falscher letzter Wohnsitz in der Sterbeurkunde - Fristveräumnis der Erbausschlagung

  • In der Sterbeurkunde der Erblasserin ist vermerkt, dass diese ihren letzten Wohnsitz in M-Stadt hatte. Demgemäß und im guten Glauben daran schlagen die gesetzlichen Erben A n B die Erbschaft gegenüber dem Nachlassgericht M-Stadt aus. Der gesetzliche Erbe C schlägt gegenüber dem Nachlassgericht S-Stadt aus und erklärt dabei, dass der letzte gewöhnliche Aufenthalt der Erblasserin tatsächlich in einem Altenheim im Bezirk des Amtsgerichts S-Stadt gewesen sei. Die Ummeldung sei verabsäumt worden. Das Nachlassgericht S-Stadt setzt das Nachlassgericht M-Stadt von diesem Sachverhalt in Kenntnis.
    Nach Anhörung der Beteiligten und Überprüfung des Sachverhaltes erklärt sich das Nachlassgericht M-Stadt für unzuständig und verweist das dort anhängige Erbausschlagungsverfahren an das AG S-Stadt. Die notariellen Erbausschlagungserklärungen von A und B datieren auf den 20.03.2020 und sind am 24.03.2020 beim vermeintlich zuständigen Nachlassgericht M-Stadt eingegangen. Die Nachlassakte vom Amtsgericht M-Stadt ist nach Verweisung am 04.05.2020 beim örtlich zuständigen Nachlassgericht S-Stadt eingegangen.
    Haben A und B die 6-Wochen-Ausschlagungsfrist des § 1945 BGB versäumt? Oder wurde der Fristablauf durch eine Art höherer Gewalt während der Überprüfung des letzten gewöhnliche Aufenthalts durch das AG M-Stadt gehemmt?
    Falls die 6-Wochenfrist abgelaufen ist: Teile ich als zuständiger Nachlass-Rechtspfleger vom AG S-Stadt meine diesbezüglichen Bedenken den Erben A und B mit und rege an, dass die vorsichtshalber die Anfechtung erklären?
    Oder stelle ich mich auf den Standpunkt, dass die Wirksamkeit der Erbausschlagungserklärungen erst in einem späteren Erbscheinsverfahren geprüft wird und äußere mich dazu gar nicht?

    Über Eure Meinung würde ich mich freuen.

  • Nein - A (der Ehemann) - und B (ein Sohn) - wohnen nicht in M-Stadt. Aus der Betreuungsakte beim AG S-Stadt ergibt sich jedoch, dass beide Kenntnis haben mussten, dass Ehefrau/Mutter die letzten Wochen ihres Lebens in S-Stadt gelebt hat. Aber hatten sie dadurch Kenntnis, dass die Erbausschlagung an das Nachlassgericht S-Stadt zu richten ist? Die Erbausschlagungserklärungen von A und B wurden jeweils von einem Notar am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts von A und von B beurkundet und an das falsche Nachlassgericht übersandt. A und B haben sich wohl auf ihre Notare verlassen, diese wiederum offensichtlich nur die Wohnsitz-Angabe in der Sterbeurkunde zu Grunde gelegt und den letzten gewöhnlichen Aufenthalt vom jeweils Erklärenden nicht hinterfragt.

  • Vielleicht wird hier ein Problem gesucht, wo keines ist :)
    Das Nachlassgericht M hat die Ausschlagungserklärungen entgegengenommen als (angenommenes) zuständiges Gericht.
    Dass sich im Nachhinein herausstellt, dass ein anderes Gericht zuständig ist, kann nicht zulasten der Erklärenden gehen.

  • Vielleicht wird hier ein Problem gesucht, wo keines ist :) Das Nachlassgericht M hat die Ausschlagungserklärungen entgegengenommen als (angenommenes) zuständiges Gericht. Dass sich im Nachhinein herausstellt, dass ein anderes Gericht zuständig ist, kann nicht zulasten der Erklärenden gehen.


    … gem § 2 III FamFG. Iü. kann man von juristischen Laien nicht erwarten, dass sie wissen, welche rechtl. Anforderungen an den letzten gew. Aufenthalt gestellt werden.

  • Vielleicht wird hier ein Problem gesucht, wo keines ist :) Das Nachlassgericht M hat die Ausschlagungserklärungen entgegengenommen als (angenommenes) zuständiges Gericht. Dass sich im Nachhinein herausstellt, dass ein anderes Gericht zuständig ist, kann nicht zulasten der Erklärenden gehen.


    … gem § 2 III FamFG. Iü. kann man von juristischen Laien nicht erwarten, dass sie wissen, welche rechtl. Anforderungen an den letzten gew. Aufenthalt gestellt werden.

    Unwirksam ist sie nicht. Aber verfristet.
    Wenn überhaupt ergibt sich ein Anfechtungsgrund für die Versäumung der Frist daraus, dass das Gericht es versäumt hat, die Beteiligten darauf hinzuweisen, dass es für die Zuständigkeit nicht auf den letzten Wohnsitz, sondern den letzten gewöhnlichen Aufenthalt ankommt.

