Abklärung der konkreten Vollzugsart

  • Hallo miteinander,

    es wurde eine Jugendstrafe ohne Bewährung verhängt (unter Einbeziehung einer früheren Jugendstrafe, bei der noch keine Strafhaft begonnen hatte, was aber für die jetzige Fragestellung nicht von Belang ist). Alle Beteiligten inclusive Angeklagter haben unmittelbar nach der Sitzung Rechtsmittelverzicht (v.u.g.) erklärt (ob dem Verzicht eine kurze Beratung mit seinem Pflichtverteidiger vorausging, ergibt sich aus dem Protokoll nicht). Der "Unterbringungsbefehl" nach § 126 a StPO wurde aufgehoben und stattdessen ein "normaler" U-Haftbefehl erlassen (alles am Tag der Hauptverhandlung).Haftgrund Flucht- UND Wiederholungsgefahr.

    Wäre beim Verurteilten (künftig kurz VU genannt) kein Fall von § 126 a StPO vorgelegen, sondern normale U-Haft, wäre mit Rechtskraft (somit am Tag der Verhandlung) das Ganze "automatisch" von U-Haft in Strafhaft übergegangen und ich hätte sofort das Aufnahmeersuchen usw. an die JVA geschickt, um die Strafhaft klar zu dokumentieren. Aber vorliegend war er ja in einem ZfP und er ist jetzt in einem Vollzugskrankenhaus. War der Richter "gezwungen", einen U-Haftbefehl zu erlassen, weil ggf. die sofortige Umsetzung der Strafhaftvollstreckung nicht gewährleistet war? Zumal ja auch nicht erkennbar ist, warum der Rechtsmittelverzicht nicht wirksam sein sollte? Der Unterbringungsbefehl wurde ja mehr oder wenig zeitgleich aufgehoben, so dass er keine Grundlage für eine Freiheitsentziehung (mehr) sein konnte.

    Demnach wird jetzt U-Haft vollzogen, obwohl diese keine andere Sache betrifft?! Und das, obwohl die Sache "eigentlich" rechtskräftig ist und dies aus meiner Sicht für Strafhaft spräche? Wie soll man U-Haft "unterbrechen", wenn doch alles ein und denselben Vorgang betrifft? Erschwerend kommt hinzu, dass auch Anordnungen nach § 119 StPO getroffen wurden und derartige Einschränkungen betreffen Jugendstrafgefangene ohne Überhaft ja regelmäßig gerade nicht. In diesem weiteren Beschluss vom gleichen Tag wurde auch festgestellt, dass "die Vollstreckung anderer freiheitsentziehender Maßnahmen der Vollstreckung der U-Haft vorgehen". Dennoch sei erforderlich, die Beschränkungen nach § 119 StPO zu treffen, "auch wenn nur Überhaft besteht".

    Mir ist unklar, warum es hier um "Überhaft" gehen soll. Ich dachte, der U-Haftbefehl wird "automatisch" gegenstandslos, wenn es in derselben Sache zur Strafhaft kommt. Event. musste die U-Haft am Tag der Verhandlung schon deshalb angeordnet werden, weil eine Zulassung einer Art "Vollstreckungshaft" (Zeitraum bis zur Übersendung der "Papiere" an die JVA) ja in den Kommentaren vielfach sehr kritisch gesehen wird. Oder was waren die Hintergründe aus Eurer Sicht? Ich habe jedenfalls Schwierigkeiten, einen ordnungsgemäßen Strafzeitbeginn festzustellen.

  • Meine Vermutung geht dahin:
    Ursprünglich wurde wohl davon ausgegangen, dass im Urteil eine Unterbringung gem. §§ 63, 64 StGB ausgesprochen werden wird.
    Nachdem das Gericht nun jedoch nur eine Freiheitsstrafe ohne Maßregel verhängt hat, wurde der Unterbringungshaftbefehl aufgehoben und durch einen "gewöhnlichen" U-Haft-Befehl ersetzt.

    Strafbeginn ist meines Erachtens aber trotzdem die Rechtskraft des Urteils wie sonst auch und der VU ist umgehend in die JVA zu verlegen (soweit nicht bereits geschehen).
    Eine andere Sachbehandlung (Nichtanrechnung der Haftzeit im Krankenhaus o.Ä.) halte ich für nicht richtig.

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