Vollstreckung aus ungenauem Vergleich

  • Hallo liebe Mitforisten,

    ich habe heute einen etwas ulkigen Vollstreckungstitel auf dem Tisch.

    Mir wurde eine vollstreckbare Teilausfertigung eines Vergleichs mit Rechtsnachfolgeklausel für das Land vorgelegt. Es ist ein PfÜB wegen Unterhaltforderungen beantragt worden.

    Im Verhandlungsprotokoll wurde für den Inhalt des Vergleichs auf ein Anwaltsschreiben verwiesen, welches Bestandteil des Titels ist.
    In diesem Schreiben wurde bzgl. Punkt 2 vermerkt:

    „Für die gemeinsamen Kinder A und B wird ein Unterhalt nach Gruppe 11 der Unterhaltstabelle abzüglich des anteiligen Kindergeldes gezahlt, z.Zt. also (…)“
    Zunächst fehlt hier meines Erachtens die genaue Bestimmung der zahlungspflichtigen Partei (wobei sich dies ggf. im Wege der Auslegung ergibt, da zu Punkt 1 deutlich HerrX zur Zahlung von Trennungsunterhalt verpflichtet wird.)
    Weiterhin ist der zu zahlende Betrag mittlerweile nicht mehr bestimmbar, da die Gruppe 11 der Düsseldorfer Tabelle in der Form nicht mehr existiert. Es kann also gar keine aktuelle Berechnung mehr durchgeführt werden, denn nun verweist die Tabelle ab 5.501 € Nettoeinkommen auf die „Umstände des Falls“.
    In der Rechtsnachfolgeklausel wurden allerdings einfach die auf die Unterhaltsvorschusskasse übergegangenen Rückstände festgelegt (wie auch immer die berechnet wurden) und die Teilausfertigung dem Land zur Vollstreckung erteilt.
    Ich habe Zweifel an der Vollstreckbarkeit des Titels trotz der genauen Bezifferung des Anspruchs in der Klausel. Wie seht ihr das?

    Liebe Grüße

  • "In der Rechtsnachfolgeklausel wurden allerdings einfach die auf die Unterhaltsvorschusskasse übergegangenen Rückstände festgelegt (wie auch immer die berechnet wurden) und die Teilausfertigung dem Land zur Vollstreckung erteilt.
    Ich habe Zweifel an der Vollstreckbarkeit des Titels trotz der genauen Bezifferung des Anspruchs in der Klausel. "

    Du hast einen Titel samt Klausel, aus dem die genau dem Gläubiger zustehende Summe hervorgeht- auch wenn dir die Zusammensetzung nicht plausibel ist-die Klausel nachzuprüfen ist nicht deine Aufgabe.

    Der Schuldner mag -sofern gewünscht- Maßnahmen bezüglich der -evtl- unrichtigen Klausel und der damit evtl. einhergehenden fehlerhaften Forderung ergreifen.

    Den PfüB würde ich also bedenkenlos erlassen.


  • Ich bin da Queens Meinung.
    Ich zitier mal ein paar Stellen aus Haufe:https://www.haufe.de/recht/deutsche…_HI9033023.html


    https://www.haufe.de/recht/deutsche…_HI9033023.html

    "Der Titel muss hinreichend bestimmt sein. Dazu muss er aus sich heraus verständlich sein und für jeden Dritten erkennen lassen, was der Gläubiger vom Schuldner verlangen kann" (Das Vollstreckungsgericht ist, wie später nochmal zitiert, der "unbeteiligte Dritte")


    "Dabei muss der Titel jedoch aus sich heraus für eine Auslegung genügend bestimmt sein oder jedenfalls sämtliche Kriterien für seine Bestimmbarkeit eindeutig festlegen. Es genügt nicht, wenn auf Urkunden Bezug genommen wird, die nicht Bestandteil des Titels sind, oder wenn sonst die Leistung nur aus dem Inhalt anderer Schriftstücke ermittelt werden kann." (wenn "...der Unterhaltstabelle" der exakte Wortlaut ist, dann würde ich noch nicht mal die Düsseldorfer Tabelle als gesetzt ansehen.)