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  • Vielleicht wird hier ein Problem gesucht, wo keines ist :) Das Nachlassgericht M hat die Ausschlagungserklärungen entgegengenommen als (angenommenes) zuständiges Gericht. Dass sich im Nachhinein herausstellt, dass ein anderes Gericht zuständig ist, kann nicht zulasten der Erklärenden gehen.


    … gem § 2 III FamFG. Iü. kann man von juristischen Laien nicht erwarten, dass sie wissen, welche rechtl. Anforderungen an den letzten gew. Aufenthalt gestellt werden.

    Unwirksam ist sie nicht. Aber verfristet.
    Wenn überhaupt ergibt sich ein Anfechtungsgrund für die Versäumung der Frist daraus, dass das Gericht es versäumt hat, die Beteiligten darauf hinzuweisen, dass es für die Zuständigkeit nicht auf den letzten Wohnsitz, sondern den letzten gewöhnlichen Aufenthalt ankommt.

    Mit anderen Worten, die Unklarheit hinsichtlich des letzten gewöhnlichen Aufenthalts soll tatsächlich zu Lasten der (rechtsunkundigen) Erben gehen? :(

  • Mit anderen Worten, die Unklarheit hinsichtlich des letzten gewöhnlichen Aufenthalts soll tatsächlich zu Lasten der (rechtsunkundigen) Erben gehen? :(

    Deswegen auch die Zuständigkeit nach § 344 VII FamFG. Wo er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wird der Ausschlagende schon wissen.

    Wohin die Ausschlagung dann weiterzuleiten ist, muss dann das sog. Wohnsitznachlassgericht ermitteln.

  • Ich sehe das wie Tom. Es gibt einen Anfechtungsgrund.

    Ich würde die Auschlagenden darauf hinweisen, dass ihre Erklärungen verfristet seien könnten und das daher ein Anfechtungsgrund gegeben sein könnte. Mehr kann das zuständige Nachlassgericht dann nicht mehr tun.

    Wenn die Auschlagenden, wovon auszugehen sein dürfte, bis zum Erhalt der Nachricht des Nachlassgericht nichts vom Anfechtungsgrund wussten, beginnt die Anfechtungsfrist mit Erhalt des Schreibens (Ich würde es daher förmlich zustellen).

    Demnach hätten die Auschlagenden noch 6 Wochen Zeit für die Anfechtung. Fechten sie an, alles gut. Fechten sie nicht an, ihr Pech.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Mit anderen Worten, die Unklarheit hinsichtlich des letzten gewöhnlichen Aufenthalts soll tatsächlich zu Lasten der (rechtsunkundigen) Erben gehen? :(

    Deswegen auch die Zuständigkeit nach § 344 VII FamFG. Wo er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wird der Ausschlagende schon wissen.

    Wohin die Ausschlagung dann weiterzuleiten ist, muss dann das sog. Wohnsitznachlassgericht ermitteln.


    Im hier geschilderten Fall wurde die Ausschlagung nicht vom Wohnsitzgericht protokolliert.

    Unabhängig davon, gibt es viele Fälle, in denen Kontakt zwischen dem Erblasser und den potentiellen Erben nicht (mehr) bestand. Von einer Kenntnis des Ausschlagenden hinsichtlich des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers ist daher nicht zwingend auszugehen.

  • Ich sehe das wie Tom. Es gibt einen Anfechtungsgrund.

    Ich würde die Auschlagenden darauf hinweisen, dass ihre Erklärungen verfristet seien könnten und das daher ein Anfechtungsgrund gegeben sein könnte. Mehr kann das zuständige Nachlassgericht dann nicht mehr tun.

    Wenn die Auschlagenden, wovon auszugehen sein dürfte, bis zum Erhalt der Nachricht des Nachlassgericht nichts vom Anfechtungsgrund wussten, beginnt die Anfechtungsfrist mit Erhalt des Schreibens (Ich würde es daher förmlich zustellen).

    Demnach hätten die Auschlagenden noch 6 Wochen Zeit für die Anfechtung. Fechten sie an, alles gut. Fechten sie nicht an, ihr Pech.

    Also trägt man auch eine eventuelle Uneinigkeit zwischen Nachlassgerichten hinsichtlich des letzten gewöhnlichen Aufenthalts letzlich auf dem Rücken d. Ausschlagenden aus? :gruebel:

    Manchmal gehen die Meinungen ja doch sehr auseinander, z. B. hier: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…chlassgerichten

  • Habe gerade nochmal in die Kommentierung zum FamFG geguckt und habe folgendes gefunden: Wenn das örtlich unzuständige Nachlassgericht sich erstmal so verhält, als wäre es zuständig, bzw. nicht direkt auf die Unzuständigkeit hinweist, gilt die Ausschlagung als wirksam.

  • Hat sich das „erstzuständige“ Nachlassgericht wirklich für zuständig gehalten?

    Hat es nicht nach Eingang der Ausschlagungen seine Zuständigkeit/Unzuständigkeit ermittelt und dann -nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten i.S. von § 3 FamFG- sofort verwiesen.

    Um verweisen zu können, muss ich erst einmal ermitteln. Dann muss ich rechtliches Gehör gewähren. Erst dann kann ich verweisen.

