Differenzvergütung bei Tod der PKH-Partei

  • Hallo,

    die VKH-Partei ist vor Beendigung des Verfahrens gestorben. Die Bewilligung umfasste VKH mit Ratenzahlung. Eswurde ein Kostenvoranschlag erstellt und die voraussichtlichen entstehendenVerfahrenskosten der VKH-Partei als Raten eingezogen. Die Raten desKostenvoranschlags sind alle gezahlt worden.
    Der Anwalt hat vorsorglich einen Antrag auf Differenzvergütunggestellt. Die VKH-Vergütung ist bereits ausgezahlt. Kann jetzt dieDifferenzvergütung in Raten von der Erbin eingefordert werden und nach Zahlungan den Anwalt ausgezahlt werden oder muss der Anwalt sich dieDifferenzvergütung eventuell im Rahmen von § 11 RVG wiederholen?
    In der Kommentierung zu § 119 ZPO findet man zwar etwas zum Tod der Partei,allerdings nicht zur Differenzvergütung.

    VG Dike

  • Weder....noch.
    Der Erbin wurde keine VKH mit Raten bewilligt, also ist von ihr nichts einzuziehen.
    Und § 11 RVG scheidet aus bei bewilligter VKH.

    Vielleicht denke ich ja jetzt falsch oder übersehe was, aber gerade weil die PKH bzgl. der Erbin nicht fortgilt, kommt (theoretisch) die Festsetzung nach 11 RVG ggü. der Erbin als Rechtsnachfolgerin der Partei in Betracht.

    Ich sehe eher als Problem, dass der RA einen Nachweis erbringen müsste, dass die Erbin auch tatsächlich die Erbin ist. Dies wird er vermutlich weder können, noch wollen, bzw. der damit verbundene Aufwand und die Kosten sind es voraussichtlich nicht wert.

    Daher bin ich praktisch auch beim Ergebnis von Störtebecker, aber aus anderen Gründen.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Ich schließe mich den Beiträgen #2 und 3 an.

    Allerdings ist mir der Sachverhalt noch nicht hunderprozentig klar.
    Weshalb wurde die weitere Vergütung nicht mit eingezogen? Der Sachverhalt klingt eher so als wären beim Tod der PKH-Partei die Ratenzahlungen bereits abgeschlossen gewesen.

  • Aus "RVG professionell - Ausgabe 11/1999, Seite 144" - dort wird Bezug genommen auf einen Beschluss des OLG Düsseldorf vom 04.03.1999, Az: 10 WF 1/99:
    Der Erbe kann sich auf die VKH-Gewährung des Erblassers berufen. Der Erbe rückt kraft Gesetzes in das Prozeßverhältnis des Erblassers ein. Die Rechtsstellung einer Partei ist vererblich. Es widerspricht aber dem Grundsatz der Gesamtrechtsfolge, anzunehmen, der Erbe hafte für Nachlaßverbindlichkeiten in einem weitergehenden Umfang, als dies für den Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes zutraf.
    Die VKH-Bewilligung für den Erblasser ist auch nicht nachträglich – zu Lasten der Erben – rückgängig zu machen.
    Der Erbe haftet gemäß § 1967 Abs. 1 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten. Diese Haftung besteht jedoch nur in dem Umfang, in dem auch der Erblasser gehaftet hätte. Damit kann der Erbe alle Einreden und Einwendungen erheben, die auch dem Erblasser zugestanden hätten. Der Erbe haftet dementsprechend für Nachlassverbindlichkeiten nicht stärker, als es der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes getan hat.

    => Bedeutet für mich: Der Erbe kann genau genommen die Änderung der Ratenhöhe auf 0-Raten beantragen, weil nicht seine Einkommensverhältnisse sondern die des Erblassers zugrunde gelegt werden. Und weil der ab seinem Tod keine Einkünfte mehr hat, können auch keine Raten mehr verlangt werden. Auf die Einkommensverhältnisse des Erben kommt es ja gerade nicht an, weil ihm keine VKH bewilligt wurde und diese Bewilligung nicht auf ihn über geht.
    Und für § 11 RVG fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage gegen die Erben. Die bewilligte VKH wirkt ja weiter und schließt damit die Festsetzung nach § 11 RVG aus.

  • Der Sachverhalt klingt eher so als wären beim Tod der PKH-Partei die Ratenzahlungen bereits abgeschlossen gewesen.


    Wenn dem so gewesen wäre, könnte die weitere Vergütung an den RA ausgezahlt werden. Dann hätte sich aber die Frage nach § 11 RVG nicht gestellt.
    War vielleicht etwas unklar formuliert in #1. Ich war davon ausgegangen, dass noch nicht alle Raten eingezogen waren.
    Oder waren 48 Monatsraten eingezogen und die Kosten damit nicht gedeckt?
    Auch dann gibt es keine Handhabe nach § 11 RVG gegen den Erben, weil die VKH ja auch nach abgeschlossener Ratenzahlung nicht aufgehoben ist und der Erbe gerade nicht für mehr haftet, als die VKH-Partei (siehe mein vorhergehender Beitrag).

