Sondernutzungsrechte an Fenstern, Türen etc.

  • Hallo,
    ich habe folgendes Problem.
    Angelegt wird ein neues Wohnungseigentum. Hier sollen verschiedene Sondernutzungsrechte eingetragen werden.
    Sondernutzungsrechte an:
    den jeweiligen Wohnungsabschlusstüren, sowie Fenstern , Balkon- und Terrassentüren samt Bändern, Schloss und Zylinder (innen wie außen),
    die zur Wohnung gehörigen Markisen bzw. Jalousien (einschließlich Rollmechanik, Elektrik und Steuerung)
    die Schiebeläden an den Balkonen und Dachterrassen, sowie die Balkonschränke
    nutzerseitige Endgeräte der Klingel-und Türöffneranlage
    Anschluss- oder Verteilerdosen der Antennen-, Telefon- und Breitbankabelzuleitungen
    die weiter aufgeführten Bauteile, soweit sie von Gesetzes wegen nicht Sondereigentum sein können.

    Weiter ist allerdings vereinbart, dass der Verwalter die Farbe der Markise etc. absegnen muss.

    Sind diese Sachen überhaupt sondernutzungsfähig? Die Türen z.B. müssen doch gem. § 5 Abs. 2 WEG zwingend Gemeinschaftseigentum sein?
    Leider gibt der Kommentar nichts dazu her...

    Danke für Antworten!
    hermine

  • Sind diese Sachen überhaupt sondernutzungsfähig? Die Türen z.B. müssen doch gem. § 5 Abs. 2 WEG zwingend Gemeinschaftseigentum sein?
    Leider gibt der Kommentar nichts dazu her...


    Gerade weil sie zwingend Gemeinschaftseigentum sind, werden Sondernutzungsrechte bestellt.

    Wie sinnvoll (und erforderlich) das bei Dingen ist, die das Sondereigentum nach außen abschließen, sei dahingestellt.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Das zwingende Gemeinschaftseigentum wird durch die getroffene Gebrauchsregelung nicht außer Kraft gesetzt. Zwar führt das BayObLG im Beschluss vom 06.02.1986 - BReg. 2 Z 12/85, aus:
    „Die zwingende dingliche Zuordnung des § 5 Abs. 2 WEG kann auch nicht durch eine Gebrauchsregelung außer Kraft gesetzt werden….“

    Dort ging es aber um Räumlichkeiten, die dem ständigen Mitgebrauch aller Wohnungs- und Teileigentümer unterliegen.

    Das war auch im Beschluss vom 24.02.2000, 2Z BR 155/99, so. In Rz. 12 führt das BayObLG aus: „§ 5 Abs. 2 WEG greift gleichfalls nicht ein, da die Gastherme nicht dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer zu dienen bestimmt ist. Darunter fallen nur Anlagen und Einrichtungen, die dem Gebrauch aller Wohnungseigentümer in ihrer Gesamtheit zu dienen bestimmt“

    Ebenso BayObLG, B. v. vom 30. 10. 2003 - 2Z BR 184/03 (..“Den Beteiligten bleibt die Möglichkeit, nach § 15 Abs. 1 WEG dem Wohnungseigentümer Nr. 1 ein Sondernutzungsrecht an der Waschküche und dem Flur im Keller einzuräumen, das wiederum durch ein Zutrittsrecht zum Heizungsraum für den Teileigentümer Nr. 2 entweder kraft Gesetzes (vgl. KG, NJW-RR 1990, 333) eingeschränkt ist oder durch Vereinbarung eingeschränkt wird.“).


    In Rz.12. des Beschlusses vom 10.04.2019, 34 Wx 92/18,
    https://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…-N-6010?hl=true
    führt das OLG München aus (Hervorhebung durch mich):

