Nachtragsverteilung

  • Guten Morgen!

    Ich benötige wieder einmal rechtlichen Rat :):confused: ...

    In dem (aufgehobenen) Insolvenzverfahren ist die Schuldnerin (mit einigen Geschwistern sowie ihrem Vater) Miterbin nach der verstorbenen Mutter geworden (Grundbesitz). Die InsVerw´in hat den Erbanteil verkauft für 7.000 €.
    Kurz darauf ist der Vater der Schuldnerin verstorben. Diesbezüglich hat die InsVerw´in die Freigabe erklärt, da (vermeintlich) die bestehenden Belastungen zu groß waren.

    Im Restschuldbefreiungsverfahren hat etwas später ein Treuhänderwechsel stattgefunden, da die ursprüngliche InsVerw´in bzw. Treuhänderin als Rechtsanwältin aufgehört hat.

    Nun teilt der neue Treuhänder mit, die rechtliche Beurteilung bei der Höhe des verkauften Erbanteils bzgl. der Mutter sowie die Freigabe nach dem Vater seien seiner Ansicht nach falsch gewesen und der Sachverhalt durch die ehemalige Verwalterin nicht "sachgerecht" bearbeitet worden.
    Der zum Nachlass des Vaters gehörige Grundbesitz soll nun veräußert werden für 320.000 €, ein Vertragsentwurf des Notars liegt bereits vor.
    Der Anteil der Schuldnerin wäre um ein Vielfaches höher (64.000 € statt 7.000 €).

    Der neue Treuhänder schlägt nun vor, die Nachtragsverteilung anzuordnen, innerhalb derer er dann die Freigabeerklärung (als einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung) gem. § 119 BGB anfechten müsste.

    Nun meine konkrete Frage zur Anordnung der Nachtragsverteilung (Beschlussfassung). Es dürfte sich ja um § 203 Nr. 3 InsO handeln.
    Muss ich "einfach" nur die Nachtragsverteilung wegen "Erbansprüchen der Schuldnerin nach dem verstorbenen Vater" in den Beschluss aufnehmen oder auch
    die Geltendmachung der damit zusammenhängenden Irrtumsanfechtung nach § 119 BGB durch den Treuhänder? Schließlich ist der Anspruch ja freigegeben.

    Vielen Dank schon mal Vorab. Für weitere Hinweise zu Aspekten, die ich in meiner Schilderung nicht problematisiert habe, die aber wichtig sind in dem Zusammenhang,
    wäre ich natürlich auch dankbar!

    Viele Grüße,
    Vollrecki

  • Schwierige Geschichte. Riecht das nicht eher nach Haftungsfall für die damalige Insolvenzverwalterin? Nachtragsverteilung erscheint mir irgendwie merkwürdig, denn es wurden ja keine Gegenstände der Masse ermittelt, sondern es hat einfach eine andere Bewertung durch den Treuhänder stattgefunden.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Wann waren denn die Erbfälle?
    Wenn der Sch erst nach Aufhebung in der WVP Erbe wurde, liegt kein Fall einer Nachtragsverteilung vor.

    In der WVP hat der Sch selbst so viel abzuführen, wie der Hälfe des Erbanspruchs entspricht. Wenn dies ursprünglich falsch ermittelt wurde, kann dies einfach durch eine Nachzahlung vom Sch korrigiert werden

  • Schwierige Geschichte. Riecht das nicht eher nach Haftungsfall für die damalige Insolvenzverwalterin? Nachtragsverteilung erscheint mir irgendwie merkwürdig, denn es wurden ja keine Gegenstände der Masse ermittelt, sondern es hat einfach eine andere Bewertung durch den Treuhänder stattgefunden.

    Ein Schadensersatzanspruch gegen die ehemalige Verwalterin wäre doch ein Gegenstand der Masse, der erst nachträglich ermittelt wurde.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Wann waren denn die Erbfälle?
    Wenn der Sch erst nach Aufhebung in der WVP Erbe wurde, liegt kein Fall einer Nachtragsverteilung vor.

    In der WVP hat der Sch selbst so viel abzuführen, wie der Hälfe des Erbanspruchs entspricht. Wenn dies ursprünglich falsch ermittelt wurde, kann dies einfach durch eine Nachzahlung vom Sch korrigiert werden

    Aus dem Ausgangthread: "In dem (aufgehobenen) Insolvenzverfahren ist die Schuldnerin (mit einigen Geschwistern sowie ihrem Vater) Miterbin nach der verstorbenen Mutter geworden (Grundbesitz). Die InsVerw´in hat den Erbanteil verkauft für 7.000 €.
    Kurz darauf ist der Vater der Schuldnerin verstorben. Diesbezüglich hat die InsVerw´in die Freigabe erklärt, da (vermeintlich) die bestehenden Belastungen zu groß waren.

