Vormundschaftsrechtsreform

  • Da sind aber einige Bomben im Gesetzesentwurf versteckt; z.B. hier :
    Nach dem neuen § 1804 E-BGB soll das Familiengericht den Anfangs- und ( jeden ) Jahresbericht des Vormundes mit dem Mündel persönlich besprechen.:eek:

    Das dürfte vor allem bei Asylanten Spaß machen, die der deutschen Sprache kaum bis gar nicht mächtig sind. Und diese Vormundschaften machen hier bei mir den größten Teil aus...

    Und was bitte soll der Sinn davon sein?!? :mad: Was soll ich mit dem Mündel daran besprechen und warum? Was hat das Kind davon?

    Und der Personalbedarf in Vormundschaftssachen dürfte sich dann auch mal locker verdoppeln!

    Bereits im Entwurf von 2018 stand es so drinnen. Bei meiner damaligen Stellungnahme habe ich dies schon sehr kritisch gesehen.

    Bei mir laufen derzeit ca. 150 Vormundschaften / Pflegschaften. Im Schnitt müsste ich ca. 3 Anhörungen in der Woche durchführen (ohne Urlaub und Krankheit). Diese müssen vorbereitet und nachbereitet werden. Dazu kommt, dass manche Kinder schwer traumatisiert sind. Ich bin dafür nicht ausgebildet und könnte vielleicht auch noch Schaden beim Kind anrichten bei einer Anhörung.
    Das Kind wird mir in der Regel auch nicht erzählen, ob alles gut läuft mit dem Vormund/Pfleger. Für das Kind bin ich eine fremde Person.

    Gruß Grottenolm

    Don't turn your back, don't look away and don't blink! Dr. Who

  • Sehr richtig! Auch die "Systemsprenger" werden natürlich begeistert über solche Gespräche sein...

    Und wie gesagt: Welchen Nutzen sollen Gericht und Kind aus diesen Besprechungen ziehen?

    Bei mir wären es dann im Übrigen locker 2-3 Besprechungen AM TAG (großes Gericht; viele Vormundschaften, da sozialer Brennpunkt)...

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Der Entwurf sagt, dass eine Besprechung stattfinden soll, nicht muss...

    Man kann und muss auf den Einzelfall abstellen, wenn diskussionswürdige Punkte im Bericht auftauchen, wenn man das Gefühl hat, dass die Mitspracherechte des Mündels nicht hinreichend berücksichtigt wurden, wenn das Mündel dies ausdrücklich wünscht etc...eine pauschale Besprechung des Berichts ist nicht Sinn der Sache, zumal, wenn alles in Ordnung ist...

    Die Kunst des Lebens besteht mehr im Ringen als im Tanzen. ( Marc Aurel )

  • Der Entwurf sagt, dass eine Besprechung stattfinden soll, nicht muss...

    Man kann und muss auf den Einzelfall abstellen, wenn diskussionswürdige Punkte im Bericht auftauchen, wenn man das Gefühl hat, dass die Mitspracherechte des Mündels nicht hinreichend berücksichtigt wurden, wenn das Mündel dies ausdrücklich wünscht etc...eine pauschale Besprechung des Berichts ist nicht Sinn der Sache, zumal, wenn alles in Ordnung ist...

    Ich weiß nicht ,was man Dir in Deiner Ausbildungszeit eingebleut hat, aber bei uns hieß es in Schwetzingen gebetsmühlenhaft , dass "soll" grs. ein "muss" ist.
    Dass es bei einem "soll" Ausnahmen - wie z.B. bei einem nicht verständigungsfähigen Kleinkind - geben kann , liegt in der Natur der Sache.

  • Der Entwurf sagt, dass eine Besprechung stattfinden soll, nicht muss...

    Man kann und muss auf den Einzelfall abstellen, wenn diskussionswürdige Punkte im Bericht auftauchen, wenn man das Gefühl hat, dass die Mitspracherechte des Mündels nicht hinreichend berücksichtigt wurden, wenn das Mündel dies ausdrücklich wünscht etc...eine pauschale Besprechung des Berichts ist nicht Sinn der Sache, zumal, wenn alles in Ordnung ist...

    Ich weiß nicht ,was man Dir in Deiner Ausbildungszeit eingebleut hat, aber bei uns hieß es in Schwetzingen gebetsmühlenhaft , dass "soll" grs. ein "muss" ist.
    Dass es bei einem "soll" Ausnahmen - wie z.B. bei einem nicht verständigungsfähigen Kleinkind - geben kann , liegt in der Natur der Sache.

