Vereinfachtes Unterhaltsverfahren gemeinsamer Antrag Jobcenter/Landratsamt

  • Hallo,

    ich habe hier einen kleinen Spezialfall.
    Ich soll den Unterhalt im vereinfachten Verfahren festsetzten. Mir liegt ein gemeinsamer Antrag des Jobcenters und der Unterhaltsvorschusskasse des Landratsamts vor.
    Beide haben in der Vergangenheit wohl Leistungen ausgezahlt.
    Nun war der Antrag so dermaßen unübersichtlich, dass ich die beiden gebeten habe, die einzelnen Positionen doch aufzuschlüsseln und mitzuteilen, für wen der laufende Unterhalt tituliert werden soll.

    Bezüglich der Rückstände beantragt die UV-Kasse 100%, abzüglich des vollen Kindergelds.
    Das Jobcenter beantragt 100 %, abzüglich des hälftigen Kindergelds, abzüglich des Betrags der UV-Kasse.
    Laufenden Unterhalt beantragen beide (?).

    Kann ich das so titulieren? Ich bin mir ziemlich unsicher...
    Muss ich bzgl. des laufenden Unterhalts die gleiche Berechnung wie bei den Rückständen vornehmen? Und wer hat eigentlich entschieden, dass die UV-Kasse gegenüber dem Jobcenter bevorrechtigt wird?

  • Da hast du wirklich ein verzwicktes Problem....

    Wegen der Aufteilung des Unterhaltsanspruchs hätte ich folgende Idee:

    Die Rückstände würde ich wie beantragt titulieren und bei laufendem Unterhalt würde die UVG Kasse wohl Mindestunterhalt abzüglich ganzes Kindergeld bekommen. Das Jobcenter bekäme Mindestunterhalt abzüglich halbes Kindergeld abzüglich Übergang auf die UVG-Kasse (also den "Rest").

    Meine Argumentation, wie mit der Konkurrenz von § 7 UVG und § 33 SGB II umzugehen ist, könnte etwas wacklig sein, aber ich möchte sie dennoch mal darlegen:

    Dreh- und Angelpunkt ist für mich § 12a SGB II. Dieser besagt, dass die ALG II- Empfänger vorrangig andere Sozialleistungen in Anspruch nehmen müssen um ihre Hilfsbedürftigkeit damit wenigstens teilweise zu beseitigen. Daher erhalten die Kinder erstmal UVG Leistungen und nur der "Fehlbetrag" (Differenz zwischen SGB II Regelbedarf und UVG Leistungen) wird vom Jobcenter aufgefüllt. Wenn die UVG-Kasse vorrangig für den Unterhalt des Kindes aufkommen muss, würde ich auch deren Übergangsanspruch den Vorrang einräumen.

    Ich habe schon solche FH-Titel gesehen, die mehrere Anspruchsberechtigte enthalten (ich glaube, die kamen damals von einem hessischen Gericht). In der Vollstreckung waren die recht unerfreulich, da die ziemlich problematische Vollstreckungsklauseln hatten (den einzelnen Anspruchsberechtigten wurden nur bezüglich einzelner Tenorpunkte eine Vollstreckungsklausel erteilt und das war leider nicht ganz sauber gemacht).

  • Hinsichtlich des Antrags des Jobcenters, sich laufende (eventuell) übergehende Ansprüche festsetzen zu lassen, habe ich Bedenken ob das überhaupt möglich ist.

    Schaut man in die Kommentare zum § 33 SGB II fällt auf, dass dort immer nur von der Möglichkeit der Klage auf künftige Ansprüche möglich ist. Der Wortlaut des § 33 Abs. 3 S. 3 SGB II ("...können auch auf künftige Leistungen klagen") unterscheidet sich deutlich vom Wortlaut des § 7 Abs. 4 S. UVG ("Unterhaltsanspruch für die Zukunft ... gerichtlich geltend machen").

    Jedenfalls bedarf es bei § 33 SGB II einer Prognose in der Klage, dass Leistungen durch das Jobcenter auch für mindestens die nächsten sechs Monate (oder auch 12 je nach Kommentar) voraussichtlich zu erbringen sein werden.

