örtliche Zuständigkeit Vormundwechsel

  • Hallo zusammen,

    ich habe eine Frage. Das AG X aus einem anderen OLG-Bezirk hat gestern einen schriftlichen Antrag der Pflegeeltern auf Vormundwechsel (datiert von Anfang Februar) an mich als Familiengericht weitergesandt zur weiteren Veranlassung. Die Vormundschaft wird wohl beim AG X geführt, das Kind lebt mit den Pflegeeltern in meinem Gerichtsbezirk. Ich habe keine weiteren Angaben zum Fall. M.E. ist doch das AG X für die Prüfung des Vormundwechsels zuständig, erst danach könnte über eine förmliche Abgabe nachgedacht werden, oder? So hab ich es immer gemacht.
    Wie seht ihr die Rechtslage?

  • Wenn wir unsere Entlassung beantragen und jemand vor Ort als Vormund vorschlagen, beantragen wir zeitgleich die vorherige Abgabe nach §4 FamFG an das Gericht am gA des Mündels. Aktueller Bericht des Vormundes ist natürlich beigefügt. Soweit ich das überblicke, hat es seither keine Probleme mehr gegeben.

    Verfahren über Amtshilfe laufen zu lassen, dauert extrem.

  • Ich denke, das Gericht, dass das Verfahren führt, muss über den Antrag entscheiden. Ist das irgendwo geregelt? Ich kenne die Entscheidung des OLG Hamm, dass allein der Wohnortwechsel des Mündels für eine Abgabe nicht ausreicht. Vielmehr muss auch der Vormund den Gerichtsbezirk gewechselt haben. Erst dann ist eine Abgabe möglich.
    So machen wir das hier immer. Wie sehen das die anderen Familienrechtspfleger?

  • Ich denke, das Gericht, dass das Verfahren führt, muss über den Antrag entscheiden. Ist das irgendwo geregelt? Ich kenne die Entscheidung des OLG Hamm, dass allein der Wohnortwechsel des Mündels für eine Abgabe nicht ausreicht. Vielmehr muss auch der Vormund den Gerichtsbezirk gewechselt haben. Erst dann ist eine Abgabe möglich.
    So machen wir das hier immer. Wie sehen das die anderen Familienrechtspfleger?


    Ich sehe es ganz anders als du. Aus meiner Sicht spricht nichts dafür, auf den Gerichtsbezirk des Vormunds abzustellen.

    Das wäre ggf. bei einem ehrenamtlichen Einzelvormund praktisch noch möglich. Aber schon bei einem Berufsvormund scheitert man mit dieser Ansicht. Es gibt welche, die Vormundschaften (dauerhaft) in einem anderen Gerichtsbezirk führen als sie selbst wohnen (bzw. ihr Büro haben), worauf sollte dann eigentlich abgestellt werden (Wohnung oder Büro?). Hinzu kommen die Berufsvormünder, die ohnehin (ständig) Vormundschaften und Pflegschaften in mehreren benachbarten Gerichtsbezirken übernehmen.

    Die (teilweise praktizierte) Differenzierung zwischen Vormundschaften und Betreuungen vermag ich nicht so recht nachvollziehen. In Betreuungsverfahren führt der Umzug des Betroffenen grundsätzlich zur Abgabe des Verfahrens an das dann zuständige Gericht (eben weil dort Anhörungen leichter erfolgen können, das Gericht vor Ort ggf. das entsprechende Heim kennt usw.)

    Ansonsten verweise ich gern auf den zutreffenden Beitrag von JoansDong: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1106266

  • Ob die Abgabe des Verfahrens vor oder nach dem Vormundwechsel erfolgt, kann im Einzelfall unterschiedlich gehandhabt werden, ist aber für die Ausgangsfrage ohne Belang. Über den Antrag entscheidet das Gericht, welches das Vormundschaftsverfahren führt. Wenn das AG X das Verfahren bisher nicht abgegeben hat, hat es selbst über den Wechsel zu entscheiden. Du kannst kein zweites Verfahren für die gleiche Vormundschaft aufmachen.
    Also Schriftsatz zurückschicken. Das AG X muss sich schon entscheiden: Das ganze Verfahren abgeben oder erst noch den Wechsel selber machen.

  • Ob die Abgabe des Verfahrens vor oder nach dem Vormundwechsel erfolgt, kann im Einzelfall unterschiedlich gehandhabt werden, ist aber für die Ausgangsfrage ohne Belang. Über den Antrag entscheidet das Gericht, welches das Vormundschaftsverfahren führt. Wenn das AG X das Verfahren bisher nicht abgegeben hat, hat es selbst über den Wechsel zu entscheiden. Du kannst kein zweites Verfahren für die gleiche Vormundschaft aufmachen.
    Also Schriftsatz zurückschicken. Das AG X muss sich schon entscheiden: Das ganze Verfahren abgeben oder erst noch den Wechsel selber machen.


