bedingte Nacherbschaft oder Nachvermächtnis ?

  • Hallo zusammen,

    folgender Fall beschäftig mich gerade:
    Ehegattentestament liegt vor; der letzte davon ist jetzt verstorben. Vier gemeinsame Kinder sind vorhanden.

    Für den Erbfall des Letztversterbenden ist bestimmt , dass verschiedene Grundstücke ( ein Haus und unbebaute Grundstücke ) den Kindern einzeln oder gemeinsam "zugeteilt" werden.
    Zu dem sonstigen Nachlass ist nichts bestimmt worden.
    Bankguthaben d. Erblassers und der Wert aller Grundstücke ( einschl. Haus ! ) dürften zueinander ungefähr gleich hoch sein.
    Problem ist die alleinige Zuwendung des Hauses an den Sohn A.
    Für dieses ist wörtlich bestimmt :
    Unser Sohn A bekommt zur Auflage, sofern er nicht heiratet und keine Nachkommen hat, das Wohnhausgrundstück nicht zu veräußern.
    Die drei Geschwister haben dann Anspruch auf Rückgabe des Wohnhauses.

    Ist das nun ein Nachvermächtnis § 2191 BGB oder eine ( wie auch immer geartete ) bedingte Anordnung einer Nacherfolge § 2100 BGB ?
    Nicht bekannt ist mir bisher , ob A geheiratet hat und Kinder hat .
    Was ist die Folge , wenn die Bedingungen Heirat und Kinder eingetreten sind und urkundlich nachgewiesen werden ?
    Was wäre der Fall , wen die Kinder des A durch Versterben vor dem A wieder ersatzlos wegfallen ?

    Bei angenommener Nacherbschaft wäre mir vor allem unklar , wie der Eintritt des Nacherbfalls in den Erbschein formuliert werden müsste.

  • Ich hab sowas grad auch vorliegen und versuche es über Teilungsanordnung/Vermächtnis mit Nachvermächtnis zu lösen. Die Erben samt des namentlich genannten weiteren Begünstigten sind sich einig, ich hoffe, dass ich das NG auch von dieser Lösung (statt bedingte Nacherbschaft) überzeugen kann.

  • Ich gehe davon aus, dass es sich um ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament handelt, da ein Notar einen solchen "Schrott" wohl kaum beurkunden dürfte. Wenn die erstgenannte Annahme zutrifft, ist für Grundbuchzwecke ohnehin ein Erbschein erforderlich und selbst wenn es sich um ein notarielles Testament handelt sollte, dürfte das Grundbuchamt im vorliegenden Fall zu Recht einen Erbschein zum Nachweis der Erbfolge verlangen.

    Man muss sich also zunächst fragen, wer Erbe ist. Das können nach Lage der Dinge nur die vier Kinder sein, sei es kraft Gesetzes (zu je 1/4), sei es kraft "stillschweigender" Erbeinsetzung (zu je 1/4) oder sei es mit abweichenden Erbquoten nach den Wertverhältnissen (wobei sich allerdings die wohl zu bejahende Frage stellt, ob hierfür beim Geldvermögen nicht mit je 1/4 zu rechnen ist). Sei es wie es sei: Hieraus ergibt sich, dass es sich bei den "grundbesitzverteilenden" Regelungen nur um Teilungsanordnungen handelt kann (und bei der Viertel-Lösung ggf. um Vorausvermächtnisse, soweit die Zuwendung bewirkt, dass ein Kind wertmäßig mehr als seinen Erbteil erhält; dies ergibt Streitpotential bezüglich etwaiger Ausgleichungspflichten). Zur Umsetzung bedarf es jeweils einer Auflassung aller Erben an das jeweils begünstigte Kind.

    Wenn man sich nun zwischen Nacherbfolge und Vermächtnislösung zu entscheiden hat, ist zu bedenken, dass sich die Nacherbfolge bei dem betreffenden Sohn von vorneherein nur auf seinen Erbteil beziehen kann, nachdem alle übrigen drei Kinder nicht entsprechend beschwert sind. Eine Nacherbfolge könnte für den ihm zugewendeten Grundbesitz als solchem nur über die Grundsätze der Surrogation erreicht werden, wobei sich die Frage stellt, ob der Grundbesitz als Surrogat für seinen Erbteil (oder das, was aus ihm folgt) angesehen werden kann. Ohne auf diese Problematik näher eingehen zu wollen, wäre eine solche Nacherbenlösung - sofern überhaupt möglich - derart kompliziert, dass die Konzeption des Testaments eher für die (bedingte) Vermächtislösung spricht. Dies würde sich auch problemlos in die rechtliche Kontruktion einfügen, wonach der Sohn den besagten Grundbesitz zumindest teilweise auf dem Teilungsanordnungs- bzw. (Voraus-)Vermächtniswege erhält.

