Verfügungsverbot nach § 52 Abs. 3 FlurbG

  • Ich mache mal einen neuen Thread auf, obwohl das Thema wir schon hatten (https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php?86592-§-9-ZVG-(Flurneuordnung-Thüringen)&highlight=Verf%C3%BCgungsverbot+Zwangsversteigerung), aber ich im konkreten Fall mit den Antworten nicht richtig klar komme:

    Y hat zugunsten X auf eine Teilfläche verzichtet. Das Verfügungsverbot zugunsten X haben wir (Flurbereinigungsbehörde) eintragen lassen. Danach wurde eine Zwangssicherungshypothek zugunsten Z eingetragen, weil Y irgendwelche Steuern nicht bezahlt hat. Z beantragt die Zwangsversteigerung. Der Rechtspfleger plant den Antrag von Z abzulehnen, weil das Verfügungsverbot ein entgegenstehendes Recht ist. Dies wäre für mich nachvollziehbar, wenn das Verfügungsverbot am ganzen Grundstück lastet, es lastet aber nur an einer Teilfläche. Aus unserer Sicht (und der Sicht des Verfügungsberechtigten) könnte die Zwangsversteigerung durchgeführt werden, wenn das Verfügungsverbot eingetragen bleibt. Habt Ihr eine Idee, was wer wie machen muss, damit eine Versteigerung erfolgen kann und gleichzeitig das Verfügungsverbot eingetragen bleibt?


    Kann es wirklich sein, dass ein Verfügungsverbot an einer 1m² Teilfläche tatsächlich eine Zwangsversteigerung unmöglich macht???? Mein Bauchgefühl sagt da nein. In unserem Kommentar (Wingerter/Mayr) steht:


    Zitat

    "Ist das Verfügungsverbot eingetragen, so darf das Verzichtsgrundstück nicht mehr auf Betreiben nachrangiger Gläubiger zwangsversteigert werden. Denn § 52 FlurbG, § 135 BGB ist ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht nach § 28 ZVG (Steiner, ZVG, § 161 Rn. 38; Ebeling, RPfleger 1987, 232; Böttcher, ZVG, § 28 Rn. 14; a. A. Stöber, ZVG, § 15 Rn. 17.3: Abwehrrecht nach § 772 ZPO). Die Versteigerung ist auf Antrag aufzuheben. Nach Schluss der Versteigerung ist der Zuschlag zu versagen, § 33 ZVG (LG Konstanz 2.9.1977 RzF 1 zu § 52 III). Aber auch der erfolgreiche Ersteigerer muss das Verfügungsverbot nach § 15 gegen sich gelten lassen (vgl. OLG RhPf 21.3.1967 RPfleger 1967, 417 = RzF 3 zu § 15)."

    Die Sätze machen absolut Sinn, wenn das gesamte Grundstück betroffen ist. Der letzte Satz lässt eine Versteigerung zu, widerspricht aber doch irgendwie den ersten Sätzen. Man muss auch die Sätze im zeitlichen Kontext sehen, weil erst seit 1976 Verzicht und Verfügungsverbot auf Grundstücksteile (ideell und real) möglich sind und möglicherweise daher die Kommentierung etwas veraltet ist.

  • So lange das Grundstück nicht geteilt ist, ist es schwierig. Wir können keine Grundstücksteile versteigern. Wird das Grundstück, auf dem das Verfügungsverbot lastet, vermessen und abgeschrieben, ist es kein Problem. Bei einem unvermessenen Teil des Grundstücks schon.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
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    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Danke Annett, auch wenn mich die Antwort nicht befriedigt. ;)

    Grundstücksteilungen sind nicht möglich, Verfügungsverbote stehen (aufgrund unserer Verfahrensdauer) teilweise mehrere Jahrzehnte im Grundbuch.

    Ein Verfügungsverbot entsteht außerhalb des Grundbuchs durch Landverzichtserklärung, sobald der Verzicht unwiderruflich geworden ist. Der Begünstige erhält dadurch ein Anwartschaftsrecht. Eine AV ist ebenfalls ein Anwartschaftsrecht und stellt bei der Anordnung einer Zwangsversteigerung auch kein entgegenstehendes Recht gem. § 28 ZVG dar. Wo liegt der Unterschied?


    Es soll auch kein Teilgrundstück versteigert werden, sondern das gesamte Grundstück. Das Verfügungsverbot soll einfach stehen bleiben (wie ein Wegerecht, welches ins geringste Gebot fällt). Rechtsgeschäftlich funktioniert dies doch auch, wenn Y das gesamte Grundstück an A verkauft.


    In Deutschland "schlummern" tausende Verfügungsverbote an Teilflächen in den Grundbüchern. Ist dann tatsächlich jede berechtigte Zwangsverwertung von Gläubigern gehindert? Wenn ja, könnte dies zum "Geschäftsmodell" werden. Ein Grundstückseigentümer hat 10ha und eine Zwangsversteigerung steht an. Er verzichtet einfach auf 1m² und vereitelt dadurch die Zwangsversteigerung?? Ich denke da dürften unsere Bäuche einer Meinung sein, dass dies nicht sein kann.

