Grundschuld- Einigung entfällt nachträglich

  • Folgender Sachverhalt: Bestellt wird mit Urkunde 1 eine Gesamtgrundschuld an den Grundbesitzen A beim Amtsgericht X und B beim Amtsgericht Y. Eingetragen wird die Grundschuld zunächst als Einzelgrundschuld an Grundbesitz A.

    Es folgt Urkunde 2, in der die Grundschuld und Mitverhaftung an Grundbesitz A aufgehoben wird. Diese Urkunde wird dem Amtsgericht X jedoch nicht bekannt gemacht. Es haftet danach nur noch Grundbesitz B.


    Danach erfolgt die Eintragung an Grundbesitz B als Einzelgrundschuld unter Beifügung der Urkunden 1 und 2.
    Amtsgericht Y hat zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis von der Eintragung beim Amtsgericht X, gemäß den vorgelegten Urkunden 1 und 2 war auch keine Eintragung zu vermuten.

    Jetzt soll die Einzelgrundschuld an Grundbesitz B gelöscht werden, weil ja versehentlich 2 Einzelgrundschulden eingetragen sind, und stattdessen eine neue Eintragung erfolgen, nach der allein gemäß Urkunde 1 der Grundbesitz B nachverhaftet wird. Urkunde 2 wird sozusagen ignoriert. Der Notar argumentiert, die Grundschuld sei ja seinerzeit wirksam beim Amtsgericht X/Grundbesitz A eingetragen worden, damit könne auch weiterhin der Grundbesitz B beim Amtsgericht Y nachverpfändet werden.

    Dem RPfl beim Amtsgericht B mangelt es aber aufgrund Vereinbarung des Wegfalls der Haftung derzeit an einer wirksamen Einigung für die erste Einzelgrundschuld beim Amtsgericht X. Ihm ist ja die Urkunde 2 gerichtsbekannt. Ist nicht damit das Grundbuch zu A unrichtig geworden, auch wenn es dort keiner weiß ? Darf er aus einer unrichtig gewordenen Grundschuldeintragung einen anderen Grundbesitz nachverhaften? Grundsätzlich hat er die Einigung zwar nicht zu prüfen, aber wenn sie so offensichtlich fehlt, dürfte man das schon zu beachten haben, oder ?

    2 Mal editiert, zuletzt von machwasdraus (25. Mai 2020 um 10:14)

  • Pfandfreigabe scheidet aus, die GS ist an jedem Grundbesitz als Einzelgrundschuld eingetragen.

    Ein Mithaftvermerk bei Grundbesitz B scheidet auch aus, da zumindest Amtsgericht Y bekannt ist, dass der Grundbesitz Amtsgericht X nicht mehr mit haften soll. Ist auch nicht beantragt.

    Es muss über den vorliegenden Antrag auf zunächst Löschung und sodann gesonderter Nachverhaftung entschieden werden, andere Anträge will der Notar ausdrücklich nicht stellen.

  • Das Recht ist in jedem Fall zunächst an Grundbesitz A als Einzelrecht entstanden. Im Wege der Auslegung, wahrscheinlicher aber, weil in der Urkunde ausdrücklich vereinbart wurde, dass das Recht bereits entstehen soll, wenn es nur an einem Grundbesitz eingetragen wird. Ist später infolge des Nachtrags nicht mehr dasselbe, sondern nur ein gleiches Recht an Grundbesitz B eingetragen worden, dann ist auch dieses als Einzelrecht entstanden.

  • Genau. Dessen Löschung an Grundbesitz B wäre auch kein Problem. Die Löschungsbewilligung des Gläubigers für diese Grundschuld liegt vor.

    Im gleichen Zuge soll eine Nachverhaftung von Grundbesitz B erfolgen. Aufgrund derselben Urkunde 1.

  • Die Eintragung als Einzelrechte wäre dann doch gerade nicht versehentlich erfolgt. Die Grundbücher wären richtig. Die "Aufhebung der Mithaft" stellt dann allerdings eine Löschungsbewilligung (Aufgabe) dar. Warum aber zunächst noch die Löschung an Grundbesitz B? Schichtende. :)

  • Keine Ahnung. Meine Idee wäre auch eher der Nachtrag der gegenseitigen Mithaftvermerke gewesen und fertig, sofern es die unselige Urkunde 2 nicht gäbe. Davon hat Amtsgericht Y nun leider Kenntnis.

    Die Fragen sind: kann diese Urkunde 2 ignoriert werden? Ist die Urkunde 1 "verbraucht" nach Einzeleintragung und Löschung der Einzelgrundschuld oder wieder verwendbar ?

  • Entweder man sieht im Nachtrag nur eine Freigabe oder - vermutlich doch richtiger - eine Änderung der Grundschuldbestellung. In keinem Fall kommt man zu einer Löschung der Grundschuld an Grundbesitz B.

