Konkurrierende Notaranträge

  • Notar A hat die Eintragung eines Vorkaufsrechts beantragt. Die Beteiligten bevollmächtigen Notar A, seinen Vertreter und seinen Amtsnachfolger, sämtliche Erklärungen abzugeben, die zum Vollzug der Urkunde erforderlich sind. Notar B nimmt nun den Antrag auf Eintragung des Vorkaufsrechts zurück, legt auch keine Vollmacht vor. Notar B ist NICHT Vertreter von Notar A und auch nicht sein Amtsnachfolger. Es fühlt sich ein bisschen an, wie ein Duell der Götter. Gilt hier auch § 11 S. 2 FamFG, oder verlange ich v.A.w. die Vollmacht?

  • Auf § 15 GBO kann der Notar sich nicht stützen. Bleibt nur der § 11 FamFG. Solange der Notar B die Rücknahme namens aller in Frage kommenden Beteiligten erklärt, kann er das auch wirksam tun, da die Vollmacht in diesem Fall ausdrücklich (Satz 4) gerade nicht von Amts wegen zu prüfen ist.

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  • In welcher Form ist denn die Antragsrücknahme erklärt? Die Bestimmung des § 24 Absatz 3 Satz 2 BNotO, wonach es keiner Beglaubigung der Unterschrift des Notars bedarf, sondern dessen Unterschrift und Amtssiegel genügen, bezieht sich nur auf den Notar, der den Antrag, der jetzt zurückgenommen werden soll, aufgrund der Ermächtigung in § 15 Abs. 2 GBO gestellt hat (s. Sander im BeckOK BNotO, Stand: 01.04.2020, § 24 BNotO RN 75).

    Eine andere Frage ist, ob die Antragsrücknahme bewirken kann, dass neben dem Notarantrag auch der von einem Beteiligten in der übermittelten Urkunde selbst gestellte Antrag zurückgenommen ist. Wenn der Notar mit der Antragstellung eine Urkunde vorlegt, die Anträge der Beteiligten enthält, so übermittelt er nach verbreiteter Ansicht neben dem von ihm gestellten Antrag grundsätzlich zugleich auch die Anträge der Beteiligten als Bote (s. BeckOK BNotO/ Sander, § 24 RN 76; Reetz im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand: 01.06.2020, § 15 GBO, RN 47)

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  • Die Antragsrücknahme ist in notarieller Eigenurkunde beantragt (Unterschrift u. Siegel). Die Vollmachtsvermutung gilt meiner Meinung nach für das Verhältnis Beteiligter - Notar und nicht Notar - Notar.
    Ich folge bzgl. der Beteiligtenanträge eher dieser Meinung: "Die zweite Ansicht dürfte deutlich praxisnäher sein: Bei der Antragstellung nach § 15 GBO sollen (unmittelbar) eigene Anträge der Beteiligten im Zweifel gerade nicht gestellt sein (Meikel GBO/Hertel Rn. 17-19).
    (BeckOK GBO/Otto, 39. Ed. 1.6.2020, GBO § 31 Rn. 16)

  • Die Bestimmung des § 11 FamFG greift nur dann, wenn die Grundbuchordnung keine Spezialvorschriften enthält (Kammergericht Berlin, Beschluss vom 6.5.2014, 1 W 229/14, RZ 9 unter Zitat: Demharter, a.a.O., Einleitung, Rdn. 82; Bauer, in: Bauer/von Oefele, GBO, 3. Aufl., Rdn. I 41)). Die Grundbuchordnung bildet eine eigenständige Verfahrensregelung, die gegenüber dem FamFG selbständig ist (Burschel im BeckOK FamFG, Hahne/Schlögel/Schlünder, Stand 01.07.2020, § 10 FamFG, RN 2a unter Zitat OLG München NotBZ 2012, 472).

    Zur Antragsrücknahme enthält § 31 GBO eine Spezialvorschrift.

    Wegen des Verlustes der Rangwirkung bedarf nach § 31 Satz 1 GBO eine Erklärung, durch die ein Eintragungsantrag zurückgenommen wird, der in § 29 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 vorgeschriebenen Form. Über den Wortlaut des § 31 GBO hinaus gilt dies auch für die Bevollmächtigung zur Zurücknahme eines Eintragungsantrages (BayObLG, Beschluss vom 08.10.1998, 2Z BR 133/98; Otto im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.06.2020, § 31 RN 13 mwN).

    Für die Rücknahmeberechtigung durch den Notar wird die Anwendung der §§ 15, 31 GBO dabei überlagert durch die weitere gesetzliche Ermächtigung des § 24 Abs. 3 BNotO (Volmer in Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht – Kommentar, 8. Auflage 2019, § 31 GBO RN 7). § 24 Absatz 3 BNotO betrifft mithin nur den antragstellenden Notar. Das ergibt sich bereits aus Satz 1 dieser Bestimmung: „Soweit der Notar kraft Gesetzes ermächtigt ist, im Namen der Beteiligten bei dem Grundbuchamt oder bei den Registerbehörden Anträge zu stellen (insbesondere § 15 Abs. 2 der Grundbuchordnung, § 25 der Schiffsregisterordnung, § 378 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), ist er auch ermächtigt, die von ihm gestellten Anträge zurückzunehmen“. Dabei kommt es allerdings nicht darauf an, ob der Notar die Anträge aufgrund der Ermächtigung nach § 15 Abs. 2 GBO oder aufgrund einer rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht gestellt hat (BGH, Beschluss vom 28.04.1978, V ZB 1/78;; Reetz im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel; Stand 01.06.2020; § 15 RN 35; Sander in BeckOK BNotO, Görk, Stand 01.04.2020, § 24 BNotO RN 75 mwN).

