Vergütung: Stationäre Einrichtung/Andere Wohnform vs Obdachlosigkeit

  • Hallo, ich bin Rechtsanwaltsgehilfe und mein Chef (Rechtsanwalt) ist seit ca. einem Jahr als Berufsbetreuer tätig. Ich hatte jetzt einige Abrechnungen auf dem Schreibtisch und habe in einer Sache eine Verfügung erhalten bei der ich mangels Erfahrung unsicher bin. Folgender Sachverhalt:

    Der zu Betreuende ist obdachlos, befand sich zum Zeitpunkt der Betreuungsbestellung im Krankenhaus und ist dann dort auch noch ein paar Wochen gewesen. Anschließend Reha (1-2 Wochen) und danach zurück in die Obdachlosigkeit. Zwischenzeitlich (erst seit zwei Wochen) konnten wir eine Unterkunft für ihn finden. Während der Obdachlosigkeit ist der zu Betreuende bei Freunden untergekommen.

    Die Vergütungsansprüche habe ich wie folgt abgerechnet: Berufsbetreuer bei Nicht-Heimbewohner (altes Recht) bzw. C1.2 Andere Wohnform.

    Jetzt habe ich vom Gericht eine Verfügung erhalten: ...bis zum Umzug dürfte sich die Vergütung nach C1.1.1 der Tabelle zu § 4 Abs. 1 VBVG richten, da der zu Betreuende keinen festen Wohnsitz hatte und im Krankenhaus war.

    Ist das wirklich so richtig? Das Betreuungsgericht weiß um die Obdachlosigkeit und natürlich war der zu Betreuende nur zeitweise im Krankenhaus und ansonsten "auf der Straße".


    Ggf. würde ich die Vergütung noch mal stückeln in Krankenhaus/Reha (C1.1) und Obdachlosigkeit (C1.2). Frage vorher noch mal hier, da ich noch nicht so viel Erfahrung mit der Abrechnung von Betreuungssachen habe.


    Wie eingangs schon gesagt bin ich noch relativ unerfahren in der Abrechnung von Betreuungsverfahren und wollte vor Beantwortung der Vergütung mal hier fragen, ob ich mit meiner Annahme auf dem Holzweg bin.
    Vielen Dank.

  • Welcher Art war der Krankenhausaufenthalt denn? Psychiatrisches KH? Behandlung nach Unfall? Entgiftung?

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Welcher Art war der Krankenhausaufenthalt denn? Psychiatrisches KH? Behandlung nach Unfall? Entgiftung?

    Aus der Obdachlosigkeit mit einer Lungenentzündung in ein reguläres Krankenhaus eingeliefert (vor der Betreuungsbestellung). Sodann Verlegung in ein anderes Krankenhaus zwecks Operation. Dort Ortstermin seitens des Betreuungsgerichts (zu diesem Zeitpunkt war der zu Betreuende noch auf der Intensivstation) und anschließender Bestellung von uns. Nachdem dieser dort genesen ist, war noch für 1-2 Wochen in einer REHA außerhalb Berlins. Die Entlassung dort erfolgte in die erneute Obdachlosigkeit. Als Meldeanschrift wurde dort die Kanzleianschrift hinterlegt.

  • Da im Krankenhaus kein gewöhnlicher Aufenthalt begründet wurde, würde ich auch nach nicht-stationär/andere Wohnform abrechnen.

    Sehe ich in dieser Konstellation auch so.

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

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  • Ich meine im Münchner Kommentar steht, dass bei unbekanntem Aufenthalt (was für mich hinsichtlich der Vergütung mit der Obdachlosigkeit gleichgestellt werden kann) als Abrechnungsgrundlage die andere Wohnform anzunehmen ist.
    Denn wäre er in einer Einrichtung, wäre er nicht unbekannten Aufenthalts bzw. obdachlos..

  • Ich würde das Thema hier gerne nochmal aufgreifen, da ich in einem Fall sehr unsicher bin. Ich mache Betreuung im Moment aufgrund einer Dauerkrankheit in Vertretung und hab nicht so die Erfahrung leider.


    Ich hab eine Betreute, die war in einer Einrichtung in meinem Bezirk. Sie war dann in einer Psychatrischen Klinik untergebracht und hätte in die Einrichtung zurückkehren sollen. Sie wurde am 29.12.2020 aus der Klinik entlassen ist bei Einrichtung jedoch nicht aufgetaucht und war seit dem abgängig. Die Polizei hat sie Betroffene am 30.12.2020 aufgegriffen und wollte sie zurück zur Einrichtung bringen. Dort wurde man ihr nicht habhaft, sodass man sie dort aus diziplinarischen Gründen entlassen hat. Sie wurde mi dem Hinweis, sie mögen sich bei dem Café ... (andere Einrichtung) melden. Seit dem ist sie erneut abgängig gewesen. Es wurde dann nach der Betroffenen gefahndet und ein anderes Amtsgericht hat dann einen vorläufigen Beschluss zur Unterbringung gemacht und hat die Betroffene zunächst bis 09.03. untergebracht in einer geschlossenen Einrichtung. Die Unterbringung wurde von dem anderen AG bis 12.04.2021 verlängert und dann wurde die Betroffene in eine andere psychiatrische Einrichtung verlegt. Das dortige AG hat dann einen neuen Unterbringungsbeschluss gemacht bis 17.04.

    Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Betroffene daher noch untergebracht.


    Die Betreuerin hat für die Zeit der Abgängigkeit und der Unterbringung in den psychiatrischen Kliniken nun "andere Wohnform" beantragt.

    Ich hatte das ganze mit der Bezirksrevisorin kurz telefonisch besprochen und diese meinte, dass die Abgängigkeit keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründen würde und da die Betroffene vor allem keine Wohnung hätte derzeit, wäre weiterhin als stationär abzurechnen.

    Die Betreuerin begründet ihre Ansicht damit, dass die alte Einrichtung die Maßnahme beendet hätte und die Betroffene in der neuen Einrichtung sich nicht gemeldet hätte. Bevor ich hier jetzt meinen Beschluss mache und die Vergütung absetze, dachte ich, ich frag hier noch mal nach Meinungen :)

  • Wenn die Einrichtung der regelmäßige Aufenthaltsort der Betroffenen war und die Einrichtung wegen disziplinarischer Gründe gekündigt hat, war/ist die Betroffene seitdem de facto als wohnungslos anzusehen. Mithin kann m.E. auch mit "andere Wohnform" abgerechnet werden. Auch die (erneute) Unterbringung ändert daran nichts und begründet (ähnlich wie bei der U-Haft) keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt.

    PS: Dass die BezRev argumentiert, wie sie argumentiert, liegt in der Natur der Sache , aber m.E. komplett daneben ;)

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

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  • Ok. Erst mal vielen Dank für die Rückmeldung. Gibt es dazu Kommentarstellen oder Rechtsprechung? Das ich das in meiner Akte irgendwie anführen kann, um die Änderung meiner Ansicht zu begründen :D Weil ich ihr ja bisher immer geschrieben hab, dass ich der Ansicht bin, dass stationär abzurechnen sei.

  • Ich kann - außer meiner eigenen Meinung - im Moment nur https://www.reguvis.de/betreuung/wiki…er_als_Heim_.3F anbieten. Da findet man allerlei zum Thema Aufenthalt. Im Übrigen siehe #6.

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

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