    AG X hätte das Ersuchen konkreter gestalten sollen.

    Den in #1 genannten Passus "Das AG X aus einem anderen OLG-Bezirk hat gestern einen schriftlichen Antrag der Pflegeeltern auf Vormundwechsel (datiert von Anfang Februar) an mich als Familiengericht weitergesandt zur weiteren Veranlassung." kann man auch so verstehen, dass das Empfängergericht (wegen der Ortsnähe) das Kind zum beantragten Wechsel anhören soll.
    Ein entsprechendes Ersuchen dürfte auch zulässig sein.

    Allerdings erspart man sich derartiges im Vorfeld bei rechtzeitiger Abgabe des Verfahrens wegen Umzugs des Mündels.

  • Leider erwähnt das Grundgesetz nicht, ob es sich um eine Amtsvormundschaft oder eine ....Vormundschaft handelt.
    Bei einer bestellten Amtsvormundschaft käme der Aspekt des § 87c Absatz 2 Satz 3 SGB VIII. Danach wird die Vormundschaft in jedem Fall örtlich in den Gerichtsbezirk des Kindes wechseln, wenn keine besonderen Gründe vorliegen.

    Nur zur Klarstellung:

    Der erwähnte § 87c Absatz 2 Satz 3 SGB VIII regelt "nur" den Wechsel zwischen dem JA am bisherigen Wohnsitz des Kindes und des JA am neuen Wohnsitz.

    Eine zwingende Abgabe des Vormundschaftsverfahrens durch das Familiengericht ist damit nicht verbunden.

  • Ich würde es von praktischen Erwägungen abhängig machen, wer über den Vormundwechsel entscheiden sollte. Ist das Kind nur ein paar Häuschen weiter in einen benachbarten Gerichts-/OLG-Bezirk gezogen? Dann sollte das Gericht, bei dem die Sache jetzt geführt wird, entscheiden, da es im Zweifel die Beteiligten alle kennt und das Kind unproblematisch anhören und ggf. einen ortsnahen Verfahrensbeistand bestellen kann. Andernfalls würde ich das Gericht am neuen Wohnort des Kindes bereits jetzt um Übernahme bitten, da ich die Sache früher oder später ohnehin dorthin abgeben würde. Dann kann man sich dort schon jetzt im Rahmen des Wechsels in die Sache einarbeiten und die Beteiligten kennenlernen, mit denen man später zusammenarbeiten wird. Kommt natürlich ein bisschen auch auf das Alter des Kindes an (wenn es z. B. kurz vor der Volljährigkeit steht, würde ich vielleicht KEINE Abgabe mehr anstreben).

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Ich denke hier wurde von Moosi der falsche Absatz benannt, denn die bestellten Vormund- und Pflegschaften werden in § 87c Abs.3 (und nicht Abs.2) SGB VIII abgehandelt.

    Richtig erkannt, Bürostuhlakrobat. Es geht um Absatz 3. Und damit komme ich zu Frogs Einwand: Es ist zwar nur eine Vorschrift für das Jugendamt, das Familiengericht kann gegen eine Abgabe aber nicht mehr einwenden, der bloße Umzug des Kindes sei noch kein wichtiger Grund für eine Abgabe. Durch die Vorschrift fürs JA ist ja vorgegeben, dass die Vormundschaft zum neuen Wohnsitz des Kindes wechselt.

    Wie gesagt, zunächst sollte das Grundgesetz nachliefern, um welche Art Vormundschaft es sich handelt.

  • Ich denke hier wurde von Moosi der falsche Absatz benannt, denn die bestellten Vormund- und Pflegschaften werden in § 87c Abs.3 (und nicht Abs.2) SGB VIII abgehandelt.

    Richtig erkannt, Bürostuhlakrobat. Es geht um Absatz 3. Und damit komme ich zu Frogs Einwand: Es ist zwar nur eine Vorschrift für das Jugendamt, das Familiengericht kann gegen eine Abgabe aber nicht mehr einwenden, der bloße Umzug des Kindes sei noch kein wichtiger Grund für eine Abgabe. Durch die Vorschrift fürs JA ist ja vorgegeben, dass die Vormundschaft zum neuen Wohnsitz des Kindes wechselt.

    ...


    Allerdings scheinen das nicht alle JA konsequent zu handhaben.