  • Das mag unsinnig erscheinen, ist aber so eingereicht worden und soll so geschehen.
    Problematisch ist nur die Neueintragung.

  • Wie bereits in #4 zutreffend hervorgehoben wurde, ist die Grundschuld am Grundbesitz A als Einzelrecht entstanden, sofern - wie üblich - vereinbart wurde, dass das Recht bereits mit der ersten Eintragung bei einem der mehreren Grundbuchämter entstehen soll. Die zeitlich nachfolgende Eintragung beim anderen Grundbuchamt ist dann im materiellen Rechtssinne nicht als Neubestellung, sondern als Pfandunterstellung zu betrachten, weil das gewünschte Gesamtrecht auf einem anderen materiellen Wege nicht entstehen kann.

    Das materielle Entstehen der Grundschuld als Einzelgrundschuld an Grundbesitz A folgt somit aus Urkunde 1.

    Nach der erfolgten Eintragung der Grundschuld an Grundbesitz A wurde mit Urkunde 2 vereinbart, dass kein Gesamtrecht mehr entstehen, sondern dass nur noch eine Einzelgrundschuld an Grundbesitz B bestellt werden soll. Damit ist die dingliche Einigung über das Entstehen eines Gesamtrechts weggefallen, noch bevor es - durch Eintragung am Grundbesitz B - zum Entstehen eines solchen Gesamtrechts kommen konnte. Dementsprechend wurde die Grundschuld unter Vorlage der Urkunden 1 und 2 am Grundbesitz B als Einzelrecht eingetragen. Also ist die Grundschuld dort auch als Einzelrecht entstanden.

    Das materielle Entstehen der Grundschuld als Einzelgrundschuld an Grundbesitz B folgt somit aus Urkunde 2.

    Hieraus ergibt sich folgende Lösung:

    Ist die Grundschuld am Grundbesitz A materiell als Einzelrecht entstanden, kann sie im materiellen Sinne nur noch rechtsgeschäftlich aufgehoben werden (§ 875 BGB). Gleichzeitig ist einer Pfandunterstellung des Grundbesitzes B jede materielle Grundlage entzogen, weil beide Grundschulden bereits materiell als Einzelrechte entstanden sind und eine solche Pfandunterstellung daher nur bewirken könnte, dass an Grundbesitz B nunmehr sowohl eine (bereits eingetragene und materiell entstandene) Einzelgrundschuld als auch eine zweite Grundschuld als Gesamtgrundschuld entstünde. Dies entspricht erklärtermaßen nicht dem Willen der Beteiligten.

    Der richtige Weg ist also, die als Einzelrecht entstandene Grundschuld an Grundbesitz B als Einzelrecht zu belassen und die als Einzelrecht an Grundbesitz A entstandene Grundschuld zur Löschung zu bringen.

    Evtl. hätten die besagen Unbilden vermieden werden können, wenn das Grundbuchamt X so verfahren wäre, wie es in der BayGBGA vorgesehen ist:

    3.2.5 Eintragung von Gesamtrechten

    3.2.5.1

    Ist das Grundbuchamt bei der Eintragung von Gesamtrechten nicht selbst für die Eintragung bei allen Grundstücken zuständig und wird die Mithaft der Grundstücke, deren Grundbuchblätter es nicht führt, zugleich mit der Eintragung des Rechts erkennbar gemacht, so soll vorher bei den anderen beteiligten Grundbuchämtern angefragt werden, ob die Grundstücke in den Eintragungsunterlagen grundbuchmäßig richtig bezeichnet sind.

    3.2.5.2

    Zur Durchführung des § 55a Abs. 2 GBO bewirkt das Grundbuchamt die Mitteilungen nach Unterabschnitt XVIII/4 MiZi. Im Falle der Nr. 3.2.5.1 ist die Bezeichnung der mitbelasteten Grundstücke mit den eingehenden Mitteilungen der anderen Grundbuchämter zu vergleichen. Ist die Mithaft der anderen Grundstücke noch nicht vermerkt oder ergeben sich Unstimmigkeiten, sind die Mitteilungen dem Rechtspfleger vorzulegen.

    3.2.5.3

    Sofern nicht nach Nrn. 3.1.3.2 und 3.1.3.3 zu verfahren ist, ist in geeigneter Weise (z.B. Fristsetzung für die Antragstellung, Anfrage bei den beteiligten Grundbuchämtern) zu überwachen, ob der Antrag auf Eintragung des Gesamtrechts auch bei den anderen Grundbuchämtern gestellt wird.

  • Wenn es denn in Bayern spielt.:D
    (Allerdings müßte eigentlich in jedem Land eine GBGA -wie auch immer sie heißen mag- existieren, die zumindest ähnliche Regelungen enthält.)

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

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