Vaterschaft und pfändbare Beträge

  • Hallo zusammen,

    beim Schuldner wird gerichtlich die Vaterschaft eines Kindes festgestellt. Da der Schuldner pfändbare Beträge erwirtschaftet, werden diese seit Eröffnung ohne Berücksichtigung einer UH-Pflicht an den IV abgeführt. Nun hat eben das Gericht rückwirkend die Vaterschaft festgestellt und der Verwalter will den Teil der pfändbaren Beträge zurückzuzahlen, der auf der Nichtberücksichtigung der einen UH-Pflicht beruht. Zahlung soll an das Jugendamt erfolgen, dass insoweit wohl Vorschussleistungen für das Kind erbracht hat. Grundsätzlich ist es natürlich durchaus richtig, ich grüble trotzdem ein bisschen, ob das alles so einfach zurückzuzahlen ist. Gibt es da Meinungen dazu?

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • ME ist die Rückführung der Beträge durch den IV zu sehr ergebnisorientiert. Zum Zeitpunkt der Zahlung des pfändbaren Anteils wurde kein Unterhalt gewährt, so dass eine Berücksichtigung ausgefallen ist.

    Würde der pfändende Gläubiger rückwirkend verpflichtet sein, solche Beträge an den Schuldner zurückzuzahlen?

    Oder wie sieht es mit dem Schuldner aus, der seinen Kindern den Unterhalt nicht gewährt, § 850c II ZPO, entsprechend also bei der Bestimmung der Pfändungsgrenze nicht berücksichtigt wird und es sich nach 2 Jahren dann doch anders überlegt?

    Entscheidungen habe ich dazu nicht, aber vielleicht kann man eine Anleihe beim Familienrecht machen ?

    Und selbst wenn man zur Rückzahlung neigt, wie ordnet man das ein, als § 55 I Nr. 3 InsO? Dann haben wir erst einmal die Erhöhung der Berechnungsgrundlage und das Primat der Verfahrenskostendeckung.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • wie ordnet man das ein, als § 55 I Nr. 3 InsO?

    Stellt die Einnahme wirklich eine ungerechtfertigte Bereicherung der Insolvenzmasse dar?

    Nicht pfändbares Einkommen ist gemäß § 36 InsO nicht Bestandteil der Insolvenzmasse. Man könnte also auch eine Analogie dazu bilden, dass nicht der Insolvenzmasse zufallendes Aussoderungsgut fälschlicher Weise verwertet wird. Dort ist auch kein Umweg über § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO zu machen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • wie ordnet man das ein, als § 55 I Nr. 3 InsO?

    Stellt die Einnahme wirklich eine ungerechtfertigte Bereicherung der Insolvenzmasse dar?

    Nicht pfändbares Einkommen ist gemäß § 36 InsO nicht Bestandteil der Insolvenzmasse. Man könnte also auch eine Analogie dazu bilden, dass nicht der Insolvenzmasse zufallendes Aussoderungsgut fälschlicher Weise verwertet wird. Dort ist auch kein Umweg über § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO zu machen.

    da bist Du mE einen Schritt zuweit vorgeschritten. Dem würde ich zustimmen, wenn der Arbeitgeber das komplette Nettogehalt dem Verwalter überweist und der dann weiterreicht. Hier erfolgte aber eine, zu diesem Zeitpunkt korrekte Überweisung anhand einer (sicherlich) korrekten Berechnung, die sich erst im Nachhinein als problembehaftet darstellt (es ist ja noch nicht einmal klar, ob man hier das Rad zurückdrehen muss und kann).

    Auch stellt sich mir die Frage, wenn dem Schuldner ein Anspruch zusteht, ob der IV der richtige Adressat ist oder nicht doch der Arbeitgeber (deshalb mein Einwand der Ergebnisorientierung)? Wenn man dies bejaht, dann sind wir wieder bei § 55 InsO.

    Ob der Schuldner sich auf § 47 InsO berufen kann, ist zudem umstritten HK (+), MK (-).

