Aufrechnung mit Kostenerstattunganspruch?

  • Liebe Foren-Mitglieder,

    ich würde gerne Euer Wissen abschöpfen - etwas, was in der Ausbildung zum Rechtsanwalt etwas zu kurz kommt :confused::D Kann eine Partei einen teilweise begründeten (Gegen)Anspruch mit einem (eigenen) Kostenerstattungsanspruch aufrechnen?

    Mal angenommen A klagt gegen B auf Zahlung in Höhe von 2500 Euro. Die Klage ist nur in Höhe von 500 Euro begründet und vorläufig vollstreckbar.

    B hat einen Kostenerstattungsanspruch gegen A gem § 106 ZPO, d.h. es werden beide Kostenerstattungsansprüche miteinander verrechnet, da A die Kosten von B zu 1/5 erhält (mal angenommen 250 Euro) und B die Kosten von A zu 4/5 (mal angenommen 1250 Euro), d.h. B hat gegen A einen Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 1000 Euro.

    Kann B seinen Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 1000 Euro mit dem teilweise per Klage begründeten Anspruch in Höhe von 500 Euro verrechnen? Sodass er nur 500 Euro verlangen würde?

    Wenn die Aufrechnung nicht möglich ist - gibt es Alternativen? Falls nicht; wie läuft das denn dann ab? Danach, wer schneller ist? Denn das Urteil wird ja für A vorläufig vollstreckbar sein. Und B kann doch erst aufrechnen, wenn sein Kostenerstattungsanspruch feststeht. Kann davon ausgegangen werden, dass der Prozessbevollmächtigte des A eine Aufrechnung nach dem Urteil kollegialerweise akzeptiert, bevor Titel und/oder Kostererstattungsanspruch erteilt/festgesetzt werden?

    Vielen Dank schon einmal im Voraus

  • Aus meiner Sicht ist eine Aufrechnung möglich, da es sich jeweils um titulierte Ansprüche handelt, die auch in demselben Verfahren entstanden sind.
    Ich hatte schon solche Fälle und mit der Aufrechnung keine Probleme.

  • Kann B seinen Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 1000 Euro mit dem teilweise per Klage begründeten Anspruch in Höhe von 500 Euro verrechnen? Sodass er nur 500 Euro verlangen würde?

    Nach OLG Karlsruhe (NJW 1994, 593) und OLG Düsseldorf (NZBau 2017, 278) ist keine Aufrechnung mit dem KfB gegen die im selben Verfahren geltend gemachte Forderung möglich (Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl., § 104 Rn. 21.14).

    Und nach Auffassung des OLG Düsseldorf (Rpfleger 1996, 373) ist bei der Kostenausgleichung nach § 106 ZPO ein aufrechenbarer Kostenerstattungsanspruch erst mit der Feststsetzung bestimmbar, nach Auffassung des OLG München (MDR 2000, 850) dagegen bereits ab Einreichung der Festsetzungsanträge.

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  • Kann B seinen Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 1000 Euro mit dem teilweise per Klage begründeten Anspruch in Höhe von 500 Euro verrechnen? Sodass er nur 500 Euro verlangen würde?

    Nach OLG Karlsruhe (NJW 1994, 593) und OLG Düsseldorf (NZBau 2017, 278) ist keine Aufrechnung mit dem KfB gegen die im selben Verfahren geltend gemachte Forderung möglich (Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl., § 104 Rn. 21.14).

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    Wie wird das denn begründet? Ich habe gerade keinen Zugang zu Juris. Vorstellen kann ich mir die Begründung nicht, schließlich handelt es sich jeweils um Geldforderungen.

    Der BGH hat hingegen eine Aufrechnung mit einem festgesetzten Kostenerstattungsanspruch für zulässig erklärt, BGH, 18.07.2013 - VII ZR 241/12

  • Wie wird das denn begründet? Ich habe gerade keinen Zugang zu Juris. Vorstellen kann ich mir die Begründung nicht, schließlich handelt es sich jeweils um Geldforderungen.

    Der BGH hat hingegen eine Aufrechnung mit einem festgesetzten Kostenerstattungsanspruch für zulässig erklärt, BGH, 18.07.2013 - VII ZR 241/12


    Vielleicht muß ich meinen Kommentar ein wenig einschränken und konkretisieren, weil ich den Sachverhalt evtl. strapaziert habe: Mein Kommentar bezieht sich auf den Fall, daß während des (z. B. in der Berufung anhängigen) Verfahrens mit dem Kostenerstattungsanspruch aus demselben Verfahren aufgerechnet werden soll. Das ist nach herrschender Ansicht nicht statthaft (das OLG Düsseldorf verweist dazu auch auf BGH, WM 1981, 792 - Rn. 56; MDR 1976, 460, NJW 1963, 714; OLG Düsseldorf NJW 1962, 1400 m.w.N. und das OLG Karlsruhe, a.a.O.).

    Die Aufrechnung verbiete sich abgesehen von praktischen Bedenken vor allem deshalb, weil eine derartige Aufrechnung zu unhaltbaren Konsequenzen für die noch zu treffende Kostenentscheidung führen würde. Ließe man nämlich die Aufrechnung durchgreifen, müsste der Aufrechnende zu weniger als an sich geschuldet verurteilt werden, was sich wiederum bei der vom Gericht zu treffenden Kostenentscheidung zu seinen Gunsten auswirken würde (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.).