    " Hierauf müssen die Bevollmächtigten schon im Erkenntnisverfahren oder bei der Beantragung eines Mahn- und Vollstreckungsbescheides achten . Es muss bedacht werden, dass es sich bei dem Vollstreckungsorgan um einen unbeteiligten Dritten handelt, der keine Kenntnis von dem Erkenntnisverfahren, dem ihm zugrunde liegenden Sachverhalt und dem Zustandekommen des Titels hat. Zwar hat das Vollstreckungsorgan die Kompetenz, den Titel auszulegen, jedoch wird es im Zweifel dem Vollstreckungsauftrag nicht nachkommen"


    Die Vollstreckbarkeit ergibt sich primär aus dem Tenor, notfalls aus Tatbestand und Gründen, allernotwendigenfalls aus allgemeinen Auslegungsregeln.

    Bei der Klauselprüfung bist du zwar fein raus, vom Rechtspfleger erteilt, nicht nichtig, daher in Ordnung, sie schlägt jedoch meiner Meinung nach nicht insoweit auf den Titel durch.

    "Jemand hat mir mal gesagt, die Zeit würde uns wie ein Raubtier ein Leben lang verfolgen. Ich möchte viel lieber glauben, dass die Zeit unser Gefährte ist, der uns auf unserer Reise begleitet und uns daran erinnert jeden Moment zu genießen, denn er wird nicht wiederkommen."

    Hier geht Ihre Spende nicht unter. Rette mit, wer kann.

    -Die Seenotretter, DGzRS-

  • Intrepid

    Ja, der Wortlaut ist genau so wie oben zitiert.

    Danke für die Meinungen. Ich werde die Vollstreckung ablehnen. Auch im BeckOK steht es ähnlich wie bei Haufe:
    "Umstände die außerhalb des Titels liegen, sind bei der Auslegung wegen der Formalisierung des Vollstreckungsverfahrens grundsätzlich nicht zu berücksichtigen"
    und
    "Lässt sich der Inhalt eines Titels in Bezug auf seine Vollstreckungsfähigkeit nicht anhand der zugelassenen Umstände aufklären, kann er nicht vollstreckt werden. (…) Dies gilt unabhängig davon ob zu dem Titel (rechtskräftig) eine Vollstreckungsklausel erteilt wurde" (BeckOK, ZPO, § 704, Rn. 11,12)


    Vermutlich wird das aber letztendlich vors Landgericht gehen.

  • Intrepid

    Ja, der Wortlaut ist genau so wie oben zitiert.

    Danke für die Meinungen. Ich werde die Vollstreckung ablehnen. Auch im BeckOK steht es ähnlich wie bei Haufe:
    "Umstände die außerhalb des Titels liegen, sind bei der Auslegung wegen der Formalisierung des Vollstreckungsverfahrens grundsätzlich nicht zu berücksichtigen"
    und
    "Lässt sich der Inhalt eines Titels in Bezug auf seine Vollstreckungsfähigkeit nicht anhand der zugelassenen Umstände aufklären, kann er nicht vollstreckt werden. (…) Dies gilt unabhängig davon ob zu dem Titel (rechtskräftig) eine Vollstreckungsklausel erteilt wurde" (BeckOK, ZPO, § 704, Rn. 11,12)


    Vermutlich wird das aber letztendlich vors Landgericht gehen.

    Dann halte uns mal auf dem Laufenden, ob es eine Beschwerde gab und wie das Landgericht dann entschieden hat.

    Bei Vorhandensein einer Rechtsnachfolgeklausel sehe ich es - zumindest bei Vollstreckung wegen UVG - grundsätzlich wie der Insulaner.

    In der RNF sind der Gesamtbetrag der Forderung enthalten und welchen Zeitraum diese umfasst. Je nach Herstellung der weiteren vollstreckbaren Ausfertigung hängt sogar die Auflistung mit den monatlichen Einzelbeträgen dran.

    Aus meiner Sicht ist es daher auch für jeden Dritten ohne weiteres ersichtlich, was der Gläubiger (Unterhaltsvorschusskasse) vom Schuldner (Kindesvater) verlangen kann.


    Unabhängig davon, hat man bei Änderung der Düsseldorfer Tabelle (Wegfall der Stufen) nicht vielleicht auch Regelungen für die Alttitel geschaffen? :gruebel: Dann könnte man nämlich umrechnen und es wäre selbst bei einer Vollstreckung durch das Kind für jeden erkennbar, welcher Unterhalt geschuldet wird.

  • Aus meiner Sicht ist es daher auch für jeden Dritten ohne weiteres ersichtlich, was der Gläubiger (Unterhaltsvorschusskasse) vom Schuldner (Kindesvater) verlangen kann.


