Grundbuchberichtigung bedingte Vor- und Nacherbschaft

  • Zur inhaltlichen Kontruktion des Testaments: Es ist ein Widerspruch in sich, für die Bestimmung der Persönlichkeit der Nacherben zunächst auf den Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls abzustellen (was eine Ersatznacherbschaft begrifflich ausschließt, weil dann die Nacherben insgesamt i. S. des § 1913 BGB unbekannt sind), um dann später im Rahmen der Pflichtteilsklausel - wo es ohnehin nicht hingehört - eine Ersatznacherbschaft für den Fall des vor dem Eintritt des Nacherbfalls erfolgenden Ablebens des Nacherben zu statuieren.

    Dass ein zum Nacherben eingesetzter Abkömmling nur pflichtteilsberechtigt ist, wenn er die Nacherbfolge nach § 2306 (Abs. 2) BGB ausschlägt, ist ebenfalls kein Geheimnis, welches sich erst nach ausführlicher Recherche erschließt. Allerdings schließt diese Rechtslage nicht aus, dass die Sanktionswirkung der Pflichtteilsklausel nach dem Willen des Erblassers auch eintreten kann, wenn die Geltendmachung des (nicht existenten) Pflichtteilsanspruchs ohne vorherige Ausschlagung des Nacherbenrechts erfolgt. Nur: Es muss eben geprüft werden, was diesbezüglich der Wille des Erblassers war!

    Lässt man die Pflichtteilsklausel vorerst außer acht, ist die Rechtslage an sich klar: Der überlebende Ehegatte ist befreiter Vorerbe und Nacherben sind die im Zeitpunkt des Nacherbfalls vorhandenen gemeinschaftlichen Abkömmlinge zu gleichen Stammanteilen nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge, also nicht die im Zeitpunkt des Vorerbfalls vorhandenen Kinder in persona und für diese jeweils ersatzweise deren Abkömmlinge. Dass dies dazu führt, dass die Nacherben bis zum Eintritt des Nacherbfalls i. S. des § 1913 BGB objektiv unbekannt sind und dass dies etwaige Verfügungen des (und zwar auch des befreiten) Vorerben erheblich erschwert, kann sich getrost der beurkundende Notar auf seine Fahnen schreiben. Die Nacherbenstellung der Kinder in persona (nebst Ersatznacherbenstellung der jeweiligen Enkel) wäre hier zu bevorzugen gewesen, weil sie zum gleichen Ergebnis führt und die Ersatznacherben im Hinblick auf etwaige Nacherbenzustimmungen aus dem Spiel sind. Es ist aus meiner Sicht unbegreiflich, dass manche Notare angesichts der mit dem Unbekanntsein von Nacherben verbundenen Probleme nach wie vor diejenige von zwei denkbaren Lösungen wählen, welche den Beteiligten nach dem Eintritt des Vorerbfalls die größeren Schwierigkeiten bereitet. Man kann das Rechtsinstitut der Nacherbfolge ja schlecht abschaffen, nur weil Notare (und nicht selten auch Nachlassgerichte) nicht zur ihrer zutreffenden Umsetzung bei der Testamentsbeurkundung (bzw. im Rahmen des Erbscheinsverfahrens) in der Lage sind.

    Die Pflichtteilsklausel ist jedenfalls insoweit klar, als im Modifierung der getroffenen Nacherben- und Schlusserbenbestimmungen geregelt ist, wer im Fall der Geltendmachtung des Pflichtteilsanspruchs nicht als Nacherbe (und Schlusserbe) zum Zuge kommen soll (nämlich das pflichtteilsgeltendmachende Kind und dessen Abkömmlinge). Dagegen schweigt sich die Pflichtteilsklausel darüber aus, ob die Nacherbfolge für den Stamm des betreffenden Kindes dadurch in Wegfall kommt (wodurch der überlebende Ehegatte insoweit Vollerbe würde) oder ob sie nicht in Wegfall kommt und dann die übrigen Abkömmlinge für den Gesamtnachlass Nacherben werden (es ist lediglich geregelt, dass das NE-Anwartschaftsrecht nicht übertragbar und nicht vererblich ist, was aber beide genannten Möglichkeiten offen lässt).

    Das vorliegende vermurkste notarielle Testament bedarf daher in verschiedenster Hinsicht (vorstehend jeweils in blauer Schrift hervorgehoben) der Auslegung, obwohl man ja an sich zum Notar geht, damit sich möglichst keine Auslegungsprobleme ergeben. Und diese verschiedensten Auslegungen muss eben nunmehr das Nachlassgericht im Rahmen des Erbscheinsverfahrens vornehmen. Und je nachdem, welche Auslegung zum Zuge kommt, hat dann eben auch der Erbschein diesen oder jenen Inhalt.

    Alles was bislang überlegt wurde, ist nach den vorstehenden Ausführungen jedenfalls zu kurz gedacht.

  • Die Witwe wird einen Erbscheinsantrag stellen. Welchen Inhaltes? Ich weiß es nicht. Sie wollte zum Notar gehen. Die zuständige Kollegin habe ich über die Problematik in Kenntnis gesetzt, mal sehen wie es weiter geht.

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