    „Der Einräumung eines Sondernutzungsrechts steht nicht die Vorschrift des § 5 Abs. 2 WEG entgegen. Danach können Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, nicht Gegenstand von Sondereigentum sein, selbst wenn sie sich im Bereich der in Sondereigentum stehenden Räume befinden. Das gilt nach dem Sinn der Vorschrift jedoch nicht nur für Anlagen oder Einrichtungen, sondern auch für die Räume (BGHZ 73, 302, 311; Bärmann/Armbrüster § 5 Rn. 26 f.). Sie stehen zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum, wenn ihr Zweck darauf gerichtet ist, der Gesamtheit der Wohnungseigentümer einen ungestörten Gebrauch ihrer Wohnungen und der Gemeinschaftsräume zu ermöglichen und zu erhalten. Das trifft unter anderem auf Flächen und Flure zu, die als Zugang zu den Gemeinschaftsräumen bestimmt sind oder die zur Bewirtschaftung und Versorgung der Wohnungen und des Gemeinschaftseigentums dienen, weil sich in ihrem Bereich die zentralen Zähl-, Schalt-, Sicherungs- oder Beschickungseinrichtungen der gemeinschaftlichen Wasser-, Wärme- und Energieversorgungsanlagen des Gebäudes befinden (vgl. BGH NJW 1991, 2909; BGHZ 78, 225, 227 f). Allerdings schließt diese Regelung nicht auch die Einräumung von Sondernutzungsrechten an Flächen oder Fluren aus, die Zugang zu zwingenden Gemeinschaftsräumen ermöglichen (BGH NJW 1991, 2909/2910; BayObLG MittBayNot 2004, 192/193; Hügel/Elzer WEG 12. Aufl. § 13 Rn. 53; Bärmann/Armbrüster § 5 Rn. 29). Nach einer einschränkenden Ansicht kann es sich allerdings um eine unzulässige Umgehung der Regelung in § 5 Abs. 2 WEG handeln, wenn die inhaltliche Ausgestaltung des Sondernutzungsrechts das Mitgebrauchsrecht der übrigen Wohnungseigentümer ausschließt (Bärmann/Armbrüster § 5 Rn. 29). In einem solchen Fall sei die Sondernutzungsvereinbarung nur dann nicht nichtig, wenn ihr durch Auslegung eine Einschränkung zugunsten der übrigen Wohnungseigentümer entnommen werden kann (Bärmann/Armbrüster § 5 Rn. 29). Wird an den Fluren oder vorgelagerten Räumen zu Anlagen und Einrichtungen nach § 5 Abs. 2 WEG ein Sondernutzungsrecht eingeräumt, hindert dies den Zugang zu zwingenden Gemeinschaftsräumen nämlich in der Regel nicht, da in einem solchen Fall immanente Schranken die Ausübung des Sondernutzungsrechts beschränken (KG NJW-RR 1990, 333). Erst recht gilt dies, wenn mit der Einräumung des Sondernutzungsrechts durch Vereinbarung ein Zutrittsrecht sichergestellt wird (BayObLG MittBayNot 2004, 192/193)…“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Das Ganze wird wohl hauptsächlich wegen der Kostentragung gemacht. Für Gemeinschaftseigentum müsste ja die gesamte Gemeinschaft bezahlen, bei Sondernutzungsrecht können die Kosten für Instandhaltung usw. auf den Berechtigten übertragen werden. Vielleicht wird so klarer, warum das überhaupt gemacht wird.

  • Das Ganze wird wohl hauptsächlich wegen der Kostentragung gemacht. Für Gemeinschaftseigentum müsste ja die gesamte Gemeinschaft bezahlen, bei Sondernutzungsrecht können die Kosten für Instandhaltung usw. auf den Berechtigten übertragen werden. Vielleicht wird so klarer, warum das überhaupt gemacht wird.


    "Die Kosten für die Unterhaltung und Instandhaltung der Teile des Gemeinschaftseigentums, die sich vollständig innerhalb eines Sondereigentums befinden, oder die das Sondereigentum begrenzen, oder die zur Abgrenzung von Sondernutzungsrechten untereinander oder gegenüber dem von allen Eigentümer genutzten Gemeinschaftseigentum dient, insbesondere der Fenster, Rolläden, Balkonbrüstungen und -geländer, Türklingeln, Gegensprechanlagen, Elektro- und andere Installationen, Wohnungsabschlusstüren sowie Zäunen und/oder Abmarkungen, tragen die betroffenen Sondereigentümer und/oder Sondernutzungsberechtigten selbst."

    Der Gedanke, da noch - kostenpflichtig - Sondernutzungsrechte für (z.B.) jede einzelne Wohnungstür und nochmal extra für das Schloss :eek: zu bestellen, kann nur im Hirn eines/r bayerischen Notarassessors/in entstanden sein, der/die unbedingt noch eine tolle neue Idee für einen Aufsatz brauchte.

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  • Grundsätzlich hat Tom recht, wobei ich die Begriffe Instandhaltung und Instandsetzung verwenden würde, siehe § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG. Allerdings ist es durchaus denkbar, dass in bestimmten Bereichen ein Sondernutzungsrecht an derartigen Gebäudebestandteilen gegenüber einer bloßen Kostentragungsregel unterschiedliche Bedeutung hat:

    Beispiel: Bauliche Veränderung unterhalb der Schwelle des § 14 Nr. 1 WEG (etwa: Wind-Regen-Sensor als Nachrüstung bei Markise). Bei einem Sondernutzungsrecht könnten weniger Zweifel daran bestehen, dass der Eigentümer dies darf als in Fällen, in denen ein Sondernutzungsrecht nicht besteht (auch wenn hier ein Anspruch nach § 22 Abs. 1 S. 2 WEG ohnehin gegeben sein mag). Ich gebe aber zu, dass es vermutlich nicht viele praktische Fälle sind. Immerhin kann aber ein Sondernutzungsrecht (jedenfalls bei erstmaliger Bestimmung) für die Eigentümer psychologisch klarstellen, dass Dinge wie Balkongeländer etc letztlich dem Sondereigentümer "gehören".

    Toms Formulierung würde ich sicherheitshalber dadurch ergänzen, dass man die Dachkonstruktion ausnimmt. Sonst könnte der Eigentümer der Dachgeschosswohnung eine böse Überraschung erleben, schließlich "begrenzt" das Dach ja sein Sondereigentum. Es sei denn, es wäre so gewollt, aber dann müsste ich mir sehr gründlich überlegen, ob ich die Dachwohnung kaufe.

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