  • Du setzt gedanklich dingliche Rechte mit Verfügungsbeschränkungen gleich.
    Aber ich habe jetzt noch mal nachgelesen. Der Stöber meint unter Rdnr. 122 zu § 15: Das Flurbereinigungsverfahren ist kein Hindernis ...".

    Eigentlich hätte die AO erfolgen können. Aber da muss dann der Gläubiger gegen die Zurückweisung des Antrages vorgehen.

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  • Danke Dir. Eine AV ist aber auch kein dingliches Recht und eben auch kein entgegenstehendes Recht gem. § 28 ZVG. AV und Verfügungsverbot ähneln sich, daher habe ich den Vergleich gezogen.

    Das ein Flurbereinigungsverfahren kein Hindernis darstellt, dürfte unstrittig sein. Hier geht es aber um ein relatives Verfügungsverbot an einer Teilfläche. Und da ist die Frage, ob es ein entgegenstehendes Recht gem. § 28 ZVG ist? Einerseits ist es kein Recht und andererseits behindert es aus meiner Sicht die Versteigerung nicht. Was meint denn Euer Kommentar im § 28 zu Verfügungsverboten an Teilflächen?

  • Nein. Weil wir das Grundstück immer nur als Ganzes sehen (von MEA mal abgesehen). So wie es eben im GB eingetragen ist. Es besteht die Möglichkeit, dass Rechte nur an einer Teilfläche ausgeübt werden oder wenn das Grundstück aus mehreren Flurstücken besteht, das Recht nur an diesem Flurstück besteht. Aber solange das Grundstück nicht im Grundbuch geteilt ist, ist es ein Grundstück.

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  • Deine Antwort "Nein" bezog sich auf meine Frage, ob es ein entgegenstehendes Recht ist?


    Ich habe zwischenzeitlich von "meinem" Rechtspfleger die Abhandlung von Wilhelm Ebeling aus RPfleger 1987, 232 bekommen. Auf diese beziehen sich sicher die meisten Kommentierungen (auch unser FlurbG-Kommentar, siehe unten). Die Abhandlung macht absolut Sinn, wenn das gesamte Grundstück vom Verfügungsverbot betroffen ist. Da es aber um eine Teilfläche geht, erkennt man (aus meiner Sicht) Fehler und unlogische Argumente. In Folge will ich mal hier einige Zitate aufführen und bewerten:


    Zitat

    Durch ein derartiges Veräußerungsverbot werden auch die Maßnahmen der Zwangsvollstreckung betroffen; sie sind gleichfalls relativ unwirksam (§ 135 Abs. 1 Satz 2 BGB).

    Dies ist richtig. Wenn also versteigert wird, erleidet der Verbotsgeschützte keine Nachteile. Der Ersteigerer erwirbt, die relative Unwirksamkeit für den Erwerb der Teilfläche bleibt bestehen.

    Zitat

    Es wird allgemein anerkannt, daß Veräußerungsverbote nach §§ 135, 136 BGB zu den aus dem Grundbuch ersichtlichen Gegenrechten gem. §28 ZVG gehören können.


    Das Wort „können“ lässt also offen, dass ein Verfügungsverbot auch kein Gegenrecht sein kann. Würde ich bei Teilflächen so sehen.

    Zitat

    Für eine Verfahrensaufhebung oder einstweilige Einstellung nach § 28 ZVG müssen allerdings zwei Voraussetzungen vorliegen: Das Recht des Dritten muß beeinträchtigt sein, und der Dritte muß diese Beeinträchtigung nicht zu dulden brauchen

    und

    würde bei Durchführung der Zwangsversteigerung … eingetragene Verfügungsverbot in seinem Bestand beeinträchtigt.

    und

    …es erlischt vielmehr mit der Zuschlagserteilung.


    Selbst wenn das Verfügungsverbot tatsächlich nicht im geringsten Gebot aufgenommen werden kann und erlöschen würde, würde es nicht tatsächlich erlöschen, weil das gesetzlich relative Verfügungsverbot gem. § 52 Abs. 3 FlurbG außerhalb des Grundbuchs entsteht und auch weiter besteht und der Erwerber gem. § 15 FlurbG das Verfügungsverbot auch gegen sich gelten lassen muss. Wird es gelöscht, würden wir es eben wieder eintragen lassen. Damit wird durch eine Zwangsversteigerung das Recht nicht beeinträchtigt und die Voraussetzungen liegen also nicht vor

    Zitat

    Im geringsten Gebot sind nur solche Rechte zu berücksichtigen, die ein Recht am Grundstück darstellen …


    Eine Auflassungsvormerkung ist ebenfalls kein Recht und wird dennoch ins geringste Gebot aufgenommen.

    Zitat

    Wer die Anwendung des § 28 ZVG ablehnt und das Verfügungsverbot in das geringste Gebot aufnimmt, macht die Verwertung des Grundstücks nahezu unmöglich.


    Diese Aussage ist absolut haltlos bzw. stimmt nur, wenn das gesamt Grundstück betroffen ist.

