Nachlaßpflegschaft oder Abwesenheitspflegschaft

  • Erblasser verstirbt im Jahre 2017 in A.
    Das Amtsgericht A erteilt im Jahre 2019 einen gemeinschaftlichen Erbschein, der u.a. seine Cousine G als Miterbin zu 1/12 Anteil ausweist.

    G ist im Jahre 2018 in einem Altenheim in Australien nachverstorben, ein entsprechende Sterbenachweis wurde durch das Generalkonsulat der BRD in Sydney zur Erbscheinsakte eingereicht.
    Aus diesem Sterbenachweis ist ersichtlich, daß die G verwitwet war und die Tochter K, geboren 1956, und den Sohn P, geboren 1959, hinterlassen hat.

    Da A auch Grundbesitz hatte, welcher veräußert werden soll, beantragt die weitere Miterbin B beim Amtsgericht A die Einrichtung einer Nachlaßpflegschaft für die unbekannten Erben der Miterbin G.
    Sie legt auch noch die Kopie einer Todesanzeige aus Australien vor, aus der ersichtlich ist, daß K und P den Tod ihrer Mutter G betrauern und teilt mit, daß die Anschriften von K und P nicht ermittelt werden konnten.
    Ferner legt sie Ablichtungen von archivierten Meldekarten des Einwohnermeldeamtes T vor, aus denen ersichtlich ist, daß G, K und P im Jahre 1967 sich für 6 Monate wieder in der BRD in T aufgehalten haben, welches damals zum Amtsgerichtsbezirk A und heute zu unserem Amtsgerichtsbezirk gehört.

    Daraufhin verweist das Amtsgericht A ohne vorherige Anhörung der Beteiligten den Antrag auf Einrichtung einer Nachlaßpflegschaft für die unbekannten Erben der G an das hiesige Nachlaßgericht, weil die G ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD in T gehabt hat.

    M.E. sind die Erben der G jedoch bekannt, so daß die Einrichtung einer Nachlaßpflegschaft nicht in Betracht kommt sondern nur eine Abwesenheitspflegschaft oder sehe ich das falsch?

  • Ich schätze mal schwer, dass schon der Teilerbschein falsch ist. Egal. Und dass G auch testamentarische Erben haben kann, wird wohl übersehen. Die Erben nach G sind aus der Sicht des deutschen NLG unbekannt.

    Teilnachlasspflegschaft zu 11/12 nach A und Vollnachlasspflegschaft nach G.

    Anders wird das in 100 Jahren nichts.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ich schätze mal schwer, dass schon der Teilerbschein falsch ist. Egal. Und dass G auch testamentarische Erben haben kann, wird wohl übersehen. Die Erben nach G sind aus der Sicht des deutschen NLG unbekannt.

    Teilnachlasspflegschaft zu 11/12 nach A und Vollnachlasspflegschaft nach G.

    Anders wird das in 100 Jahren nichts.

    Warum eine Teilnachlasspflegschaft nach A ? Dessen Erben sind doch bekannt laut #1. Schließlich wollen die übrigen Miterben ein Grundstück des A veräußern.
    Und dass nur ein Teilerbschein nach A erteilt wurde, steht da gar nicht. Und warum sollte solch einer falsch sein ?

    Ein Nachlasspfleger für G reicht aus - dieser kann in der Erbengemeinschaft nach A für G mithandeln (weswegen er ja auch bestellt werden soll).

  • 😂Oh!!

    Tut mir leid. War wohl etwas Sand in den Augen.
    Es gibt nach A ja einen gemeinschaftlichen Erbschein. Hatte gelesen, dass es nur den Erbschein für 1/12 zu Gunsten von G gäbe :)

    Das ist natürlich Unfug was ich dann da zu A geschrieben habe. Tut mir leid. Hinsichtlich G bleibe ich aber bei meiner Meinung.