  • Die Annahme eines handschriftlichen Testamentes trifft zu ; und ja , es soll ein Erbscheinstermin bestimmt werden.


    Ist das Ereignis, wann der Vermächtnisnehmer den Gegenstand ( hier Haus ) an die Geschwister herausgeben muss, von den ( beiden ) Erblassern gem. § 2191 I BGB ausreichend bestimmt ? Hier wäre das Ereignis Nichtheirat und nicht vorhandene Kinder des Sohnes A. Das steht doch aber erst fest mit dem Tod des A.

    Außerdem scheint mir der Schutz der Nachvermächtnisnehmer an Grundstücken schwach , da streitig sein soll , ob für diese wenigstens eine Vormerkung ins Grundbuch eingetragen werden kann. Die Andeutung einer Testamentsvollstreckung zum Schutz der Wahrnehmung der Rechte der Nachvermächtnisnehmer kommt auch nicht zum Ausdruck im Testament.

    Natürlich wäre mir ein Nachvermächtnis lieber , weil dieses für den Erbschein nicht relevant ist.
    Allerdings müsste man doch im Termin in der Lage sein, zu erklären , wie die Erbengemeinschaft ein Nachvermächtnis am Haus umsetzen kann.;)

  • Da eine "Veräußerung" begrifflich nur zu Lebzeiten des Sohnes erfolgen kann, ist es eine Frage der Auslegung, welchen Inhalt die Bedingung hat. Genügt es - wofür manches spricht - für das Nichtbestehen des Vermächtnisses, wenn der Sohn im Zeitpunkt der Veräußerung verheiratet ist oder Abkömmlinge hat oder muss er (auch) noch im Zeitpunkt seines Ablebens entweder verheiratet sein oder Abkömmlinge haben?

    Nach dem Eintritt des Erbfalls ist ein Vermächtnisanspruch in Form des bedingten Übereignungsanspruchs durch Vormerkung sicherbar (vgl. Palandt/Herrler § 883 Rn. 18 m.w.N.).


  • Genügt es - wofür manches spricht - für das Nichtbestehen des Vermächtnisses, wenn der Sohn im Zeitpunkt der Veräußerung verheiratet ist oder Abkömmlinge hat oder muss er (auch) noch im Zeitpunkt seines Ablebens entweder verheiratet sein oder Abkömmlinge haben?

    Das ist eine gute Frage, wobei Dein Einwand die Sache eher noch verkompliziert .
    Mit der Formulierung ...A bekommt zur Auflage......nicht zu veräußern... könnte man tatsächlich auf den Trichter kommen , dass bereits auf den Zeitpunkt der Veräußerung und nicht auf den Tod des A abzustellen ist.
    Daran habe ich noch gar nicht gedacht.:eek:

    Um ein "entweder" geht es m.E. nicht. Alleine verheiratet zu sein ( ohne Kinder zu haben) , dürfte nach der gewählten Formulierung ( "und" ) nicht ausreichen.
    Immer blöd, wenn man keinen der beiden Testatoren mehr zur Auslegung befragen kann.

  • Dazu hätte man beim ersten Sterbefall Gelegenheit gehabt, weil schon damals wegen des vorhandenen Grundbesitzes ein Erbschein benötigt wurde. Ich habe auch schon wiederholt für eine solche Verfahrensweise plädiert. Manche User-Kollegen meinten allerdings, es interessiere sie beim ersten Erbfall (noch) nicht, was nach dem zweiten passiere. Ich habe diese Ansicht schon immer für zweifelhaft und für kurzsichtig gehalten.

  • Nach dem Eintritt des Erbfalls ist ein Vermächtnisanspruch in Form des bedingten Übereignungsanspruchs durch Vormerkung sicherbar (vgl. Palandt/Herrler § 883 Rn. 18 m.w.N.).

    In der Tat ist nach der zitierten Fundstelle der Anspruch des Nachvermächtnisnehmers durch Vormerkung sicherbar, wenn der Vorvermächtnisnehmer im Grundbuch eingetragen ist.
    Nach überwiegender Meinung ( u.a. OLG Hamm MDR 84, 402 ) soll ein gesetzlicher Anspruch auf Bewilligung einer Vormerkung bestehen ; also auch wenn der Erblasser die Vormerkung nicht besonders "angeordnet" hat.

    Die Formulierung mit dem Wort "Auflage" führt mich immer mehr zu der Überzeugung , dass die drei Geschwister kein Anwartschaftsrecht eines Nacherben erhalten sollen , sondern nur eine rechtlich geschützte Aussicht auf den Vermächtnisanspruch.
    Bis zum Nachvermächtnisfall dürften die Geschwister nach § 2179 BGB durch §§ 160 ff. BGB sowie die Vormerkungsfähigkeit s.o. geschützt sein.

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