Grundbucheintragung: Baubeschränkung und Verfügungsbeschränkung - Bewilligung verlore

  • Folgender Sachverhalt:
    Im Grundbuch eingetragen ist eine Grunddienstbarkeit "Bau- und Verfügungsbeschränkung" gemäß Bewilligung vom... für Eigentümer des Grundstücks ...

    Die Bewilligung aus 1924 ist endgültig abhanden gekommen und nicht auffindbar.

    Eine Amtslöschung nach § 53 Abs. 1 S. 2 GBO kommt wohl insgesamt leider nicht in Betracht, weil jedenfalls "Baubeschränkung" möglich ist und nicht vergleichbar ist mit den Fällen, in denen ein "Nutzungsrecht" besteht.
    Aber ich dürfte doch verlangen können (bzw. der Eigentümer des dienenden Grundstücks), dass das Grundbuchamt verfährt nach der GBWiederhV? Denn das Fehlen der Bewilligung steht fest. § 1 Abs. 1 S. 2 dieser Verordnung enthält ja, anders als etwa § 84 GBO, kein Ermessen des GBA.

    Meines Erachtens muss klar sein, was die Dienstbarkeit genau schützt - und die Bezugnahme auf ein nicht mehr existierendes Dokument führt zu Problemen.

    Die andere Frage ist: Kommt eine Amtslöschung insoweit in Betracht, als "Verfügungsbeschränkung" inhaltlich unzulässig sein könnte (§ 137 BGB)?

    Danke und Gruß
    Andydomingo

  • Die Wiederherstellung wirst Du verlangen können. Wie das OLG München 34. Zivilsenat in Rz. 22 des Beschlusses vom 07.09.2017, 34 Wx 69/17
    https://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…-123620?hl=true
    ausführt, ist das Amtsverfahren zum Zweck der Wiederbeschaffung zerstörter oder abhanden gekommener Eintragungsbewilligungen nach § 148 Abs. 1 GBO i. V. m. der fortgeltenden Verordnung über die Wiederherstellung zerstörter oder abhanden gekommener Grundbücher und Urkunden vom 26.7.1940 (RGBl. I S. 1048) einzuleiten

    Was die Amtslöschung der „Verfügungsbeschränkung" als inhaltlich unzulässig anbelangt, bin ich skeptisch.

    Wie das OLG München in Rz. 26 des Beschlusses v.om30.03.2015, 34 Wx 19/15, unter Hinweis auf KG OLGE 11, 1 f. ausführt,
    https://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-08313?hl=true
    ist selbst die Eintragung einer Verfügungsbeschränkung nach Inkrafttreten des BGB nicht ohne Weiteres als unzulässig zu beurteilen.

    Bei der Entscheidung des KG, OLGE 11, 1 ff. handelt es sich vermutlich um den hier in Fußnote 16 genannten Beschluss des KG vom 19.12.1910
    https://books.google.de/books?id=L7QlQ…GJ%2040&f=false

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen Dank. Damit ist dann ja schon viel gewonnen, denn häufig geht es Banken, welche finanzieren, darum, Ausmaß und Bedeutung des vorrangigen Rechts abschätzen zu können.

    Die Frage ist: Hat das schon einmal jemand gemacht? Gibt es hierzu evtl. einen Praxisleitfaden, insbesondere dazu, wie das GBA in Ermangelung einer Einigung den Inhalt der Bewilligung nach dem Ermittlungsstand herstellen kann? Die Kommentierungen zu § 148 GBO, die ich eingesehen habe, finde ich hierzu recht blutleer.

  • Ein Praxisleitfaden lässt sich der NRW-Verordnung über die Wiederherstellung der bei dem Amtsgericht Wuppertal zerstörten oder abhanden gekommenen Grundbücher und Urkunden …vom 13. Januar 1981 entnehmen
    https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_show_historie?p_id=3846

    Ansonsten müsste nach § 11 der Verordnung über die Wiederherstellung zerstörter oder abhanden gekommener Grundbücher und Urkunden vom 26.07.1940 (RGBl. I S. 1048)
    http://www.gesetze-im-internet.de/gbwiederhv/
    vorgegangen werden, s. hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post700008

    § 11 Absatz 3 der VO bestimmt, dass § 5 Abs. 3 und 4 der VO anzuwenden sind. Also kann das Grundbuchamt dem Besitzer von Urkunden, die für die Wiederherstellung des Grundbuchs von Bedeutung sind, aufgeben, die Urkunden zur Einsicht vorzulegen und die Beteiligten nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Zeugenbeweis vernehmen. Ggf. ist die Urkunde auf Grund einer Einigung der Beteiligten wiederherzustellen (§ 11 Absatz 1 der VO).