    Im Restschuldbefreiungsverfahren hat etwas später ein Treuhänderwechsel stattgefunden, da die ursprüngliche InsVerw´in bzw. Treuhänderin als Rechtsanwältin aufgehört hat."

    M.E. waren die Erbfälle eindeutig vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Schwierige Geschichte. Riecht das nicht eher nach Haftungsfall für die damalige Insolvenzverwalterin? Nachtragsverteilung erscheint mir irgendwie merkwürdig, denn es wurden ja keine Gegenstände der Masse ermittelt, sondern es hat einfach eine andere Bewertung durch den Treuhänder stattgefunden.

    Ein Schadensersatzanspruch gegen die ehemalige Verwalterin wäre doch ein Gegenstand der Masse, der erst nachträglich ermittelt wurde.


    Der Sachverhalt gibt meines Erachtens aber einen anderen Ansatz her. Da ist von Schadenersatzanspruch keine Rede.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Die Freigabe ist unwiderruflich, vergl. BGH vom 07.12.2006, IX ZR 161/04.

    Ob die Anfechtung möglich ist, wird geteilt gesehen, vergl. nur HamKo § 35, Rn 67; ich tendiere hierbei aber eher zu einem unbeachtlichen Motivirrtum, wie von Höpfner in ZIP 2000 Heft 35 sehr schön dargestellt.

    Was man noch überlegen könnte wäre die Unwirksamkeit aufgrund von Insolvenzzweckwidrigkeit, wobei, wie Höpfner darstellt,dass Verfügungen, die unzweckmäßig oder unrichtig sind wirksam seien, nach BGH vom 13.01.1983, III ZR 88/81:

    Tritt der Konkursverwalter eine zur Konkursmasse gehörende Forderung ab, so ist diese Abtretung nur dann wegen eines darin liegenden offenbaren Verstoßes gegen den Konkurszweck unwirksam, wenn dies unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkt für einen verständigen Menschen offensichtlich ist.

    Das will nicht so recht passen


    ME geht das mehr in Richtung § 60 InsO......

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Schwierige Geschichte. Riecht das nicht eher nach Haftungsfall für die damalige Insolvenzverwalterin? Nachtragsverteilung erscheint mir irgendwie merkwürdig, denn es wurden ja keine Gegenstände der Masse ermittelt, sondern es hat einfach eine andere Bewertung durch den Treuhänder stattgefunden.

    Ein Schadensersatzanspruch gegen die ehemalige Verwalterin wäre doch ein Gegenstand der Masse, der erst nachträglich ermittelt wurde.


    Der Sachverhalt gibt meines Erachtens aber einen anderen Ansatz her. Da ist von Schadenersatzanspruch keine Rede.

    Ausdrücklich erwähnt wird er da nicht. Aber wir beide schlussfolgern doch aus dem Anfangssachverhalt, dass einen solchen geben könnte. Und zumindest für den könnte ja dann auch die NV angeordnet werden. Wenn es mein Verfahren wäre, würde ich um Prüfung und Bericht binnen ... bitten.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Schwierige Geschichte. Riecht das nicht eher nach Haftungsfall für die damalige Insolvenzverwalterin? Nachtragsverteilung erscheint mir irgendwie merkwürdig, denn es wurden ja keine Gegenstände der Masse ermittelt, sondern es hat einfach eine andere Bewertung durch den Treuhänder stattgefunden.

    Ein Schadensersatzanspruch gegen die ehemalige Verwalterin wäre doch ein Gegenstand der Masse, der erst nachträglich ermittelt wurde.


    Ja genau, das steht so auch im Uhlenbruck, 15. Auflage unter § 203, Rdnr. 26, dass ein anderer Insolvenzverwalter zwecks Geltendmachung von Regressansprüchen nach § 60 InsO gegen den ehemaligen Verwalter bestellt werden kann.

    Deshalb war ich mir ja mit Blick auf den Anordnungsbeschluss über die Nachtragsverteilung unsicher, wie ich das zu formulieren habe.
    Also, auf der einen Seite habe ich - sofern eine Irrtumsanfechtung durchgehen und die Masse noch die 64.000 € aus dem noch vorhandenen Erbe erhalten wird - ja keine Regressansprüche zu prüfen, sondern eben nur die Einziehung des anteiligen Kaufpreises des gegenständlichen Grundstücks.
    Auf der anderen Seite - sofern eine Irrtumsanfechtung nicht durchgehen sollte - käme die Prüfung von Regressansprüchen in Betracht.
    Aber wie bzw. was kommt zum jetzigen Zeitpunkt, da ja eine Irrtumsanfechtung inzidenter vom neuen Treuhänder durchzuführen wäre, in den Anordnungsbeschluss?