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Hallo zusammen,

    beim Schuldner wird gerichtlich die Vaterschaft eines Kindes festgestellt. Da der Schuldner pfändbare Beträge erwirtschaftet, werden diese seit Eröffnung ohne Berücksichtigung einer UH-Pflicht an den IV abgeführt. Nun hat eben das Gericht rückwirkend die Vaterschaft festgestellt und der Verwalter will den Teil der pfändbaren Beträge zurückzuzahlen, der auf der Nichtberücksichtigung der einen UH-Pflicht beruht. Zahlung soll an das Jugendamt erfolgen, dass insoweit wohl Vorschussleistungen für das Kind erbracht hat. Grundsätzlich ist es natürlich durchaus richtig, ich grüble trotzdem ein bisschen, ob das alles so einfach zurückzuzahlen ist. Gibt es da Meinungen dazu?


    Der Schuldner hat hier definitiv keine unterhaltsplicht erfüllt, so dass es richtig war die pfändbaren Beträge ohne berücksichtigung der unterhaltsplicht zu berechnen.

    Das Jugendamt hat nach Eröffnung geleistet, damit geht die unterhaltsplicht nach Eröffnung auf das Jugendamt über, damit hat das Jugendamt eine neuforderung. Definitiv keine masseverbindlichkeit, denn es liegt keine Handlung des Verwalters vor. Damit kann keine Zahlung aus der Masse erfolgen.
    Wenn das ganze vor Eröffnung statt fand, hat das Jugendamt eine Insolvenzforďerung.

    Wenn mein Verwalter in der Konstellation aus der Masse zahlen wöllte, kriegt er Ärger mit mir

  • Ich komme noch mal auf das fälschlicher Weise verwertete Aussonderungsgut zurück.

    Dort kann sich der Verwalter, meines Erachtens zu Recht, auch nicht darauf zurück ziehen, dass er zur Zeit der Verwertung davon ausgehen konnte, dass keine Aussonderungsrechte gegeben sind.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich komme noch mal auf das fälschlicher Weise verwertete Aussonderungsgut zurück.

    Dort kann sich der Verwalter, meines Erachtens zu Recht, auch nicht darauf zurück ziehen, dass er zur Zeit der Verwertung davon ausgehen konnte, dass keine Aussonderungsrechte gegeben sind.

    § 28 II InsO...:eek:

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • § 28 Abs. 2 InsO schützt den Insolvenzverwalter meines Erachtens nur, wenn dieser in Unkenntnis der Fremdrechte bereits Nägel mit Löchern gemacht hat und kein Ersatzaussonderungsrecht besteht bzw. die "fehlerhafte" Verwertung aus anderen Gründen nicht mehr adäquat rückgängig zu machen ist.

    Ansonsten habe ich Aus- und Absonderungsrechte, welche mir bekannt sind, bis zum Verfahrensabschluss sogar dann zu beachten, wenn der Gläubiger sich auf diese überhaupt nicht beruft.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • sch* Fall....
    In Rede stehen könnte bezüglich der nachträglich aufgepoppten Unterhaltspflicht nur der Zeitraum nach IE, davor - wie bereits hervorgehoben - Insolvenzforderung.
    Absonderungsrechtliche Überlegungen - sorry liebe Gegs - sind null begründbar.
    Kondiktionsrechtiche Ansprüche können das Begehren ebensowenig stützen - wie bereits von den Vorpostern begründet wurde.

    Die Probelmlage liegtzunächst unjuristisch darin, dass der Schuldner - rückwirkend - eine Neuverbindlichkeit am Hacken hat. Hätte die Unerhaltspflicht bereits bei Verfahrensbeginn festgestanden - und wäre der Unterhalt geleistet worden - wäre ein entsprechend geringerer Betrag in die Masse gefallen.

    Gibt es eine Möglichkeit, dies insolvenzrechtlich auf die Kette zu bringen ?
    In der Einzel-ZW wäre die Kohle beim Gläubiger und fertig.
    Nun stellt sich dies jedenfalls bis zur abschließenden Verteilung im Insolvenzverfahren anders dar.
    Mal ein kretiver Gedanke dazu hineigeworfen:
    § 850f Abs. 1 lit c) analog und rückwirkend, aber nur bezüglich der von der Unterhaltsvorschusskasse ausgefolgten Beträge, mit der Maßgabe, dass diese an die Unterhaltsvorschusskasse auszufolgen sind.