    Zitat

    Anders ist die Rechtslage, wenn das Grundstück schon vor Eintragung des Verfügungsverbots mit Grundpfandrechten oder Reallasten belastet war und aus einem dieser Rechte die Zwangsversteigerung angeordnet werden soll


    Das es hier eine andere Rechtslage geben soll, kann nicht sein, denn ein Verfügungsverbot hat keinen Rang. Es ist unerheblich wann das Verfügungsverbot eingetragen wurde. Verzichtet ein Eigentümer auf Land und besteht eine Grundschuld, hat der Gläubiger nur Anspruch auf die Geldabfindung gem. § 72 i.V.m. § 74 FlurbG. Seine Rechte auf Verwertung des mit Verfügungsverbot belasteten Grundstücks(teils) durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sind entfallen. Es ist also unerheblich, aus welchem Rang der Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung gestellt wird. Sofern am gesamten Grundstück das Verfügungsverbot lastet, wird es ein entgegenstehendes Recht sein und die Anordnung wäre abzulehnen. Ist nur eine Teilfläche betroffen, kann m.E. die Zwangsversteigerung durchgeführt werden. Also, wieso soll die Rechtslage sich ändern, nur weil das Verfügungsverbot zeitlich nach der Grundschuld eingetragen wurde? Das macht keinen Sinn. Aber da seid Ihr die besseren Profis. Gibt es also neben dem Rang noch eine "zeitliche" Komponente?

    Zitat

    Das Verfügungsverbot nach § 52 Abs. 3 FlurbG steht daher der Anordnung der Zwangsversteigerung immer dann entgegen, wenn es dem Recht des bestrangig betreibenden Gläubigers vorgeht


    Dies ist falsch, weil ein Verfügungsverbot keinen Rang hat (s.o.). Daher ist es unerheblich aus welchem Rang versteigert wird. Egal ob das Verfügungsverbot vor oder nach einem Grundpfandrecht eingetragen wurde, der Gläubiger hat keine Möglichkeit diesen Grundstücksteil mehr zu verwerten.


    -------------
    Wenn eine Zwangsverwertung nicht mehr möglich sein soll, sobald eine Teilfläche mit einem FlurbG-Verfügungsverbot belastet ist, hätte dies enorm negative Auswirkungen. Grundstückseigentümer bekommen keine Kredite mehr, weil sich keine Bank mehr hinter einem Verfügungsverbot eintragen lassen will. Eine Rangabtretung ist auch nicht möglich, weil ein Verfügungsverbot keinen Rang hat. Wird das Verfügungsverbot von "Euch" (egal wann eingetragen) konsequent als entgegenstehendes Recht angesehen, kann ein Grundstückseigentümer mit dem Landverzicht ab 1m² wirksam die Zwangsversteigerung verhindern. Wir würden also den kompletten Rechtsverkehr und die Entwicklung der Grundstücke in den Flurbereinigungsgemeinden absolut indirekt behindern, weil Banken und andere Gläubiger keine echten Sicherheiten mehr haben. Das kann nicht sein.

    Aus meiner Sicht ist ein Verfügungsverbot nur ein entgegenstehendes Recht, wenn das gesamte Grundstück betroffen ist. Alles andere macht für mich keinen Sinn.

  • Das mit der Teilfläche, ist wie schon gesagt, für uns nicht von Relevanz. Ich kann nicht nur Anteile eines Grundstücks versteigern. Also wenn sich der Rpfl. dafür entscheidet, dass es sich um ein Recht handelt, dass der Versteigerung entgegensteht, dann ist es egal, ob das Verfügungsverbot nur an einem Teil lastet. Da es sich um ein Verfügungsverbot handelt, dass außerhalb des Grundbuchs entstanden ist, würde ich die Versteigerung anordnen. Sieht der Kollege das anders, müsste der betroffende Gläubiger in Beschwerde gehen.
    Im Übrigen glaube ich kaum, dass ein Eigentümer so ohne Weiteres nach dem FlurbG auf ein Grundstück(steil) verzichten kann. Nach dem BGB kann man nur auf das gesamte Grundstück verzichten und das muss ins GB eingetragen werden. Das Grundstück ist dann herrenlos. Die dinglichen Rechte würden dann bestehen bleiben.

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    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
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  • Danke Annett, ich denke (und hoffe) der Gläubiger wird Beschwrede einlegen. Schaun wir mal, was raus kommt. Egal wie, unsere Kommentare könnten dazu eine aktuelle Rechtsprechung gebrauchen.


    Landverzicht nach § 52 FlurbG hat nichts mit der Grundstücksaufgabe gem. § 928 BGB zu tun. Auf Teilflächen und auch ideele Teile kann verzichtet werden. Siehe auch https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php?82796-Verfügungsverbot-nach-§-52-III-FlurBG-auf-einer-Teilfläche-möglich&highlight=Verf%C3%BCgungsverbot


    Und hinsichtlich der Gläubigerrechte haben wir unsere §§ 72 ff FlurbG.

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