  • Das ist auch nachvollziehbar, aber wie müsste ich dann die Formulierung im Beschluss über die Anordnung der NT-V wählen?

  • Scheinbar hat der neue Treuhänder eine Anspruch nach § 60 InsO gegen die ehemalige Verwalterin nicht geprüft. Es gibt ja auch durchaus Argumente, die gegen eine Anfechtbarkeit sprechen. Ich würde das jetzt erstmal dem Treuhänder so mitteilen, ihn bitten das zu prüfen und innerhalb einer bestimmten Frist über sein Ergebnis zu berichten. Dann dürfte etwas besser abzusehen sein, was jetzt ein Sonderinsolvenzverwalter machen kann/ soll.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Wann waren denn die Erbfälle?
    Wenn der Sch erst nach Aufhebung in der WVP Erbe wurde, liegt kein Fall einer Nachtragsverteilung vor.

    In der WVP hat der Sch selbst so viel abzuführen, wie der Hälfe des Erbanspruchs entspricht. Wenn dies ursprünglich falsch ermittelt wurde, kann dies einfach durch eine Nachzahlung vom Sch korrigiert werden

    Aus dem Ausgangthread: "In dem (aufgehobenen) Insolvenzverfahren ist die Schuldnerin (mit einigen Geschwistern sowie ihrem Vater) Miterbin nach der verstorbenen Mutter geworden (Grundbesitz). Die InsVerw´in hat den Erbanteil verkauft für 7.000 €.
    Kurz darauf ist der Vater der Schuldnerin verstorben. Diesbezüglich hat die InsVerw´in die Freigabe erklärt, da (vermeintlich) die bestehenden Belastungen zu groß waren.

    Im Restschuldbefreiungsverfahren hat etwas später ein Treuhänderwechsel stattgefunden, da die ursprüngliche InsVerw´in bzw. Treuhänderin als Rechtsanwältin aufgehört hat."

    M.E. waren die Erbfälle eindeutig vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens.

    Entschuldigung, ich muss wohl Infos nachliefern:

    Sowohl der Vater als auch die Mutter sind im Insolvenzverfahren verstorben.
    Der "Verwalterwechsel" (bzw. Treuhänderwechsel) hat am 27.03.2019 unmittelbar nach der Verfahrensaufhebung (22.03.19) (noch in der Hauptakte) stattgefunden.
    Der neue Treuhänder hat jetzt im lfd. RSB-Verfahren erfahren, dass der Grundbesitz vom Vater verkauft werden soll. Der Notar wusste noch nichts von der Freigabe der ehemaligen
    Verwalterin und hat daher den jetzigen Treuhänder kontaktiert, weil er davon ausging, dass dieser zu beteiligen sei.
    Dabei hat der neue Treuhänder erneut die Freigabe geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, da müsse man etwas machen.

  • So, ich muss (wirklich: ich muss :)) jetzt Feierabend machen und möchte mich erstmal für die vielen
    Rückmeldungen bedanken!

    Ich werde wohl, dem Ratschlag von burkinafaso folgend, erst einmal den Treuhänder anschreiben und nachfragen, ob und wie weit er ggf. Haftungsansprüche
    gegen die ehemalige Verwalterin geprüft hat.

    Bei einer möglicherweise dann vorzunehmenden AO einer NT-V muss ich wohl an der Formulierung basteln.

    Ich wünsche an dieser Stelle erstmal ein hoffentlich nicht zu warmes, nicht zu regnerisches, in jedem Fall aber erholsames Wochenende an Alle.

    Gruß

  • Eine Insolvenzanfechtung der Freigabe kommt nicht in Betracht. Eine Nichtigkeit der Freigabe ist eher unwahrscheinlich, da dazu dargelegt werden müsste, dass jedermann, mindestens aber die Begünstigte der Freigabeerklärung (= Schuldnerin) sofort erkannt hat, dass das nicht zutreffend sein kann. Die Irrtumsanfechtung nach § 119 BGB führt nicht wirklich weiter, weil sie mit der Schadensersatzpflicht des § 122 BGB sanktioniert ist - dieser ist sachlich eigentlich nur dann ausgeschlossen, wenn auch die Insolvenzzweckwidrigkeit gegeben ist. Weiterführend ist nur die Geltendmachung des § 60 InsO. Darauf sollte sich die Tätigkeit konzentrieren.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

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