Bank verweigert Zugriff und Auskunft des Betreuers über Gemeinschaftskonto

  • Der Betroffene hat ausschließlich Gemeinschaftskonten mit seiner Ehefrau. Es ist nun ein ehrenamtlicher Dritter als Betreuer mit VS bestellt. Die deutsche Großbank verweigert jeden Zugriff durch den Betreuer auf die Konten, mit der Begründung, dass es Gemeinschaftskonten sind und er (derzeit) nur für den Ehemann zum Betreuer bestellt ist.

    Bin etwas ratlos und würde dem Betreuer gerne irgendwas Handfestes an die Hand geben, finde aber dazu nichts, außer natürlich, dass er im Rahmen seiner Vertretungsmacht freilich für den Betroffenen handeln und auch auf die Gemeinschaftskonten zugreifen darf.

    Habt ihr irgendwelche Tipps oder gar Rechtsprechung zu dem Problem der sich querstellenden Bank?

  • Wenn es sich um ein Oder-Konto handelt, muss die Bank die alleinige Verfügung durch den Betreuer zulassen, während der Betreuer bei einem Und-Konto nur zusammen mit dem anderen Kontomitinhaber verfügen kann. Dagegen ist auch bei einem Und-Konto eine alleinige Verfügung durch jeden Kontomitinhaber möglich, wenn sich beide gegenseitig bevollmächtigt haben.

    Das ist rechtliches Grundwissen und es ist erschütternd, dass einer Großbank die erforderlichen Kenntnisse nicht zur Verfügung stehen.

  • Viel machen können wir als Betreuungsgericht nicht - ich würde dem Betreuer einen saftigen Brief schreiben, ihm in klaren Worten die Rechtslage mitteilen und den Klageweg empfehlen. Das Schreiben so formulieren, dass der Betreuer es der Bank vorlegen kann. Vielleicht hilft das.

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • Ich würde ihm die Rechtslage eher nicht mitteilen, das wäre unzulässigerweise Rechtsberatung und nicht durch §§ 1908i Abs. 1, 1837 BGB abgedeckt.

    Es handelt sich um ein Vertragsproblem zwischen Bank und Kunden. Dem Betreuer sollte m.E. angeraten werden, im Namen des Betreuten einen rechtlichen Beistand aufzusuchen, ggf. im Wege der Beratungshilfe (sofern seine Aufgabenkreise dies zulassen)

  • Ich möchte Dir nicht zu nahe treten, aber ich habe wirklich selten einen solchen Unsinn gelesen.

    Ich habe in solchen Fällen immer einen gepfefferten Brief an die Bank geschrieben und zwar an Schmidt und nicht an Schmidtchen.

    Hat immer funktioniert.

  • Das mag hier off-topic sein, aber Felix: Was wäre denn dann deiner Ansicht nach noch von §1837 BGB gedeckt?


    Ich hätte hier den Betreuer auch mit den nötigen Vorschriften ausgestattet und zur Bank zurück geschickt. Den Hinweis, dass dem Betreuer angeraten wird, etwaige Schadensersatzansprüche gegen die Bank, die zu Unrecht den Zugriff auf das Konto verweigert,

    zu prüfen/prüfen zu lassen,

    hätte ich da auch noch unter gebracht.

  • Ich möchte Dir nicht zu nahe treten, aber ich habe wirklich selten einen solchen Unsinn gelesen.

    Und ich möchte eine solche Aussage im Hinblick auf das Miteinander im Forum hier nicht lesen, zumal der in Bezug genommene Beitrag von Felix rein sachlich formuliert ist. Man kann Kritik auch sachlich formulieren. Dann wird sie, wenn sie berechtigt ist (was ich hier nicht beurteilen möchte), auch eher angenommen.

  • Ich möchte Dir nicht zu nahe treten, aber ich habe wirklich selten einen solchen Unsinn gelesen.

    Ich habe in solchen Fällen immer einen gepfefferten Brief an die Bank geschrieben und zwar an Schmidt und nicht an Schmidtchen.

