Nachlasspflegschaft bei laufendem Erbscheinsantrag?

  • Hallo-
    habe folgendes Problem: zerstrittene Familie (alle anwaltlich vertreten).

    Mann stirbt, ihm gehört ein Haus zu 1/2 , der Exfrau zu weiteren 1/2.

    Laut Testament soll der Hausanteil an die neue Lebensgefährtin gehen- ob als Erbeinsetzung oder als Vermächtnis ist nicht so eindeutig- beantragt wurde ein Alleinerbschein, der jetzt beim OLG liegt, da es hier als Vermächtnis gesehen wurde von der Richterin (meines Erachtens auch zu Recht).

    Jetzt beantragt die Exfrau eine Nachlasspflegschaft zur gerichtlichen Geltendmachung von Forderungen und Verkauf des Hauses, da sie bisher die Kosten allein zahlt und auch verkaufen will.
    Dagegen hat die Erbscheinantragstellerin Widerspruch eingelegt- an sie seien keine konkreten Forderungen gestellt worden, die sie hätte zahlen können.

    Also habe ich die Exfrau aufgefordert ihre Forderungen darzulegen und mitzuteilen wann sie diese von der Erbscheinantragstellerin eingefordert hat.

    Darauf kam jetzt eine Forderungsaufstellung und bezüglich der Einforderung nur unklare Angaben: Zahlungen sind seit … nicht geleistet.

    Gebe das ganze jetzt an die Erbscheinantragstellerin zur Stellungnahme mit der Bitte sich erneut vor diesem Hintergrund der Forderungen zu der beantragten Pflegschaft zu äußern.

    Auch wenn ich noch keine Antwort habe:

    Würdet Ihr eine Nachlasspflegschaft einrichten, wenn eine Erbin bekannt ist und einen Erbscheinantrag gestellt hat- also auch gerichtsbekannt die Erbschaftsannahme erklärt hat?
    Ich finde dies hier bisher ungünstig- selbst wenn der Erbscheinsantrag abgelehnt würde- würde der Hausanteil ja an die Antragstellerin gehen und damit diese die Schuldnerin der Ansprüche sein.
    Und der Antrag auf Erbschein ist ja auch gestellt und selbst wenn sie wollte- ohne Erbschein könnte die Erbscheinantragstellerin bei einem Kaufvertrag nicht mitwirken.


    Oder reicht hier: kein Erbschein, also unbekannte Erben. Fände ich unglücklich- dann könnte ja bei jedem Todesfall eine Nachlasspflegschaft bis zur Erstellung Erbschein in Frage kommen...

  • Die Erben sind unbekannt im Sinne des §1960 BGB wenn nicht zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit feststeht wer Erbe geworden ist (OLG München, 31 Wx 145/18).
    Das Vorhandensein eines Erbscheines ist daher m.E. nicht maßgeblich. Das Vorliegen eines Testamenten wird daher regelmäßig eine Pflegschaft ausschließen, wenn nicht dessen Wirksamkeit oder Auslegung unklar/streitig ist oder das Testament ins Leere geht.

    Vorliegend scheinen die Erben daher unbekannt zu sein. Wegen der Zurückweisung des Erbscheinsantrages durch die Richterin besteht zumindest keine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Lebensgefährtin Alleinerbin ist.
    Wegen des laufenden Beschwerdeverfahrens dürfte mutmaßlich auch keine hohe Wahrscheinlichkeit für eine andere Erbfolge (ich vermute mal, dass die gesetzliche Erbfolge greifen würde) geben.
    Anders könnte es m.E. allenfalls sein, wenn die Beschwerde aus Sicht des Nachlassgerichtes offensichtlich keinerlei Erfolgsaussichten hat.

    Eine Direktanspruch der Exfrau gegen die Vermächtnisnehmerin (so es sich denn als Vermächtnis herausstellt) dürfte es nicht geben. Die Ansprüche richten sich daher (derzeit) gegen den Nachlass.
    Ich würde daher denken, dass eine Pflegschaft anzuordnen ist.

  • Ich sag mal jein.

    Ich nehme mal an, dass die gesetzlichen Erben bekannt sind, und dass keine Beteiligten mehr ermittelt werden müssen, und dass nur die Testamentsauslegung fraglich ist. Einerseits sind die Erben unbekannt, andererseits dürften alle als Erben in Betracht kommenden Personen bekannt sein.

    Eine Nachlasspflegschaft verursacht zusätzliche Kosten. Wenn die Erbin/ Vermächtnisnehmerin bereit ist, die anteiligen Kosten des Hauses zu erstatten, sind die Forderungen beglichen, und insoweit besteht kein Bedürfnis mehr für eine Nachlasspflegschaft.

    Ein eventueller Hausverkauf durch einen Nachlasspfleger wäre genehmigungsbedürftig. In dem Verfahren würde ich sämtliche Beteiligten anhören. Wenn es auch da Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten gibt, wird es schwierig.

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