    In meinem heißgeliebten Rotenburg/Fulda gab es solche Dogmatiker nicht ;)

    Die Kunst des Lebens besteht mehr im Ringen als im Tanzen. ( Marc Aurel )

  • Der Entwurf sagt, dass eine Besprechung stattfinden soll, nicht muss...

    Man kann und muss auf den Einzelfall abstellen, wenn diskussionswürdige Punkte im Bericht auftauchen, wenn man das Gefühl hat, dass die Mitspracherechte des Mündels nicht hinreichend berücksichtigt wurden, wenn das Mündel dies ausdrücklich wünscht etc...eine pauschale Besprechung des Berichts ist nicht Sinn der Sache, zumal, wenn alles in Ordnung ist...

    Ich weiß nicht ,was man Dir in Deiner Ausbildungszeit eingebleut hat, aber bei uns hieß es in Schwetzingen gebetsmühlenhaft , dass "soll" grs. ein "muss" ist.
    Dass es bei einem "soll" Ausnahmen - wie z.B. bei einem nicht verständigungsfähigen Kleinkind - geben kann , liegt in der Natur der Sache.

    In meinem heißgeliebten Rotenburg/Fulda gab es solche Dogmatiker nicht ;)

    Und woran soll ich festmachen, ob diskussionswürdige Punkte im Bericht sind? Woran soll ich erkennen, ob Mitspracherechte des Mündes nicht berücksichtigt wurden? Das kann ich doch aus dem Bericht in der Regel nicht erkennen? Damit käme ich zu über 90 % dazu, dass ich das Kind heranzitieren muss um den Bericht zu besprechen. Und die Kinder, welche schlechte Erfahrungen mit dem Gericht gemacht haben (z.B. Herausnahme aus der Familie) traumatisiere ich dann ggf. erneut? Der Gesetzesentwurf ist in dieser Sicht völlig :daumenrun.

    Und auch Rotenburg vertritt die Meinung, dass ein Soll ein Muss ist.

    Gruß Grottenolm

    Don't turn your back, don't look away and don't blink! Dr. Who

  • zu #21 ff:
    Dann muss man wohl zusätzlich noch einen Verfahrenspfleger bestellen, damit die Vermögensverzeichnisse und Rechnungslegungen besprochen werden können oder gar einen weiteren Betreuer.

    Erstens gibt es den bei Minderjährigen nicht, und zweitens: Warum? :confused:

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Verfahrenspflegerbestellung im Verfahren zur Besprechung des Anfangsberichts bzw. der Rechnungslegung, wenn der Betroffene seine Interessen nicht selbst wahrnehmen kann.

    Die Vorschrift dürfte anders gemeint sein, und wie ich schon schrub: Nicht bei Minderjährigen.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Geplant ist ein Inkrafttreten zum 01.01.2023.

    In der Betreuung sind folgende für die Rechtspfleger wesentliche Änderungen geplant (in Kurzform):


    1. Berufsbetreuer müssen sich zwingend bei ihrer zuständigen Betreuungsbehörde registrieren lassen. Es bestehen Registrierungsvoraussetzungen § 23 BtOG
    2. Die Höhe der Vergütung kann durch die Verwaltung des Amtsgerichts am Sitz des Betreuers verbindlich festgesetzt werden § 8 VBVG
    3. Dauerfestsetzungen sind möglich § 15
    4. Der Betreuer unterstützt den Betreuten und macht von seiner Vertretungsmacht nur Gebrauch, sofern dies erforderlich ist. Den Wünschen des Betreuten ist i.d.R. zu entsprechen (Ausnahme: Gefährdung, Zumutbarkeit) § 1821 BGB
    5. Erweiterte Informations- und Anhörungspflicht des Betreuten (z.B. Übersendung des Vermögensverzeichnisses, bei Verdacht auf Pflichtwidrigkeiten persönliche Anhörung erforderlich § 1862).
    6. Die Vermögensverwaltung wird klarstellend und umfangreich beschrieben und teilweise reformiert. Trennungsgebot mit ausdrücklicher Ausnahme von gemeinschaftlichen Vermögen § 1836. Definition von Verfügungsgeld und Anlagegeld.
    7. Schenkungen sind möglich, aber genehmigungspflichtig § 1854
    8. Anfangs-, Jahres- und Schlussbericht haben erweiterte Pflichtinhalte § 1863
    9. Bei Rechnungslegung kann das Gericht Einzelheiten zur Erstellung bestimmen. Auf die Vorlage von Belegen kann verzichtet werden § 1865
    10. Schlussrechnung bei Beendigung der Betreuung nur auf Verlangen. Verfahren bei Betreuerwechsel bleibt gleich. Schluss-RL bei befreiten Betreuern entfällt § 1872