    Hat immer funktioniert.

    Ist das Betreuungsgericht die Rechtsabteilung des Betreuers, das auch Schriftverkehr für diesen führt? Oder hat das Betreuungsgericht nur eine beratende (und beaufsichtigende) Funktion im Rahmen des § 1837 BGB?

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Ich möchte Dir nicht zu nahe treten, aber ich habe wirklich selten einen solchen Unsinn gelesen.

    Ich habe in solchen Fällen immer einen gepfefferten Brief an die Bank geschrieben und zwar an Schmidt und nicht an Schmidtchen.

    Hat immer funktioniert.


    Es ist schön, dass du als Gericht und als Rechtspfleger Partei in einer juristischen Vertragsstreitigkeit ergreifst. Das musst du mit dir selbst ausmachen.

    M.E. ist das
    1. rechtlich mehr als fraglich und
    2. fehlt uns als Rechtspflegern i.d.R. die juristische Expertise, diesen Fall entsprechend beurteilen zu können.

    Darüber hinaus hast du nichts, absolut GAR NICHTS, mit dem Vertragsverhältnis des Betreuten zu seiner Bank zu tun. Durch dein Schreiben beteiligst du die Bank am Verfahren (was aus ganz anderen Gründen schon problematisch ist)

    Zu *koala*
    Die Beratungspflicht des § 1837 BGB bezieht sich nicht auf Rechtsberatung. Meine Beratungstätigkeit habe ich oben beschrieben. Ich würde in diesem Fall dem Betreuer entweder anraten ein Gespräch mit der Leitung der Bank zu suchen oder ggf. im Namen des Betreuten eine Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen.

  • Die Bank tanzt mit ihrer blamablen Unwissenheit nicht nur dem Betreuer, sondern auch dem Gesetz und dem Gericht auf der Nase herum. Ich habe es stets so gehalten, dass ich in solchen Fällen vehement dazwischen geschlagen habe. Im Prinzip ist das Verhalten der Bank nichts anderes als eine intellektuelle Zumutung für alle Beteiligten. Außerdem befindet man sich bekanntlich im Amtsverfahren und im Rahmen eines solchen entscheidet das Gericht selbst, was es für richtig hält. Und dass das Gericht gegenüber der Bank eine ganz andere Stellung einnimmt als ein Betreuer, dürfte wohl kaum in Zweifel stehen.

    Rechtliche Expertise?

    Woher nimmst Du diese, wenn Du betreuungsgerichtliche Genehmigungen erteilst oder Rechnungslegungen überprüfst? Nach Deiner Aussage steht den Rechtspflegern die besagte rechtliche Expertise in der Regel nicht zur Verfügung, um den vorliegenden - profanen - Fall beurteilen zu können. Was machst Du also bei weit schwierigeren oder extrem schwierigen Fallgestaltungen?

    Die Rechtspflegerschaft macht sich irgendwann so klein, dass sie sich selbst abschafft.

  • ich wäre auch vorsichtig mit Rechtsauskünften und schon gar nicht würde ich die Bank direkt anschreiben.
    Ich würde ein Schreiben an den Betreuer etwa so formlulieren:
    In pp. wird Bezug genommen auf Ihr Schreiben vom ... Sie sind als Betreuer mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge zur umfassenden Vertretung des Betroffenen befugt (§ 1902 BGB), einer Aufgabenkreiserweiterung bzgl. des Gemeinsachaftskontos bedarf es nicht. Da es sich bei dem Gemeinschaftskonto um ein Girokonto handelt, besteht auch keine Genehmigungspflicht für Verfügungen. Ob ein Zugriff nur gemeinsam mit der Ehefrau des Betroffenen möglich ist, kann von hier nicht abschließend beurteilt werden. Üblicherweise ist dies nur bei sogenannten "Und-Konten" der Fall. Ggf. wäre eine Klärung über die Leitung der Bank oder einen Rechtsanwalt zu erreichen.

    Mal auf die Schnelle getippt.