  • Aus "RVG professionell - Ausgabe 11/1999, Seite 144" - dort wird Bezug genommen auf einen Beschluss des OLG Düsseldorf vom 04.03.1999, Az: 10 WF 1/99:
    Der Erbe kann sich auf die VKH-Gewährung des Erblassers berufen. Der Erbe rückt kraft Gesetzes in das Prozeßverhältnis des Erblassers ein. Die Rechtsstellung einer Partei ist vererblich. Es widerspricht aber dem Grundsatz der Gesamtrechtsfolge, anzunehmen, der Erbe hafte für Nachlaßverbindlichkeiten in einem weitergehenden Umfang, als dies für den Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes zutraf.
    Die VKH-Bewilligung für den Erblasser ist auch nicht nachträglich – zu Lasten der Erben – rückgängig zu machen.
    Der Erbe haftet gemäß § 1967 Abs. 1 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten. Diese Haftung besteht jedoch nur in dem Umfang, in dem auch der Erblasser gehaftet hätte. Damit kann der Erbe alle Einreden und Einwendungen erheben, die auch dem Erblasser zugestanden hätten. Der Erbe haftet dementsprechend für Nachlassverbindlichkeiten nicht stärker, als es der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes getan hat.

    => Bedeutet für mich: Der Erbe kann genau genommen die Änderung der Ratenhöhe auf 0-Raten beantragen, weil nicht seine Einkommensverhältnisse sondern die des Erblassers zugrunde gelegt werden. Und weil der ab seinem Tod keine Einkünfte mehr hat, können auch keine Raten mehr verlangt werden. Auf die Einkommensverhältnisse des Erben kommt es ja gerade nicht an, weil ihm keine VKH bewilligt wurde und diese Bewilligung nicht auf ihn über geht.
    Und für § 11 RVG fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage gegen die Erben. Die bewilligte VKH wirkt ja weiter und schließt damit die Festsetzung nach § 11 RVG aus.


    Ein guter Beitrag! :daumenrau

    Hinsichtlich eines Antrages des Erben auf Abänderung der Ratenhöhe auf 0,- € sehe ich es allerdings so, dass ein solcher nicht möglich (und nötig) wäre, da die PKH mit dem Tod der PKH-Partei erlischt.

  • - Bewilligung VKH mit Raten erfolgte am 10.09.2019
    - Kostenrechnung als Kostenvoranschlag erfolgte am 18.10.2019
    - zu diesem Zeitpunkt war noch keine VKH-Vergütung ausgezahlt oderbeantragt
    - die VKH-Partei ist Anfang 2020 verstorben und zu diesem Zeitpunkt wardas Verfahren noch nicht beendet
    - die gesamte Summe wurde im März 2020 gezahlt
    - der Antrag auf VKH und Differenzvergütung erfolgte im April 2020
    - über die Kosten wurde im Mai 2020 entschieden
    - die Erbin ist dem Anwalt bekannt

    Schultzky in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 119 ZPO, Rn8
    Der Tod der Partei führt dazu, dass die PKH von selbst erlischt(Jena FamRZ 2012, 1161); ein noch anhängiges PKH-Verfendet ohne weiteres (s § 118 Rn 6). Grunddafür ist, dass die verstorbene Partei keiner Hilfe mehr bedarf. Die PKHerlischt bei dem Tod nur mit Wirkung für die Zukunft. Die bereits entstandenenAnsprüche des beigeordneten RA gegen die Staatskasse (§ 45 I RVG) für bereitsentstandene Gebühren entfallen nicht rückwirkend. Der Erbe kann von derStaatskasse nicht gem § 29 Nr 3 GKG alsGesamtrechtsnachfolger (§ 1967 BGB) auf durch denErblasser veranlasste Kosten in Anspruch genommen werden, weil der Erbe nichtstärker als der Erblasser haften kann; die Stundung nach § 122 BGB wirkt daher auchzu seinen Gunsten (Koblenz FamRZ 2013, 902; Jena FamRZ 2012, 1161; Düsseldorf MDR 99, 830; KG Rpfleger 86, 281 = JurBüro 86, 894; aA Frankfurt NJW-RR 96, 776). Der Erbe muss nur für Kostenaufkommen, deren Zahlung der Erblasser schuldete, also evtl für Raten oderEinmalzahlungen, die der Erblasser vor seinem Tode schuldig geblieben war.Überdies haftet der Erbe für weitere Raten, die erst nach dem Tod fälligwerden; die Ratenzahlungspflicht erlischt nicht deshalb, weil die PKH endet (MK/WacheRn 54; MskV/Fischer Rn 15).

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