Diskriminierung Stellenangebot

  • Guten Morgen zusammen,

    einer der kräftig Beratungshilfe beantragt, will nun Beratungshilfe da er sich als Schwerbehinderter diskriminiert fühlt, da er nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Nun sollen wir ja nicht die Erfolgsaussichten oder Ähnliches prüfen und rein theoretisch ist das ja ein rechtliches Anliegen. (Wobei ich nach kurzem nachlesen sagen würde das geht nicht, also nur wenn man auch entsprechend qualifiziert ist usw. wird man eingeladen). Ich empfinde es als mutwillig, ich meine er würde nicth zum RA rennen müsste er das selber zahlen. Wegen mehr kann/darf ich ja nicht ablehnen, oder?

  • Den gleichen Fall hatte eine Kollegin auch mal vor ein paar Jahren. Sie hat es mit der Begründung "Mutwilligkeit" abgelehnt. Danach wurde Dienstaufsichtsbeschwerde gegen sie wegen Diskriminierung erhoben und Rechtsmittel gegen den Zurückweisungsbeschluss eingelegt. Der Richter hat der Erinnerung stattgegeben und es wurde Beratungshilfe bewilligt. Die Dienstaufsichtsbeschwerde war natürlich unbegründet.

    Ist halt die Frage, ob es nicht den Rahmen sprengt, wenn du die Qualifikation des Antragstellers für die ausgeschriebene Stelle prüfst. Ich würde Beratungshilfe bewilligen.

  • Das AGG ist ein weites Feld. Ich bin im Thema nicht ganz drin, aber m.W.n. (ich lasse mich gerne eines anderen belehren) haben Schwerbehinderte grundsätzlich einen Anspruch darauf, zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, unabhängig von ihrer Eignung für den Job im Vergleich zu anderen Bewerbern. Wie gesagt, ich bin nicht im Thema, aber ich meine, sowas kann möglicherweise mit einem Schadenersatzanspruch in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern für den anvisierten Job enden. Vorausgesetzt, der Schwerbehinderte hat sich von vornherein als Schwerbehinderter gegenüber dem Arbeitgeber zu erkennen gegeben.

    Falls du weiter reinlesen willst, hilft vielleicht Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 14.08.2019, 10 Sa 725/18, zu finden bei juris. (Leitsatz: Die Beklagte war nicht verpflichtet den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Der Kläger hat die Beklagte erst ca. 7 Wochen nach Ablauf der Bewerbungsfrist und zu einem Zeitpunkt zu dem die Bewerberauswahl schon abgeschlossen war, über seine Schwerbehinderung informiert.) Oder LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18.12.2018, 1 Sa öD/18: Ein Schadenersatzanspruch wurde hier verneint, weil für den betroffenen Arbeitgeber Ausnahmen galten.

    Fazit:
    Komplexe Sache. Im Vergleich würde ich behaupten, dass ein Selbstzahler durchaus anwaltliche Beratung zu der Frage in Anspruch nehmen würde. Und - weniger aus rechtlicher Hinsicht - Matzes Erfahrungen sind kein Einzelfall, mit einer (m.E. auch aus rechtlicher Hinsicht sehr gut vertretbaren) Bewilligung hast du mehr Ruhe.

    Edit: Gefunden!
    § 165 S. 3 SGB IX (Besondere Pflichten der öffentlichen Arbeitgeber): "Haben schwerbehinderte Menschen sich um einen solchen Arbeitsplatz beworben oder sind sie von der Bundesagentur für Arbeit oder einem von dieser beauftragten Integrationsfachdienst vorgeschlagen worden, werden sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen."

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

    Einmal editiert, zuletzt von Schneewittchen (28. April 2020 um 11:08) aus folgendem Grund: Ergänzung

  • Ich würde verlangen, dass der Antragsteller genau darlegt warum er sich diskriminiert fühlt. Er müsste schon darlegen, warum er sich für ausreichend qualifiziert hält.
    Wenn der Antragsteller dies nicht darlegen kann, würde ich die Inanspruchnahme von Beratungshilfe als mutwillig betrachten, da die Diskriminierung dann "ins Blaue hinein" behauptet worden wäre.

    Ob die Einschätzung des Antragstellers hinsichtlich seiner Qualifikation letztlich überzeugend ist, ist m.E. nicht zu prüfen. Für die Prüfung ist die Beratungshilfe dar.

  • Edit: Gefunden!
    § 165 S. 3 SGB IX (Besondere Pflichten der öffentlichen Arbeitgeber): "Haben schwerbehinderte Menschen sich um einen solchen Arbeitsplatz beworben oder sind sie von der Bundesagentur für Arbeit oder einem von dieser beauftragten Integrationsfachdienst vorgeschlagen worden, werden sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen."

    Satz 4: Eine Einladung ist entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. 


    Damit dürfte kein grundsätzlicher Anspruch auf eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bestehen.

  • Ich würde Schneewittchen zustimmen: Das AGG pp sind schon ziemlich komplexe Sachen. Bei ausreichendem Sachvortrag würde ich bewilligen.

  • Ich würde Schneewittchen zustimmen: Das AGG pp sind schon ziemlich komplexe Sachen. Bei ausreichendem Sachvortrag würde ich bewilligen.

    Ich auch. Und wenn er generell auf der Masche reiten sollte, reicht in den Folgefällen ein Verweis auf das erste Verfahren.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Danke für Eure Rückmeldungen!

    Der Ast hat es mir etwas einfacher gemacht nun. Er hat was gegen meine Einwände geschrieben, gleichzeitig aber ein Schreiben eingereicht, wonach er bereits selbständig seinen Schadensersatz für 3 Monate Bruttolohn einfordert. Da er nun schon selbst tätig wurde (und das ganze gekonnt aussieht) sehe ich hier keine Notwendigkeit.

  • Gibt es schon ein Ergebnis auf das Schreiben?

    Die Tatsache, dass (vom Gesetz geforderte) Eigenbemühungen zur Versagung der Beratungshilfe führen, führt doch das System ad absurdum.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

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