    Auch das KG geht in dem vorgenannten Beschluss davon aus, dass bei einem antragstellenden Notar keine weiteren Nachweise der Vertretungsberechtigung erforderlich sind („Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist bei einem durch einen Notar gestellten Antrag ein solcher Nachweis grundsätzlich nicht erforderlich, auch wenn die Voraussetzungen des § 15 GBO nicht vorliegen (Senat FGPrax 2014, 5 (6); Beschl. v. 1.3.2011 - 1 W 514/10; Beschl. v. 27.3.2012 - 1 W 87/12 = 140 WE 5629-158 AG Mitte; Demharter, GBO, 29. Aufl., § 15 Rn. 21, § 30 Rn. 8“).

    Für den nicht selbst antragstellenden Notar besteht zunächst einmal keine Rücknahmeberechtigung Berechtigt zur Rücknahme ist der persönlich handelnde oder bei Antragstellung (auch auf der Grundlage des § 15 GBO) vertretene Antragsteller (BeckOK/Otto, § 31 GBO RN 21). Nimmt ein anderer Notar den Eintragungsantrag zurück, muss er also dazu seine Berechtigung nachweisen.

    Für den antragstellenden Notar sieht § 24 Absatz 3 Satz 2 BNotO vor, dass die Rücknahmeerklärung wirksam ist, wenn sie mit der Unterschrift und dem Amtssiegel des Notars versehen ist; eine Beglaubigung der Unterschrift ist nicht erforderlich. Jeder andere als der antragstellende Notar müsste mithin aus Anlass der Antragsrücknahme seine Unterschrift beglaubigen lassen. Das ergibt sich auch aus § 24 Absatz 3 Satz 2 BNotO, wonach lediglich bei dem Notar, der Notar kraft Gesetzes ermächtigt ist, im Namen der Beteiligten bei dem Grundbuchamt oder bei den Registerbehörden Anträge zu stellen (insbesondere § 15 Abs. 2 der Grundbuchordnung, § 25 der Schiffsregisterordnung, § 378 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, zur Antragsrücknahme die Beglaubigung der Unterschrift nicht erforderlich ist.

    Auf diese Bestimmung weist auch der BGH in seinem Beschluss vom 09.07.1980, V ZB 6/80, zur Eigenurkunde eines Notars hin. Danach entspricht die Eigenurkunde dem Formerfordernis des § 29 GBO, wenn der Notar (Hervorhebung durch mich) von ihm selbst beurkundete oder beglaubigte grundbuchrechtliche Erklärungen aufgrund ausdrücklicher Vollmacht im Namen eines Beteiligten nachträglich berichtigt, ergänzt oder grundbuchrechtlichen Erfordernissen inhaltlich anpasst.

    Wenn also ein bislang nicht mit der Beurkundung oder Beglaubigung grundbuchrechtlicher Erklärungen betrauter Notar eine sog. Eigenurkunde errichtet, dann kann er das nur als Ersatz für die ansonsten nach §§ 29, 31 GBO erforderliche Unterschriftsbeglaubigung, wenn er seine Vollmacht hierzu nachweist. Das Recht des nicht selbst antragstellenden Notars auf Rücknahme eines Antrags hängt dann vom Inhalt der ihm erteilten Vollmacht ab (Andrea Imrein in Kroiß/Horn/Solomon, Nachfolgerecht, 2. Auflage 2019, § 31 GBO RN 8). Anders als für den Eintragungsantrag (s. KG, Beschluss vom 6.5.2014, 1 W 229/14), reicht also hier eine Versicherung des Notars, von dem Beteiligten hierzu bevollmächtigt worden zu sein, nicht aus. Daher haben auch Notare, die außer mit der Beurkundung mit der Besorgung weiterer Angelegenheiten betraut werden, soweit dies nach § 24 I BNotO zulässig ist, auf Verlangen ihre Vollmacht nachzuweisen (§ 11); siehe Bumiller in Bumiller/Harders/Schwamb, FamFG, 12. Auflage 2019, § 10 FamFG RN 10).

    Ich denke mal, dass Du einen solchen Nachweis auch bei einem Rechtsanwalt verlangen würdest, der eine fremden Eintragungsantrag in der Form der §§ 29, 31 GBO zurücknimmt, obwohl auch Rechtsanwälte unter die Bestimmung des § 11 Satz 4 FamFG fallen.

    Wie gesagt kann aber mE § 11 FamFG schon deshalb keine Anwendung finden, weil die Grundbuchordnung in Bezug auf die Antragsrücknahme und die Vollmacht dazu Spezialvorschriften enthält.

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