    Natürlich kann man am Telefon dem Betreuer das ganze nochmal deutlicher sagen, damit er sich auch traut, gegen die Bank vorzugehen.

  • Die Bank tanzt mit ihrer blamablen Unwissenheit nicht nur dem Betreuer, sondern auch dem Gesetz und dem Gericht auf der Nase herum. Ich habe es stets so gehalten, dass ich in solchen Fällen vehement dazwischen geschlagen habe. Im Prinzip ist das Verhalten der Bank nichts anderes als eine intellektuelle Zumutung für alle Beteiligten. Außerdem befindet man sich bekanntlich im Amtsverfahren und im Rahmen eines solchen entscheidet das Gericht selbst, was es für richtig hält. Und dass das Gericht gegenüber der Bank eine ganz andere Stellung einnimmt als ein Betreuer, dürfte wohl kaum in Zweifel stehen.

    Rechtliche Expertise?

    Woher nimmst Du diese, wenn Du betreuungsgerichtliche Genehmigungen erteilst oder Rechnungslegungen überprüfst? Nach Deiner Aussage steht den Rechtspflegern die besagte rechtliche Expertise in der Regel nicht zur Verfügung, um den vorliegenden - profanen - Fall beurteilen zu können. Was machst Du also bei weit schwierigeren oder extrem schwierigen Fallgestaltungen?

    Die Rechtspflegerschaft macht sich irgendwann so klein, dass sie sich selbst abschafft.


    Natürlich blamiert sich die Bank mit ihrem Verhalten, zumindest auf den ersten Blick. Es ist aber eben nicht deine Aufgabe, dich in diesen Konflikt einzumischen. Nein, du DARFST es schlichtweg nicht. Du mischt dich als Betreuungsgericht in einen Rechtsstreit zwischen Bank und Kunden ein. Dazu berechtigt dich das Gesetz schlicht nicht und das ist auch gut so. Wenn ich Anwalt oder die Bank wäre und das mitbekommen würde, gäbe es Kasalla vom Feinsten.

    Was die rechtliche Expertise anbelangt: Profan?! Haben wir als Rechtspfleger die Ausbildung, eine Vertragsstreitigkeit vor einem Zivilgericht zu führen? Dann hast du ein anderes Studium als ich. Das ist nicht ein bisschen §§ 433, 929 BGB, sondern materielles Vertragsrecht. Das mit einem Genehmigungsverfahren zu vergleichen ist nicht einmal mehr Äpfel und Birnen, sondern Obst und Videorekorder.

  • ich wäre auch vorsichtig mit Rechtsauskünften und schon gar nicht würde ich die Bank direkt anschreiben.
    Ich würde ein Schreiben an den Betreuer etwa so formlulieren:
    In pp. wird Bezug genommen auf Ihr Schreiben vom ... Sie sind als Betreuer mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge zur umfassenden Vertretung des Betroffenen befugt (§ 1902 BGB), einer Aufgabenkreiserweiterung bzgl. des Gemeinsachaftskontos bedarf es nicht. Da es sich bei dem Gemeinschaftskonto um ein Girokonto handelt, besteht auch keine Genehmigungspflicht für Verfügungen. Ob ein Zugriff nur gemeinsam mit der Ehefrau des Betroffenen möglich ist, kann von hier nicht abschließend beurteilt werden. Üblicherweise ist dies nur bei sogenannten "Und-Konten" der Fall. Ggf. wäre eine Klärung über die Leitung der Bank oder einen Rechtsanwalt zu erreichen.

    Mal auf die Schnelle getippt.

    Natürlich kann man am Telefon dem Betreuer das ganze nochmal deutlicher sagen, damit er sich auch traut, gegen die Bank vorzugehen.

    Kann ich nur zustimmen. Inhaltlich genug sagen, damit der Betreuer weiß, warum es evtl. richtig sein kann oder eben auch nicht. Meine Erfahrung lehrt mich, dass Sachverhalte häufig falsch und unvollständig wiedergegeben werden.

    Wie auch, wenn selbst ein Rpfl. den offensichtl. wichtigsten Teil bei einer Frage nicht anführt (Oder-Konto vs. Und-Konto).