    Oki, etwas gewagt, m.E. aber gangbar, zumindest diskutabel (wenn mal alles dazu vom BHG vergessen wird, einschließlich der sich z.T. widersprechenden Entscheidungen .....)

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • ...oder auch ganz einfach 850f Abs.1 a) und darüber höheren Freibetrag für die nächsten Monate, damit er den jetzt erst bekannt gewordenen Unterhalt(((srückstand))) zahlen kann ?

    OK, auch bißchen weit hergeholt, aber der "notwendige Lebenunterhalt....für personen, denen Unterhalt..." wurde ja zumindest jetzt erst bekannt und fällig

    Hängt natürlich auch davon ab, ob und wieviel pfdb.Einkommen jetzt in Spalte "1" noch zur Verfügung und wie lange die Zahlung dann dauern würde ?

  • Absonderungsrechtliche Überlegungen - sorry liebe Gegs - sind null begründbar.

    Lieber Def, ich will sicherheitshalber nur nochmal klarstellen. Ich nehme hier auch keine Aussonderungsrechte an; finde aber die Grundsituation durchaus vergleichbar. Weil bei nachträglichen Feststellung von Aus- und Absonderungsrechten eben auch nicht auf § 55 InsO verwiesen werden kann.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Vielen Dank erst mal für eure Beiträge. Ich bin auch hin und hergerissen zwischen "die Zahlungen an die Masse sind ja ordnungsgemäß erfolgt" und "aber der Schuldner kann ja nichts dafür, dass die Feststellung der Vaterschaft bis jetzt gedauert hat".
    Wenn der Arbeitgeber vom laufenden Vaterschaftsverfahren gewusst hätte, hätte er dann den Differenzbetrag nicht zurückhalten oder hinterlegen können? Könnte man den Verwalter dann vielleicht als Quasi-Hinterlegungsstelle betrachten? Ich weiß, ist sehr weit hergeholt, aber mir scheint es keine wirklich saubere und befriedigende Lösung zu geben.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D


  • Wenn der Arbeitgeber vom laufenden Vaterschaftsverfahren gewusst hätte, hätte er dann den Differenzbetrag nicht zurückhalten oder hinterlegen können? Könnte man den Verwalter dann vielleicht als Quasi-Hinterlegungsstelle betrachten? Ich weiß, ist sehr weit hergeholt, aber mir scheint es keine wirklich saubere und befriedigende Lösung zu geben.

    Auch das passt nicht. 850cI ZPO verlangt doch eine bestehende Unterhaltspflicht und das der Sch auf diese leistet.
    Hier fehlt beides.

    Wenn in der Einzelzw das Geld schon beim Gl wäre oder in der Inso schon verteilt, wäre klar das alles durch ist.
    Wieso sollte man hier den Sch bevorzugen?
    Die Vollstreckungsmaßnahme (= mtl Zahlung von Arbeitgeber an IV) ist beendet, Masseverbindlichkeiten bzw ungerechtfertigte Bereicherung liegen nicht vor.
    Eine Analogie zu Masseverbindlichkeiten kann man nicht bilden, da abschließend numerisch aufgezählt.

  • Maus: geht es um 100 EUR, 1.000 EUR, 5.000 EUR oder mehr??

    So einem Schuldner würde ich irgendwo bei mehr als 2.000 EUR raten, den RSB-Antrag zurückzunehmen...aber wirtschaftlich wäre für alle besser, dass so etwas unterbleibt.

    Daher kann es ja auch sinnvoll sein, mit dem Unterhaltsgläubiger über einen Verzicht oder pactum de non petendo zu sprechen, weil sonst nur die Justizkasse für ein weiteres Verfahren "bluten" wird.

    ..und wenn er anwaltlich beraten war, ein Haftpflichtfall (?) ... vieleicht hat das Jugendamt ja Freude daran, das alles aufzuklären und sich mit Zahlungen vom Schuldner ab "jetzt" zufrieden zu geben.:confused:

  • @ imker: Wir liegen bei etwas über 2.000,- €, die der Verwalter an den Schuldner bzw. das Jugendamt zurückzahlen will. Anwaltlich beraten ist der Schuldner im Insolvenzverfahren nicht.

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