    Tatsächlich habe ich schon Akten gesehen, in denen der weit entfernt tätige Amtsvormund die Vormundschaft noch geraume Zeit weiterführte und entsprechend lange Dienstreisen zur Wahrnehmung der Mündelkontakte durchführte (und das betraf nicht Mündel drei Monate vor der Volljährigkeit).

  • Für die Praxis braucht es tatsächlich der Regelvorgaben. Dazu ist die Abgabevorschrift den kontrollierenden Familiengerichten zu wenig geläufig.

    Wir haben die Regel entwickelt: Beim ersten Hilfeplangespräch nach dem Umzug wird die Fallabgabe thematisiert und die Ergebnisse werden protokolliert. Das Ergebnis wird unter uns Vormündern besprochen. Die Gründe, die gegen einen Vormundwechsel werden dem Familiengericht vorgetragen, meist in Form eines unaufgeforderten Berichts.

    Wird der Vormundwechsel beantragt, wird der Antrag gleichzeitig mit dem Antrag auf gerichtliche Abgabe gestellt. Das hiesige AG ist mit den Lebensverhältnissen des Mündels und der Infrastruktur am neuen Wohnort eben nicht vertraut.

    Das vorherige Einverständnis für eine Abgabe bei den Kollegen einzuholen ist - es sei denn man kennt sich - völlig nutzlos. Wir informieren aber das JA parallel zum AG.

  • Vielleicht solltet ihr jeweils ergänzen, von welchen Fällen ihr sprecht.

    Bei der gesetzlichen Vormundschaft richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Mutter. Zuständigkeitswechsel erfolgen zwischen den Jugendämtern mit Bericht ans FamG.

    Bei der vom Gericht bestellten Vormundschaft richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes. Zuständigkeitswechsel erfolgen hier durch Antrag auf Entlassung und Neubestellung durch das FamG.

    In beiden Konstellationen können Gründe des Kindeswohls dafür sorgen, dass eine Vormundschaft auch von einem entfernten Jugendamt (weiter) geführt werden.

  • Vielleicht solltet ihr jeweils ergänzen, von welchen Fällen ihr sprecht.

    Bei der gesetzlichen Vormundschaft richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Mutter. Zuständigkeitswechsel erfolgen zwischen den Jugendämtern mit Bericht ans FamG.

    Bei der vom Gericht bestellten Vormundschaft richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes. Zuständigkeitswechsel erfolgen hier durch Antrag auf Entlassung und Neubestellung durch das FamG.

    ...

    Aus meiner Sicht gibt es keinen Unterschied hinsichtlich der Handhabung, ob es sich um eine kraft Gesetzes eingetretene Vormundschaft handelt oder eine bestellte.

    Das abgebende JA beantragt jewewils beim FamG seine Entlassung und Bestellung des neuen JA zum Amtsvormund.

  • Nein, bei der kraft Gesetzes eingetretenen Amtsvormundschaft jedenfalls nicht im ersten Schritt, siehe § 87c Abs. 2 SGB VIII. Hier geht die Vormundschaft ebenfalls kraft Gesetzes auf das übernehmende Jugendamt über.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • In der hiesigen Praxis konnte ich jedenfalls noch keinen Unterschied feststelllen. Vielleicht ist das aber auch regional verschieden.

  • Kann es nicht sein, denn es ist ein Bundesgesetz...:gruebel::nixweiss:

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Ich denke, das Gericht, dass das Verfahren führt, muss über den Antrag entscheiden. Ist das irgendwo geregelt? Ich kenne die Entscheidung des OLG Hamm, dass allein der Wohnortwechsel des Mündels für eine Abgabe nicht ausreicht. Vielmehr muss auch der Vormund den Gerichtsbezirk gewechselt haben. Erst dann ist eine Abgabe möglich.
    So machen wir das hier immer. Wie sehen das die anderen Familienrechtspfleger?


    Mir liegt gerade ein Extrembeispiel vor, was gegen die Auffassung des OLG Hamm und eure Handhabung spricht:

    Ein Mündel hat schon ewig einen Berufsvormund und lebt seit nahezu sieben Jahren (!) in einer vom hiesigen Gericht etwa 300 km entfernten Stadt in einem Kinderheim. Das dortige Gericht würde die Akte nur übernehmen, wenn auch ein Wechsel des Vormundes erfolgt. Der bestellte Berufsvormund möchte die Vormundschaft aber überhaupt nicht abgeben und gewährleistet trotz des erheblichen Aufwandes auch die persönlichen Kontakte zum Mündel.

    Kann das wirklich Sinn der Sache sein, das Verfahren mangels Vormundwechsels ewig beim hiesigen Gericht zu behalten? :gruebel: (jedes Jahr Rechnungslegung, Bericht, Vergütungsanträge)

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