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Vielleicht liegt (wie so oft) die Wahrheit irgendwo dazwischen.

    Wenn man dem Betreuer einen Brief schreibt und ihn darauf hinweist, dass bei einem Oder-Konto nach Ansicht des Betreuungsgerichtes jeder der Kontoinhaber zugriffsberechtigt ist und dann dem Betreuer anrät, bei fortgesetzter Weigerung der Bank ggf. einen Anwalt zu beauftragen, macht man nicht viel falsch. Zudem hilft man dem ehrenamtlichen Betreuer.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Vielleicht liegt (wie so oft) die Wahrheit irgendwo dazwischen.

    Wenn man dem Betreuer einen Brief schreibt und ihn darauf hinweist, dass bei einem Oder-Konto nach Ansicht des Betreuungsgerichtes jeder der Kontoinhaber zugriffsberechtigt ist und dann dem Betreuer anrät, bei fortgesetzter Weigerung der Bank ggf. einen Anwalt zu beauftragen, macht man nicht viel falsch. Zudem hilft man dem ehrenamtlichen Betreuer.

    Und man überschreitet nicht die Grenzen des § 1837 BGB. :hetti:

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • [FONT=&quot]Naja, Banken sind seltsam geworden. In einer Zwangsverwaltungssache wörtlich: „Wir benötigen zur Legitimation eine von Ihrer Hausbank bestätigte Kopie Ihres Personalausweises. Die Hausbank soll uns dies bitte direkt zukommen lassen.“[/FONT]
    [FONT=&quot] [/FONT]
    [FONT=&quot]Naja, als Zwangsverwalter habe ich keine Hausbank. Wo ich privat mein Konto führe, ist nicht von Interesse. Als gerichtlich bestellte und beliehene Person weise ich mich im Rechtsverkehr mit meiner Bestallungsurkunde aus. Sollte der Gegner hieran Zweifel haben, bleibt es diesem unbenommen beim jeweiligen Gericht nachzufragen.[/FONT]
    [FONT=&quot] [/FONT]
    [FONT=&quot]Der Bank habe ich mein Anliegen (nur Mitteilung des Eintritts der Grundstücksbeschlagnahme) mit GV-Zustellung nochmals zugestellt. Das Schreiben kam an, und man wollte plötzlich keine Kopie mehr meines Ausweises.[/FONT]
    [FONT=&quot] [/FONT]
    [FONT=&quot]Ich habe das Gefühl, es gibt das BGB und daneben noch diverse bankinterne Vorschriften. Wenn ich nach Prüfung der Ansicht bin, ich bin im Recht, erhält mein RA Klagauftrag. Da brauche ich keine Hilfe oder Weisung meines beauftragenden Gerichtes. Sollte ich mal eine Entscheidung erstreiten können, wird diese umgehend veröffentlicht.[/FONT]
    [FONT=&quot] [/FONT]
    [FONT=&quot]Der Bankmitarbeiter kann aber am Ende fast bedauert werden. Von „oben“ kommen Vorgaben, die halt im Herunterbrechen auf das BGB nicht nimmer haltbar sind. Fasst dann die Bank eine Klage, kann diese sich überlegen, ob weiterhin an den internen Vorschriften festgehalten werden soll. Wie schwierig das ist, sehe ich doch an Forum-Star. Hier Änderungen, dazu noch von außen, einzubringen, ist nahezu unmöglich.[/FONT]
    [FONT=&quot] [/FONT]
    [FONT=&quot]Dem Betreuer ist zu empfehlen, prüfen ob eine Einzelvertretungsberechtigung des Betreuten vorliegt. In Verzug setzen, abwarten – und reagiert die Bank nicht, Klage einreichen. Dann hat man für Klarheit gesorgt.[/FONT]
    [FONT=&quot] [/FONT]
    [FONT=&quot]Das Auskunftsverlangen hat der Betreuer über §§ 809 BGB. Auch hier gilt in Verzug setzen.[/FONT]
    [FONT=&quot] [/FONT]

  • Was hat es mit § 1837 BGB zu tun, wenn das Gericht einem Dritten einen Brief schreibt?
    Richtig! Es hat nichts damit zu tun.