    Ich halte diese Schlußfolgerung im vorliegenden Fall für nicht richtig. Aus der ZV-Klausel der Teil-Ausfertigung muß sich ergeben, welchen Teil der titulierten Forderung der Gläubiger vollstrecken darf. Denn andernfalls wäre auch gar nicht feststellbar, ob nicht derselbe Anspruch ggf. mehrfach vollstreckbar ausgefertigt wird. Das hätte weitreichende Konsequenzen auch hinsichtlich der Möglichkeit des Schuldners zur Vollstreckungsabwehr (Erfüllung, Verjährung usw.), weil gar nicht feststellbar wäre, gegen welchen Teil des vollstreckbaren Anspruchs er sich zur Wehr setzen könnte.

    Bei wiederkehrenden Leistungen ist es m. E. daher zwingend erforderlich, in der ZV-Klausel einer Teil-Ausfertigung auch den Zeitraum des teilweise übergegangenen Anspruchs anzugeben, andernfalls der zu vollstreckende Anspruch nicht den vollstreckungsrechtlichen Bestimmungsgrundsatz erfüllt.

    Nur beispielhaft: In der AV-Beurk vom 10.11.2016 der Berliner Senatsverwaltung für die Tätigkeit der Urkundspersonen der Berliner Jugendämter werden in Teil C Ziff. 30 (Seite 10 der PDF-Datei) die Anweisungen für die Teil-Ausfertigungen und der Wortlaut der ZV-Klausel daher auch auf diese Weise so detailliert vorgegeben.

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  • Aus meiner Sicht ist es daher auch für jeden Dritten ohne weiteres ersichtlich, was der Gläubiger (Unterhaltsvorschusskasse) vom Schuldner (Kindesvater) verlangen kann.


    Ich halte diese Schlußfolgerung im vorliegenden Fall für nicht richtig. Aus der ZV-Klausel der Teil-Ausfertigung muß sich ergeben, welchen Teil der titulierten Forderung der Gläubiger vollstrecken darf. Denn andernfalls wäre auch gar nicht feststellbar, ob nicht derselbe Anspruch ggf. mehrfach vollstreckbar ausgefertigt wird. Das hätte weitreichende Konsequenzen auch hinsichtlich der Möglichkeit des Schuldners zur Vollstreckungsabwehr (Erfüllung, Verjährung usw.), weil gar nicht feststellbar wäre, gegen welchen Teil des vollstreckbaren Anspruchs er sich zur Wehr setzen könnte.

    Bei wiederkehrenden Leistungen ist es m. E. daher zwingend erforderlich, in der ZV-Klausel einer Teil-Ausfertigung auch den Zeitraum des teilweise übergegangenen Anspruchs anzugeben, andernfalls der zu vollstreckende Anspruch nicht den vollstreckungsrechtlichen Bestimmungsgrundsatz erfüllt.

    ...


    Das sehe ich genauso.

    Bei Anträgen des hiesigen JA auf Erteilung einer RNF erfolgt die Angabe des Zeitraumes in allen Fällen. Daher hatte ich unterstellt, dass im hier geschilderten Fall in der RNF ebenfalls der Zeitraum benannt wurde.

  • Bei Anträgen des hiesigen JA auf Erteilung einer RNF erfolgt die Angabe des Zeitraumes in allen Fällen. Daher hatte ich unterstellt, dass im hier geschilderten Fall in der RNF ebenfalls der Zeitraum benannt wurde.


    :daumenrau

    Den Satz:

    "In der Rechtsnachfolgeklausel wurden allerdings einfach die auf die Unterhaltsvorschusskasse übergegangenen Rückstände festgelegt (wie auch immer die berechnet wurden)"



    hatte ich wohl anders interpretiert, daß also nur ein Betrag, aber eben kein Zeitraum angegeben worden sei. Soweit der konkrete Zeitraum angegeben ist, sehe ich keinen Grund, die ZV zu versagen. Denn dann stünde ja fest, wer Gläubiger und Schuldner (hier ggf. durch Auslegung) des bestimmten Teils des titulierten Zahlungsanspruches ist. Damit wäre die Klausel formell richtig. Die materielle Berechtigung wäre im ZV-Verfahren vom ZV-Organ nicht weiter zu prüfen. Es spielt für das ZV-Organ dann also keine Rolle, ob insbesondere wegen der Änderung der Düsseldorfer Tabelle (am 01.01.2018, Wegfall der Einkommensstufen 11-13) für den in der Klausel ausgewiesenen Anspruch überhaupt (k)eine Klausel erteilt werden durfte. Diese Frage wäre ggf. dem Verfahren nach § 732 ZPO vorbehalten.

