nr. 2 GKG ) = Höchste Zweitschuldnerhaftung.

    Als Antragsteller haftet Ihr somit höchstens für die Verfahrensgebühr aus Eurem Antrag, dazu natürlich ggfs. auch für durch Eure Anträge entstandenen Auslagen ( und Verteidigungsmittel des Beklagten, sofern diese ausschließlich zur Abwehr Eures Antrags benannt sind )

    Wenn jetzt Eure Antragshaftung höher ist als Eure Entscheidungshaftung ( z. B.: Euer Anteil an den Gesamtverfahrensgebühr wäre 70 %, dann könnte man gegen Euch nach der Entscheidungshaftung von 53 % noch 17 % als Zweitschuldnerhaftung geltend machen, dazu, wie erwähnt, ggfs. noch eine Auslagenhaftung gem. §§ 17, 18 GKG.

    Sämtliche Zahlungen müssten aber in der Zweitschuldnerkostenrechnung ersichtlich sein. Also vergleicht mal, ob die dort angegebenen Zahlungen mit Euren Zahlungen ( sei es durch die oben erwähnte Sollstellung oder ggfs. durch Auslagenvorschüsse ) decken. Sind dort mehr Zahlungen angegeben, wurde auch eine Zahlung des Beklagten verrechnet, die aber dann eben seinen Kostenanteil von 47 % an den Gesamtkosten nicht abdeckt. Für den Rest muss man dann nach der genannten Formel ermitteln, ob noch ein Zweitschuldner vorhanden ist.

    Soweit Euer Mandant als Zweitschuldner in Anspruch genommen wurde, hat er grundsätzlich natürlich einen Kostenerstattungsanspruch, die Frage ist hier, inwieweit Ihr den noch durchsetzen könnt.

  • :daumenrau

  • Liebe/r DKB,

    vielen Dank für die ausführliche Antwort.

    Es ist eine korrekte Zusammenfassung meines Problems. Die angegebenen §§ sind mir alle klar, diehabe ich mir auch schon recherchiert.

    Die Gegenüberstellung der Ausdrücke Antragshaftung undEntscheidungshaftung hat mir (im Kopf) jetzt viel gebracht. Vielen Dankhierfür.

    Ich mache meinen Beruf seit knapp 30 Jahren, aber sowas istmir tatsächlich noch nicht passiert.

    Vielen Dank für die Mühe und sorry, dass ich mich erst jetztmelde.

    VG Bianca

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!