In einer Strafsache wurden notwendige Auslagen komplett auf die Staatskasse übernommen. Es wird unter anderem nach § 20 JVEG eine Entschädigung begehrt. Der Bezirksrevisor meint, dass ihm diese aufgrund seiner Arbeitslosigkeit nicht zusteht. Diese Auffassung wurde dem Betroffenen übersandt und die Reaktion fiel ziemlich kurz aus: sinngemäß er habe wegen der Verhandlung Freizeit "geopfert" und müsse keinen konkreten Nachteil glaubhaft machen. Entfernung zum Gericht nur einige km.
Was meint Ihr?
Entschädigung für Zeitversäumnis
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Malle-Di -
26. Mai 2020 um 21:53
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Der Hinweis auf die Arbeitslosigkeit allein dürfte nicht ausreichend sein, weil es ja gerade Voraussetzung für die Anwendung der genannten Vorschrift ist, dass kein Verdienstausfall vorhanden ist.
Fragt sich nur noch, ob es tatsächlich so ist, dass kein Nachteil entstanden ist. Ich würde das verneinen und wäre bei "nur" 3,5 €/Std. daher recht großzügig.
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Ich würde auch die 3,50 EUR/h gem. § 20 JVEG geben, denn die Zeitversäumnis dürfte unstreitig sein und hat auch nichts mit Verdienstausfall zu tun, der hier nicht vorliegt.
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Ich kann mich den Vorbeiträgen nur anschließen. Die Auffassung des Bezirksrevisors scheint mir hier nicht zutreffend zu sein.
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Die Auffassung des Bezi rührt vermutlich von der Rechtsprechung des LSG Erfurt (Beschl. v. 13.04.2005 - L 6 SF 2/05 -) her. Das hatte entschieden, daß ALG-II-Empfängern keine Entschädigung nach § 20 JVEG zu gewähren ist, weil durch die Teilnahme am Termin der Person "ersichtlich kein Nachteil entstanden" ist (letzter Halbs. des § 20 JVEG). Diese Rechtsprechung wurde erst jüngst wieder durch einen weiteren Senat des LSG Erfurt (Beschl. v. 28.11.2019 - L 1 JVEG 967/19 -) bestätigt.
Obgleich auch der Verlust an Freizeit als Nachteil i. S. d. § 20 JVEG zu werten ist (OLG Hamm, Rpfleger 1991, 266; OLG München, Rpfleger 1973, 190; KG, Rpfleger 1983, 172; OLG Köln, JurBüro 1986, 445; OLG Koblenz, MDR 1986, 328; OVG Koblenz, JurBüro 1988, 921; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl., § 20 Rn. 4), sieht es das LSG bei ALG-II-Empfängern anders (Zitat: "Eventuelle Einschränkungen in der Freizeitgestaltung infolge der Wahrnehmung eines Gerichtstermins in eigener Sache können nicht als entschädigungspflichtiger Nachteil angesehen werden.").
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Die LSG-Entscheidungen halte ich für abenteuerlich und - überspitzt gesagt - leicht diskriminierend.
So sei laut BVerwG einem Rentner Entschädigung für Zeitversäumnis zu erstatten, da auch nichterwerbstätige Personen [...] in der Regel sinnvoll und nutzbringend tätig [sind], sodass auch bei ihnen regelmäßig ein Nachteil durch Zeitversäumnis entsteht, vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 2012 – 9 KSt 6/11 –, juris.
Weshalb für eine arbeitslose Person etwas anderes gelten sollte, erschließt sich mir nicht.
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Die LSG-Entscheidungen halte ich für abenteuerlich und - überspitzt gesagt - leicht diskriminierend. (...)
Weshalb für eine arbeitslose Person etwas anderes gelten sollte, erschließt sich mir nicht.
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Die LSG-Entscheidungen halte ich für abenteuerlich und - überspitzt gesagt - leicht diskriminierend.
So sei laut BVerfG einem Rentner Entschädigung für Zeitversäumnis zu erstatten, da auch nichterwerbstätige Personen [...] in der Regel sinnvoll und nutzbringend tätig [sind], sodass auch bei ihnen regelmäßig ein Nachteil durch Zeitversäumnis entsteht, vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 2012 – 9 KSt 6/11 –, juris.
Weshalb für eine arbeitslose Person etwas anderes gelten sollte, erschließt sich mir nicht.
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Danke für Eure Beiträge! Diese waren für mich sehr überzeugend und haben weitergeholfen.
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