    Und ich glaube nicht, dass ich bis zum Zeitpunkt der Verweisung als zuständiges Nachlassgericht gelten

  • Ohne besondere Anhaltspunkte werden die Angaben der Beteiligten in Ausschlagungsverfahren nicht standartmäßig überprüft. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass der angegebene letzte Aufenthalt richtig ist.

    Im Hinblick auf die 6-wöchige Frist, würde ich "direkt" hier schon als "kurzfristig" verstehen.

  • Nur mal so gefragt:

    Die Erben hätten doch auch an ihrem eigenen Nachlassgericht ausschlagen können. Wo ist bei einer Anfechtung der Ausschlagung beim falschen Niederlassungsgericht die Kausalität?

    DESIRE IS THE HURDLE TO SALVATION AND TIES ONE TO SAMSARA

  • Nur mal so gefragt:

    Die Erben hätten doch auch an ihrem eigenen Nachlassgericht ausschlagen können. Wo ist bei einer Anfechtung der Ausschlagung beim falschen Niederlassungsgericht die Kausalität?

    Hatten die Erben machen können, sie sind aber stattdessen zum Notar gegangen und haben die Ausschlagung zum (wohl) unzuständigen Nachlassgericht erklärt.

  • Nur mal so gefragt:

    Die Erben hätten doch auch an ihrem eigenen Nachlassgericht ausschlagen können. Wo ist bei einer Anfechtung der Ausschlagung beim falschen Niederlassungsgericht die Kausalität?

    Hatten die Erben machen können, sie sind aber stattdessen zum Notar gegangen und haben die Ausschlagung zum (wohl) unzuständigen Nachlassgericht erklärt.

    Aber auch der Notar hätte die Ausschlagung beim Wohnortnachlassgericht der Ausschlagenden einreichen können.

    Hat der Notar die Zuständigkeit nicht richtig geprüft? Hätte er die richtige Zuständigkeit erkennen können? Hat er einen Fehler gemacht?

    Das Problem ist die Angabe des melderechtlichen Wohnsitzes in der Sterbeurkunde und der zuständigkeitsbegründende gewöhnliche Aufenthalt des Erblasssers, die auseinander fallen können.

    Wenn der Ausschlagende sich beim gewöhnlichen Aufenthalt nicht sicher ist, sollte auch der Notar vielleicht sicherheitshalber beim Wohnsitznachlassgericht einreichen, vor allem dann, wenn die politische Gemeinde mehrere Amtsgerichte hat.

    Was ist, wenn beim AG A1 eingereicht wird, der Erblasser aber im Zuständigkeitsbereich des AG A2 aufenthältlich war? Und die Ausschlagung beim AG1 zuerst liegen geblieben ist (Aktenanlage und Vorlage an Rechtspfleger)?

  • Nur mal so gefragt:

    Die Erben hätten doch auch an ihrem eigenen Nachlassgericht ausschlagen können. Wo ist bei einer Anfechtung der Ausschlagung beim falschen Niederlassungsgericht die Kausalität?

    Hatten die Erben machen können, sie sind aber stattdessen zum Notar gegangen und haben die Ausschlagung zum (wohl) unzuständigen Nachlassgericht erklärt.

    Aber auch der Notar hätte die Ausschlagung beim Wohnortnachlassgericht der Ausschlagenden einreichen können...

    Es ist mindestens sehr umstritten, ob der Notar die Ausschlagung beim Wohnsitzgericht einreichen darf, siehe z. B. hier: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1005555

  • Nur mal so gefragt:

    Die Erben hätten doch auch an ihrem eigenen Nachlassgericht ausschlagen können. Wo ist bei einer Anfechtung der Ausschlagung beim falschen Niederlassungsgericht die Kausalität?

    Hatten die Erben machen können, sie sind aber stattdessen zum Notar gegangen und haben die Ausschlagung zum (wohl) unzuständigen Nachlassgericht erklärt.

    Aber auch der Notar hätte die Ausschlagung beim Wohnortnachlassgericht der Ausschlagenden einreichen können...

    Es ist mindestens sehr umstritten, ob der Notar die Ausschlagung beim Wohnsitzgericht einreichen darf, siehe z. B. hier: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1005555


    Es war umstritten. Die Neufassung des § 344 Abs. 7 FamFG hat das erledigt.
    Die Gesetzesbegründung führt insoweit aus:
    „Von der Entgegennahme sind sowohl die Ausschlagungs- oder Anfechtungserklärungen in öffentlich beglaubigter Form als auch die zur Niederschrift des Nachlassgerichts abgegebenen Erklärungen erfasst. Soweit nunmehr in Satz 2 die Erklärungen in öffentlich beglaubigter Form ausdrücklich aufgeführt sind, dient auch dies lediglich der Klarstellung, dass nicht nur zur Niederschrift aufgenommene Erklärungen an das nach § 343 FamFG zuständige Nachlassgericht zu übersenden sind, sondern auch Ausschlagungs- und Anfechtungserklärungen in öffentlich beglaubigter Form.“
    (BT-Drucks. 18/4201, S. 59)

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