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  • Gegenmeinung
    Die zu vollstreckende Forderung muss sich aus dem Titel ergeben, nicht nur aus der Klausel. Ich würde die Vollstreckung ablehnen


    Bei der Gewährung von Unterhaltsvorschuss kann sich die (zu Gunsten des Bundeslandes) zu vollstreckende Forderung gar nicht aus dem Titel ergeben.
    In diesem ist "nur" die Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt an das Kind ausgewiesen, aber (logischerweise) nicht in welchem Umfang die Unterhaltsvorschusskasse Ansprüche gegen den Unterhaltsverpflichteten hat. Das wird ja erst im Rahmen des Klauselverfahrens geprüft.

  • Es spielt für das ZV-Organ dann also keine Rolle, ob insbesondere wegen der [/COLOR][/FONT][/SIZE]Änderung der Düsseldorfer Tabelle (am 01.01.2018, Wegfall der Einkommensstufen 11-13) für den in der Klausel ausgewiesenen Anspruch überhaupt (k)eine Klausel erteilt werden durfte. Diese Frage wäre ggf. dem Verfahren nach § 732 ZPO vorbehalten.

    Natürlich spielt das eine Rolle. Bei Unterhaltssachen ist es etwas komplizierter hinsichtlich Zeitraum und Beträge. Aber nehmen wir folgendes Beispiel, daran siehst du daß deine Auffassung nicht richtig sein kann:

    Urteil gegen B auf Zahlung von 1,- EUR an A.
    A verstirbt und wird von E beerbt. E wird eine Rechtsnachfolgeklausel über 600,- EUR erteilt.

    ?? !

    Übergehen kann naturgemäß nur das, was auch tituliert wurde.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Es spielt für das ZV-Organ dann also keine Rolle, ob insbesondere wegen der [/COLOR][/FONT][/SIZE]Änderung der Düsseldorfer Tabelle (am 01.01.2018, Wegfall der Einkommensstufen 11-13) für den in der Klausel ausgewiesenen Anspruch überhaupt (k)eine Klausel erteilt werden durfte. Diese Frage wäre ggf. dem Verfahren nach § 732 ZPO vorbehalten.

    Natürlich spielt das eine Rolle. Bei Unterhaltssachen ist es etwas komplizierter hinsichtlich Zeitraum und Beträge. Aber nehmen wir folgendes Beispiel, daran siehst du daß deine Auffassung nicht richtig sein kann:

    Urteil gegen B auf Zahlung von 1,- EUR an A.
    A verstirbt und wird von E beerbt. E wird eine Rechtsnachfolgeklausel über 600,- EUR erteilt.

    ?? !

    Übergehen kann naturgemäß nur das, was auch tituliert wurde.

    Wie kommst du darauf, dass in dieser Konstallation eine Rechtsnachfolgeklausel über 600,- EUR erteilt worden wäre? :gruebel:

    Tut mir leid, aber ich finde das Beispiel abwegig bzw. mit dem hiesigen Sachverhalt (Umschreibung wegen UVG) nicht vergleichbar.

    Letztlich prüfst du also, ob die RNF im vorliegenden Umfang erteilt werden durfte. Das steht aus meiner Sicht dem Vollstreckungsorgan nicht zu.

  • @ Bolleff
    Sorry für die ungenaue Formulierung: der Zeitraum der übergegangenen Ansprüche war natürlich, wie bei solchen Klauseln erforderlich, angegeben.

    Im Übrigen bin ich nochmal ins Grübeln gekommen und habe mir die Düsseldorfer Tabelle für das maßgebliche Jahr 2007 angeschaut. Was mir erst nicht aufgefallen ist: Hinter den Zahlbeträgen wird da auch auf den "Vomhundertsatz" verwiesen, der "die Steigerung des Richtsatzes der jeweiligen Einkommensgruppe gegenüber dem Regelbetrag" ausdrückt. Für Gruppe 11 ist das 180. Also 180 % des Regelbetrages. Ich sehe also mittlerweile schon eine Übertragbarkeit der Regelung im Titel auf die heutige Rechtslage. Somit ist meines Erachtens der geschuldete Unterhalt auch heute zu berechnen.