    Der Bestand des materiellen Rechts wird durch die Unauffindbarkeit der Urkunde nicht in Frage gestellt (s. OLG München, Beschluss v. 30.03.2015, 34 Wx 19/15, Rz. 20
    https://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-08313?hl=true

    Im Beschluss vom 30.06.2014, 34 Wx 168/14, führt das OLG München aus:

    „Auch wenn das Grundbuchamt nach § 148 GBO (früher § 141 GBO) in Verbindung mit der Verordnung über die Wiederherstellung zerstörter oder abhanden gekommener Grundbücher und Urkunden vom 26.7.1940 (RGBl. I 1940, 1048) von Amts wegen gehalten wäre, die abhanden gekommene Urkunde – wie etwa eine Eintragungsbewilligung (§ 10 I GBO; vgl. Meikel/Böhringer, § 141 Rn. 5) – wiederzubeschaffen, kann sich die Bet. für ihren Berichtigungsantrag hierauf nicht stützen. Diese Bestimmung bildet ebenso wie § 10 GBO, der die dauerhafte Aufbewahrung von Urkunden vorschreibt, auf die eine Eintragung Bezug nimmt, nur eine Ordnungsvorschrift. Deren Verletzung hat keine Folgen für die Wirksamkeit der Eintragung (Demharter, § 10 Rn. 21; Maaß in Bauer/v. Oefele, GBO, 3. Aufl., § 10 Rn. 26).“

    Ansonsten kann ich aus der Praxis dazu nichts beitragen. Dazu müsste sich ein anderer User melden.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Als GBA sitze ich in der Klemme. Die Beteiligten können (oder wollen ggf.) nicht helfen und da vermutlich ja nicht der Notar und die Urkundsbezeichnung im GB stehen, kann ich nur Mutmaßungen anstellen und ins Blaue hinein Urkundensammlungen abfragen. Wenn es dann ein x-beliebiger auswärtiger Notar war, stehen die Chancen fast bei Null. War es eine Urkunde, die der Grundbuchrichter selbst errichtet hat, ist es gleich ganz Essig. Denn dann ist ja das Original weg.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Das ist ja interessant. Was macht man denn, wenn man keine Urkunde beschaffen kann, die Beteiligten nichts sagen können und auch im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür bestehen, was das Recht einmal gesichert haben könnte? Dann wäre gar kein Inhalt gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 GBWiederhV glaubhaft gemacht? Könnte dann die Löschung durch Grundbuchberichtigung beantragt werden? Oder müsste das Grundbuchamt dann nicht sogar ggf. nach § 84 GBO vorgehen?

  • Die Bewilligung aus 1924 ist endgültig abhanden gekommen und nicht auffindbar.

    Könnte dann die Löschung durch Grundbuchberichtigung beantragt werden?

    Unauffindbar oder abhanden gekommen? Letzteres wird sich nicht so leicht belegen lassen. Eine Löschung wird daher nicht in Betracht kommen. Siehe Prinz in #4 unter Hinweis auf Beschluss des OLG München vom 30.06.2014 (34 Wx 168/14).

  • Das ist ja interessant. Was macht man denn, wenn man keine Urkunde beschaffen kann, die Beteiligten nichts sagen können und auch im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür bestehen, was das Recht einmal gesichert haben könnte? Dann wäre gar kein Inhalt gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 GBWiederhV glaubhaft gemacht? Könnte dann die Löschung durch Grundbuchberichtigung beantragt werden? Oder müsste das Grundbuchamt dann nicht sogar ggf. nach § 84 GBO vorgehen?

    Sind denn in der Zwischenzeit keine Verträge abgeschlossen worden ?

    In Folgeverträgen wurden früher mitunter die im GB-eintrag nur schlagwortartig bezeichneten Belastungen wörtlich wiedergegeben. Daraus kann derjenige, der die Wiederherstellung von Amts wegen vorzunehmen hat, Erkenntnisse gewinnen, um notfalls eine Einigung der Beteiligten herbeizuführen. Dazu würde ich auch die Grundakten des begünstigten Grundstücks beiziehen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Die Bewilligung aus 1924 ist endgültig abhanden gekommen und nicht auffindbar.

    Könnte dann die Löschung durch Grundbuchberichtigung beantragt werden?

    Unauffindbar oder abhanden gekommen? Letzteres wird sich nicht so leicht belegen lassen. Eine Löschung wird daher nicht in Betracht kommen. Siehe Prinz in #4 unter Hinweis auf Beschluss des OLG München vom 30.06.2014 (34 Wx 168/14).

    Nun ja, hier steht immehin fest, dass sie weder bei den Grundakten (weder dienend noch herrschend) noch im Staatsarchiv vorhanden ist. Ich bin aber einverstanden damit, dass das Verfahren nach der WiederherstelungsVO durchgeführt werden muss.

  • Das ist ja interessant. Was macht man denn, wenn man keine Urkunde beschaffen kann, die Beteiligten nichts sagen können und auch im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür bestehen, was das Recht einmal gesichert haben könnte? Dann wäre gar kein Inhalt gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 GBWiederhV glaubhaft gemacht? Könnte dann die Löschung durch Grundbuchberichtigung beantragt werden? Oder müsste das Grundbuchamt dann nicht sogar ggf. nach § 84 GBO vorgehen?

    Sind denn in der Zwischenzeit keine Verträge abgeschlossen worden ?

    In Folgeverträgen wurden früher mitunter die im GB-eintrag nur schlagwortartig bezeichneten Belastungen wörtlich wiedergegeben. Daraus kann derjenige, der die Wiederherstellung von Amts wegen vorzunehmen hat, Erkenntnisse gewinnen, um notfalls eine Einigung der Beteiligten herbeizuführen. Dazu würde ich auch die Grundakten des begünstigten Grundstücks beiziehen.

    Klar, das müsste man sehen, wenn diese Verträge noch vorhanden sind. Aber so wie ich Urkunden aus vergangenen Jahrzehnten kenne, wird der Grundbuchstand eher weniger genau beschrieben als heute.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!