    Insgesamt werden die Vorschriften des BGB so gut sortiert und formuliert, dass sie auch durch Laien nachvollziehbar werden. Ich hätte in Zukunft keine Bedenken, bei Nachfragen durch einen ehrenamtlichen Betreuer einzelne §§ des Gesetzes wörtlich zu zitieren.

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

    Einmal editiert, zuletzt von Franziska (28. Oktober 2020 um 14:58)

    1. Die Höhe der Vergütung kann durch die Verwaltung des Amtsgerichts am Sitz des Betreuers verbindlich festgesetzt werden § 8 VBVG

    Da wird sich die Verwaltung des Amtsgerichts am Sitz des Betreuers über diese neue "Einstufungsaufgabe" aber freuen.
    Kraft der bei den Justizverwaltungen vorhandenen Kompetenz im Vergütungsrecht der Berufsbetreuer sehe ich da schon Klagen der Betreuer gegen die Einstufung am Horizont.
    Na Gott sei dank , dass für die Klagen gegen diese künftigen Verwaltungsakte die Verwaltungsgerichte zuständig wären.
    Immerhin hat es der Betreuer nach § 8 III VBVG-E selbst in der Hand , von einem entspr. Einstufungsantrag abzusehen.

    Dass ein Gesetz mal einfacher wird , ist offensichtlich gesetzlich nicht vorgesehen.

  • Ist doch nicht so, dass wir nicht bereits alle unsere Betreuer nicht schon eingestuft hätten - postitiv formuliert: mit der BGH-Rechtsprechung zur Qualifikation um 2013 herum, hatte man sich ja schon mal die Arbeit gemacht - was soll da jetzt neues kommen? IdR. wird man das 1:1 übernehmen.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Geplant ist ein Inkrafttreten zum 01.01.2023.

    In der Betreuung sind folgende für die Rechtspfleger wesentliche Änderungen geplant (in Kurzform):


    1. Berufsbetreuer müssen sich zwingend bei ihrer zuständigen Betreuungsbehörde registrieren lassen. Es bestehen Registrierungsvoraussetzungen § 23 BtOG
    2. Die Höhe der Vergütung kann durch die Verwaltung des Amtsgerichts am Sitz des Betreuers verbindlich festgesetzt werden § 8 VBVG
    3. Dauerfestsetzungen sind möglich § 15
    4. Der Betreuer unterstützt den Betreuten und macht von seiner Vertretungsmacht nur Gebrauch, sofern dies erforderlich ist. Den Wünschen des Betreuten ist i.d.R. zu entsprechen (Ausnahme: Gefährdung, Zumutbarkeit) § 1821 BGB
    5. Erweiterte Informations- und Anhörungspflicht des Betreuten (z.B. Übersendung des Vermögensverzeichnisses, bei Verdacht auf Pflichtwidrigkeiten persönliche Anhörung erforderlich § 1862).
    6. Die Vermögensverwaltung wird klarstellend und umfangreich beschrieben und teilweise reformiert. Trennungsgebot mit ausdrücklicher Ausnahme von gemeinschaftlichen Vermögen § 1836. Definition von Verfügungsgeld und Anlagegeld.
    7. Schenkungen sind möglich, aber genehmigungspflichtig § 1854
    8. Anfangs-, Jahres- und Schlussbericht haben erweiterte Pflichtinhalte § 1863
    9. Bei Rechnungslegung kann das Gericht Einzelheiten zur Erstellung bestimmen. Auf die Vorlage von Belegen kann verzichtet werden § 1865
    10. Schlussrechnung bei Beendigung der Betreuung nur auf Verlangen. Verfahren bei Betreuerwechsel bleibt gleich. Schluss-RL bei befreiten Betreuern entfällt § 1872


    Insgesamt werden die Vorschriften des BGB so gut sortiert und formuliert, dass sie auch durch Laien nachvollziehbar werden. Ich hätte in Zukunft keine Bedenken, bei Nachfragen durch einen ehrenamtlichen Betreuer einzelne §§ des Gesetzes wörtlich zu zitieren.


    Vielen Dank!