    Insofern liegt der Fall also anders, wenn mit einem Kostenerstattungsanspruch (auch aus einem vorl. vollstr. Urteil) aus einem anderen Verfahren aufgerechnet wird (das ist bei dem von Dir zitierten BGH der Fall).

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  • Wie wird das denn begründet? Ich habe gerade keinen Zugang zu Juris. Vorstellen kann ich mir die Begründung nicht, schließlich handelt es sich jeweils um Geldforderungen.

    Der BGH hat hingegen eine Aufrechnung mit einem festgesetzten Kostenerstattungsanspruch für zulässig erklärt, BGH, 18.07.2013 - VII ZR 241/12


    Vielleicht muß ich meinen Kommentar ein wenig einschränken und konkretisieren, weil ich den Sachverhalt evtl. strapaziert habe: Mein Kommentar bezieht sich auf den Fall, daß während des (z. B. in der Berufung anhängigen) Verfahrens mit dem Kostenerstattungsanspruch aus demselben Verfahren aufgerechnet werden soll. Das ist nach herrschender Ansicht nicht statthaft (das OLG Düsseldorf verweist dazu auch auf BGH, WM 1981, 792 - Rn. 56; MDR 1976, 460, NJW 1963, 714; OLG Düsseldorf NJW 1962, 1400 m.w.N. und das OLG Karlsruhe, a.a.O.).

    Die Aufrechnung verbiete sich abgesehen von praktischen Bedenken vor allem deshalb, weil eine derartige Aufrechnung zu unhaltbaren Konsequenzen für die noch zu treffende Kostenentscheidung führen würde. Ließe man nämlich die Aufrechnung durchgreifen, müsste der Aufrechnende zu weniger als an sich geschuldet verurteilt werden, was sich wiederum bei der vom Gericht zu treffenden Kostenentscheidung zu seinen Gunsten auswirken würde (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.).

    Insofern liegt der Fall also anders, wenn mit einem Kostenerstattungsanspruch (auch aus einem vorl. vollstr. Urteil) aus einem anderen Verfahren aufgerechnet wird (das ist bei dem von Dir zitierten BGH der Fall).


    Danke für die Erläuterung bzw. Klarstellung.

    Wenn ich den Sachverhalt in Beitrag 1 richtig verstehe, soll hier jedoch keineswegs während eines laufenden Verfahren aufgerechnet werden, sondern erst zu einem Zeitpunkt, in dem ein vorläufig vollstreckbares Urteil bereits vorliegt. Auswirkungen hinsichtlich der zu treffenden Kostenentscheidung können damit nicht mehr eintreten.

    Aus meiner Sicht spricht daher nichts gegen die Aufrechnung in dieser Falllage.

  • Würde ich meinen (soweit in der Höhe unstreitiger Kostenerstattungsanspruch oder rechtskräftig), wobei bei Wegfall des (rechtskräftigen) KfB durch Änderung des Urteils in höherer Instanz auch die Aufrechnung rückwirkend entfällt (MK-BGB/Schlüter, 8. Aufl., § 387 Rn. 19 m.w.N.).

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  • Zunächst einmal vielen, vielen Dank für Eure Rückmeldungen! Das hat mir schon sehr weitergeholfen.

    Würde ich meinen (soweit in der Höhe unstreitiger Kostenerstattungsanspruch oder rechtskräftig), wobei bei Wegfall des (rechtskräftigen) KfB durch Änderung des Urteils in höherer Instanz auch die Aufrechnung rückwirkend entfällt (MK-BGB/Schlüter, 8. Aufl., § 387 Rn. 19 m.w.N.).

    Das lese ich auch aus dem bereits zitiierten Urteil des BGH vom 18. Juli 2013 – VII ZR 241/12:


    https://dejure.org/dienste/vernet…I%20ZR%20241/12

    Zitat

    Wird die Aufrechnung dementsprechend im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage nach § 794 Abs. 1 Nr. 2, § 795 Satz 1, § 767 ZPO geltend gemacht, muss der Kostenerstattungsanspruch betragsmäßig durch einen rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschluss festgestellt sein, wenn sich die Parteien nicht über die Höhe des Kostenerstattungsanspruchs einig sind.

    D.h. aber auch im Endeffekt für den Ausgangsfall: Wenn A schneller ist mit der Beantragung der Ausfertigung für ein vorläufig vollstreckbares Urteil bzgl. des teilbegründeten Anspruchs in Höhe von 500 Euro als B mit der Beantragung seines Kostenfestsetzungsbeschlusses bzw. der Rechtspfleger, der für A das vorläufig vollstreckbare Urteil als Titel ausfertigt, schneller ist als der Rechtspfleger, der für B den Kostenfestsetzungsbeschluss in Höhe von 1000 Euro erlässt, dann kann A vollstrecken, ohne dass B die Aufrechnung erklären kann.

    Gibt es da keine Lösung, dass B dem vorbeugen kann? Ansonsten wäre er ja dem Insolvenzrisiko des A ausgesetzt oder dass die Vollstreckung seiner Kosten ins Leere gehen, wenn z.B. A in einem "neuen" EU-Land sitzt und dort mit Schwierigkeiten einer Vollstreckung zu rechnen ist; § 110 ZPO greift dann ja nicht. :D

  • Wie läuft das denn mit einer begründeten Klage und einer begründeten Widerklage?

    Die Beträge werden ja nicht miteinander verrechnet oder? Heißt das, dass jede Partei den jeweiligen Betrag fordert bzw. überweist? Ist das nicht albern? Wird stattdessen in der Regel von einer Partei die Aufrechnung erklärt?

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