    Daher ist es wohl doch so, dass ich den PfÜB erlassen kann.

    Nichtsdestotrotz eine interessante Fallgestaltung und es besteht ja scheinbar Uneinigkeit darüber wie damit umgegangen wird. Hätte sich mein Problem nicht durch die Tabelle gelöst, wäre ich bei der Ablehnung geblieben.

    Ein schönes Wochenende euch!

  • @ Bolleff
    Sorry für die ungenaue Formulierung: der Zeitraum der übergegangenen Ansprüche war natürlich, wie bei solchen Klauseln erforderlich, angegeben.
    ...

    Hätte sich mein Problem nicht durch die Tabelle gelöst, wäre ich bei der Ablehnung geblieben.

    ....

    Das kann ich nicht nachvollziehen, tut mir leid.

    Mir ist nach wie vor rätselhaft, wozu du die Tabelle benötigst, wenn der Rechtsnachfolgeklausel Zeitraum und Betrag der übergegangenen Ansprüche problemlos entnommen werden können.

    Prüfst du bei sämtlichen Pfüb-Anträgen der Unterhaltsvorschusskasse, ob die Umschreibung in der vorliegenden Höhe möglich war? Und rechnest dann - bei älteren Titeln - ggf. erst einmal den titulierten Regelunterhalt in den Mindestunterhalt um? :gruebel:

  • Wie kommst du darauf, dass in dieser Konstallation eine Rechtsnachfolgeklausel über 600,- EUR erteilt worden wäre? :gruebel:

    Tut mir leid, aber ich finde das Beispiel abwegig bzw. mit dem hiesigen Sachverhalt (Umschreibung wegen UVG) nicht vergleichbar.

    Letztlich prüfst du also, ob die RNF im vorliegenden Umfang erteilt werden durfte. Das steht aus meiner Sicht dem Vollstreckungsorgan nicht zu.

    Das Beispiel ist natürlich bewußt extrem plakativ gewählt...

    Aber ich hatte in der Praxis auch schon derartige Fälle mit Unterhaltsbezug: Da sind z. B. 150,- EUR statisch durch Jugendamtsurkunde tituliert; der Freistaat zahlt aber z. B. monatlich 220,- EUR an UVG und schreibt die 220,- EUR auch in seine Rechtsnachfolgeklausel...

    Damit kann ich natürlich keine 220,- EUR vollstrecken, weil nur 150,- tituliert sind. Die Rechtsnachfolgeklausel hat ja nur den Sinn, den Titel hinsichtlich eines Wechsels des Gläubigers zu ergänzen. An den geschuldeten Beträgen ändert sich dadurch aber nichts.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.


  • Prüfst du bei sämtlichen Pfüb-Anträgen der Unterhaltsvorschusskasse, ob die Umschreibung in der vorliegenden Höhe möglich war? Und rechnest dann - bei älteren Titeln - ggf. erst einmal den titulierten Regelunterhalt in den Mindestunterhalt um? :gruebel:

    Ja, genau das mache ich, weil es meine Aufgabe ist.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.


  • Prüfst du bei sämtlichen Pfüb-Anträgen der Unterhaltsvorschusskasse, ob die Umschreibung in der vorliegenden Höhe möglich war? Und rechnest dann - bei älteren Titeln - ggf. erst einmal den titulierten Regelunterhalt in den Mindestunterhalt um? :gruebel:

    Ja, genau das mache ich, weil es meine Aufgabe ist.

    Äh... okay. Das mache ich nie, da es nach m.E. nicht die Aufgabe des Rpfl. der ZV Abteilung beim Erlass eines Pfübs ist. Mag sein, dass ich mich da täusche?! Aber dann könnte die Rechtsnachfolgeklausel ja auch direkt von uns in der ZV Abteilung erteilt werden, wenn wir sie eh nochmal prüfen, obwohl ein ebenso befähigter Kollege dies bereits getan hat. Das kommt mir merkwürdig vor...:gruebel:

  • du prüftst damit nicht die Klausel

    vor jeder Vollstreckung zu prüfen ist Titel, Klausel, Zustellung - und das erste ist dabei ob sich die Forderung wegen der vollstreckt werden soll überhaupt aus dem Titel ergibt.
    Ich kann nicht nur auf die Klausel schauen und den Titel ignorieren

  • Es spielt für das ZV-Organ dann also keine Rolle, ob insbesondere wegen der [/COLOR][/FONT][/SIZE]Änderung der Düsseldorfer Tabelle (am 01.01.2018, Wegfall der Einkommensstufen 11-13) für den in der Klausel ausgewiesenen Anspruch überhaupt (k)eine Klausel erteilt werden durfte. Diese Frage wäre ggf. dem Verfahren nach § 732 ZPO vorbehalten.