    Und wird eine Bank - wie ein User meint - insgesamt zum Verfahrensbeteiligten, nur weil ihm das Gericht in Bezug auf eine einzelne Rechtsfrage einen Brief schreibt?
    Richtig! Sie wird es natürlich nicht.

    Wozu man verpflichtet ist und wozu man befugt ist, ohne explizit dazu verpflichtet zu sein, sind zwei verschiedene Dinge. Ich habe die von mir geschilderten Dinge über Jahrzehnte in der beschriebenen Weise gehandhabt. Natürlich hat dies den Empfängern meiner diversen Schreiben nicht gefallen, weil jedes meiner Schreiben die Aufdeckung einer rechtlichen Fehleinschätzung seitens des Empfängers zum Gegenstand hatte. Aber die Leute müssen es sich eben gut überlegen, bevor sie irgendeinen rechtlichen Unsinn in die Welt setzen. Denn wer keinen rechtlichen Unsinn in die Welt setzt, muss auch nicht darauf hingewiesen werden, dass er ihn verzapft hat.

    Die Leute waren in aller Regel auch einsichtig (oder wurden von ihren Vorgesetzten einsichtig gemacht). Natürlich haben sich im Lauf der Jahre auch einige Leute beschwert, weil sie ihren Fehler nicht zugeben wollten. Aber das hat mich so wenig interessiert, wie wenn in Regensburg (oder sonstwo) ein Fahrrad umfällt und wer solche „Beschwerden“ nicht abkann, muss sich fragen lassen, ob er nicht fehl am Platze ist. Der Dienstherr hat einem diesbezüglich überhaupt nichts vorzuschreiben und wenn ein Anwalt auf die Idee gekommen wäre, mich deswegen persönlich aufzusuchen (was nie der Fall war), hätte er mein Zimmer schneller verlassen als er es betreten hat.

    Ich darf darauf hinweisen, dass wir im Forum schon in vielerlei Hinsicht über die entsprechenden Befugnisse des Gerichts diskutiert haben. Ob es sich dabei um einen Hinweis im Hinblick auf Sperrvermerke handelt, weil die Bank § 1813 BGB nicht versteht, ob es sich um eine Mitteilung an die Bank handelt, wonach „alle Aufgabenkreise“ selbstverständlich auch die Vermögensverwaltung umfasst, weil die Bank nicht erkennt, dass „alles“ auch „alles“ bedeutet oder ob es darum geht, dass das Nachlassgericht berechtigterweise direkt bei einer Bank nach den Vermögenswerten eines Erblassers nachfragt (weil diese auch einem vom Nachlassgericht bestellten Nachlasspfleger Auskunft geben müsste), bleibt sich dabei gleich. Im Amtsverfahren gehen die Befugnisse des Gerichts viel weiter, als dies manche Kollegen offenbar gemeinhin annehmen. Bedenklich an dem Ganzen ist also nicht, dass solche Befugnisse wahrgenommen werden, sondern dass sie nicht wahrgenommen werden, obwohl hierfür im Einzelfall durchaus Anlass bestünde.

    Der krasseste Fall, der mir in dieser Hinsicht begegnet ist, war die absolute Uneinsichtigkeit einer Bank im Hinblick auf eine von ihr praktizierte und eindeutig fehlerhafte Verfahrensweise (es ging um die Nichtanbringung von Sperrvermerken und um die Nichtbeachtung gesetzlicher Genehmigungstatbestände). Ich habe daraufhin in Aussicht gestellt, sämtliche Mündel- und Betreutengelder von dem betreffenden Institut abziehen zu lassen (das waren damals über den Daumen gepeilt so zwischen 20 und 30 Mio. DM). Und was soll ich Euch sagen: Auf einmal haben die Dinge funktioniert und der Bankvorstand hat sein Bedauern über die Vorkommnisse zum Ausdruck gebracht. Es geht also viel, man muss es nur wollen und darf sein Herz nicht in die Hose rutschen lassen. Man kann mit der Autorität des Gerichts viel mehr erreichen als der einzelne Betreuer, weil man eine bestimmte Verfahrensweise als Gericht generell in Frage stellen kann, während der einzelne Betreuer nur für seinen eigenen Fall kämpft (was die Bank dann erfahrungsgemäß wenig interessiert).

