Zurückstellung nach § 35 BtMG

  • Hallo zusammen,

    bezüglich dem folgenden Sachverhalt bräuchte ich Eure Hilfe:

    Nach gesetzlichem Übergang einer Jugendstrafvollstreckung aufgrund § 85 Abs. 2 Satz 1 JGG wurde ein Antrag nach § 35 BtMG gestellt. Das Vollstreckungsheft wurde daher uns als erkennendem Gericht übersandt mit der Bitte um a) Prüfung der Zustimmung zur begehrten Zurückstellung b) Ausspruch der grundsätzlichen Anrechnungsfähigkeit der Therapie (in der Regel bis zum fiktiven 2/3), wenn die Voraussetzungen hierzu vorliegen (wobei diese Voraussetzungen aus meiner Sicht zweifelsfrei vorliegen).
    Vom erkennenden Jugendrichter wurde zu a) im externen VH ein handschriftlicher Vermerk gemacht, dass Zustimmung erteilt wird (wobei diese Zustimmung auch bereits in den damaligen Urteilsgründen erwähnt war). Zu b) wurde kein Beschluss gemacht und auch weiter nichts verfügt, da man hierzu "nicht befugt sei". Dies sieht der aktuell tätige Vollstreckungsleiter (welcher für die Jugendstrafanstalt zuständig ist) eindeutig anders, denn er hat bei Übersendung seines VH um Zustellung des Beschlusses über die Anrechnungsfähigkeit an sich als Vollstreckungsbehörde (und gerade nicht an die Sta mittels § 41 StPO) und an Verurteilten gebeten, da ja bekanntlich ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung zu b) möglich ist. Das Vollstreckungsheft wurde somit an den aktuellen Vollstreckungsleiter ohne eine weitere Veranlassung zu b) wieder per Post zurückgeschickt.
    Die Strafe wurde dann in der Tat wenige Zeit danach zum Zwecke der Therapie zurückgestellt. Diese hatte eine vergleichsweise geringe Dauer von wenigen Monaten. Wenn man die Entlassungsmitteilung der Therapieeinrichtung zu Rate zieht, wurde der Patient aber immerhin REGULÄR entlassen. Dieser weitere Sachverhalt wurde mir bekannt, weil das VH von der aktuell zuständigen Behörde erneut uns übersandt wurde mit dem Ersuchen, die Vollstreckungsleitung zurückzunehmen, da ja eine Entscheidung nach § 36 BtMG (Absatz 3?!) ansteht. Und für diese Entscheidung über die Frage der Aussetzung der restlichen Jugendstrafe zur Bewährung ist ja in der Tat wiederum das erkennende Gericht zuständig. Bemerkenswert an der Sache ist, dass auch bei Anrechnung der Therapiezeit noch nicht mal (fiktive) 7/12 verbüßt wären und der fiktive 2/3-Zeitpunkt ist noch entsprechend etliche Monate entfernt. Aus dem externen VH ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass z.B. eine ambulante Therapie o.ä. nachfolgt. Beide VH habe ich daraufhin hiesigem Richter vorgelegt mit der Anfrage, ob das nötige Anhörungsverfahren nach obengenanntem Absatz 3 (Therapieeinrichtung, wobei diese wohl nur bei Entbindung von der Schweigepflicht eine detaillierte Stellungnahme abgibt + Anhörung des Verurteilten + ggf. weitere) von dort veranlasst wird oder ob ich das machen soll. Als Antwort kam, dass vom Richter derzeit kein Anhörungsverfahren beabsichtigt ist.
    Nun meine Fragen: fällt die Anhörung unter die Zuständigkeit des Richters oder des Rpfl? "Droht" dem Verurteilten jetzt eine Ladung zum Antritt von Resttagen, da er ja noch nicht einmal 7/12 verbüßt hat (vor allem aus dem Hintergrund heraus, dass mein Richter offenbar gerade nicht eine kurzfristige Bewährungsaussetzung beabsichtigt oder wie würdet Ihr den wenig konkreten handschriftlichen Vermerk "z.Zt. kein Anhörungsverfahren" interpretieren?) Wie soll ich eine Reststrafenberechnung und ggf. eine konkrete Ladung zum Strafantritt vornehmen können, wenn gar nicht klar ist, wie lange der Richter überhaupt anrechnen will ( der Standardsatz "Anrechnung, bis 2/3 verbüßt sind" würde beim vorliegenden Sachverhalt ja ohnehin nicht passen, zumindest wenn keine weitere Therapie nachfolgt)? Muss hiesiger Richter die Rückübernahme der "Vollstreckung" (und später auch die Entscheidungen zur Bewährung) durch förmliche Entscheidung bestätigen? Trotz meines Vorlageschreibens wurde ein derartiger Beschluss (noch?!) nicht erlassen. Dies könnte ein Indiz sein, dass hiesiger Jugendrichter von hiesiger Zuständigkeit erst dann ausgeht, wenn die Aussetzung des Restes zur Bewährung "gesichert" ist. Aber das hätte ja dann wohl zur Konsequenz, dass das Anhörungsverfahren (sozusagen als Teil der "Vollstreckung", zumal diese noch nicht "rückübernommen" wurde) und die Ladung bezüglich dem Rest (so es denn dazu kommt) noch beim Gericht des Haftortes zu machen wäre?! Gehe ich recht in der Annahme, dass allerspätestens zusammen mit einer Aussetzung eines Restes zur Bewährung nicht nur über die Frage der grundsätzlichen Anrechnungsfähigkeit, sondern auch über die konkrete Art der Anrechnung entschieden werden muss? Für die Rechtspfleger wäre es auf jeden Fall zur besseren Orientierung wichtig, dass die Anrechnungsfragen viel früher geklärt werden (zumal zumindest theoretisch ein zeitaufwändiges Rechtsmittelverfahren denkbar ist und die Frage Bewährung ja oder nein ggf. erst nach längerer Zeit richterlich geklärt werden kann).
    Danke für Eure Beiträge

  • Zur besseren Orientierung möchte ich noch klarstellen, dass es um § 36 Absatz 5 BtMG geht .

    Und hier noch ein paar Daten aus der Strafzeitberechnung, als er sich noch in Haft befand: 7/12 am 8.10.2020 2/3 am 7.1.21 Strafende : 8.1.22 . Die Behandlung in der staatlich anerkannten Reha-Einrichtung dauerte "nur" 5 Monate (von Anfang Februar 2020 bis Anfang Juli 2020). Reguläre Entlassung aus der "Reha" war ein paar Tage vor dem fiktiven Halbstrafenzeitpunkt.

    Ich denke, mir sind "mehr oder weniger" die Hände gebunden, solange mein Richter (noch) keine Rückübernahme beschlossen hat. Oder ist gar kein förmlicher Beschluss insoweit zwingend nötig, weil sich die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts bereits aus dem Gesetz (Absatz 5 des § 36 BtMG) ergibt?

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