    Natürlich spielt das eine Rolle. Bei Unterhaltssachen ist es etwas komplizierter hinsichtlich Zeitraum und Beträge. Aber nehmen wir folgendes Beispiel, daran siehst du daß deine Auffassung nicht richtig sein kann:

    Urteil gegen B auf Zahlung von 1,- EUR an A.
    A verstirbt und wird von E beerbt. E wird eine Rechtsnachfolgeklausel über 600,- EUR erteilt.

    ?? !

    Übergehen kann naturgemäß nur das, was auch tituliert wurde.


    Das Beispiel ist sicher ein Extrembeispiel und der hier vorliegende Fall (dessen Sachverhalt m. E. noch nicht vollständig ist) ist auch sicher speziell, da er mehrere Fragen aufwirft. Ich denke aber, daß der Vergleich zwischen beiden Fällen hier hinkt. In Deinem Extrembeispiel kann bei einem so offenkundigen Widerspruch zwischen Inhalt und Klausel sicher vertreten werden, daß die Klausel der Prüfung durch das ZV-Organ unterliegt und damit die ZV allenfalls auf die Höhe der Titelforderung beschränkt sein kann.

    Meine Aussage, die materiell-rechtliche Seite der Klausel in der formell richtig erteilten Form sei vom ZV-Organ nicht zu prüfen, bezieht sich auf die Rspr. des BGH (z. B. Rpfleger 2012, 638), wonach das ZV-Organ

    „(…) nur zu prüfen hat, ob eine Klausel vorhanden ist und ob sie ordnungsgemäß erteilt wurde, nicht hingegen, ob sie erteilt werden durfte. Deshalb ist es insbesondere nicht Sache des mit der Vollstreckung des Titels befassten Vollstreckungsorgans, die Wirksamkeit der Klausel am Inhalt des Titels zu messen (…)“.



    Soweit in der (zuvor ergangenen) Rspr. die Auffassung vertreten wurde, daß die Frage des vollstreckbaren Inhalts des Titels vom ZV-Organ trotz dessen Bindung an eine wirksam erteilte ZV-Klausel erneut zu überprüfen ist, wurde das aufgrund fehlender Bestimmtheit eines Titels mit „faktischen Gründen“ begründet. Denn sei der Titel inhaltlich unbestimmt, könne das ZV-Organ nicht vollstrecken, weil es nicht wissen kann, was zu vollstrecken ist (so z. B. OLG Hamm, MDR 2010, 1086). Im dortigen Fall war aber der Übergang der gesamten Forderung betroffen, in welcher der übergegangene Betrag der zu vollstreckenden Forderung nicht gesondert ausgewiesen wird. Im Übrigen wurde dort ausdrücklich die Frage offengelassen, ob anders zu entscheiden wäre, wenn die im dortigen Titel nicht bestimmbare Höhe der Gegenleistung des Gläubigers zumindest in der ZV-Klausel ausgewiesen worden wäre.

    Diese „faktischen Gründe“ liegen also im hiesigen Fall der Teil-Ausfertigung (und wohl auch in dem Extrembeispiel) aber nicht vor, weil anhand der Klausel eindeutig ausgewiesen ist, in welcher Höhe der Titel zur ZV bescheinigt wurde. Fraglich bleibt aber, ob aufgrund der titulierten Dauerverpflichtung der anzugebenden Zeitraum mit angegeben wurde. Andernfalls wäre die Klausel formell fehlerhaft und die ZV abzulehnen. Die Teil-Ausfertigung betrifft jedenfalls zwangsläufig immer nur ein Weniger und kein Mehr – daher hinkt m. E. Dein Extrembeispiel.


    Das andere Problem, die Änderung der Düsseldorfer Tabelle seit 2008 und damit die Verletzung des Bestimmbarkeitsgebotes der titulierten Forderungen ab diesem Zeitpunkt, würde der ZV entgegenstehen (vgl. zu einem ähnlichen Fall: BGH, NJW-RR 2010, 1365). Das wäre aber wieder bei der Erteilung der ZV-Klausel zu klären bzw. auf anderem Wege als im aktuellen ZV-Verfahren.

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