  • Ist doch nicht so, dass wir nicht bereits alle unsere Betreuer nicht schon eingestuft hätten - postitiv formuliert: mit der BGH-Rechtsprechung zur Qualifikation um 2013 herum, hatte man sich ja schon mal die Arbeit gemacht - was soll da jetzt neues kommen? IdR. wird man das 1:1 übernehmen.

    Es kommen ja auch immer mal neue Betreuer hinzu....

    Bedenklich finde ich Punkt 10 "Schluss-RL bei befreiten Betreuern entfällt § 1872".

    Die befreiten Betreuer können hinsichtlich der Vermögenssorge während der laufenden Betreuung durch das BG nur schwer kontrolliert werden. Und dann muss künftig - zum Vorteil eventuell unredlicher Betreuer (Angehörige) - auch keine Schlussrechnungslegung mehr erbracht werden. Die Betreuungsgerichte wird es freuen, die Zivilgerichte wohl weniger...

    Und die vorgesehene Genehmigungsbedürftigkeit von Schenkungen finde ich auch gewöhnungsbedürftig.

  • Und die vorgesehene Genehmigungsbedürftigkeit von Schenkungen finde ich auch gewöhnungsbedürftig.

    Gewöhnungsbedürftig: meinetwegen. Aber hier sehe ich Praxisbedarf. Ich denke da an ein reiches kinder- und erbenloses Ehepaar, hochbetagt. Als der Mann stirbt, ist die Frau bereits geschäftsunfähig, aber durchaus in der Lage zu einer natürlichen Willensbildung. Wenn sie dann den Herzenswunsch hat, einer caritativen Einrichtung einen höheren Geldbetrag zu schenken, kann sie das nicht mangels Geschäftsfähigkeit. Der Betreuer kann es derzeit nicht wegen des Schenkungsverbots. (Eine sittliche Pflicht zu formulieren, dürfte hier schwerfallen, und um eine Anstandsschenkung geht es nicht mehr.) Aber den natürlichen Willen der alten Dame umzusetzen, gehört doch zu den ureigenen Betreueraufgaben. Ich fände eine entsprechende gesetzliche Regelung sehr gut.

  • Und die vorgesehene Genehmigungsbedürftigkeit von Schenkungen finde ich auch gewöhnungsbedürftig.

    Gewöhnungsbedürftig: meinetwegen. Aber hier sehe ich Praxisbedarf. Ich denke da an ein reiches kinder- und erbenloses Ehepaar, hochbetagt. Als der Mann stirbt, ist die Frau bereits geschäftsunfähig, aber durchaus in der Lage zu einer natürlichen Willensbildung. Wenn sie dann den Herzenswunsch hat, einer caritativen Einrichtung einen höheren Geldbetrag zu schenken, kann sie das nicht mangels Geschäftsfähigkeit. Der Betreuer kann es derzeit nicht wegen des Schenkungsverbots. (Eine sittliche Pflicht zu formulieren, dürfte hier schwerfallen, und um eine Anstandsschenkung geht es nicht mehr.) Aber den natürlichen Willen der alten Dame umzusetzen, gehört doch zu den ureigenen Betreueraufgaben. Ich fände eine entsprechende gesetzliche Regelung sehr gut.

    So gehen die Meinungen eben auseinander.

    Hinsichtlich Schenkungsansinnen der Betreuer (Familienangehörige) kam in meinen Verfahren noch nie der Wunsch auf, einer caritativen Einrichtung etwas zu schenken.

    Der Normalfall ist, dass Enkel (Kinder des Betreuers), seine Frau oder Nichten bzw. Neffen Gelder des Betroffenen erhalten sollen, wofür auch immer. (Leider kann sich der Betreute in manchen Fällen kaum noch äußern, wollte aber die Schenkungen unbedingt...:cool:)

  • Ist doch nicht so, dass wir nicht bereits alle unsere Betreuer nicht schon eingestuft hätten - postitiv formuliert: mit der BGH-Rechtsprechung zur Qualifikation um 2013 herum, hatte man sich ja schon mal die Arbeit gemacht - was soll da jetzt neues kommen? IdR. wird man das 1:1 übernehmen.

    Es kommen ja auch immer mal neue Betreuer hinzu....

    [/FONT][/COLOR]

    Eingedenk auf die bereits hingewiesene obergerichtliche Rechtsprechung sollten deren Einstufung ebenso bombenfest sein - eben weil die Kollegen und Betreuer bereits sensibilisiert waren.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!