Fälligkeit der Differenzvergütung/Mehrwertsteuer

  • Wann ist die Differenzvergütung fällig?

    Ein Scheidungsverfahren mit ratenfreier VKH wurde im Jahr2018 beendet.
    Ich habe am 02.07.2020 die Rückzahlung der Kosten des Verfahrens in monatlichen Raten aufgrund einer Verbesserung der wirtschaftlichenVerhältnisse angeordnet.


    Der Rechtsanwalt meldet nun seine Wahlanwaltsvergütung miteinem Mehrwertsteuersatz von 16 Prozent an.
    Die Höhe der Mehrwertsteuer richtet sich nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit nach § 8 RVG.
    Grundsätzlich dürften doch die Gebühren im Jahr 2018 fällig geworden sein – auch wenn der Rechtsanwalt sie aufgrund der VKH Bewilligung nicht geltend machen konnte. Somit müsste doch auch die Wahlanwaltsvergütung mit einem Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent berechnet werden, oder ???

  • Gegebenenfalls kommt dann später ein "Nachfestsetzungsantrag.

    Wenn es keine schlechten Menschen gäbe, gäbe es keine guten Juristen.

    Charles Dickens (1812-70), engl. Schriftsteller

  • Die Höhe der Mehrwertsteuer richtet sich nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit nach § 8 RVG.


    Sicher, dass es auf die Fälligkeit ankommt?

    Im Schreiben des BMF vom 30.06.2020 zur befristeten Senkung der Umsatzsteuer heißt es unter RN 14 (Hervorhebung durch mich):

    "Für bestimmte Leistungsbereiche sind Entgelte (Vergütungen, Gebühren, Honorare usw.) vorgeschrieben, die entsprechend dem umsatzsteuerrechtlichen Entgeltsbegriff die Umsatzsteuer für die Leistungen nicht einschließen. Derartige Entgeltsregelungen enthalten insbesondere das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), die Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV), das Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) und die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Soweit die Unternehmer in diesen Fällen berechtigt sind, die für die jeweilige Leistung geschuldete Umsatzsteuer zusätzlich zu dem vorgeschriebenen Entgelt zu berechnen, haben sie für ihre nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2021 ausgeführten Leistungen ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung die Umsatzsteuer nach dem nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2021 geltenden Umsatzsteuersatz von 16 Prozent dem Entgelt hinzurechnen (vgl. Abschnitt 29.1 Abs. 5 UStAE)."

    Ich hätte daher auf den Zeitpunkt des Entstehens der (jeweiligen) Gebühr abgestellt.

    Für Deinen Fall dürfte das im Ergebnis aber nichts ändern: 19 %.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Vom OLG Hamm kamen zur Mehrwertsteuer folgende Hinweise (und ich meine mich dunkel zu erinnern, dass dies auch damals bei der Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent so gehandhabt wurde) :


    "Bei anwaltlichen Dienstleistungen oderSachverständigentätigkeiten handelt es sich um Leistungen im Sinne des § 1 Abs.1 Nr. 1 UStG (vgl. § 3 Abs. 1 und Abs. 9 UStG: Lieferungen betreffenGegenstände, Leistungen umfassen alles Übrige). Die Höhe der Umsatzsteuer aufdiese Leistungen richtet sich nicht nach dem RVG oder dem JVEG. § 60 RVG und §24 JVEG sind hier nicht einschlägig, weil weder das RVG noch das JVEG auf dasUmsatzsteuergesetz (UStG) verweisen. Insoweit gilt allein § 12 UStG, der inVerbindung mit § 28 Abs.1 UStG für den oben genannten Zeitraum einenallgemeinen Steuersatz von 16% vorsieht.




    Eine besondere Übergangsregelung ist nicht getroffen worden.Es gilt damit die allgemeine Regelung in § 27 Abs. 1 UStG, nach der es daraufankommt, wann die Leistung ausgeführt ist. Das ist bei der anwaltlichenTätigkeit der Zeitpunkt der Fälligkeit nach § 8 RVG, und zwar bezogen auf dieAngelegenheit


    (Beispiel: Ist der Rechtsanwalt im gesamten Verfahren tätig undendet die erste Instanz vor dem 01.07.2020, die Rechtsmittelinstanz aber erstnach diesem Zeitpunkt, jedoch vor dem 31.12.2020, beträgt die Umsatzsteuer fürdie Vergütung der ersten Instanz 19% und für die zweite Instanz 16%. Entscheidendist der Zeitpunkt des Erlasses des Urteils oder des Vergleichs, dass nochAbwicklungstätigkeiten wie z.B. das Betreiben des Kostenfestsetzungsverfahrensnötig sind, wirkt sich auf den Fälligkeitszeitpunkt nicht aus. Insoweit kannauf die Kommentierung und Rechtsprechung zu § 8 RVG verwiesen werden.)"

  • Wie sieht es denn aus, wenn der Anwalt einen Vorschuss nach § 47 RVG beantragt?

    Ich tendiere dazu, zunächst nur 16 % festzusetzen und dann, wenn die Vergütung fällig ist, ggfls. die 3 % nachträglich festzusetzen. Das Ende des Verfahrens ist ja vom Zeitpunkt her im Moment noch nicht bekannt.

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