    Ich beobachte schon seit Jahren, dass bei vielen Kollegen und Kolleginnen in solchen Dingen eine übertriebene Ängstlichkeit Platz greift. Dies steht allerdings in einem seltsamen Gegensatz zu dem Umstand, dass andererseits in geradezu belehrungsresistenter Weise an eigenen rechtlichen Fehleinschätzungen festgehalten und zudem versucht wird, in die Eigenverantwortlichkeit der Amtsführung von Betreuern und Nachlasspflegern hineinzuregieren. Ein Großteil meiner freiberuflichen Tätigkeit in den letzten 15 Jahren bestand - leider - darin, Anwälte und Angehörige vergleichbarer Berufsgruppen beim Vorgehen gegen solche Zustände zu unterstützen, weil sich angesichts der Uneinsichtigkeit der Kollegen selbst die Anwälte - trotz vorhandener "rechlicher Expertise" - nicht mehr zu helfen wussten. Was man sich da mitunter an schriftlichen Ergüssen der Kollegenschaft zu Gemüte führen muss, lässt einem oft die (noch vorhandenen) Haare zu Berge stehen. Ich hätte mir früher kaum vorstellen können, dass die rechtspflegerische Tätigkeit auf ein derartiges und nicht selten unterirdisches Niveau absinken könnte.

    Aber dieses Problem ist bereits seit Jahren bekannt, ohne dass ein Licht am Ende des Tunnels erkennbar wäre. Mit "Kollegen-Bashing" - was mir von den üblichen Verdächtigen so gerne vorgeworfen wird - hat dies übrigens nichts zu tun. Es handelt sich vielmehr um eine Zustandsbeschreibung der Realität und man sollte nicht vergessen, dass der Überbringer schlechter Nachrichten nicht ihr Urheber ist. Aber leider ist es so, dass man heutzutage bei kritischen Äußerungen immer gleichzeitig betonen muss, dass es demgegenüber natürlich - was sich von selbst versteht - auch viele gewissenhafte und kenntnisreiche Kollegen und Kolleginnen gibt, damit sich nur ja niemand auf den Schlips getreten fühlt. Hier würde mehr Selbstbewusstsein durchaus gut tun. Aber leider strotzen oft gerade diejenigen vor Selbstbewusstsein, deren Kenntnisse und Leistungen dafür überhaupt keinen Anlass bieten. Das ist allerdings nicht nur bei den Rechtspflegern so.

    Irgend etwas ist also faul im Staate Dänemark und dies gilt umso mehr, als sich ein angefaulter Organismus in der Regel nicht erholt, sondern er immerzu weiterfault, bis er sich aufgrund der Untätigkeit zum Ergreifen heilender Maßnahmen letztlich selbst zerstört. Und wenn dann noch hinzu kommt, dass der Fisch - wie so oft - vom Kopfe her stinkt, kann einem um die Justiz nur angst und bange werden. Der Totentanz auf die Rechtspflegerschaft hat nach meiner Einschätzung jedenfalls längst begonnen und paradoxerweise tanzen etliche ihrer Angehörigen fleißig mit.

    Unlängst hat jemand gemeint, ich sei "zu streng". Dieser von mir sehr geschätzten Dame sei gesagt, dass sich meine Maßstäbe in all den Jahren nicht geändert haben. Was sich geändert hat, sind also nicht die Maßstäbe, sondern die Dinge, auf welche diese Maßstäbe zur Anwendung gelangen. Und wenn sich die Dinge zunehmend zum Schlechteren entwickeln, werden natürlich auch die "Beanstandungen" häufiger.

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