    Vor Erteilung einer Klausel ist dann wohl auch noch der Nachweis des tatsächlich erfolgten Übergangs zu erbringen:

    "Hat der Leistungsträger mit seiner Klage auf künftige Leistung ein Urteil erwirkt, muss er bis zur Klauselerteilung nachweisen, dass er wirklich Inhaber der Forderung geworden ist (Münder in: LPK-SGB XII, 10. Aufl. 2015, § 94 Rn. 84)."
    [FONT=&quot](Gagel/Stotz, 76. EL Dezember 2019 Rn. 75, SGB II § 33 Rn. 75)

    M. E. kann somit zu Gunsten des Jobcenters im vereinfachten Verfahren laufender Unterhalt nicht festgesetzt werden.
    [/FONT]


  • Schaut man in die Kommentare zum § 33 SGB II fällt auf, dass dort immer nur von der Möglichkeit der Klage auf künftige Ansprüche möglich ist. Der Wortlaut des § 33 Abs. 3 S. 3 SGB II ("...können auch auf künftige Leistungen klagen") unterscheidet sich deutlich vom Wortlaut des § 7 Abs. 4 S. UVG ("Unterhaltsanspruch für die Zukunft ... gerichtlich geltend machen").
    [FONT=&amp]
    [/FONT]

    Dass der § 33 SGB II nur von einer Klage spricht, ist in meinen Augen nur eine sprachliche Unschärfe. Das ganze Unterhaltsrecht kennt ja keine Klagen mehr (seit FamFG). Allein deswegen wird man die Titulierung laufender Ansprüche des Jobcenters nicht verweigern können.

    Mein FamFG Kommentar sieht die Titulierung von Ansprüchen des Jobcenters im vereinfachten Verfahren vor und begründet das in meinen Augen auch schlüssig (vgl. (BeckOK FamFG/Weber, 34. Ed. 1.4.2020, FamFG § 249 Rn. 16).

  • Vielen Dank für eure Antworten!
    So einen Fall hatte ich tatsächlich auch noch nie. Isolierte Anträge des Jobcenters kommen bei uns hin und wieder vor.
    Dann werde ich dem Jobcenter mitteilen, dass ich bzgl. des laufenden Unterhalts vorrangig die UV-Kasse berücksichtigen werde und bitte sie den Antrag entsprechend umzustellen.

  • Wie soll das JC den Antrag umstellen? Ich sehe da spontan kein Prob., würde für das JC allerdings nur 1/2 KG titulieren, denn genau das bleibt doch immer übrig oder nicht?

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Wie soll das JC den Antrag umstellen? Ich sehe da spontan kein Prob., würde für das JC allerdings nur 1/2 KG titulieren, denn genau das bleibt doch immer übrig oder nicht?

    Der derzeitige Antrag lautet entsprechend #1 wie folgt:

    "Laufenden Unterhalt beantragen beide (?)." - also offenbar jeweils in voller Höhe (als Gesamtgläubiger?)

  • Ich habe zum Thema Jobcenter jetzt auch eine Frage/Problem...

    Wir haben bei uns jetzt neuerdings ganz viele Anträge des Jobcenters, die alle nur den rückständigen Unterhalt festgesetzt haben wollen. Der laufende Unterhalt soll nicht festgesetzt werden.
    Aber kann man im vereinfachten Verfahren ausschließlich isolierte Rückstände festsetzen? Wir haben hier schon viel hin und her überlegt und auch die Kommentierung gewälzt und lesen es eigentlich so heraus, dass es nicht möglich ist... sind uns aber nicht wirklich sicher.

    Wie handhabt ihr solche Anträge, die nur auf die Festsetzung von Rückständen gerichtet sind?

    LG :)

  • Ich habe zum Thema Jobcenter jetzt auch eine Frage/Problem...

    Wir haben bei uns jetzt neuerdings ganz viele Anträge des Jobcenters, die alle nur den rückständigen Unterhalt festgesetzt haben wollen. Der laufende Unterhalt soll nicht festgesetzt werden.
    Aber kann man im vereinfachten Verfahren ausschließlich isolierte Rückstände festsetzen? Wir haben hier schon viel hin und her überlegt und auch die Kommentierung gewälzt und lesen es eigentlich so heraus, dass es nicht möglich ist... sind uns aber nicht wirklich sicher.

    Wie handhabt ihr solche Anträge, die nur auf die Festsetzung von Rückständen gerichtet sind?

    LG :)

    Solche Anträge hatte ich tatsächlich auch schon. Das vereinfachte Verfahren kann auch ausschließlich bzgl. der Rückstände betrieben werden. :)

    Im vereinfachten Verfahren kann auch Unterhalt ausschließlich für die Vergangenheit verlangt werden (§ 250 Nr. 5). Eine Einschränkung dahin, eine Festsetzung von Unterhaltsrückständen könne nur in Kombination mit künftig fälligen Ansprüchen beantragt werden, lässt sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Zielsetzung der §§ 249 ff. entnehmen.
    (MüKoFamFG/Macco, 3. Aufl. 2018, FamFG § 249 Rn. 11)

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