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  • vgl.


    https://www.rechtspflegerforum.de/sh...er#post1203586

    dort #11:
    Wobei es die Ansicht gibt, dass für einen abwesenden Erben, der die Erbschaft noch nicht angenommen hat (auch nicht fiktiv durch Kenntnis und Ablauf der Ausschlagungsfrist), kein Abwesenheitspfleger, sondern ein Nachlasspfleger zu bestellen ist.
    OLG Frankfurt am Main, 27.10.2015, 20 W 244/15

    Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 4,11,2014, 3 U 156/11

    2 Mal editiert, zuletzt von ollik (16. Dezember 2020 um 10:24)

  • Ich rufe mal den Thread wieder auf mit folgendem Sachverhalt :
    Zwei - jeweils ledige - Geschwister A und B sind Ende letzten Jahres innerhalb weniger Wochen nacheinander verstorben.

    1.) Erbfolge nach A

    Nach Aktenlage ist B die alleinige gesetzliche Erbin von A, da leider kein Testament vorhanden ist.

    B hat wenige Tage vor ihrem Tod eine notarielle letztwillige Verfügung errichtet ohne Erbeinsetzung.

    Sie hat in dem not. Testament lediglich für nicht verwandte Personen Vermächtnisse durch Zuwendung von Grundstücken angeordnet und ihre gesetzlichen Erben damit beschwert.

    In dem Testament hat B sich ( wegen gemeinschaftlichem Grundbesitz mit A ) ausdrücklich auch als Alleinerbin Ihres Bruders A bezeichnet.

    Die Zuwendung der Grundstücke an die Vermächtnisnehmer betrifft auch den Erbteil von B an den Grundstücksanteilen von A.

    Die Annahme der Erbschaft von A durch die nachverstorbene B ist daher m.E. unzweifelhaft, sodass diese gesetzliche Alleinerbin geworden ist.

    Die Erbeserben der B sind aber unbekannt s. Ziff. 2 .


    2.) Erbfolge nach B

    Die Erbfolge nach B ist derzeit unbekannt , da sämtl. Geschwister und Eltern nun vorverstorben sind.

    Alle ( inges. drei ) Geschwister der B waren jeweils kinderlos vorverstorben.

    Für die unbekannten Erben ist daher ein Nachlasspfleger auch zur Erbenermittlung nach der vermutlich III. Ordnung zu bestellen.

    Soweit für mich klar; jetzt aber zu 3.)

    3.) Prozess von A und B gegen C

    A und B führten vor Ihrem Tod als Kläger einen zivilrechtlichen Prozess gegen C in der zweiten Instanz.

    Berufungsgericht hat den Prozess nach Tod von A und B ausgesetzt.

    Frage zu 1.)

    Muss bzgl. A - nachdem dessen Erbin B bekannt ist - ein Abwesenheitspfleger für den Prozess Ziff. 3) durch das zust. Betreuungsgericht bestellt
    werden ?

    Oder kann auch ein Nachlasspfleger bestellt werden , da jetzt die Erbeserben unbekannt ist ?

  • Nur NLP nach B bestellen. Der kümmert sich dann um die Beantragung eines ES für B nach A und wickelt damit beide Nachlässe ab. Geht aber laut BGH nur deswegen so, weil B mach A bereits zu Lebzeiten angenommen hatte. Sonst hättest du jeweils für A u. B einen NLP bestellen müssen.

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  • A ist nicht abwesend, sondern tot.

    Wenn für B ein Nachlasspfleger bestellt ist und B zu Lebzeiten die Erbschaft nach A angenommen hatte (wovon nach Sachlage auszugehen ist), so kann der Nachlasspfleger für die unbekannten Erben von B ohne weiteres einen Erbschein nach A über das Alleinerbrecht des B beantragen, genauso wie dies die bekannten Erbeserben selbst könnten. Der Nachlasspfleger kann nur keinen Erbschein in dem Verfahren beantragen, für das er amtiert (also im Nachlassverfahren nach B).

    Wegen des Prozesses vgl. §§ 243, 241 ZPO.

  • Kann der Erbschein nach A erst beantragt werden, wenn die Erben von B ( = Erbeserben von A ) vom Pfleger ermittelt wurden ?
    Schließlich könnten diese im Erbscheinsverfahren nach A als Erbeserben anzuhören sein.

  • Der Nachlasspfleger ist gesetzlicher Vertreter der unbekannten Erben nach B.

    Antragsteller im Erbscheinsverfahren nach A sind also die unbekannten Erben nach B (vertreten durch den Nachlasspfleger). Die Erwägung, dass diese unbekannten Erben in persona angehört werden müssten, ist also nicht schlüssig.

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